Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.05.2018, Az. AnwZ (Brfg) 10/18

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2018, 9824

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[X.]:[X.]:BGH:2018:020518BANWZ.BRFG.10.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 10/18
vom

2. Mai 2018

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft-
2
-

Der [X.], [X.], hat
durch die Präsidentin
des [X.] [X.], die [X.]in Lohmann
und den [X.] Dr.
Remmert sowie
den Rechtsanwalt [X.] und die Rechtsanwältin Merk

am
2. Mai 2018
beschlossen:

Auf Antrag des [X.] wird die Berufung gegen das am 18. Mai 2017 verkündete Urteil des [X.] Senats des [X.]s
[X.] zugelassen.

Gründe:

[X.]

Der 1967 geborene und später zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Klä-ger
wurde 2007 als Mitglied der [X.] aufgenommen. Mit Bescheid vom
20.
Oktober 2010 widerrief
die Beklagte die Zulassung des [X.] zur [X.] wegen Vermögensverfalls. Hiergegen hat der Kläger
beim Verwal-tungsgericht B.

Klage eingereicht. Das Verwaltungsgericht
hat den Rechts-streit
mit Beschluss vom 31. März 2011 an den [X.] verwiesen.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 22. August 2011 mitgeteilt, der Klä-ger sei am 3. August 2011 in die Rechtsanwaltskammer M.

, die Beigela-dene, aufgenommen worden. Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 27. [X.] 2017 mitgeteilt, der Kläger sei zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und ihr Mitglied.

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3
-

In dem Verfahren vor dem [X.]
hat der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beschluss der [X.] vom
13.
Oktober 2010, ausge-fertigt am 20.
Oktober 2010, gegen Art. 101 Abs.1 AEUV verstößt und gemäß Art. 101 Abs.
2 AEUV nichtig
ist. Er hat hilfsweise beantragt, diesen Beschluss aufzuheben. Der Kläger hat des weiteren beantragt festzustellen, dass die [X.] eine Unternehmensvereinigung im Sinne des Art. 101 Abs.
1 AEUV ist und dass Art.
101 AEUV i.V.m.
Art.
4 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Pflicht jedes Mitgliedstaates zur effektiven wettbewerbsrechtlichen Überwa-chung der nationalstaatlichen Rechtsanwaltskammern
darin besteht, dass die Berufsausübenden die Möglichkeit haben müssen, gegen
wettbewerbsbe-schränkende Verhaltensweisen der Rechtsanwaltskammern die
"ordentlichen Gerichte, d.h. eine Gerichtsbarkeit außerhalb des Berufsstandes"
anzurufen.

Der Kläger hat mit am selben Tag beim [X.] eingegange-nem Telefaxschreiben vom 18. Mai 2017 ein Befangenheitsgesuch gegen Rechtsanwältin Dr. F.

als Vorsitzende des [X.]s gestellt. Dieses Gesuch hat
der [X.] vor Eintritt in die auf den 18.
Mai 2017 anberaumte mündliche Verhandlung durch Beschluss vom selben Tag
-
unter Mitwirkung der abgelehnten [X.]in -
als unzulässig verworfen.

Der [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Der
Kläger beantragt die
Zulassung der Berufung
gegen das Urteil des [X.].

I[X.]

Der nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung hat Erfolg. Es liegt ein Verfahrens-mangel vor (§ 112e Satz 2 [X.], §
124 Abs. 2 Nr. 5, § 124a Abs. 5 Satz 2 3
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VwGO). Der [X.] durfte über das [X.] vom 18. Mai 2017 nicht unter Mitwirkung der abgelehnten [X.]in [X.] (§
112c Abs. 1 [X.], § 54
Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO).

Die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig unter Mitwir-kung des abgelehnten [X.]s ist nur zulässig, wenn das Gesuch als rechts-missbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn alle [X.] eines Gerichts abge-lehnt werden oder das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können. Dazu zählen auch nur der Verschleppung oder als taktisches Mittel für verfah-rensfremde Zwecke dienende Ablehnungsgesuche ([X.], NVwZ-RR 2008, 289, 290; NJW 2007, 3771, 3772; [X.]/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rn.
6
f.
mwN). Ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren soll indes nur echte Formalentscheidungen ermöglichen oder einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern. Ein gänzlich untaugliches oder rechtsmiss-bräuchliches Ablehnungsgesuch als Voraussetzung für eine solche Entschei-dung kann nur angenommen werden, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Verfahrensgegenstand selbst entbehrlich ist. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte [X.] nicht durch [X.] an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum [X.] in eigener Sache machen ([X.],
aaO S. 291).

Der Kläger hat sein Gesuch damit begründet, ein Herr von der Ge-schäftsstelle des [X.]s habe ihm -
auf seinen vorherigen [X.] vom 11. Mai 2018 -
telefonisch mitgeteilt, dass die [X.] [X.]in des [X.]s auch gerne ohne ihn verhandeln würde. Sie sei in ihrer Kanzlei und habe keine Lust, sich um den Sachverhalt selbst zu kümmern. Deshalb werde der Termin nicht verlegt und ohne ihn, den Kläger, verhandelt.
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5
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Ein Telefonat
mit diesem Inhalt wäre geeignet gewesen, die Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden [X.]in des [X.]s i.S.v. §
42 Abs. 1 ZPO zu begründen. Der Kläger hätte die von ihm behaupteten [X.] dahin verstehen können, dass die-ser zuvor mit der abgelehnten [X.]in Kontakt aufgenommen hatte und sich letztere
dabei wie in dem Befangenheitsgesuch wiedergegeben geäußert hatte. Jedenfalls war das auf diese Weise vom Kläger begründete [X.] nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich im vorgenannten Sinne. Der Sachverhalt hätte -
im Wege der Einholung von dienstlichen Äußerungen der abgelehnten [X.]in (§ 44 Abs. 3 ZPO) und des Geschäftsstellenmitarbeiters -
aufgeklärt
werden müssen. Sodann hätte gemäß §
45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwir-kung der abgelehnten [X.]in über das Befangenheitsgesuch entschieden werden müssen.

Soweit der [X.] in dem das Befangenheitsgesuch des [X.] verwerfenden Beschluss vom 18. Mai 2017 ausführt, es erscheine un-wahrscheinlich, dass sich ein Geschäftsstellenmitarbeiter derartig äußere, han-delt es sich um eine inhaltliche Prüfung des
geltend gemachten [X.], die -
wie ausgeführt -
der abgelehnten [X.]in versagt ist.

Offen bleiben kann, ob die Zulassung der Berufung auch aufgrund der weiteren vom Kläger geltend gemachten Gründe angezeigt ist.

II[X.]

Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).
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Rechtsmittelbelehrung:

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des [X.] über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim [X.], [X.] 45a, 76133 [X.] einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert wer-den. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung sich im Berufungs-verfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung mit der Maßgabe Bezug ge-nommen, dass auch Rechtslehrer an einer staatlichen oder staat-lich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der [X.], eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der [X.], die
die Befähigung zum [X.]amt besitzen, zugelassen sind. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

[X.]
Lohmann
Remmert

Lauer
Merk
Vorinstanz:
[X.] [X.], Entscheidung vom 18.05.2017 -
I [X.] 18/11 -

Meta

AnwZ (Brfg) 10/18

02.05.2018

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.05.2018, Az. AnwZ (Brfg) 10/18 (REWIS RS 2018, 9824)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9824

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