Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2005, Az. IX ZB 417/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1463

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[X.][X.]/02

vom 6. Oktober 2005 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein

Art. 103 Abs. 1 GG; § 577 Abs. 4 Satz 1, § 128 Abs. 4 ZPO, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.]

Das Grundrecht auf rechtliches Gehör gebietet es, den [X.]en nach Aufhebung und Zurückverweisung im wieder eröffneten und fortzusetzenden Beschwerdever-fahren ausreichend Gelegenheit zu geben, sich erneut zur Sache zu äußern.

[X.], [X.]uss vom 6. Oktober 2005 - [X.] 417/02 - OLG Nürnberg

LG Regensburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter, [X.], [X.] und die Richterin [X.]
am 6. Oktober 2005 beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der [X.]uss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 22. Juli 2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sind nicht zu erheben.

Gründe:
[X.]

Die [X.]en streiten um die Vollstreckbarerklärung eines am 2. Juni 1998 vom [X.] auf Antrag der Rechtsbeschwerdegegnerin erlassenen Versäumnisurteils. Mit [X.]uss vom 24. März 2000 hat das [X.] auf Antrag der Gläubigerin entschieden, dass dieses Ver-- 3 - säumnisurteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist (§ 7 [X.] a.F.). Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Ober-landesgericht mit [X.]uss vom 28. März 2001 zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin hat der Senat den [X.]uss des [X.] aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, weil der [X.]uss des [X.] nicht mit ge-setzmäßigen Gründen versehen war ([X.], [X.]. v. 20. Juni 2002 - [X.] 56/01, [X.], 2648).

Der [X.]uss des Senats vom 20. Juni 2002 ist dem [X.] am 8. Juli 2002 zugestellt worden. Das Beschwerdegericht hat die Rückkehr der Akten den [X.]en nicht mitgeteilt. Mit [X.]uss vom 22. Juli 2002 hat es die sofortige Beschwerde der Schuldnerin erneut zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die neuerliche Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.

I[X.]

Die gemäß § 15 [X.] statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Rechtssache zur Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert, § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht hat die Schuldnerin in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) - 4 - verletzt, indem sie ihr vor der angegriffenen Entscheidung vom 22. Juli 2002 keine ausreichende Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat.

Mit der Entscheidung des Senats vom 20. Juni 2002 wurde die Be-schwerdeinstanz wieder eröffnet und fortgesetzt ([X.], 196; [X.]/ [X.], ZPO 25. Aufl. § 563 Rn. 2, § 577 Rn. 4; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 563 Rn. 7 f, § 577 Rn. 4).

Anders als im Berufungsverfahren, in dem gemäß § 563 Abs. 1 ZPO ei-ne neue mündliche Verhandlung erforderlich ist, kann im Beschwerdeverfahren die Entscheidung zwar ohne mündliche Verhandlung ergehen, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 128 Abs. 4 ZPO. Den [X.]en muss jedoch Gelegenheit ge-geben werden, sich erneut zur Sache zu äußern. Dies ergibt sich schon [X.], dass neue Anträge gestellt und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden können (Musielak/Ball, aaO § 563 Rn. 7, § 577 Rn. 4; [X.], ZPO 21. Aufl. § 565 Rn. 6). Insbesondere können zwi-schenzeitlich neue Tatsachen eingetreten oder bekannt geworden sein, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Es kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht den [X.]en in diesen Fällen die Rückkehr der Akten vom Rechtsbeschwerdegericht mitteilen und eine Frist zur Äußerung setzen muss. Dies wird allerdings im Regelfall zumin-dest zweckmäßig sein, um den [X.]en Klarheit über den weiteren Verfah-rensablauf zu verschaffen.

Die [X.]en haben nach einer Entscheidung des [X.], in der die Sache zurückverwiesen wird, allerdings ohnehin davon [X.], dass die Akte alsbald zurückgeleitet und das Verfahren fortgesetzt - 5 - gehen, dass die Akte alsbald zurückgeleitet und das Verfahren fortgesetzt wird. Es obliegt ihnen deshalb auch ohne Aufforderung, binnen angemessener Frist Stellung zu nehmen, wenn sie von ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör Gebrauch machen wollen. Die vom Beschwerdegericht eingehaltene Frist von zwei Wochen nach Zustellung der zurückverweisenden Entscheidung war aber jedenfalls zu kurz. Eine Frist von zwei Wochen reicht zwar in einem Beschwer-deverfahren regelmäßig noch aus, um einer [X.] Gelegenheit zu geben, auch ohne gerichtliche Aufforderung auf einen Schriftsatz der Gegenseite zu erwi-dern, jedenfalls wenn dieser nur Rechtsausführungen enthält und zusätzliche Informationen des Verfahrensbevollmächtigten durch die [X.] nicht erforder-lich sind ([X.] ZIP 1986, 1336, 1337; [X.]/[X.], aaO § 571 Rn. 15). Im vorliegenden Fall waren zwei Wochen jedoch zu kurz. Die Beschwerdeführerin, die ihren Sitz in [X.] hat, musste nach Zustellung des [X.] an ihren Verfahrensbevollmächtigten beim [X.] von diesem [X.] informiert werden und sodann für das fortzusetzende Verfahren vor dem Beschwerdegericht einen anderen Anwalt (erneut) mandatieren und diesen gegebenenfalls über zwischenzeitlich eingetretene oder bekannt gewordene tatsächliche Änderungen informieren, damit diese dem Beschwerdegericht [X.] werden konnten. Hierfür war eine Frist von zwei Wochen nicht aus-reichend, zumal eine besondere Eilbedürftigkeit nicht erkennbar war.

Die Entscheidung des [X.] kann auch auf der Verlet-zung des rechtlichen Gehörs beruhen. Das Beschwerdegericht hat in seine Entscheidung die Aktivlegitimation der Antragstellerin für die zu vollstreckende Forderung aus einem Rückabtretungsvertrag vom 23. März 2001 abgeleitet, in dem die Firma N.

GmbH die ihr von der Gläubigerin übertragenen Forderungen aus dem zu vollstreckenden Versäumnisurteil vom - 6 - 2. Juni 1998 an die Antragstellerin zurückabgetreten und zugleich ermächtigt hat, diese Forderung in einem Streitverfahren für sich selbst einzutreiben.

Hätte das Beschwerdegericht der Schuldnerin eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt, hätte diese vorgetragen und durch Urkunde unter Beweis gestellt, dass dieser Rückabtretungsvertrag vom 23. März 2001 von den Vertragsparteien durch Vereinbarung vom 28. September 2002 sei-nerseits wieder aufgehoben worden sei. Im ersten Beschwerdeverfahren, das mit [X.]uss vom 28. März 2001 abgeschlossen worden war, hatte sie diesen im Rahmen des Anerkennungsverfahrens zu berücksichtigenden Umstand (§ 12 Abs. 1 [X.]) noch nicht vortragen können.

Wegen des bezeichneten Verfahrensfehlers ordnet der Senat gemäß § 8 GKG a.F. an, dass Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu erheben sind.

[X.] Ganter [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZB 417/02

06.10.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2005, Az. IX ZB 417/02 (REWIS RS 2005, 1463)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1463

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