Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.08.2014, Az. VII ZR 144/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3347

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde nach berufungsgerichtlicher Verurteilung zur Erteilung von Buchauszügen im Rahmen der Stufenklage des Handelsvertreters auf Provisionsabrechnung: Bemessung der Beschwer bei Hinzuziehung von Hilfspersonen


Leitsatz

Soweit der zur Erteilung eines Buchauszugs Verpflichtete für ohne weiteres selbst zu erbringende Eigenleistungen Hilfspersonen heranzieht, ist der anzusetzende Stundensatz auf den sich aus § 22 Satz 1 JVEG ergebenden Höchstsatz beschränkt (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 21. März 2012, XII ZB 420/11, juris Rn. 6 ff.).

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 7. Mai 2013 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: bis zu 20.000 €

Gründe

I.

1

Der Kläger fordert im Wege der Stufenklage zur Bezifferung des ihm gegen die [X.] zustehenden Provisionsanspruchs aus abgetretenem Recht die Erteilung von Buchauszügen über die von der Zedentin vermittelten Geschäfte aus zwei Handelsvertreterverträgen im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30. April 2008 bzw. im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2007. Zwischen der Zedentin und der [X.]n bestanden ein Direktvertriebsvertrag über die Vermittlung von Marketingdienstleistungen für Telefon- und Internetleistungen und ein Vertriebspartnervertrag, in dem insgesamt fünf Unternehmen zu einem Abrechnungspool zusammengeschlossen waren.

2

Die [X.] hat den Anspruch des [X.] in erster Instanz teilweise anerkannt. Das [X.] hat die [X.] gemäß ihrem Anerkenntnis zur Erteilung von Buchauszügen mit im Einzelnen festgelegten Informationen über die im Rahmen des [X.] und des [X.] in dem angegebenen Zeitraum vermittelten Geschäfte verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die [X.] verurteilt, den Buchauszug über die im Rahmen des [X.] vermittelten Geschäfte auch auf die Gründe, die zur Angabe des Status "abgelehnt" geführt haben, und auf das Stornierungsdatum zu erstrecken.

3

Hiergegen wendet sich die [X.] mit der Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des Berufungsurteils und die vollständige Zurückweisung der Berufung des [X.] erreichen will.

II.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

5

1. Für die Bemessung der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung eines [X.] ist, wie bei einem Anspruch auf Erteilung einer Auskunft, auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, nicht aber auf den Wert des Auskunftsanspruchs (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 3; Beschluss vom 23. April 2013 - [X.], juris Rn. 1; Beschluss vom 22. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 888 Rn. 5; Beschluss vom 29. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2812 Rn. 5 f.; Beschluss vom 22. März 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 786 Rn. 2; Beschluss vom 24. November 1994 - [X.], [X.]Z 128, 85, 89).

6

2. Unerheblich ist, dass die [X.] dem Kläger den Buchauszug mit dem Inhalt, wie er sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, bereits erteilt hat. Die durch eine Verurteilung geschaffene Beschwer entfällt generell nicht, wenn die verurteilte Partei den titulierten Pflichten entspricht, sofern dies - wie im Streitfall - nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Das gilt auch dann, wenn die Leistung aus Gründen, die in der Natur des titulierten Anspruchs liegen, auf eine endgültige, nicht mehr rückgängig zu machende Erfüllung hinausläuft, wie es bei einer erteilten Auskunft wesensgemäß der Fall ist, die, anders als etwa ein vereinnahmter Geldbetrag, nicht mehr "zurückgegeben" werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2812 Rn. 5; Urteil vom 8. Mai 1985 - [X.], [X.]Z 94, 268, 274).

7

3. Die [X.] hat jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie für die Erteilung der nach der Entscheidung des Berufungsgerichts zusätzlich geschuldeten Angaben Kosten im Umfang von mindestens 28.350 € aufwenden muss.

8

a) Es kann offen bleiben, ob es an einer hinreichenden Glaubhaftmachung des behaupteten [X.] bereits deswegen fehlt, weil die [X.] im Zwangsvollstreckungsverfahren die vom Kläger für die Erstellung des [X.] durch einen Buchsachverständigen angegebenen und als Vorschuss gemäß § 887 Abs. 2 ZPO geforderten Kosten in Höhe von 14.000 € auf der Basis eines Zeitaufwands von 280 Stunden zu einem Stundensatz von 50 € als unverhältnismäßig hoch beanstandet hat. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass der von der [X.]n in der Anlage 1 zur Nichtzulassungsbeschwerdebegründung aufgeführte Zeitaufwand von insgesamt 810 Stunden zur Erteilung des durch das angefochtene Urteil geforderten zusätzlichen [X.] erforderlich ist, ergäbe sich für die nach dem angefochtenen Berufungsurteil noch zu erteilenden Informationen keine über einen Betrag von 20.000 € hinausgehende Beschwer.

9

b) Denn die [X.] kann nicht für sämtliche der von ihr aufgeführten Leistungen einen Stundensatz in Höhe von 35 € in Ansatz bringen.

aa) Als Stundensatz für den eigenen Zeitaufwand kann der Verurteilte nur den eigenen Aufwand und daher nicht den Stundensatz geltend machen, den er [X.] für seine berufliche Tätigkeit in Rechnung stellt (vgl. [X.], Beschluss vom 21. März 2012 - [X.] 420/11, juris Rn. 6 ff.; Beschluss vom 22. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 888 Rn. 6). Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen ist dabei maximal mit dem gemäß § 22 [X.] für die Entschädigung von Zeugen maßgeblichen Höchstsatz zu bewerten (vgl. [X.], Beschluss vom 21. März 2012 - [X.] 420/11, juris Rn. 10; Beschluss vom 28. September 2011 - [X.], [X.], 299 Rn. 7; Beschluss vom 10. März 2010 - [X.], [X.], 891 Rn. 6 m.w.[X.]). Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten des zur Auskunft Verpflichteten gehören neben dem Eigenaufwand auch die Ausgaben für die Inanspruchnahme fachkundiger Dritter oder Hilfspersonen, derer sich der Verpflichtete zur Vorbereitung einer nicht ohne weiteres von ihm zu leistenden Auskunft bedienen darf (vgl. [X.], Beschluss vom 24. September 2013 - [X.], [X.] 2013, 1258 Rn. 17; Beschluss vom 21. März 2012 - [X.] 420/11, juris Rn. 8; Beschluss vom 22. Februar 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 888 Rn. 6; Beschluss vom 22. März 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 786 Rn. 13 m.w.[X.]).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die [X.] allenfalls für die aufgeführten Arbeitsschritte Projektplanung, Erstellung von Scripten für die Datenabfrage und die Datensicherung sowie für die Qualitätssicherung berechtigt, kaufmännische IT-Mitarbeiter hinzuziehen, für die nach ihren Angaben ein Stundensatz in Höhe von 35 € zu veranschlagen ist. Insoweit ist nachvollziehbar, dass diese Tätigkeiten besondere Fachkenntnisse voraussetzen, die den zur Vertretung der [X.]n befugten Personen nicht ohne weiteres zur Verfügung stehen und die Hinzuziehung entsprechend qualifizierter Mitarbeiter erforderlich machen. Die [X.] hat für diese Leistungen insgesamt einen Stundenaufwand von 190 Stunden angesetzt. Bei einem Stundensatz von 35 € ergibt sich ein Kostenaufwand von insgesamt 6.650 €.

Für die manuellen Hilfstätigkeiten zur Erfassung des Stornierungsdatums und des [X.], deren Umfang die [X.] mit 620 Stunden angibt, kann dagegen höchstens der gemäß für die Entschädigung von Zeugen maßgebliche Höchstsatz gemäß § 22 Satz 1 [X.] zugrunde gelegt werden. Insoweit handelt es sich um eine von der [X.]n bzw. den zu ihrer Vertretung berufenen Personen ohne weiteres selbst zu erbringende Eigenleistung. Soweit die [X.] zur Erfüllung dieser Tätigkeiten Hilfspersonen heranzieht, ist der anzusetzende Stundensatz ebenfalls auf den sich aus § 22 Satz 1 [X.] ergebenden Höchstsatz beschränkt, weil die [X.] eine von ihr vorzunehmende Eigenleistung lediglich durch Dritte ersetzt. Dass diese Arbeiten eine besondere Qualifikation erforderten, ist nicht ersichtlich und wird von der [X.]n auch nicht vorgetragen. Soweit sich aus der Entscheidung des Senats vom 10. Februar 1994 ([X.], NJW-RR 1994, 660, 661) etwas anders ergibt, hält der Senat daran nicht fest.

cc) Es kann außerdem dahinstehen, ob sich der Stundensatz nach § 22 Satz 1 [X.] in der im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht geltenden Fassung oder in der derzeit gültigen Fassung richtet. Die nach § 26 Nr. 8 EGZPO maßgebliche Wertgrenze von 20.000 € würde auch dann nicht überschritten, wenn zugunsten der [X.]n davon auszugehen wäre, dass die manuellen Tätigkeiten gemäß § 22 Satz 1 [X.] n.F. mit einem Stundensatz in Höhe von 21 € kalkuliert werden durften. Danach ergäbe sich für die mit 620 Stunden in Ansatz gebrachten manuellen Hilfstätigkeiten ein Kostenaufwand in Höhe von 13.020 € und unter Hinzurechnung eines Betrags von 6.650 € ein Gesamtaufwand in Höhe von 19.670 €, der die Wertgrenze von 20.000 € nicht übersteigt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka                       Eick                         Kartzke

             Jurgeleit                    [X.]

Meta

VII ZR 144/13

21.08.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 7. Mai 2013, Az: 9 U 124/12

§ 26 Nr 8 ZPOEG, § 87c Abs 2 HGB, § 22 S 1 JVEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.08.2014, Az. VII ZR 144/13 (REWIS RS 2014, 3347)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3347

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