Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2002, Az. 1 StR 557/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 4153

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[X.]/01vom12. März 2002in der Strafsachegegenwegenschwerer räuberischer [X.] des [X.] hat am 12. Mrz 2002 beschlossen:Die [X.]evision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2. August 2001 wird als unbegründet verworfen.Der [X.] die Kosten des [X.]echtsmi[X.]ls.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer rrischer [X.] in zwei Fllen zu einer Gesamt[X.]eiheitsstrafe von elf Jahren verurteiltund seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die gegendie Verurteilung gerichtete [X.]evision des Angeklagten bleibt erfolglos, da dieNachprüfung des Urteils keinen [X.]echtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat(§ 349 Abs. 2 StPO).I.Vergeblich macht die [X.]evision geltend, die [X.] habe zwei ge-gen die [X.] gerichtete Befangenheitsantrzu Unrecht zurückge-wiesen (§ 338 Nr. 3 StPO).1. Nachdem die Hauptverhandlung schon mehrere Monate gedauertha[X.], erschien im [X.] Anzeiger ein mehrspaltiger Artikel "[X.] tritt auf der Stelle". Darin heißt es, die Schöffin habe "schon vor [X.] 3 -chen ... bei einem zuflligen Flurgesprch auf die Frage nach der Dauer desProzesses gemeint, [X.] von einer so langen Prozessdauer bei Antritt ihresAmtes keine [X.]ede war." [X.] habe sie gesagt: "Der soll doch endlich [X.], dass er es [X.] diesen Satz ist der Ablehnungsantrag gesttzt, der [X.] hinauseingehende, ersichtlich an die gemû § 31 Abs. 2 Satz 2 StPO zur Entschei-dung berufenen berufsrichterlichen Mitglieder gerichtete [X.]. Da die Hauptverhandlung bei Eingang des Schriftsatzes [X.] einige Ta-ge unterbrochen war, rsandte ihn der Vorsitzende - ohne weitere Zustze -an die [X.] "zur eiligen [X.] der daraufhin eingegangenen mehrseitigen handschriftlichen Stel-lungnahme der [X.] legt sie eindringlich dar, sie habe lediglich auf die [X.] nach der mutmaûlichen Dauer des Verfahrens ûert, [X.] sie sei "[X.] in Sicht. Es sei denn, es [X.] ein Gestis, wenn der [X.]es [X.] hinaus wendet sie sich gegen die "Vorwrfe" des Verteidigers,sie sei befangen. "Woher will er wissen, ob und [X.] ich bereits von der [X.] bin?", da er doch "nicht der liebe Gott" und auch"kein Hellseher" sei. In diesem Zusammenhang [X.] sie auch aus, es sei "[X.]" des Verteidigers, "erst die Staatsanwltin, dann das Gericht und jetzt dieScffen abzulehnen".Ohne [X.] dies Gegenstand des [X.] gewesen wre, [X.] sie sich dann auch noch mit ihren in dem Artikel wiedergegebenen [X.] -rungen zur Dauer des Verfahrens. Wenn sie noch nicht berentet [X.] immer als Akkordarbeiterin am Flieûband einer Fabrik arbeiten [X.],[X.] sie Schwierigkeiten in dem [X.] dieses Verfahren erforderlichen Umfang[X.]ei zu bekommen.Diese dienstliche [X.], insbesondere die den Verteidiger betref-fenden Passagen, ist Grundlage eines weiteren [X.].2. Der Senat hat das gesamte Vorbringen auch in tatschlicher Hinsicht(nach "[X.]") zu wrdigen. Ebenso wie die [X.]lt er die [X.] Ergebnis [X.] un[X.].a) Ohne [X.] dies [X.], griffe der [X.] durch, wenn die Scffiûert [X.], der Angeklagte solle endlich [X.].Jedoch ergibt die dienstliche [X.], [X.] die [X.] diese Aussagenicht getan hat. Im Ergebnis errtet wird ihr Inhalt durch die von der [X.]evisionnicht bestri[X.]ne Erklrung des Journalisten, er habe den Artikel erst in [X.] zeitlichen Abstand zu dem Gesprch geschrieben - dies ergibt sich auchaus dem Artikel selbst - und sicr dessen Inhalt auch keine Notizen [X.]. Dementsprechend kr die [X.]ichtigkeit des Zitats "nicht beschw-ren"; vielmehr [X.] er gegebenenfalls einen Wunsch der [X.] nach einerGegendarstellung be[X.]worten. Dieses entgegen der Auffassung der [X.]evisionwiderspruchs[X.]eie Ergebnis der Ermittlungen zu dem Pressezitat ist geeignet,ursprlich berechtigtes Miûtrauen gegen die Unbefangenheit der [X.]- 5 -auszurmen (vgl. schon [X.]St 4, 264, 269, 270 zu einer im [X.] identischenFallgestaltung; vgl. [X.] in [X.]. § 26 [X.]dn. 7 m. w. N.).b) Auch der Inhalt der dienstlichen uûerung [X.] die [X.] nicht.Nach ihrem Inhalt und ihrem gesamten Duktus versteht der Senat diedienstliche uûerung vielmehr dahin, [X.] sich die [X.] des [X.]s ihrerrichterlichen Pflicht, am Ende des Prozesses unvoreingenommr [X.] Unschuld zu entscheiden, genau [X.] ist und sie sich mit ihren Wortennachhaltig gegen die Annahme wendet, sie werde dieser Pflicht nicht nach-kommen. Wenn die [X.] dies betont, folgt daraus auch dann nicht die [X.] ihrer Befangenheit wenn sie sich dabei, wie es in dem Antrag heiût,"den rechtlich erheblichen Unterschied zwischen Befangenheit und [X.] nicht vergegenwrtigt" hat. "Ungeheuerliche" Vorwrfe ge-r dem Verteidiger, die eine Voreingenommenheit gegen den Angeklag-ten besorgen lassen kten, sind auch im rigen der dienstlichen uûerungnicht zu entnehmen. [X.] [X.] es auch zu keinem anderen Ergebnis,[X.] die [X.] auch auf vorangegangene [X.], mit denen mangelnde [X.] von Verfahrensbeteiligten geltend [X.] wurde. Mag dieser Hinweis auch nicht unbedingt geboten gewesen seinrdies zeigen, [X.] der [X.] der Zweck von §§ 22 ff StPO als "[X.] des in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG manifestierten Prin-zips ... zlich unbekannt" ist, so ist er doch in tatschlicher Hinsicht im [X.]nicht falsch und schon deshalb kein Anzeichen [X.] eine Befangenheit. Der ihrin diesem Zusammenhang unterlaufene Irrtum - zustzlich zu dem Antrag [X.] der Sitzungsstaatsanwltin war nicht das Gericht abgelehnt worden- 6 -sondern beantragt worden, insgesamt "die Staatsanwaltschaft [X.]" - ist unwesentlich und daher ebenfalls kein Anzeichen [X.] Be-fangenheit (vgl. Pfeiffer in [X.]. § 24 [X.]dn. 7 m. w. N.).3. Unbeschadet der Un[X.]heit der Antrsieht der Senat [X.] folgenden Hinweisen:a) In aller [X.]egel wird erfahrungsgemû ein abgelehnter [X.] mlich zur Abgabe der dienstlichen Erklrung (§§ 26 Abs. 3,31 Abs. 1 StPO) aufgefordert. Ergeht diese Aufforderung, wie hier, schriftlich,sollte bei der Gestaltung des Schriftverkehrs schon zur Vermeidung von [X.] darauf Bedacht genommen werden, [X.] ein Scffe nicht rdie gleiche strafprozessuale Ausbildung und Erfahrung verft wie ein [X.] (vgl. auch Nr. 126 Abs. 2 Satz 2 [X.]iStBV).b) Aus dem selben Grunde sollte sich die dem Vorsitzenden anempfoh-lene Belehrung von Scf[X.] mliche Befangenheitsgr(vgl. Nr. 126Abs. 1 Satz 1 [X.]iStBV) jedenfalls in erkennbar Aufsehen erregenden Verfahrenauch auf die Behandlung von Pressean[X.]agen in laufender Hauptverhandlungerstrecken.[X.] der Senat auf das auch [X.] Erwiderung der [X.]evision vom 4. Januar 2002 nicht entkrftete Vorbringendes Generalbundesanwalts und bemerkt [X.] 7 -1. [X.] [X.]ist von der[X.] rechtsfehler[X.]ei zurckgewiesen worden.a) Hinsichtlich der Wertungen, die vorliegenden Bankrflle seien [X.]den Angeklagten "untypisch" bzw. "perslichkeits[X.]emd", war der [X.] entsprechend der Einordnung der [X.] ein vllig ungeeignetesBeweismi[X.]l. Ein Zeuge kann grundstzlich nur r seine eigenen [X.] vernommen werden ([X.]St 39, 251, 253). Er ist als Beweismi[X.]l vl-lig ungeeignet, wenn er nicht r die besondere Befigung verft, die [X.] eines Vorgangs erforderlich ist, der nur einem Sachversti-gen verstlich werden kann ([X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. [X.]). Die genannten Wertungen sind dem [X.] bzw. dem Gericht vorbehalten.b) Hinsichtlich der Beweisbehauptung, der Angeklagte habe bei den"[X.]" nie Mitwisser gehabt, ist bereits [X.]aglich, ob darin eine konkrete Tat-sachenbehauptung liegt. Insoweit hat die [X.] den Antrag ausweislichder Beschluûgrjedenfalls rechtsfehler[X.]ei wegen Bedeutungslosigkeit ab-gelehnt.2. Die [X.], das [X.] habe gegen die Verpflichtung zur er-scfenden Beweiswrdigung gemû § 261 StPO verstoûen, weil es diedurch Verlesung einge[X.]en Vorstrafen des [X.] im Urteilnicht errtert habe, ist un[X.]. Aus dem Schweigen der Grzu erho-benen Beweisen kann nicht geschlossen werden, der Tatrichter habe dieseungewrdigt gelassen ([X.] NJW 1951, 325; [X.] MD[X.] 1989, 114). [X.]ichtig istzwar, [X.] es [X.] die Beurteilung der Glaubwrdigkeit eines Zeugen und derGlaubhaftigkeit seiner Bekundungen [X.] nicht unerheblich ist, ob er inanderem Zusammenhang vorstzlich die Unwahrheit vor Gericht bekundet [X.] -Eine bindende Beweisregel des Inhalts, [X.] einem Zeugen, der zu anderenPunkten vorstzlich die Unwahrheit ausgesagt hat, generell nicht geglaubtwerrfe, besteht jedoch nicht ([X.] StV 1999, 80, 81). Die Errterung derbeiden Vorstrafen in den [X.] hier nicht unbedingt er-forderlich. Die [X.] stellt mlich nicht auf die "allgemeine Glaubwr-digkeit" des Zeugen, sondern im [X.]ahmen einer aus[X.]lichen [X.] anerkannter Kriterien auf die - wesentlich besser zrprfende -Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage des Zeugen ab. Insbesondere aufgrundder Selbstbelastungen des Zeugen und der Besttigung durch andere Be-weismi[X.]l bejaht die Kammer die Glaubhaftigkeit der Aussage. Die abgeurteilteFalschaussage des Zeugen betrifft zudem eine Konstellation, die erheblicheUnterschiede zur vorliegenden Aussage aufweist. Bei der Vorstrafe ging es umdie Verlobte des Zeugen; dem Angeklagten steht er dagegen "neutraler" ge-r. Hinzu kommt, [X.] Falschbelastungen hinsichtlich ihrer Indizwirkung[X.] die Perslichkeit des [X.] schwerwiegender sind als eine - hierbei der Vorstrafe vorliegende - falsche entlastende Aussage (vgl. [X.]/[X.],Tatsachenfeststellung vor Gericht, Bd. 1, 2. Aufl., [X.]). Es liegt schlieûlichauch nicht die Fallgestaltung "Aussage gegen Aussage" vor, so [X.] die dortgeltenden strengeren Kriterien - die Errterung smtlicher Umst(vgl. [X.]NStZ 1997, 494; [X.], 45, 47) - nicht eingreifen.3. Die [X.], das [X.] habe den Beweisantrag auf Einholung ei-nes [X.]gutachtens zu der Beweisbehauptung, [X.] es sich beidem Angeklagten "um einen guten Zellengeber handelt", entgegen § 244Abs. 6 StPO nicht beschieden, ist zulssig. Die Beweisbehauptung ist der [X.]e-visionsbegrzu entnehmen. Die Zulssigkeit des [X.], mit dem eine zchst versehentlich nicht rsandte Ablichtung derdri[X.]n Seite des [X.] nachgereicht wurde, kann daher [X.] 9 -bleiben. Die [X.]ist jedoch un[X.], weil die [X.] dem Be-weisantrag nachgekommen ist. Zur Beweis[X.]age hat sie ein Brdengutachteneingeholt und verlesen. Dabei ist unerheblich, [X.] sie einen [X.]vom [X.] und nicht - wie beantragt - einen solchen vom [X.] beauftragt hat.Die Auswahl des [X.] obliegt nach § 73 StPO dem Gericht. [X.] Sachkunde des beauftragten [X.] oder einen Verstoûgegen die Aufklrungspflicht macht die [X.]evision insoweit nicht geltend.4. [X.] greift auch die Aufklrungsr(§ 244 Abs. 2 StPO) nichtdurch, mit der angegriffen wird, [X.] die in den sichergestellten [X.] nicht mit allen beim [X.] gespeicherten DNA-Daten verglichen worden sind. Es ist nicht ersichtlich, was die [X.] zudieser Beweiserhebung gedrt haben sollte. Nach den Feststellungen hatder Angeklagte diese Turnschuhe, die zu den am Tatort gefundenen Schuhab-drcken passen, bei den beiden Bankrfllen getragen. [X.] die beiden anden Schuhen gefundenen DNA-Spuren nicht vom Angeklagten stammten, hatdie [X.] gesehen. Dies wurde im [X.]ahmen der Beweiswrdigung alsentlastendes Indiz bercksichtigt. Die Spuren [X.] - wie die Kammer auf-grund sachverstiger Beratung rechtsfehler[X.]ei festgestellt hat - nicht aus,[X.] der Angeklagte diese Schuhe bei den Überfllen getragen hat, ohne dabeieigene Spuren zu hinterlassen. Erkenntnisse [X.], wer die Schuhe nochgetragen hat, [X.]n die Tterschaft des Angeklagten daher nicht ausgeschlos-sen. Zumal unter Bercksichtigung des rigen Beweisergebnisses brauchtesich die [X.] daher zu einem Datenabgleich nicht gedrt zu [X.] 10 -III.Zur Sachrist lediglich zu bemerken:Die [X.] hat die Notwendigkeit einer Sicherungsverwahrungnach sachverstiger Beratung rechtsfehler[X.]ei aus den zahlreichen Vorstra-fen des Angeklagten (etwa wr zehn bewaffneten Überfllen) und densonstigen zu seiner Perslichkeit angefallenen Erkenntnissen geschlossen.Wie eine Gesamtschau der [X.] ergibt, hatsie dabei nicht auch auf das [X.] des Angeklagten abgestellt, wasrechtsfehlerhaft wre (vgl. [X.] StV 1993, 469; [X.] b. [X.] NStZ-[X.][X.] 2000,365). Sie hat vielmehr nur dargelegt, [X.] auch das [X.] keinenAnlaû gibt, die Ge[X.]lichkeitsprognose in Zweifel zu ziehen. Dies ist nicht zubeanstanden (vgl. [X.] Urteil vom 30. August 1994 - 1 St[X.] 271/94 m. w. N.).Scfer Wahl Boetticher Herr [X.]i[X.] [X.] ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Scfer Hebenstreit

Meta

1 StR 557/01

12.03.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.03.2002, Az. 1 StR 557/01 (REWIS RS 2002, 4153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 4153

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