Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.04.2023, Az. 3 StR 73/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 3166

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Gegenstand

Strafzumessung: Straferhöhende Würdigung des dolus directus ersten Grades beim Körperverletzungsdelikt


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 16. September 2022 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den [X.] insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und zehn Monaten ([X.]) sowie von drei Jahren und sechs Monaten ([X.]) verurteilt. Ihre dagegen gerichteten, auf die [X.] der Verletzung materiellen und hinsichtlich des Angeklagten [X.]  auch formellen Rechts gestützten Revisionen haben aus den in den [X.] des [X.] genannten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend anzumerken ist lediglich Folgendes:

2

Nach den von der [X.] rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen suchten die Angeklagten die beiden Nebenkläger gezielt auf, prügelten mit einem Teleskopschlagstock und einem Baseballschläger gemeinsam in lebensgefährdender Weise auf sie ein und verletzten sie erheblich. Das [X.] hat vor diesem Hintergrund strafschärfend gewürdigt, dass es ihnen im Sinne eines dolus directus ersten Grades besonders auf die Verletzung des einen Nebenklägers ankam.

3

Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Wie der [X.] bereits für die Tötungsabsicht ausdrücklich entschieden hat, begegnet es auch hier keinen Bedenken, den direkten Vorsatz in der Strafzumessung als Schärfungsgrund zu bewerten ([X.], Urteil vom 10. Januar 2018 - 2 StR 150/15, [X.]St 63, 54).

4

Nach der Wertentscheidung des Gesetzgebers, die in den Straftatbeständen des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs zum Ausdruck kommt, haben die drei Vorsatzformen prinzipiell einen unterschiedlichen Schuldgehalt. Die Schuldschwere steigert sich im Grundsatz vom dolus eventualis (bedingter Vorsatz) über den dolus directus zweiten Grades (direkter Vorsatz in Form der „Wissentlichkeit“) hin zum dolus directus ersten Grades (direkter Vorsatz in Form der Absicht). Die kriminelle Intensität des Täterwillens ist beim zuletzt genannten in der Regel am stärksten ausgeprägt. Primärziel des Absichtstäters ist der tatbestandliche Erfolg; dessen Eintritt ist nicht nur die für möglich oder sicher gehaltene Nebenfolge seines Verhaltens ([X.], Beschluss vom 7. März 2017 - 3 ARs 21/16, [X.], 237, 238). Die Absicht kann daher auch beim [X.] als Ausdruck der Beweggründe und Ziele des [X.] sowie seiner Gesinnung und des bei der Tat aufgewendeten Willens (§ 46 Abs. 2 StGB) die individuelle Schuld erhöhen und taugliches Kriterium für eine Strafschärfung sein.

5

In der straferhöhenden Würdigung des dolus directus ersten Grades ist kein Verstoß gegen das [X.] aus § 46 Abs. 3 StGB zu erblicken. Das unbedingte Streben nach der Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges ist - von Ausnahmen abgesehen (§ 224 Abs. 1 Nr. 3, § 226 Abs. 2 StGB) - kein Tatbestandsmerkmal der §§ 223 ff. StGB und stellt auch nicht den normativen Regelfall eines vorsätzlichen [X.]s dar.

6

Die Entscheidung darüber, ob in der Absicht ein die Strafhöhe beeinflussender, bestimmender Strafschärfungsgrund zu sehen ist, muss das Tatgericht allerdings unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls treffen (vgl. [X.], Urteil vom 10. Januar 2018 - 2 StR 150/15, [X.]St 63, 54 Rn. 28; MüKoStGB/[X.], 4. Aufl., § 46 Rn. 557; s. auch [X.], Beschluss vom 5. September 2019 - 4 StR 178/19, NStZ-RR 2019, 353, 354). Insoweit ist im vorliegenden Fall kein Rechtsfehler ersichtlich.

Schäfer     

  

Berg     

  

Anstötz

  

Erbguth     

  

Kreicker     

  

Meta

3 StR 73/23

04.04.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 16. September 2022, Az: 35 Ks 6/22

§ 46 Abs 2 StGB, § 46 Abs 3 StGB, § 223 StGB, § 224 Abs 1 StGB, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.04.2023, Az. 3 StR 73/23 (REWIS RS 2023, 3166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3166

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4 StR 178/19

3 ARs 21/16

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