Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2017, Az. VI ZR 504/16

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3457

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:241017UVIZR504.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

24. Oktober
2017

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 134, 249 (A), 305c, 307 ([X.]), 398, 823 ([X.]); StVG §§ 7, 18; [X.] §§ 1, 2, 3, 5
a)
Übernimmt ein Kfz-Sachverständiger mit der Erstellung von [X.] zugleich die Einziehung des vom jeweiligen Geschädigten an ihn ab-getretenen Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der [X.], so liegt in der Einziehung dieser Schadensersatzansprüche kein ei-genständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.]. Wie häufig der Sach-verständige entsprechend verfährt, ist nicht erheblich.
b)
Stellt die Geltendmachung der an den Sachverständigen abgetretenen [X.] auf Ersatz der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 [X.] dar, so ist sie nach § 5 Abs.1 [X.] grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Forderung im Streit steht (Fortführung Senatsurteil vom 31. Januar 2012 -
VI
[X.], [X.], 270 Rn. 7 ff.).
c)
Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierenden Auslegung ist in [X.] Linie der [X.] ([X.] [X.], Urteil vom 20. Januar 2016

VIII [X.], NJW-RR 2016, 526 Rn.
18).
d)
Zu § 305c Abs. 2 BGB.
[X.], Urteil vom 24. Oktober 2017 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

[X.]er VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19.
September
2017
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die
Richterin von [X.], den
Richter Offenloch
und die Richterin
Müller
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 26. Oktober 2016 aufgehoben. [X.]ie Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
[X.]ie Parteien, eine Verrechnungsstelle
(Klägerin), die über die Erlaubnis zur Erbringung von [X.] verfügt, und ein Kraftfahrzeughaftpflicht-versicherer (Beklagte) streiten um den Ersatz restlicher [X.] nach einem Verkehrsunfall.
[X.]as Fahrzeug des [X.] (im Folgenden: Geschädigter)
wurde Ende August 2015 bei einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte zu 100% einstandspflichtig ist, beschädigt. Noch am Tag des Unfalls beauftragte der Geschädigte den
Sachverständigen G. W.
(im Folgenden: Sachverständiger)
mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. [X.]er vom Geschädigten und dem Sachverständigen unterzeichnete [X.] lautet auszugsweise
wie folgt:
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3

-

"[Sachverständiger] erhält als Vergütung für die Gutach-tenerstellung ein [X.], das sich am ermittelten Schaden ori-entiert. Grundlage der Berechnungen ist der im [X.] er-mittelte Wert der aktuellen [X.] 2013. Zusätzlich erhält

gefahrenem Kilometer (max. 50 km); [X.]/Telefon (pauschal):

i-1,67 inkl. MwSt.).

Abtretung und Zahlungsanweisung
Zur Sicherung des [X.] in der o. g. Angelegen-heit trete ich meinen Anspruch auf Erstattung des [X.] gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs in Höhe des Honorar-anspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer
für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens erfüllungshalber an den [X.] ab. Auf den Zugang der Annahme verzichte ich. []
[X.]urch diese Abtretung
wer-den die Ansprüche des [X.] aus diesem Vertrag gegen [X.] nicht be-rührt. [X.]iese können nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendma-chung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu je-der Zeit gegen [X.] geltend gemacht werden. []

[Unterschrift Geschädigter]
[X.] zur Geltendmachung an Verrechnungsstelle
[X.]er [X.] bietet hiermit der [X.]

[Klägerin]
die vorstehend vereinbarte Forderung inkl. aller Nebenrechte und Surrogate zur Abtretung an.

-

4

-

[X.]er [X.] verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung. Jegliche Zahlung darf ausschließlich an die Verrechnungsstelle erfolgen!"

[Unterschrift Sachverständiger]"
[X.]as vom Sachverständigen erstattete Gutachten weist
als Schaden vo-

aus. Für
sein Gutachten berechnete der Sachverständige einen Betrag von r
sich aus
ersten und

für den zweiten Satz, Schreibgebühren für 16 Seiten von insgesamt 44

und weiteren

für das [X.]uplikat,

für Por-to/Telefon/E[X.]V sowie

t.
[X.]ie Klä-gerin zahlte den Rechnungsbetrag
an den Sachverständigen, übersandte die Rechnung zusammen mit der Abtretungserklärung an die Beklagte und forderte sie zur Zahlung des Rechnungsbetrags an sie auf. [X.]ie Beklagte zahlte hierauf

und
lehnte eine weitergehende Zahlung ab. Mit ihrer Klage macht die Klägerin die [X.]ifferenz zwischen dem Rech-nungsbetrag einerseits und der erfolgten
Zahlung andererseits nebst Zinsen geltend.
[X.]as Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-rin hat das Landgericht der Klage unter Abänderung des amtsgerichtlichen Ur-teils vollumfänglich stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Ur-teils.
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-

Entscheidungsgründe:
I.
[X.]as Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts scheitere der geltend ge-machte Anspruch nicht an der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin, denn die Klägerin sei im Wege der Abtretung Inhaberin des dem Grunde nach [X.], ursprünglich dem Geschädigten zustehenden Schadensersatzan-spruchs auf Erstattung des [X.] geworden.
Zunächst habe der Geschädigte den Anspruch gegen die [X.] an den Sachverständigen abgetreten. [X.]ie vom Geschädigten unterschrie-bene Abtretungserklärung entspreche den Bestimmtheitsanforderungen, die in der
formularmäßigen
[X.]
des Geschädigten an den Sachver-ständigen enthaltenen Bestimmungen seien weder
überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB, noch liege in der Abtretung des Schadensersatzanspruchs an den Sachverständigen eine unangemessene Benachteiligung des Geschä-digten im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB.
Anders als das Amtsgericht meine, habe der Sachverständige die Scha-densersatzforderung wirksam an die Klägerin weiterübertragen.
Auch diese Ab-tretung genüge
den Bestimmtheitsanforderungen. Zwar sei der Wortlaut der [X.] nicht eindeutig, weil sich die [X.] danach auf die "vorstehend vereinbarte Forderung"
beziehe und "vorstehend"
nur der werkver-tragliche Vergütungsanspruch, nicht aber der
gesetzliche Schadensersatzan-spruch
des Geschädigten
"vereinbart"
worden sei. Aus Sinn und Zweck der mit "[X.]"
überschriebenen Passage sowie aus dem in der Abtretungs-5
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vereinbarung zwischen Geschädigtem und Sachverständigem nebst [X.] zum Ausdruck kommenden Willen der handelnden Personen ergebe sich aber, dass sich die "[X.]"
sowohl auf die Honorarforderung des Sachverständigen als auch auf den ursprünglich dem Geschädigten zustehen-den Schadensersatzanspruch bezogen habe. Schließlich
seien weder die Erst-abtretung an den Sachverständigen noch die [X.] an die Klägerin
nach § 134 BGB in Verbindung mit
§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 3 [X.] nichtig.
[X.]er danach wirksam
an die Klägerin
abgetretene Schadensersatzan-spruch bestehe auch in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe.
Eine etwaige Überhöhung der vom Sachverständigen verlangten Preise sei für den Geschädigten nicht erkennbar gewesen. [X.]enn weder das vom [X.] in Rechnung gestellte [X.] noch die von ihm
berechneten [X.] überschritten die in der Spalte [X.] der [X.] 2013 ge-nannten Zahlen.

II.
[X.]as Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts die Aktivlegitimation der Klägerin für den streitgegenständlichen Anspruch nicht bejaht werden.
1.
Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungs-gericht allerdings angenommen, dass dem Geschädigten aus §§ 7, 18 StVG, §
823 BGB, § 115
VVG
dem Grunde nach ein Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz der Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens zustand. [X.]enn diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und 9
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gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begut-achtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. nur Senatsurteil vom 28. Februar 2017 -
VI [X.], [X.], 1875 Rn. 6).

2.
Rechtlich unbedenklich ist
das Berufungsgericht weiter
davon ausge-gangen, dass der Geschädigte die streitgegenständliche Forderung wirksam an den Sachverständigen abgetreten hat.
a)
Gegen die Annahmen des Berufungsgerichts, die zwischen dem [X.] und dem Sachverständigen getroffene Abtretungsvereinbarung sei hinreichend bestimmt, nicht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB und stelle auch keine unangemessene Benachteiligung des Geschädigten im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar, wendet sich die Revision nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich
(vgl. insbesondere zu § 305c Abs. 1 BGB: [X.] vom 21. Juni 2016 -
VI [X.], NJW-RR 2017, 501 Rn. 14).
b)
[X.]ie Revision vertritt die Auffassung, die Abtretung verstoße gegen §§
1, 2 und 3 [X.] und sei deshalb gemäß § 134 BGB nichtig. [X.]as trifft schon deshalb nicht zu, weil
es sich unter den im Streitfall gegebenen Umständen bei der
Einziehung des die Sachverständigenkosten betreffenden [X.] durch den Sachverständigen nicht
um eine unerlaubte Rechtsdienst-leistung
handelt.
aa)
Entgegen der Auffassung der Revision liegt in der Einziehung der dem Sachverständigen abgetretenen Schadensersatzforderung durch den Sachverständigen keine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.].
[X.]ie Einziehung fremder oder zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen gilt nach § 2 Abs. 2 [X.] schon unab-12
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hängig
vom Vorliegen der
Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 [X.] als Rechts-dienstleistung, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Ein solches eigenständiges Geschäft liegt nach allgemeiner [X.] aber nicht vor, wenn Kfz-Werkstätten die Einziehung abgetretener Er-stattungsansprüche übernehmen ([X.]eckenbrock/Henssler, [X.], 4. Auflage, § 2 Rn. 91; [X.], Rechtsdienstleistungsgesetz, 3. Auflage, § 2 Rn. 107; Offermann-Burckart in Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2010, § 2 Rn.
135; [X.], [X.]R 2011, 8, 9; ferner
Begründung des Entwurfs eines Geset-zes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-[X.]rs. 16/3655,
S. 49). Für Sachverständige kann -
bezogen auf den Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Sachverständigenkosten
-
nichts anderes gelten
(vgl. [X.] aaO; [X.] aaO).
Wie häufig der Sachverständige im Zusammenhang mit der Erstellung eines Unfallschadensgutachtens zugleich die Einziehung des die Sachverständigenkosten betreffenden Schadensersatzanspruchs beim Un-fallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer übernimmt, ist entgegen der [X.] der Revision von vornherein unerheblich. [X.]enn die Einziehung bleibt unabhängig von ihrer Häufigkeit in jedem Einzelfall
bloßer
Annex zur Hauptleis-tung "Gutachtenerstellung"
(vgl. [X.] aaO). Schon deshalb stellt sie
kein ei-genständiges Geschäft im Sinne des § 2 Abs. 2 [X.] dar.
bb)
Ob es sich bei der Einziehung der vom Geschädigten an den Sach-verständigen abgetretenen Schadensersatzforderung um eine Rechtsdienstleis-tung im Sinne von § 2 Abs. 1 [X.] handelt, kann offenbleiben, denn diese wäre jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 [X.] zulässig.

In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist anerkannt, dass die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatz-forderung auf Erstattung von Mietwagenkosten durch das Mietwagenunterneh-men jedenfalls nach § 5 Abs. 1 [X.] grundsätzlich erlaubt ist, wenn allein die 17
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9

-

Höhe der Mietwagenkosten im Streit steht
(Senatsurteile vom 31. Januar 2012 -
VI [X.], [X.], 270 Rn. 7 ff.; vom 11. September 2012 -
VI
ZR 296/11, [X.], 637 Rn. 12, -
VI [X.] Rn. 19, juris; vgl. ferner [X.] des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des [X.], BT-[X.]rs. 16/3655 [X.]). Für die Geltendmachung der an den Sachver-ständigen abgetretenen Forderung auf Erstattung der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen kann nichts anderes gelten (vgl. OLG [X.]resden, Urteil
vom
19. Februar 2014 -
7 [X.], BeckRS 2014, 06732; [X.]ecken-brock/Henssler, [X.], 4. Aufl., § 5 Rn. 111; [X.], [X.], 3. Aufl., § 5 Rn. 168; vgl. ferner Begründung des
Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsgesetzes, BT-[X.]rs.
16/3655,
[X.]).
Ist -
wie im Streitfall
-
allein die Höhe der erstattungsfähigen Sachverstän-digenkosten streitig, so darf
deshalb
auch der Sachverständige den ihm inso-weit vom Geschädigten erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzan-spruch gemäß § 5 Abs. 1 [X.] gegenüber dem Schädiger und dessen [X.] geltend machen.
3. Mit Erfolg wendet sich
die Revision aber
gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Sachverständige habe die streitgegenständliche Forde-rung wirksam an die Klägerin
weiterabgetreten.
a)
[X.]as Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der zwischen dem Sachverständigen und der Klägerin getroffenen Vereinbarung die Abtretungserklärung zugrunde liegt, die in dem vom Sachverständigen dem Geschädigten gegenüber verwendeten Formular unter der Überschrift "[X.] zur Geltendmachung an Verrechnungsstelle"
enthalten
ist.
Gegen diese Einschätzung wenden sich die Parteien nicht; sie begegnet auch [X.] davon keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

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b)
[X.] beruht allerdings die Annahme
des Berufungsge-richts, von der "[X.]"
sei auch der streitgegenständliche [X.] erfasst.

aa)
Bei der "Weiter"[X.] handelt es sich -
was dem [X.] aus den gleichzeitig mit dem Streitfall
verhandelten Parallelfällen, in denen dieselbe Klausel Verwendung fand, bekannt ist -
um eine
vom Revisi-onsgericht
wie eine revisible Rechtsnorm
frei
auszulegende (vgl.
nur [X.], Ur-teile vom 12. Mai 2016 -
VII ZR 171/15, [X.]Z 210, 206 Rn. 41; vom 20. Juli 2017 -
VII
ZR 259/16 Rn. 14, juris) Allgemeine Geschäftsbedingung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt
und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspart-nern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten [X.] verstanden werden, wobei die [X.] des durch-schnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind ([X.], Urteile vom 12. Mai 2015 -
VII ZR 171/15, [X.]Z 210, 206 Rn. 42; vom 20. Juli 2017 -
VII ZR 259/16 Rn. 19, juris; jeweils mwN). Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertrags-partner
zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der [X.] ([X.], Urteile
vom
20. Januar 2016 -
VIII [X.], NJW-RR 2016, 526 Rn.
18; vom 17. April 2013 -
VIII [X.]/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9; vom 8.
April 2009 -
VIII ZR 233/08, NJW-RR 2009, 1021 Rn. 19 mwN). Sind mehrere Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar, kommt die Unklarheitenregel des §
305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Außer Betracht zu bleiben haben dabei nur solche [X.],
die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernsthaft in Erwägung zu ziehen sind ([X.], Urteil vom 20. Juli 2017 -
VII ZR 259/16, aaO, mwN).
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bb)
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann auf der Grundlage der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden
Feststellungen nicht mit der notwendigen Klarheit davon ausgegangen werden, dass der von der Klägerin geltend ge-machte Schadensersatzanspruch von der verwendeten [X.] er-fasst wird.

(1) [X.]er Wortlaut der Klausel spricht gegen die Annahme, dass auch die Schadensersatzforderung erfasst sein soll. [X.]enn danach soll die "vorstehend vereinbarte Forderung"
abgetreten werden. "[X.] vereinbart"
wurde aber nur der vertragliche Honoraranspruch des Sachverständigen, nicht aber der ursprünglich dem
Geschädigten zustehende gesetzliche Schadensersatzan-spruch. Auch spricht die Verwendung des Wortes "Forderung"
im Singular [X.], dass nur eine
Forderung, nämlich der "vereinbarte"
Honoraranspruch,
nicht aber mit dem gesetzlichen Schadensersatzanspruch eine zweite Forderung abgetreten werden sollte. [X.]ass die Abtretung der "vereinbarte[n] Forderung"
nach dem Wortlaut der Klausel "inkl. aller Nebenrechte"
erfolgen sollte, führt zu keinem anderen Ergebnis. [X.]enn diente die Klausel -
wie die Revisionserwide-rung in der Sache geltend macht -
tatsächlich primär dazu, der Klägerin als [X.] die Möglichkeit einzuräumen, das [X.] als Schadensersatz gegenüber dem
Schädiger bzw. der Beklagten als dessen Haftpflichtversicherer geltend zu machen, so wäre die Bezeichnung der dann für die Abtretungsvereinbarung zentralen Schadensersatzforderung als
bloßes
"Nebenrecht"
jedenfalls überraschend. [X.]emgegenüber spricht der in der
Über-schrift der Klausel verwendete Begriff der [X.] für eine Abtretung (nur) des gesetzlichen Schadensersatzanspruchs, weil nur er -
was eine "Wei-ter"abtretung begrifflich voraussetzt -
davor schon abgetreten worden war.
(2) Anders als das Berufungsgericht sieht sich der erkennende Senat bei Anwendung der für die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung gel-23
24
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12

-

tenden Grundsätze nicht in der Lage, diese Unklarheit dahingehend aufzulösen, dass neben dem werkvertraglichen Honoraranspruch auch der streitgegen-ständliche Schadensersatzanspruch von der Abtretung erfasst wird. [X.] vermag der Senat nicht hinreichend sicher anzunehmen, dass der typische Sinn der hier untersuchten [X.]
darin
liegt, dem Zessionar die Möglichkeit zu verschaffen, die vom Sachverständigen berechneten Kosten auch direkt gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer gel-tend zu machen. Vielmehr ist es nicht nur theoretisch denkbar, dass der Zessi-onar mit der Klausel nur in die Lage versetzt werden soll, die Forderung des Sachverständigen gegen den
Geschädigten durchzusetzen.

cc)
Ist die in Bezug genommene Klausel aber unklar, so kommt -
was das Berufungsgericht nicht in Betracht gezogen hat
-
§ 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. War die Klägerin Verwenderin der Klausel -
was auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden kann -
geht die Unklarheit zu ihren Lasten. Es ist damit nicht auszuschließen, dass die Anwendung der Vorschrift des § 305c Abs. 2 BGB
dazu führt, dass der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch von der zwischen dem Sachverständigen und der Klägerin vereinbarten Abtretung
nicht erfasst ist.
4.
[X.]as Urteil ist insoweit auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). Zwar ist
§ 305c Abs. 2 BGB unanwendbar, wenn die Vertragsparteien
einer
objektiv unklaren Klausel übereinstimmend eine bestimmte Bedeutung beilegen ([X.]/[X.], 76. Aufl., § 305c Rn. 15). [X.]enn dann ist
alleine diese Bedeutung maßgeblich (vgl. [X.], Urteil vom 20. Januar 2016 -
VIII [X.], NJW-RR 2016, 526 Rn. 18, mwN). [X.]ass sich Sachverständiger und Klägerin im konkreten Fall trotz Verwendung der -
wie gezeigt -
objektiv unkla-ren Klausel tatsächlich einig gewesen wären, dass sowohl die vertragliche Ho-26
27
-

13

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norarforderung als auch der gesetzliche Schadensersatzanspruch auf die Klä-gerin übergehen sollten, hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt.
5.
Aufgrund des dargestellten Rechtsfehlers war das Berufungsurteil gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache gemäß § 563 Abs. 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen.
Es wird insbesondere Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, wer im Streitfall "Verwender"
der Klausel ist.
Galke
[X.]
von [X.]

Offenloch
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom
17.03.2016 -
25 C 252/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.10.2016 -
9 [X.]/16 -

28

Meta

VI ZR 504/16

24.10.2017

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2017, Az. VI ZR 504/16 (REWIS RS 2017, 3457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3457

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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