Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2021, Az. EnVR 6/20

Kartellsenat | REWIS RS 2021, 8495

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ermittlung des individuellen Netzentgelts für den Zugang zum Elektrizitätsversorgungsnetz: Berücksichtigungsfähigkeit einer ausländischen Erzeugungsanlage bei der Entgeltermittlung nach der Methode des physikalischen Pfads;  Berechnung des physikalischen Pfads für den über ein ausländisches Netz versorgten Bandlastverbraucher


Leitsatz

1. Bei der Ermittlung individueller Netzentgelte nach der Methode des physikalischen Pfads kann eine Erzeugungsanlage im Ausland nicht berücksichtigt werden.

2. Die Frage, ob eine Grenzkuppelstelle geeigneter Endpunkt eines physikalischen Pfads sein kann, betrifft die Methodik zur Ermittlung des Beitrags des Letztverbrauchers zur Netzstabilität; sie wird von dem Ermessens und Beurteilungsspielraum umfasst, über den die Bundesnetzagentur bei der Festlegung einer bestimmten Berechnungsmethode verfügt.

3. Es ist nicht zu beanstanden, wenn bei einem über ein ausländisches Netz versorgten Bandlastverbraucher für die Berechnung des physikalischen Pfads nicht die Strecke bis zur nächstgelegenen Grenzkuppelstelle, sondern die Strecke bis zum nächstgelegenen Netzknotenpunkt zuzüglich der allgemeinen Netzentgelte der vorgelagerten Netzebene angesetzt wird.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 27. November 2019 wird auf Kosten der Antragstellerin, die auch die notwendigen Auslagen der [X.] zu tragen hat, zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Antragstellerin und die [X.] streiten darüber, in welchem Umfang die Antragstellerin für die [X.] und 2013 von Netzentgelten zu befreien ist.

2

Die Antragstellerin betreibt an ihrer Abnahmestelle in [X.] im unmittelbaren Grenzgebiet zu [X.] eine Saline. Die Saline ist auf der Netzebene Mittelspannung an das Umspannwerk [X.] der Beteiligten angeschlossen, das über die Netzebene Hochspannung an das [X.] angebunden ist. Hier betreibt die Beteiligte ein kleines Hochspannungsnetz, das vom Hochspannungsnetz des [X.] abzweigt und über die [X.] in unmittelbarer Nähe zum [X.] auf [X.] Seite verläuft. Zum Hochspannungsnetz der Beteiligten südlich und östlich des [X.] besteht keine physikalische Verbindung.

3

Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin wies an ihrer Abnahmestelle einen Stromverbrauch von mehr als zehn Gigawattstunden und eine jährliche [X.]zahl von mindestens 7.000 Stunden auf. Sie wurde daher ab dem [X.] gemäß § 19 Abs. 2 [X.] in der Fassung vom 4. August 2011 (im Folgenden: [X.] 2011) von der Zahlung von Netzentgelten befreit.

4

Mit Beschluss ([X.]) 2019/56 vom 28. Mai 2018 über die staatliche Beihilfe [X.] für [X.] nach § 19 [X.] (im Folgenden: [X.]) stellte die [X.] (im Folgenden: [X.]) fest, dass die auf Grundlage des § 19 Abs. 2 [X.] 2011 für die [X.] und 2013 gewährten vollständigen Entgeltbefreiungen als rechtswidrige staatliche Beihilfen anzusehen und zurückzufordern seien. Daraufhin nahm die [X.] mit Bescheid vom 25. September 2018 die [X.] von den Netzentgelten in dem Umfang zurück, in dem die Antragstellerin ohne die vollständige [X.] in den Jahren 2012 und 2013 individuelle Netzentgelte hätte zahlen müssen (Ausspruch 1). Den der Rücknahme unterliegenden Betrag setzte sie auf 1.086.132,45 € nebst Zinsen fest (Ausspruch 2). Er setzt sich aus den Kosten des physikalischen Pfads bis zum Umspannwerk [X.] als nahegelegenem Netzknotenpunkt, Kosten für Verlustenergie und den allgemeinen Netzentgelten für das vorgelagerte Hochspannungsnetz der Beteiligten zusammen.

5

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde hat die Antragstellerin beantragt, Ausspruch 2 hinsichtlich der Festsetzung des der Rücknahme unterliegenden Betrags aufzuheben und die [X.] zu verpflichten, diesen Betrag auf 350.297,48 € nebst Zinsen (entsprechend 20 % der in den Jahren 2012 und 2013 veröffentlichten allgemeinen Netzentgelte) festzusetzen, hilfsweise den der Rücknahme unterliegenden Betrag neu zu bestimmen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Die [X.] tritt dem Rechtsmittel entgegen.

6

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

7

I. Das Beschwerdegericht ([X.], Beschluss vom 27. November 2019 - [X.] 868/18, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die [X.] seien auf der Basis des vor der Einführung der unionsrechtswidrigen Netzentgeltbefreiung in [X.] geltenden Privilegierungsregimes zu ermitteln. Maßgeblich für die Bestimmung des [X.] sei das individuelle Netzentgelt, das die Antragstellerin gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] in der Fassung vom 21. August 2009 (im Folgenden: [X.] 2009) hätte zahlen müssen. Grundsätzlich solle der Betrag des individuellen [X.] den Beitrag des [X.] zu einer Senkung oder Vermeidung der Erhöhung der Netzkosten widerspiegeln, wobei § 19 Abs. 2 [X.] in jeder Fassung [X.], mit welcher Methode dies zu ermitteln sei. Im Streitfall habe die [X.] den Rückforderungsbetrag unter Wahrung des ihr insoweit zukommenden [X.] zu Recht anhand der Methode des physikalischen Pfads berechnet. Dabei werde für die Berechnung eines individuellen [X.] ausgehend vom betreffenden Netzanschlusspunkt des [X.] eine fiktive Leitungsnutzung bis zu einer geeigneten Stromerzeugungsanlage auf bereits bestehenden Trassen berechnet. Die Differenz zwischen den Kosten dieser fiktiven Leitungsnutzung und den allgemeinen Netzentgelten stelle den Beitrag des [X.] zu einer Senkung oder Vermeidung der Erhöhung der Netzkosten der jeweiligen Netzebene dar. Diesem Konzept liege die Annahme zugrunde, dass stromintensive Unternehmen aus Gründen der Kostenersparnis erwägen könnten, aus der Netznutzergemeinschaft auszuscheiden und eine Direktleitung zum nächstgelegenen Grundlastkraftwerk zu errichten. Der Opportunitätskostenansatz quantifiziere somit die individuelle Bereitschaft, weiterhin einen Beitrag zur Netzstabilität zu leisten.

9

Rechtsfehlerfrei habe die [X.] den physikalischen Pfad von der Saline bis zum Umspannwerk [X.] als Netzknotenpunkt gebildet und den Rückforderungsbetrag unter Ansatz der Kosten des vorgelagerten Hochspannungsnetzes der Beteiligten festgesetzt. Weder auf [X.] noch auf [X.] Seite befinde sich eine als Schlusspunkt des physikalischen Pfads geeignete Erzeugungsanlage. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin komme auch die Bildung eines physikalischen Pfads bis zur nächstgelegenen [X.] [X.] nicht in Betracht. Dabei würde die Antragstellerin im Vergleich zu anderen Letztverbrauchern, bei denen ebenfalls eine geeignete Erzeugungsanlage für eine fiktive Direktleitungsnutzung auf bestehenden Trassen nicht existiere, ohne Grund bessergestellt. Zwar entnehme die Antragstellerin Strom aus einem Mittelspannungsnetz, das nur mit einem kleinen [X.] der Beteiligten, nicht aber mit deren übrigen Hochspannungsnetz verbunden sei. Allerdings habe dieser Umstand auf die Berechnung des für die vorgelagerte Netzebene zu erhebenden und in Ansatz zu bringenden [X.] außer Betracht zu bleiben. Im nationalen [X.]ystem werde nicht zwischen [X.] auf gleicher Spannungsebene unterschieden, sondern es werde ein einheitliches Netzentgelt für die gesamte Netzebene erhoben.

Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die [X.] für die Ermittlung des [X.] nicht auf die Übergangsregelung des § 32 Abs. 7 [X.]. § 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] in der Fassung vom 14. August 2013 (im Folgenden: [X.] 2013) zurückgegriffen habe. Danach zahlten Letztverbraucher, die für das [X.] noch keine Entgeltbefreiung erhalten hätten, für die [X.] und 2013 auf höchstens 20 % der allgemeinen Netzentgelte gedeckelte Entgelte. Die [X.] habe aber ausdrücklich auf die Methode des physikalischen Pfads abgestellt. Diese Vorgabe erfülle ein Rückgriff auf die Übergangsregelung nicht. Durch die von der [X.] angeordnete [X.] ergebe sich auch keine ungerechtfertigte Schlechterstellung der ursprünglich vollständig befreiten und nunmehr einer Rückforderung für die [X.] und 2013 ausgesetzten Letztverbraucher.

II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Antragstellerin wendet sich nicht dagegen, dass die [X.] gemäß Art. 3 Abs. 1 des [X.]es die zu ihren Gunsten mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 genehmigte [X.] von den Netzentgelten gemäß § 48 VwVfG in dem Umfang zurückgenommen hat, in dem sie in den Jahren 2012 und 2013 ohne die vollständige [X.] individuelle Netzentgelte hätte zahlen müssen (Ausspruch 1 des angegriffenen Beschlusses). Die von der Rechtsbeschwerde im Hinblick auf den Umfang der Rückforderung (Ausspruch 2 des Beschlusses) erhobenen [X.] greifen nicht durch.

1. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, die Rückforderung habe auf der Grundlage von § 32 Abs. 7 [X.]. § 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] 2013 zu erfolgen und sei nach dieser Regelung auf ein (pauschales) individuelles Netzentgelt von 20 % des allgemeinen [X.] zu beschränken. Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass für die Rückforderung die Rechtslage maßgeblich ist, die vor der Einführung der von der [X.] als rechtswidrig erklärten Beihilfe gegolten hat.

a) Der Mitgliedstaat, an den ein Rückforderungsbeschluss der [X.] wegen rechtswidriger und mit dem Binnenmarkt unvereinbarer Beihilfen gerichtet ist, hat alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Durchführung der Entscheidung sicherzustellen, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 [X.]. An einen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidungen sind für alle Organe des jeweiligen Staates, einschließlich seiner Gerichte, verbindlich (st. [X.]pr., [X.], Urteil vom 12. Dezember 2002 - [X.]/00, [X.], 18 Rn. 31 - [X.]/[X.]; Urteil vom 26. Juni 2003 - [X.]/00, [X.]. 2003, [X.] Rn. 21 - [X.]/[X.]; Urteil vom 13. Februar 2014 - [X.]/13, [X.] 2014, 298 Rn. 23 - [X.]/[X.]). Dabei dient die Verpflichtung des Mitgliedstaats, eine von der [X.] als unvereinbar mit dem Binnenmarkt angesehene Beihilfe aufzuheben, der Wiederherstellung der früheren Lage (st. [X.]pr., [X.], Urteil vom 4. April 1995 - [X.]/93, [X.]. 1995, [X.] Rn. 26 mwN - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 20. März 1997 - [X.]/95, NJW 1998, 47, 48 Rn. 23 - [X.]/Alcan [X.]; Urteil vom 12. Oktober 2000 - [X.]/98, [X.], 1938 Rn. 35 - [X.]/[X.]).

b) Nach diesen Grundsätzen bestimmt sich der Umfang der Rückforderung nach § 19 Abs. 2 [X.] 2009 und der von der [X.] angewandten Methode des physikalischen Pfads gemäß dem "Leitfaden zur Genehmigung individueller Netzentgeltvereinbarungen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] ab 2011" vom 26. Oktober 2010 (abrufbar unter: www.bundesnetzagentur.de; im Folgenden: Leitfaden 2010). Die Anwendung von § 32 Abs. 7 [X.]. § 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] 2013 reicht dagegen nicht aus, um die Verpflichtung zur Rückforderung durch Wiederherstellung der früheren Lage zu erfüllen.

aa) Gemäß Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 des [X.]es [X.]. den Erwägungsgründen 217 und 225 bis 227 ist die von [X.] in den Jahren 2012 und 2013 rechtswidrig gewährte staatliche Beihilfe zurückzufordern, soweit [X.] von Netzentgelten befreit worden sind, die den von ihnen verursachten Netzkosten entsprachen, oder, wenn die Netzkosten unter dem Mindestentgelt von 20 % des veröffentlichten [X.] lagen, soweit sie von diesem Mindestentgelt befreit wurden.

Als [X.] bezeichnet der [X.] dabei die nach § 19 Abs. 2 [X.] (in jeder Fassung) durch die Möglichkeit der Vereinbarung eines individuellen [X.] privilegierten Netznutzer mit einer jährlichen Stromabnahme von mindestens 7.000 [X.] und mehr als 10 Gigawattstunden ([X.], Erwägungsgrund 17). Grund für ihre Privilegierung ist der Umstand, dass sie durch ihr Nutzungsverhalten zur Netzstabilität beitragen. Sie sollen daher einerseits durch die Ermäßigung belohnt und andererseits veranlasst werden, am Netz der allgemeinen Versorgung angeschlossen zu bleiben ([X.], Beschluss vom 13. Dezember 2016 - [X.] 34/15, [X.], 187 Rn. 21 - Festlegung individueller Netzentgelte; Beschluss vom 13. Dezember 2016 - [X.] 38/15, [X.], 185 Rn. 17 - [X.]; Beschluss vom 17. Juli 2018 - [X.] 12/17, [X.], 531 Rn. 29 - Bemessungsspielraum bei Berechnungen zur Höhe des individuellen [X.]).

bb) Nach § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2009 wie auch erneut in der ab dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung von § 19 Abs. 2 Satz 4 [X.] hat das [X.]n anzubietende individuelle Netzentgelt ihren Beitrag zu einer Senkung oder Vermeidung der Erhöhung der Netzkosten widerzuspiegeln. Um diesen Beitrag zu ermitteln, verwendet die [X.] die Methode des physikalischen Pfads (vgl. Leitfaden 2010, S. 16-19 unter 1.3.2.2., sowie später auch die "Festlegung hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte nach § 29 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.]. § 19 Abs. 2 [X.] und § 30 Abs. 2 Nr. 7 [X.]" vom 11. Dezember 2013 abrufbar unter: www.bundesnetzagentur.de; im Folgenden: [X.]). Ausgehend vom betreffenden Netzanschlusspunkt des [X.] wird eine fiktive Leitungsnutzung bis zu einer geeigneten Stromerzeugungsanlage auf bereits bestehenden Trassen berechnet. Diese von der [X.] gewählte Berechnungsmethode ist eine geeignete, transparente, auf einer nachprüfbaren und gesicherten Tatsachengrundlage stehende und nachvollziehbare Methode, um den nachhaltigen Beitrag des einzelnen Großverbrauchers zu den Netzentgelten verursachungsgerecht abzubilden und sachgerecht zu monetarisieren (vgl. [X.], [X.], 187 Rn. 13 ff., 34 - Festlegung individueller Netzentgelte; vgl. auch [X.], [X.], 531 Rn. 26 ff. - Bemessungsspielraum bei Berechnungen zur Höhe des individuellen [X.]).

cc) Demgegenüber enthält die erst nach dem Einleitungsbeschluss der [X.] im Beihilfeverfahren vom 6. März 2013 ([X.], Erwägungsgrund 2) erlassene und lediglich im Zeitraum vom 22. August bis zum 31. Dezember 2013 übergangsweise geltende Vorschrift des § 19 Abs. 2 [X.] 2013, deren Anwendung die Rechtsbeschwerde gemäß § 32 Abs. 7 [X.] 2013 für geboten hält, keine Regelung dahin, dass das [X.]n anzubietende individuelle Netzentgelt ihren Beitrag zu einer Senkung oder Vermeidung der Erhöhung der Netzkosten widerzuspiegeln habe. Das individuelle Netzentgelt beträgt danach gestaffelt nach [X.] 10 %, 15 % oder 20 % des allgemeinen [X.]. Da es nach § 19 Abs. 2 [X.] 2013 folglich nicht darauf ankommt, welche Netzkosten unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des einzelnen [X.]s angefallen sind (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Dezember 2016 - [X.] 34/15, [X.], 187 Rn. 25 - Festlegung individueller Netzentgelte; [X.], [X.], 2. Absatz [X.]), reicht die Rückforderung auf der Grundlage dieser Vorschrift schon nicht aus, um den [X.] umzusetzen. Auch der wiederherzustellenden, vor Einführung der rechtswidrigen staatlichen Beihilfe geltenden Rechtslage entspricht die Vorschrift wie gezeigt nicht.

c) [X.] ist vor diesem Hintergrund die Rüge der Rechtsbeschwerde, die Rückforderung in Anwendung von § 19 Abs. 2 [X.] 2009 verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil die Antragstellerin schlechter gestellt werde als diejenigen [X.], die auf der Grundlage von § 32 Abs. 7 Satz 1 [X.] [X.]. § 19 Abs. 2 [X.] 2013 in den Jahren 2012 bis 2013 lediglich ein pauschales individuelles Netzentgelt hätten zahlen müssen. Die Rechtsbeschwerde zeigt schon nicht auf, dass die [X.] bei der Rückforderung der Beihilfen auf der Grundlage des [X.]es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen und gleiche Sachverhalte ungleich behandelt hätte. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem Anwendungsfall des § 32 Abs. 7 Satz 1 [X.] [X.]. § 19 Abs. 2 [X.] 2013 dadurch, dass der Antragstellerin eine (vollständige) [X.] gewährt wurde, die als rechtswidrige staatliche Beihilfe nach Art. 108 Abs. 3 A[X.]V zurückzufordern ist. Wegen der Bindungswirkung des [X.]es für die nationalen Gerichte könnte eine etwaige Ungleichbehandlung allenfalls in einem gegen den [X.] gerichteten Verfahren vor den Unionsgerichten gerügt werden, wie es vorliegend auch beim Gericht der [X.] anhängig ist (Rechtssache [X.]/19). Einen entsprechenden Änderungsvorbehalt im Hinblick auf die unionsrechtliche Klage hat die [X.] in Ausspruch 3 des angegriffenen Bescheids aufgenommen.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde auch dagegen, dass das Beschwerdegericht die Ermittlung der Höhe der Rückforderung durch die [X.] für zutreffend gehalten hat.

a) Der vorliegende Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass es der Antragstellerin - anders als es in aller Regel auch bei grenznah angesiedelten [X.]n der Fall sein wird - nicht möglich ist, einen physikalischen Pfad zu einer geeigneten inländischen Erzeugungsanlage zu bilden, weil sie über ein nur mit einem ausländischen Netz verbundenes kleines Hochspannungsnetz der Beteiligten versorgt wird.

b) Ein grenzüberschreitender physikalischer Pfad zu einer Erzeugungsanlage im Ausland kann jedoch bei der im Rahmen von § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2009 vorzunehmenden Ermittlung individueller Netzentgelte schon aus Rechtsgründen nicht gebildet werden. Das [X.] ist und war in dem hier maßgeblichen Zeitraum auf Unionsebene nicht vereinheitlicht (vgl. Erwägungsgründe 8 ff. der Richtlinie ([X.]) 2019/944 des [X.] und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/[X.], [X.]. [X.]). Insbesondere entscheiden die Mitgliedstaaten autonom darüber, ob und in welcher Weise sie [X.] gewähren wollen. Ist eine solche Ermäßigung - wie in [X.] - vorgesehen und wird sie mit einer netzstabilisierenden Wirkung begründet, kann dabei nur das inländische Netz in Betracht genommen werden. Aus der Ermäßigung folgende Mindereinnahmen können allein durch die inländischen Netznutzer ausgeglichen werden (vgl. für den hier maßgeblichen Zeitraum § 19 Abs. 2, §§ 4 bis 14 [X.] 2009, § 21 Abs. 2, §§ 21a, 24 Satz 1 [X.] 2011). Das schließt es aus, bei der Abschätzung des Beitrags der Antragstellerin zu einer Senkung oder Vermeidung der Erhöhung der (inländischen) Netzkosten (§ 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2009) die Kosten eines ausländischen Netzes einzubeziehen. Im Übrigen scheitert die Einbeziehung ausländischer Erzeugungsanlagen in den physikalischen Pfad jedenfalls im vorliegenden Fall auch bereits an der von Beschwerdegericht und [X.] festgestellten fehlenden Verfügbarkeit der dafür erforderlichen Daten; eine Ermäßigung für [X.] kennt das [X.] Regulierungsregime nicht.

c) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht der Ansicht der [X.] gefolgt ist, für die Berechnung im Rahmen der Methode des physikalischen Pfads sei nicht nur die Strecke bis zur nächstgelegenen [X.] [X.], sondern die Strecke bis zum nächstgelegenen Netzknotenpunkt (Umspannwerk [X.]) unter zusätzlichem Ansatz der allgemeinen Netzentgelte der vorgelagerten Netzebene maßgeblich.

aa) Die Frage, ob eine [X.] geeigneter Endpunkt eines physikalischen Pfads sein kann, betrifft die Methodik bei der Ermittlung des Beitrags des [X.] zur Senkung oder Vermeidung der Netzkosten. Sie wird deshalb von dem Ermessens- und Beurteilungsspielraum umfasst, über den die [X.] bei der Festlegung einer bestimmten Berechnungsmethode verfügt (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Dezember 2016, [X.] 34/15, [X.], 187 Rn. 12 - Festlegung individueller Netzentgelte; Beschluss vom 17. Juli 2018 - [X.] 12/17, [X.], 531 Rn. 24 - Bemessungsspielraum bei Berechnungen zur Höhe des individuellen [X.]). Die Abschätzung des individuellen Beitrags der Antragstellerin zur Netzstabilität ist daher als rechtmäßig anzusehen, wenn die [X.] von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist und darauf eine in fehlerfreier Ausfüllung ihres [X.] gewählte Berechnungsmethode korrekt angewandt hat. Davon ist das Beschwerdegericht ausgegangen und hat einen Rechtsfehler der [X.] verneint. Diese Beurteilung des [X.] kann in der [X.] nur eingeschränkt überprüft werden. Lediglich wenn die ihr zugrundeliegende Würdigung unvollständig oder widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, darf das Rechtsbeschwerdegericht diese Wertung beanstanden (st. [X.]pr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 17. Juli 2018 - [X.] 12/17, [X.], 531 Rn. 28). Ein solcher Fehler wird von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt und ist auch im Übrigen nicht erkennbar.

bb) Die [X.] hat ausweislich des angegriffenen Bescheids die besondere [X.] der Antragstellerin erkannt und ist daher - was die Rechtsbeschwerde nicht in Frage stellt - von einer zutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen.

cc) Soweit die Rechtsbeschwerde rügt, es werde der Antragstellerin entgegen den Vorgaben von § 19 Abs. 2 Satz 3 [X.] 2009 und der [X.] verwehrt, selbst festzulegen, bis zu welchem Netzknotenpunkt sie den physikalischen Pfad bilden wolle, zeigt sie keinen nach den obigen Maßgaben erheblichen Fehler auf.

(1) Die [X.] berücksichtigt bei der von ihr vorgenommenen Abschätzung den Beitrag des [X.]s zur Kostensenkung und Kostenvermeidung auch in den vorgelagerten Netz- und Umspannebenen (vgl. [X.], [X.]). Sie gesteht den in einer nachgelagerten Netzebene angeschlossenen [X.]n abweichend von der üblichen Berechnungsmethode (Bildung eines physikalischen Pfads bis zur nächstgelegenen geeigneten Erzeugungsanlage) die Möglichkeit zu, für die Berechnung des physikalischen Pfads lediglich die Strecke vom Netzanschlusspunkt des [X.] zu einem vom Letztverbraucher zu bestimmenden Netzknotenpunkt zugrunde zu legen und im Übrigen die allgemeinen Netzentgelte der vorgelagerten Netz- und Umspannebene (sogenannte Netzbriefmarke) anzusetzen, sofern das Ergebnis im Vergleich zu dem physikalischen Pfad bis zu einem Grundlastkraftwerk günstiger sein sollte (Leitfaden 2010 S. 26; vgl. auch [X.] S. 6, 7). Diese Art der Berechnung setzt mithin voraus, dass ein physikalischer Pfad zu einer geeigneten Erzeugungsanlage gebildet werden könnte, dies für den [X.] aber ungünstiger ist als der Ansatz der allgemeinen Netzentgelte der vorgelagerten Netzebene.

(2) So liegt es hier aufgrund der besonderen [X.] der Antragstellerin aber nicht, weil es - wie o. Rn. 22 ausgeführt - keine inländische Erzeugungsanlage gibt, zu der ein physikalischer Pfad gebildet werden könnte. Die Ansicht der [X.] und die ihr folgende Würdigung des [X.], dass die von der Antragstellerin gewünschte Berechnung bis zur [X.] angesichts dieser besonderen Situation zu einem mit dem Sinn und Zweck der Berechnungsmethode des physikalischen Pfads nicht zu vereinbarenden und die Antragstellerin insoweit sachwidrig bevorzugenden Ergebnis führen würde, ist nicht zu beanstanden. Durch die Bildung eines physikalischen Pfads bis zur Grenze ohne Ansatz der Kosten der vorgelagerten Netzebene würde zugunsten der Antragstellerin entgegen den tatsächlichen Verhältnissen eine geeignete Erzeugungsanlage direkt an der [X.] fingiert. Die Antragstellerin würde (wirtschaftlich) besser behandelt, als es angesichts ihrer [X.] gerechtfertigt wäre. Die [X.] war aber nicht verpflichtet, bei ihrer Schätzung eine tatsächlich nicht vorhandene Erzeugungsanlage zugrunde zu legen.

dd) Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang geltend macht, die Antragstellerin leiste im Hinblick darauf, dass ihr [X.] (wohl) über dem [X.] aller Einwohner von [X.] liege, einen ganz erheblichen Beitrag zur Stabilität des Netzes der allgemeinen Versorgung bis zur [X.], stellt sie die Würdigung des [X.] nicht in Frage. Sie beschreibt lediglich die [X.] eines [X.]s im ländlichen Raum, die aber tendenziell zu einem geringeren Beitrag zur Netzstabilität führt (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Dezember 2016 - [X.] 34/15, [X.], 187 Rn. 25, 34 - Festlegung individueller Netzentgelte sowie [X.], [X.]).

d) [X.] ist der Einwand der Rechtsbeschwerde, die [X.] habe bei der Ermittlung des individuellen [X.] gegen Art. 28, 30 A[X.]V verstoßen und eine Abgabe mit zollgleicher Wirkung erhoben.

aa) Zwar kann ein [X.] oder eine andere finanzielle Belastung, die auf Elektrizität aufgrund ihres Grenzübertritts erhoben wird, eine Abgabe im Sinne von Art. 28 A[X.]V (vormals Art. 25 EGV) darstellen, wenn sie die Ware selbst trifft (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.]/06, [X.]. 2008, [X.] Rn. 43 f., 49 - Essent Netwerk Noord u.a.; Urteil vom 6. Dezember 2018 - [X.]/17, juris Rn. 29 ff. - [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 28. März 2019 - [X.]/16, [X.], 92 Rn. 68, 71 - [X.]/[X.]). So liegt es hier aber nicht. Die [X.] erhebt keine Abgabe, die die von der Antragstellerin bezogene Elektrizität aufgrund ihres Grenzübertritts belastet. [X.] Elektrizität und im Inland produzierte Elektrizität werden bei der Schätzung aufgrund der Methode des physikalischen Pfads unmittelbar und mittelbar gleichbehandelt; eingeführter Strom wird durch sie also nicht verteuert.

bb) Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V ist nicht veranlasst. Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung von Art. 28, 30 A[X.]V, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]. 283/81, NJW 1983, 1257, 1258 - [X.]; Urteil vom 1. Oktober 2015 - [X.]/14, [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 - [X.], mwN).

III. [X.] beruht auf § 90 [X.].

[X.]     

      

Schoppmeyer     

      

Roloff

      

Tolkmitt     

      

Rombach     

      

Meta

EnVR 6/20

23.02.2021

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 27. November 2019, Az: VI-3 Kart 868/18 (V), Beschluss

§ 19 Abs 2 S 2 StromNEV vom 21.08.2009, § 19 Abs 2 S 3 StromNEV vom 21.08.2009, § 19 Abs 2 S 2 StromNEV vom 26.07.2011

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2021, Az. EnVR 6/20 (REWIS RS 2021, 8495)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8495

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

EnVR 34/15 (Bundesgerichtshof)

Stromnetznutzung: Rechtmäßigkeit der Berechnungsmethode zur Ermittlung individueller Netzentgelte mittels des physikalischen Pfades; Bestimmung einer Anzeigefrist …


EnVR 12/17 (Bundesgerichtshof)

(Bemessungsspielraum bei Berechnungen zur Höhe des individuellen Netzentgelts)


EnVR 34/15 (Bundesgerichtshof)


VI-3 Kart 27/14 (V) (Oberlandesgericht Düsseldorf)


EnVR 36/15 (Bundesgerichtshof)

Stromnetznutzung: Reduzierung des Entgelts für singulär genutzte Betriebsmittel - Singulär genutzte Betriebsmittel II


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.