Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2003, Az. LwZR 3/02

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2003, 3364

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.] 3/02Verkündet am:25. April 2003K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: nein[X.] § 18 Satz 1Die Regelung in der Satzung einer Agrargenossenschaft, daß jedes Mitglied ver-pflichtet ist, der Genossenschaft die ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächenzur Pacht anzudienen, ist hinreichend bestimmt. Der Inhalt des [X.] richtet sich danach, was innerhalb der Genossenschaft für [X.] üblich ist.[X.], [X.]. v. 25. April 2003 - [X.] 3/02 - [X.]AG [X.], [X.], hat auf die mündli-che Verhandlung vom 25. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundes-gerichtshofes Dr. [X.] und die Richter Prof. Dr. Krüger und [X.] [X.] erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil des Senats fürLandwirtschaftssachen des [X.] in [X.] 24. Januar 2002 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist eine eingetragene Genossenschaft, deren Zweck auf die"Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch gemeinschaft-lichen Geschäftsbetrieb" und auf die "gemeinschaftliche Erzeugung und [X.] landwirtschaftlicher Erzeugnisse" gerichtet ist. Der [X.] ist [X.] Klägerin und wird mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aus ihr ausscheiden.In § 12 der Satzung der Klägerin heißt es u.a.:- 3 -"Jedes Mitglied hat die Pflicht, das Interesse der Genossenschaft zuwahren. Es hat insbesondere...d)der Genossenschaft alle in seinem Eigentum stehenden landwirt-schaftlichen Flächen, außer denen für den Eigenbedarf zur Pacht an-zudienen."§ 12a Abs. 1 der Satzung lautet:"Die Nutzung der Grundstücke der Mitglieder durch die Genossenschaftwird in Pachtverträgen geregelt. Für den Inhalt, die Anpassung und [X.] der Pachtverträge gelten die Vorschriften über die Land-pacht."In einem zwischen den Parteien geführten [X.] hat das Landwirt-schaftsgericht durch rechtskräftiges [X.]eil vom 8. Dezember 1999 u.a. [X.], daß der [X.] verpflichtet ist, der Klägerin die in seinem Eigentumstehenden landwirtschaftlichen Flächen - außer denen für seinen Eigenbedarf -für die Zeit seiner Mitgliedschaft zur Pacht anzudienen.Zwischen November 1999 und Februar 2000 unterbreitete die Klägerindem [X.]n mehrere Angebote zum Abschluß eines Pachtvertrags über ei-ne Fläche von 12,4688 ha, die der [X.] nicht annahm. Ein eigenes [X.] gab er nicht ab. Mit Schreiben vom 24. Februar 2000 teilte er derKlägerin mit, daß er einen Pachtvertrag mit einem [X.] abgeschlossen habe.Die Klägerin räumte daraufhin die bisher von ihr bewirtschafteten Flächen undübergab sie Anfang März 2000 dem neuen [X.] 4 -Die Klägerin meint, der [X.] habe seine [X.] müsse ihr deshalb für das [X.] 1999/2000 Schadenersatz in [X.] 12.700 DM leisten. Ihrer auf die Verurteilung des [X.]n zur Zahlungdieses Betrags gerichteten Klage hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsge-richt - stattgegeben. Auf die Berufung des [X.]n hat das Oberlandesge-richt - [X.] - die Klage abgewiesen. Mit ihrer- zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung deserstinstanzlichen [X.]eils, soweit der [X.] zur Zahlung verurteilt worden ist.Der [X.] beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgründe:I.Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheitert der [X.], daß sich weder aus der Satzung der Klägerin noch aus dem in [X.] ergangenen rechtskräftigen [X.] eine hinreichendkonkretisierte Rechtspflicht des [X.]n zum Abschluß eines Pachtvertragsergibt. Soweit die [X.] des [X.]n eine Pflicht zum [X.] beinhalte, sei die rechtliche Situation mit der eines Vorvertrags [X.]. Danach müsse der Inhalt des abzuschließenden [X.] bestimmbar sein. Hier könnten jedoch die Hauptpunkte des Pachtver-trags wie die Größe der Pachtfläche, die Vertragsdauer und die Höhe des[X.] nicht bestimmt werden. Deshalb habe die Klägerin keinen An-spruch gegen den [X.]n auf Abschluß eines Pachtvertrags; ihr stehe [X.] kein Schadenersatzanspruch wegen der anderweitigen Verpachtung zu.- 5 -Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.II.Der Klägerin steht gegen den [X.]n ein Schadenersatzanspruchwegen der Verletzung der rechtskräftig festgestellten genossenschaftlichen[X.] zu.1. Der [X.] ist verpflichtet, der Klägerin die in seinem Eigentum ste-henden Flächen mit Ausnahme der Flächen, die er für den Eigenbedarf benö-tigt, zur Pacht anzudienen. Das ergibt sich aus dem rechtskräftigen Feststel-lungsurteil vom 8. Dezember 1999, welches in dem zwischen den Parteien ge-führten [X.] ergangen ist. Darin wird die sich aus § 12 der Satzung er-gebende Verpflichtung tituliert. Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts ist diese Verpflichtung hinreichend bestimmt. Sie ist darauf gerichtet, derKlägerin ein Angebot zum Abschluß eines Pachtvertrags zu angemessenen,innerhalb der Genossenschaft üblichen Bedingungen zu unterbreiten oder einsolches Angebot der Klägerin anzunehmen.a) Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, daß die Situation insoweitmit der des Bestehens eines Vorvertrags vergleichbar sei. Denn anders alsdort beruht die [X.] nicht auf vertraglicher Grundlage, sondern istkorporationsrechtlicher Natur und damit als solche der Geltung des reinenSchuldrechts entzogen sind (vgl. [X.], 146, 149; 72, 4, 8; [X.], [X.], 547; [X.], [X.]. v. 9. Juni 1960, [X.], NJW 1960, 1858, 1859;[X.]Z 103, 219, 221 f.). Sie statuiert die Verpflichtung zum Abschluß eines- 6 -individualrechtlichen Pachtvertrags (vgl. [X.], [X.], 13. Aufl., § 18 Rdn. 8;Müller, [X.], 2. Aufl., § 18 Rdn. 12).b) Diese Verpflichtung ist nicht deswegen unbestimmt, weil der Inhaltdes abzuschließenden Pachtvertrags weder in dem [X.]eil noch in der [X.] Klägerin oder anderweitig geregelt ist. Das ist nämlich nicht einmal für [X.] des abzuschließenden Vertrags erforderlich. So muß z.B. die [X.] auch ohne ausdrückliche Regelung in der Satzung [X.] ihrer Mitglieder vergüten, [X.]n es sich um Leistun-gen handelt, die nach der Verkehrsauffassung nicht ohne Entgelt gewährt zuwerden pflegen ([X.], [X.]. v. 9. Juni 1960, [X.], NJW 1960, 1858,1859). Hier enthält die Satzung sogar weitergehende Bestimmungen. [X.] 12a ist die Klägerin verpflichtet, mit dem [X.]n über den konkretenPachtgegenstand, die Höhe des [X.], die Laufzeit des [X.] weitere Vertragsbestimmungen zu verhandeln. Weitere [X.] den Inhalt des abzuschließenden Pachtvertrags, insbesondere zurHöhe des [X.], kann die Satzung nicht enthalten; sie können auchnicht anderweitig im voraus festgelegt werden. Der Vertragsinhalt richtet sichnämlich zum einen danach, was innerhalb der Genossenschaft für solche Ver-träge üblich ist; jedes Mitglied muß gleich behandelt werden. Zum anderenschwankt die Höhe des [X.] aufgrund der Marktverhältnisse; außerdemist sie von diversen Faktoren wie Laufzeit des Vertrags, Größe und Bodenqua-lität der Fläche usw. abhängig.Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgericht hätte zur Folge, daßdie in der Satzung statuierte [X.] ins Leere liefe. Das liegt jedochweder im Interesse der Genossenschaft noch in dem Interesse ihrer Mitglieder.- 7 -Denn [X.]n sie keine Möglichkeit hat, die Flächen der Mitglieder zu [X.], kann sie ihren Zweck nicht erreichen; die Beteiligung der Mitgliederan der Genossenschaft ist in diesem Fall sinnlos.Nach alledem wird der [X.] erst dann von seiner [X.]frei, [X.]n die Klägerin den Abschluß eines Pachtvertrags ablehnt, [X.]n sieunangemessene, nicht martkübliche Vertragsbedingungen stellt oder [X.]n [X.] sachlichen Grund wesentlich von vergleichbaren Verträgen mit anderenMitgliedern abweicht. Das alles hat die Klägerin hier jedoch nicht getan.2. Die Berufung auf die [X.] verstößt auch nicht [X.] und Glauben (§ 242 BGB). Nach dem Vorbringen des [X.]n ist [X.] zwischen den Parteien nicht in einem solchen Maß ge-stört, daß ihm der Abschluß eines Pachtvertrags mit der Klägerin nicht zuge-mutet werden könnte.a) Der Rechtsstreit zwischen den Parteien über die Vermögensaus-einandersetzung nach dem [X.] ist nicht geeig-net, das Bestehen jeglicher Rechtsbeziehungen zwischen ihnen als für [X.] unzumutbar anzusehen. Die gerichtliche Geltendmachung von [X.] ist nämlich der vom Rechtsstaat vorgesehene, übliche Weg zur [X.]; sie führt nicht zur Zerrüttung des gegenseitigen Vertrauens-verhältnisses, [X.]n, wie hier, auf sachlicher Basis gestritten wird (vgl. [X.], NJW-RR 1993, 16, 17).b) Auch die zur Begründung eines weiteren Vertrauensbruchs aufge-stellte Behauptung des [X.]n, die Klägerin habe seine Flächen am 24., 25.- 8 -und 26. Februar 2000 bei nassem, aufgeweichtem Boden befahren und da-durch die Fruchtbarkeit für das [X.] erheblich beeinträchtigt, läßt die [X.] nicht entfallen. Dieser Vortrag ist nämlich unerheblich, weil dieangebliche Schädigung 10 Tage nach der Verpachtung der Flächen an einen[X.] und damit in einem Zeitpunkt erfolgte, in welchem der [X.] bereitsgegen seine [X.] verstoßen hatte.c) Daß der [X.] selbst sein Verhältnis zur Klägerin nicht als uner-träglich empfindet, zeigt sich zum einen daran, daß er das Mitgliedschaftsver-hältnis zu keinem Zeitpunkt mit dieser Begründung fristlos gekündigt (§ 65Abs. 2 Satz 4 [X.]), sondern an seiner ordentlichen Kündigung unter Einhal-tung der satzungsmäßig festgelegten fünfjährigen Kündigungsfrist festgehaltenhat. Zum anderen wird dies aus seinem Schreiben vom 28. Dezember 1999deutlich, in welchem er sich trotz des angeblich zerstörten Vertrauensverhält-nisses bei Abgabe eines "lukrativen" Angebots durch die [X.] eines Pachtvertrags bereit erklärte.d) Ohne Erfolg vertritt der [X.] in der Revisionserwiderung die [X.], ihm sei die Andienung seiner landwirtschaftlichen Flächen nach der Kün-digung seiner Mitgliedschaft nicht mehr zumutbar gewesen. Mit dieser Ein[X.]-dung ist der [X.] nämlich nach den allgemeinen Regeln über die aus [X.] folgende Tatsachenpräklusion ausgeschlossen, weil sie bereits [X.] der letzten mündlichen Verhandlung des [X.], auf die dasrechtskräftige [X.] erging, bestand (vgl. nur Senat, [X.]. [X.] März 1995, [X.], NJW 1995, 1757, 1758 m.w.[X.] 9 -3. Der [X.] hat seine [X.] vorsätzlich verletzt, indemer seine Flächen an einen [X.] verpachtet hat; er ist deshalb der [X.] Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.a) Entgegen der in der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung des[X.]n fällt die von ihm vorgenommene [X.] nicht unter denvon der [X.] ausgenommenen Eigenbedarf. Darunter ist nämlichzu verstehen, daß der [X.] der Klägerin nur solche Flächen nicht zur An-pachtung andienen muß, die er selbst bewirtschaften oder durch Dritte [X.] lassen will, um seinen Lebensunterhalt und denjenigen seiner Familiebestreiten zu können. Wäre unter Eigenbedarf auch die Nutzung der [X.] Verpachtung an Dritte zu verstehen, liefe die [X.] ins Lee-re; ihr Zweck, der Klägerin den Abschluß eines Pachtvertrags zu ermöglichen,könnte jederzeit vereitelt werden.b) Der [X.] durfte die Vertragsangebote der Klägerin nicht ableh-nen. Wenn er mit den Vorschlägen der Klägerin, die letztlich seine [X.] so weit berücksichtigten, wie es aufgrund des [X.] möglich war, nicht einverstanden war, hätte er derKlägerin ein Gegenangebot unterbreiten müssen. Von dieser Verpflichtung warer nicht deswegen entbunden, weil sie für ihn mit Kosten verbunden gewesenwäre. Im übrigen hätte es ausgereicht, die von ihm gewünschten Änderungenin den von der Klägerin formulierten Vertragsentwurf einzuarbeiten. Durch seinVerhalten hat der [X.] jedoch zu erkennen gegeben, daß er zu keinemZeitpunkt ernsthaft gewillt war, einen Pachtvertrag mit der Klägerin abzuschlie-ßen. Das wird besonders deutlich durch seine Äußerung in der [X.] -Verhandlung vor dem Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht -, daß er die streit-gegenständlichen Flächen verpachten möchte, an [X.] er wolle.c) Die Rechtsfolgen der schuldhaften Verletzung der [X.]bestimmen sich nach den entsprechend an[X.]dbaren allgemeinen schuld-rechtlichen Grundsätzen (vgl. [X.], 4, 8; [X.], [X.]. v. 9. Juni 1960, [X.] hat der [X.] der Klägerin Schadenersatz wegen Nichterfüllungentsprechend §§ 280 Abs. 1 BGB a.F., 251 Abs. 1 BGB zu leisten. Zu einerEntscheidung über die Höhe dieses Anspruchs ist der Senat nicht in der Lage,weil es an den dafür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlt. Das Be-rufungsgericht wird sich mit den vom [X.]n gegen das vom Amtsgericht- Landwirtschaftsgericht - eingeholte Sachverständigengutachten erhobenenEinwänden auseinandersetzen müssen.[X.] [X.]

Meta

LwZR 3/02

25.04.2003

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2003, Az. LwZR 3/02 (REWIS RS 2003, 3364)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 3364

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