Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2019, Az. IX ZB 16/18

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3407

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:190919BIXZB16.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 16/18
vom

19. September 2019

in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung

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Der IX. Zivilsenat des [X.] hat durch den Richter Grupp
als Vorsitzenden, die Richterin [X.], den
Richter Prof.
Dr.
Pape,
die Richterin Möhring
und den
Richter Röhl

am 19. September 2019
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des [X.] vom 23.
Januar 2018
wird auf
Kosten
der
Antragstellerin
verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf
bis
35.00festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit einer am 5.
Februar 2014 registrierten Klage nahm der [X.] über das Vermögen der in [X.] ansässigen Gesellschaft C.

den Antragsgegner
vor dem [X.] Fachgericht für [X.] auf Zahlung von 2.668.174,89
[X.] nebst Prozesskosten in [X.]. Die Klage wurde darauf gestützt, dass der Antragsgegner als
früherer
Geschäftsführer der Schuldnerin deren Insolvenz durch Gesetzesverstöße her-beigeführt habe und daher den Betrag an die Masse zahlen müsse, der die ge-samten in der endgültigen Tabelle der Forderungen aufgeführten Passiva der 1
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Schuldnerin decke. Danach standen an Verbindlichkeiten zuletzt nur noch dem Rathaus G.

1.204 [X.] und der Antragstellerin 159.176,89 [X.] zu, so dass ziert wurde. Mit Urteil vom 4. Juni 2015 verurteilte das Fachgericht [X.] den Antragsgegner zu der Zahlung des Betrages an die Masse der Schuldnerin. Die
Berufung
des Antragsgegners hatte keinen Erfolg.

Der Insolvenzverwalter teilte der Antragstellerin auf deren Anfrage mit, er halte es für am geeignetsten, wenn jeder Gläubiger selbst die Zwangsvollstre-ckung versuche. Das Fachgericht [X.] erteilte der Antragstellerin nachfolgend beglaubigte Abschriften des rechtskräftigen Urteils und
der Berufungsentschei-dung.

Die Antragstellerin
hat beantragt, das rechtskräftige Urteil vom 4. Juni 2015 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Das [X.] hat dem [X.] entsprochen. Auf die Beschwerde
des
Antragsgegners
hat das Oberlan-desgericht den Antrag zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren
ursprünglichen Antrag
weiter.

II.

Die
Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:

Sofern die Vollstreckungsklausel zu Gunsten eines anderen als des in dem Titel bezeichneten Berechtigten erteilt werden solle, sei auch die Frage, ob 2
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der Titel für die Antragstellerin vollstreckbar sei, gemäß §
7 Abs.
1 Satz 1 [X.] nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Titel geschaffen worden sei. Ein Rechtssatz des [X.] Rechts, demzufolge die Antragstellerin berechtigt sei, aus dem Urteil vom 4.
Juni 2015 die Zwangsvollstreckung zu betreiben, sei weder dem Vortrag der Parteien noch dem von dem Senat ein-geholten Sachverständigengutachten zu entnehmen. Soweit der [X.] zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Entscheidung nach rumänischem Recht für die Antragstellerin vollstreckbar sei, belegten
seine Ausführungen das Ergebnis nicht. Aus den durch ihn herangezogenen Vorschriften folge weder, dass die in der endgültigen Tabelle verzeichneten Gläubiger materiell-rechtlich Inhaber der titulierten Forderung würden,
noch, dass sie eine formelle Berechti-gung zur Einleitung der Zwangsvollstreckung erlangten. Es sei auch nicht er-kennbar, wie die titulierte Forderung aus dem Vermögen der Schuldnerin in das Vermögen der Gläubiger übergehen solle.

2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß Art. 44 der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates
vom 22.
Dezember 2000
über die gerichtliche Zustän-digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (fortan: [X.] aF) in
Verbindung mit
§
15 Abs. 1 [X.], §
574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist
jedoch
nach §
15 Abs. 1 [X.], §
574 Abs. 2 ZPO
unzulässig, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung
hat oder
die Fortbildung des Rechts oder die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des [X.] erfordert.

a) Auf das Verfahren findet
die
[X.] aF
Anwendung, die in allen (damaligen) Mitgliedstaaten der [X.] mit Ausnahme [X.] am 1. März 2002 in [X.] getreten ist (Art. 76 [X.] aF) und auf 7
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alle Klagen anzuwenden ist, die danach erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1
[X.] aF). Mit dem Beitritt zur [X.] am 1. Januar 2007 wur-de der Geltungsbereich der [X.] aF auf [X.] als neuem Mitgliedstaat erstreckt
(Art. 4 Abs. 2 des Vertrags über den
Beitritt
der Republik Bulgarien und [X.]s
zur [X.], [X.] 2005 L 157/11). Die [X.] ([X.]) Nr. 1215/2012 des [X.] und des Rates vom 12.
Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen (fortan: [X.] nF) kommt nach Art. 66 Abs. 1 [X.] nF nicht zur Anwendung, weil das Verfahren nicht am 10. Januar 2015
oder danach eingeleitet worden ist. Für vor dem 10.
Januar 2015 eingeleitete Verfahren findet nach Art.
66 Abs.
2 [X.] nF die
[X.] aF
weiterhin Anwendung.

b) Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten liegen nicht vor.

aa) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass ge-mäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Zwangsvollstreckung aus einem im Ausland ergangenen Titel zugunsten eines anderen als des in dem Titel bezeichneten Berechtigten für zulässig erklärt werden kann, wenn der Titel nach dem Recht des Staates, in dem er errichtet worden ist, für den anderen vollstreckbar ist. Das Beschwerdegericht ist, ohne Verfahrensgrundrechte der Antragstellerin zu verletzen, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und
der Würdigung des Vortrags der Parteien zu dem Ergebnis gelangt, dass dem [X.] Recht ein Rechtssatz, demzufolge die Antragstellerin berechtigt wäre, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Fachgerichts [X.] vom 4. Juni 2015 zu betreiben, nicht zu entnehmen ist.
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bb) Die
Rechtsbeschwerde macht geltend, das Beschwerdegericht habe Maßstäbe zum Nachweis der Berechtigung der Antragstellerin zur Vollstre-ckung aus dem Urteil im Sinne von Art. 38 [X.] aF angelegt, die der [X.]stellerin eine Durchsetzung ihrer Ansprüche faktisch unmöglich machen würden, und sie dadurch in ihrem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes
verletzt. Ferner beruhe die Verneinung der Berechtigung der Antragstellerin zur Vollstreckung aus dem Urteil auf einer Verletzung des [X.]s auf Gewähr rechtlichen Gehörs aus Art.
103 Abs.
1 GG. Diesbezüglich
liegen Zulassungsgründe nicht vor.

(1) Das Beschwerdegericht hat die Darlegungslast nicht in gehörswidri-ger Weise verkannt. Nach
§
7 Abs.
1 Satz 2
[X.] ist durch den die [X.] einer Entscheidung beantragenden Gläubiger nachzuweisen, dass er nach dem Recht des Staates, in dem der Titel errichtet worden ist, zur Zwangs-vollstreckung berechtigt ist. §
7 Abs.
1 Satz 2 [X.] enthält hinsichtlich der Form des Nachweises zwar eine von den §§
726, 727 ZPO abweichende Rege-lung. Es verbleibt aber bei dem Grundsatz, dass zur Erteilung der Vollstre-ckungsklausel der Vollstreckungsgläubiger den Nachweis seiner Berechtigung zu führen hat. Im Anwendungsbereich der hier einschlägigen [X.] aF ist nach §
55 Abs.
1 [X.] die Vorschrift des §
7 Abs.
1 Satz 2 [X.] nicht [X.]. Dies hat aber
nur zur Folge, dass der erforderliche Nachweis mit allen Beweismitteln (und nicht nur durch Urkunden) geführt werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Januar 2012

IX
ZB 211/10,
IPRspr 2012, 577
Rn. 4).

(2) Ferner hat das Beschwerdegericht die Anforderungen an den durch die Antragstellerin zu erbringenden Nachweis nicht überspannt. Stellt ein Rechtsnachfolger eines früheren Rechtsnachfolgers der ursprünglichen Partei
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einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung, so ist
für jeden dieser Rechtsnachfol-ger die Berechtigung zur Vollstreckung im Erststaat, in dem der Titel errichtet worden ist, festzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Januar 2012

IX
ZB 211/10,
aaO). Erst Recht muss dann die Berechtigung eines Dritten zur [X.] festgestellt werden.
Den insoweit erforderlichen Beweis hat das Beschwerdegericht, sachverständig beraten, als nicht geführt angese-hen. [X.] relevante Fehler sind ihm dabei nicht unterlaufen. Die Anwendung ausländischen Rechts wird in der [X.] nicht geprüft ([X.], Beschluss vom 4.
Juli 2013
V
ZB 197/12, [X.]Z 198, 14 Rn. 15 ff).

(3) Schließlich hat das Beschwerdegericht erheblichen Vortrag der [X.]stellerin nicht gehörswidrig übergangen. Einerseits hat es nicht
außer Acht gelassen, dass eine von der Gesetzeslage abweichende Praxis behauptet [X.] ist. Andererseits ist
eine Abtretung des titulierten Anspruchs gegen den Antragsgegner an die Antragstellerin oder aber zumindest die Einräumung einer gewillkürten Prozessstandschaft in dem bisherigen Verfahren nicht durch die Antrag-

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stellerin behauptet worden, sodass
entsprechender Vortrag als neuer Tatsa-chenvortrag im Rechtsbeschwerdeverfahren ausgeschlossen
ist

577 Abs.
2 Satz 4, §
559 ZPO).

Grupp
[X.]
Pape

Möhring
Röhl

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.09.2016 -
22 O 2/16 -

OLG Naumburg, Entscheidung vom 23.01.2018 -
5 [X.]/16 -

Meta

IX ZB 16/18

19.09.2019

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2019, Az. IX ZB 16/18 (REWIS RS 2019, 3407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3407

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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