Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.05.2023, Az. X ZR 54/21

10. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5226

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Tenor

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des 4. Senats ([X.]) des [X.] vom 15. März 2021 abgeändert.

Das [X.] Patent 10 2012 011 599 wird im Umfang der Patentansprüche 1 bis 5 dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 die nachfolgende Fassung erhält und die Patentansprüche 2 bis 5 auf diese Fassung zurückbezogen sind:

1. Polygonartige Schiebeverpackung mit [X.] zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, bestehend aus zwei durch [X.] miteinander verbindbaren [X.] (2; 3), mit einer Rastvorrichtung, die aus mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihen (6, 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) und mit mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6, 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8) besteht, welche beim [X.] der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5, 8) ineinander greifen und miteinander verrasten, wobei zur Trennung der beiden Hohlkörper (2, 3), die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden können, wobei an dem einen Hohlkörper (2, 3) in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen Rastbahn (13-2, 13-3) mindestens eine Gleitbahn (14-2, 15-2) angeordnet ist, in welche die mindestens eine Rastbahn oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden [X.] (3, 2) in Eingriff [X.] ist und dort in [X.] verschiebbar ist, wobei an dem äußeren Hohlkörper (2) mehrere hintereinanderliegende Zähne (2), die eine Zahnreihe bilden, vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein für die kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden Hohlkörpern (2, 3) vorhandener radialer Freiraum (23) zwischen der Außenseite des inneren Hohlkörpers (3) und der Innenseite des äußeren Hohlkörpers (2) bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und Außenhülse vorhanden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte ein Drittel und die Klägerin zwei Drittel.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des [X.] 2012 011 599 (Streitpatents), das am 13. Juni 2012 angemeldet worden ist und eine polygonartige Schieberverpackung betrifft.

2

Patentanspruch 1, auf den weitere sieben Patentansprüche zurückbezogen sind, lautet:

[X.] Schieberverpackung mit [X.] zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, bestehend aus zwei durch [X.] miteinander verbindbaren Hohlkörpern (2; 3), mit einer Rastvorrichtung, die aus mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihen (6; 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) und mit mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6; 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8) besteht, welche beim [X.] der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5; 8) ineinander greifen und miteinander verrasten, wobei zur Trennung der beiden Hohlkörper (2; 3), die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden können, wobei an dem einen Hohlkörper (2, 3) in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen Rastbahn (13-2, 13-3) mindestens eine Gleitbahn (14-2, 15-2) angeordnet ist, in welche die mindestens eine Rastbahn oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden [X.] (3, 2) in Eingriff [X.] ist und dort in [X.] verschiebbar ist, wobei an dem äußeren Hohlkörper (2) mehrere hintereinanderliegende Zähne (2), die eine Zahnreihe bilden, vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein radialer Freiraum (23) zwischen der Außenseite des inneren [X.] (3) und der Innenseite des äußeren [X.] (2) bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und Außenhülse vorhanden ist.

3

Die Klägerin hat das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1 bis 5 angegriffen und geltend gemacht, der Gegenstand dieser Ansprüche sei nicht patentfähig, zudem sei der Gegenstand von Patentanspruch 5 nicht ausführbar offenbart. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise in sechzehn geänderten Fassungen verteidigt.

4

Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über die mit Hilfsantrag 1B' verteidigte Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihren Antrag erster Instanz weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verfolgt mit ihrer Anschlussberufung ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Die Klägerin tritt der Anschlussberufung entgegen.

Entscheidungsgründe

5

Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig. Nur die Anschlussberufung ist teilweise begründet.

6

I. Das Streitpatent betrifft eine polygonartige Schiebeverpackung mit veränderbarer Länge, die durch eine [X.] geöffnet und geschlossen werden kann.

7

1. Nach der Beschreibung der Streitpatentschrift sind Schiebeverpackungen bekannt, bei denen zwei Hohlkörper durch [X.] miteinander verbunden werden können. Dazu wiesen die Hohlkörper jeweils mindestens einen Rastzahn auf, die beim [X.] miteinander verrasteten. Um die beiden Hohlkörper voneinander zu trennen, würden die Hohlkörper zueinander verdreht, wodurch die Zähne außer Eingriff gebracht werden könnten.

8

Aus der [X.] Patentschrift 44 06 932 ([X.]a) seien Verpackungen bekannt, bei denen an den Ecken der äußeren und der inneren Hülse [X.]en aus mehreren hintereinanderliegenden [X.] angeordnet seien. Die beiden Hülsen könnten durch [X.] verrastet werden. Durch Verdrehen der Hülsen zueinander könne die Verpackung in die Löse- und Verschiebestellung gebracht werden.

9

Nachteilig hieran sei, dass beim Übergang von der Rast- in die Lösestellung die Wand der äußeren Hülse durch die Rastzähne der inneren Hülse radial nach außen verformt werde. Dies erfordere eine hohe Drehkraft und eine Ausbildung der äußeren Hülse aus elastischem Material.

Die Veröffentlichung der internationalen Patentanmeldung 94/24008 ([X.]) zeige eine Schiebeverpackung, bei der der Übergang von der Rast- in die Lösestellung gleichfalls eine Verformung der [X.] und damit deren Ausbildung aus elastischem Material erfordere.

2. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine polygonartige Schiebeverpackung so auszugestalten, dass in der Raststellung eine sichere Verbindung von Außen- und [X.] gewährleistet ist und der Übergang in die Lösestellung mit geringem Kraftaufwand auch bei weniger elastischem Material der [X.] möglich ist.

3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent eine Schiebeverpackung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (abweichende Gliederung des Patentgerichts in Klammern):

1. Polygonartige Schiebeverpackung mit [X.] zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge, [M0]

2. bestehend aus zwei durch [X.] miteinander verbindbaren [X.] (2; 3), [M1]

3. mit einer Rastvorrichtung, bestehend aus

3.1 mindestens einer am einen Hohlkörper (2; 3) vorgesehenen ersten Zahnreihe[n] (6; 7) mit mindestens einem Rastzahn (5) [[X.]] und

3.2 [mit] mindestens einer am anderen Hohlkörper (2; 3) angeordneten, der ersten Zahnreihe (6; 7) zugeordneten zweiten Zahnreihe (9-12) mit mindestens einem Rastzahn (8), [M1.2]

3.3 wobei die Zahnreihen beim [X.] der Hohlkörper (2; 3) mit ihren zugeordneten, kontaktierenden Zahnflanken der Rastzähne (5; 8) ineinander greifen und miteinander verrasten; [M1.3]

4. zur Trennung der beiden Hohlkörper (2; 3) können die kontaktierenden Zahnreihen (6, 7; 9-12) durch Verdrehen der beiden Hohlkörper (2; 3) zueinander um deren Längsachsen außer Eingriff gebracht werden; [M2]

5. an dem einen Hohlkörper (2, 3) ist in Umfangsrichtung im Abstand zur mindestens einen [X.] (13-2, 13-3) mindestens eine [X.] (14-2, 15-2) angeordnet; [M3 teilweise]

6. die mindestens eine [X.] oder der mindestens eine Rastzahn des gegenüberliegenden [X.] (3, 2) kann mit der [X.] in Eingriff gebracht werden und ist dort in [X.] verschiebbar; [M3 Rest]

7. an dem äußeren Hohlkörper (2) sind mehrere hintereinanderliegende Zähne (8), die eine Zahnreihe bilden, vorhanden; [M4]

8. zwischen der Außenseite des inneren [X.] (3) und der Innenseite des äußeren [X.] (2) ist, bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und [X.], ein radialer Freiraum (23) vorhanden. [M5]

4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:

a) Die Schiebeverpackung weist nach Merkmal 1 eine polygonartige, also vieleckige Form auf.

Ob und unter welchen Voraussetzungen die in der Patentbeschreibung (Abs. 21) angesprochenen Rundkörper als polygonartig eingestuft werden können und ob, wie es das Patentgericht angenommen hat, auch kreisrunde Formen erfasst werden, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung.

b) Merkmal 1 gibt weiter vor, dass die Schiebeverpackung in der Länge veränderbar ist.

Dafür genügt es nicht, dass der Innenraum der Verpackung bei gleichbleibender Länge der Verpackung verändert werden kann. Der [X.] fordert vielmehr, dass die Verpackung als solche eine unterschiedliche Länge annehmen kann.

c) Nach den Merkmalen 3.1 und 3.2 weist die Verpackung eine Rastvorrichtung auf. Diese besteht aus jeweils mindestens einem Rastzahn an beiden [X.]. Während es danach genügt, wenn auch der äußere Hohlkörper nur einen Rastzahn aufweist, legt Merkmal 7 fest, dass an dem äußeren Hohlkörper mehrere hintereinanderliegende Zähne vorhanden sind, die eine Zahnreihe bilden.

Dies gewährleistet, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, dass mindestens zwei Raststellungen möglich sind, die wiederum eine unterschiedliche Länge der Verpackung bewirken.

Merkmal 7 ist entgegen der Ansicht der Berufung nicht erfüllt, wenn nicht am äußeren Hohlkörper, sondern lediglich am inneren Hohlkörper mehrere hintereinanderliegende Zähne eine Zahnreihe bilden.

Aus der Angabe, dass die Schiebeverpackung aus zwei ineinander schiebbaren [X.] besteht, folgt in [X.] Hinsicht, dass der eine Hohlkörper bezogen auf den anderen Hohlkörper außen bzw. innen liegt. Patentanspruch 1 verwendet insoweit den Begriff des äußeren und inneren [X.] (Merkmale 7 u. 8). In der Patentbeschreibung werden in entsprechender Weise auch die Begriffe [X.] oder [X.] verwendet (z.B. Abs. 12 und 14).

Hinsichtlich der Anordnung der einander zugeordneten und mit mindestens einem Rastzahn versehenen Zahnreihen und der [X.] lässt Patentanspruch 1 in den Merkmalen 3 bis 6 offen, ob die Anordnung auf der äußeren oder inneren Hülse erfolgt. Entscheidend ist nur, dass sie aufeinander bezogen sind. Das stimmt mit der Patentbeschreibung überein, die einleitend zur Erläuterung der Ausführungsbeispiele angibt, dass die Begriffe [X.] und [X.] nur beispielhaft bezogen auf die zeichnerisch dargestellte Funktion der beiden Bauteile verwendet werden und in der Beschreibung und den Ansprüchen ausgetauscht werden können (Abs. 51).

Abweichend hiervon wird in den Merkmalen 7 und 8 vom äußeren und inneren Hohlkörper gesprochen. Diese Begriffe sind entgegen der Ansicht der Berufung nicht austauschbar. Bei Merkmal 8 folgt dies schon daraus, dass ein radialer Freiraum nur zwischen der Außenseite des inneren [X.] und der Innenseite des äußeren [X.] und nicht umgekehrt zwischen der Außenseite des äußeren [X.] und der Innenseite des inneren [X.] gebildet werden kann. Da gleiche Begriffe im Zusammenhang eines Patentanspruchs im Zweifel auch die gleiche Bedeutung haben ([X.], Urteil vom 5. Oktober 2016 - [X.], [X.], 152 - [X.]), ist auch die Anweisung in Merkmal 7, dass an dem äußeren Hohlkörper nicht nur mindestens ein Zahn, sondern mehrere hintereinanderliegende Zähne eine Zahnreihe bilden, als räumlich-körperliche Vorgabe zu bewerten. Merkmal 7 stellt es - anders als bei den vorhergehenden Merkmalen - gerade nicht mehr in das Belieben des Fachmanns, welcher der aufeinander bezogenen Hohlkörper auf die vorgenannte Weise auszugestalten ist.

d) Merkmal 3.3 bestimmt, dass die Zahnreihen beim [X.] der Hohlkörper ineinander greifen und miteinander verrasten. Eine Verpackung, bei der ein Verrasten der Zahnreihen nicht beim [X.] der beiden Hohlkörper, sondern nur dadurch möglich ist, dass diese zueinander verdreht werden, ist danach von Patentanspruch 1 nicht umfasst.

e) Nach Merkmal 5 ist an einem der Hohlkörper im Abstand zur [X.] mindestens eine [X.] angeordnet. Nach Merkmal 6 kann eine [X.] des anderen [X.] mit der [X.] in Eingriff gebracht und in [X.], also in Längsrichtung, verschoben werden.

Nach der Beschreibung dient eine solche [X.] dazu, dass die Hohlkörper in der Lösestellung, in der sie gegeneinander verschoben werden können, nicht verformt werden müssen (Abs. 15). Der Hohlkörper muss danach eine Form aufweisen, die geeignet ist, die [X.] des anderen [X.] aufzunehmen. Dafür kann beispielsweise eine Nut in der Wandung des [X.] vorgesehen sein.

Die Merkmale 5 und 6 fordern nicht, dass die Rastzähne eines [X.] in der Lösestellung mit der [X.] des anderen [X.] in Kontakt kommen (Abs. 16). Daraus ergibt sich, dass auch eine Führung der [X.] durch die [X.] nicht gefordert wird. Es reicht aus, dass ein Freiraum vorhanden ist, der so bemessen ist, dass er die Rastzähne aufnehmen kann, ohne dass hierfür eine Verformung der jeweils anderen Hülse erforderlich ist.

f) Merkmal 8 sieht vor, dass der äußere und der innere Hohlkörper in ihrer Profilform voneinander abweichen und dadurch zwischen ihnen ein radialer Freiraum vorhanden ist.

Merkmal 8 ist danach nicht genügt, wenn die beiden Hohlkörper die gleiche Profilform aufweisen und ein Freiraum nur dadurch entsteht, dass sie in ihren Maßen voneinander abweichen.

Nach der Beschreibung des Streitpatents ermöglicht dies Gestaltungen, bei denen die Hohlkörper leicht und ohne dass sie sich verformen von der Rast- in die Lösestellung gebracht werden können. Im Anspruch hat dieser Zusammenhang jedoch keinen Niederschlag gefunden.

Figuren 9 und 10 zeigen beispielhaft eine Verpackung, bei der die Wandungen der äußeren Hülse gerade verlaufen, die Wandungen der inneren Hülse dagegen in einem stumpfen Winkel. Dies führt zu [X.] (23), die zugleich [X.]en darstellen, in denen die [X.]en des jeweils gegenüberliegenden [X.] in der Lösestellung aufgenommen sind.

Abbildung

Figuren 11 und 12 zeigen eine Verpackung, bei der Freiräume durch abweichende Krümmungsradien der Wandungen bewirkt werden.

Abbildung

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei durch die [X.] Patentanmeldung Hei 11-105889 ([X.]) vorweggenommen. Der dort beschriebene Behälter bestehe aus einem Behälter-Hauptkörper und einem Deckelkörper, der entweder rund oder rechteckig geformt sei. Der Behälter diene etwa der Aufnahme von Tabletten und sei damit als Verpackung anzusehen. Er sei auch dazu geeignet, mittels einer [X.] in veränderbarer Länge geöffnet und verschlossen zu werden. Zwar fehlten ausdrückliche Aussagen hierüber in der Entgegenhaltung, doch ergebe sich aus der dortigen Figur 2, dass der Deckelkörper in zwei axial unterschiedlichen Raststellungen in die an der Halssektion vorgesehenen Aussparungssektionen einrasten könne. Damit offenbare [X.] auch eine polygonartige Verpackung mit veränderbarer Länge.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung der [X.] und 1a werde durch [X.] ebenfalls vorweggenommen. Die Entgegenhaltung offenbare einen radialen Freiraum, der eine kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden [X.] ermögliche, ohne dass diese dabei deformiert werden müssten.

Die Verteidigung des Streitpatents in der beschränkten Fassung nach Hilfsantrag 1B' sei zulässig. Die dort beschriebene Erfindung sei auch ausführbar offenbart und patentfähig. Die danach erforderliche Reihe hintereinanderliegender Zähne in allen oder einigen Ecken sei in [X.] nicht vorweggenommen. Auch die [X.] Patentschrift 5 680 949 ([X.]) nehme einen solchen Gegenstand nicht vorweg. Dort komme es sowohl bei dem Ausführungsbeispiel nach Figuren 1 bis 7 wie auch bei dem Beispiel nach Figur 8 bei einer Verdrehung der Hohlkörper zueinander notwendig zu einer elastischen Verformung der [X.], die mit dem modifizierten Merkmal 8 nicht vereinbar sei. Auch gegenüber der [X.] sei der Gegenstand dieses [X.] neu. Da dort beide Hülsen eine kreisrunde Form aufwiesen, fehle es an einer abweichenden Profilform von innerer und äußerer Hülse. Zudem seien keine Zahnreihen in mehreren oder allen Ecken der äußeren Hülse offenbart. Die [X.] Patentanmeldung 2 672 271 ([X.]) sei gleichfalls nicht neuheitsschädlich. Bei der dort beschriebenen Verpackung sei es nicht möglich, die Zahnreihen beim [X.] der Hohlkörper zu verrasten. In dieser Fassung sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 auch nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. Ausgehend von der [X.] ergebe sich aus der [X.]n Patentanmeldung Hei 2002-96852 ([X.]) keine Anregung, die dort gezeigte Form der beiden Behälterteile auf eine längenveränderbare Verpackung nach [X.] zu übertragen.

III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Berufung stand. Dagegen hat die Anschlussberufung der Beklagten teilweise Erfolg.

1. Im Ergebnis zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung nicht neu ist.

a) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts sind durch [X.] nicht sämtliche Merkmale vorweggenommen.

aa) [X.] beschreibt einen Behälter, der aus einem Behälter-Hauptkörper mit einer Ausgusssektion und einem Deckelkörper besteht und leicht und sicher zu öffnen und zu schließen ist. Bekannt sind danach Behälter, bei denen der Deckel mit einem Gewinde auf den Hauptkörper gesetzt wird. Demgegenüber schlägt [X.] einen Behälter vor, bei dem der Deckelkörper an seiner Innenfläche mehrstufige [X.]n und die Außenumfangsfläche der Halssektion mehrstufige Ausnehmungen aufweist. Beim Einpassen des Deckels werden zumindest ein Teil des [X.] oder der Halssektion elastisch verformt, so dass die [X.]n in die Ausnehmungen eingepasst werden. Greifen die [X.]n in die Ausnehmungen, wird dieser Einpassungszustand durch die Rückstellkräfte des [X.] oder der Halssektion aufrechterhalten ([X.] Ü Abs. 6, 7 und 10). Ferner ist es möglich, den Deckel von oben auf die Halssektion zu drücken, sodass die Halssektion vollständig im Deckelkörper aufgenommen wird (Abs. 19). Zum Öffnen des Behälters wird der Deckelkörper gedreht, wodurch die [X.]n aus den Aussparungssektionen aufsteigen (Abs. 20).

Ausführungsbeispiele sind in den Figuren 1 bis 5 gezeigt:

Abbildung

Figur 1 zeigt einen Behälter mit einem runden Deckelkörper. Figur 4 zeigt die Anordnung von Deckel und Halssektion im verschlossenen Zustand (oben) und im geöffneten Zustand (unten). Figuren 5 a und b zeigen alternative Formen des [X.] und der Halssektion.

bb) Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass ein solcher Behälter die Merkmale 2 bis 8 offenbart.

Auch beim [X.] handelt es sich um einen Hohlkörper im Sinne von Merkmal 2. Ob sich bei bestimmungsgemäßer Anwendung des Behälters auch in diesem Bereich Verpackungsinhalt befindet, ist nicht ausschlaggebend.

Merkmal 3.3 ist ebenfalls vorweggenommen. [X.] sieht nicht nur die Möglichkeit vor, dass der Deckel durch Aufsetzen und Drehen mit dem Hauptkörper verrastet wird (Abs. 18), sondern zeigt auch die Möglichkeit auf, den Deckel von oben auf die Halssektion zu drücken und auf diese Weise zu verrasten (Abs. 19).

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung weist der Behälter [X.]en auf, die in Umfangsrichtung im Abstand zu den [X.]en angeordnet sind (Merkmal 5). Aus der unteren Abbildung der Figur 4 ist ersichtlich, dass sich die [X.]n (5) in einem Freiraum bewegen können, der zwischen der runden Innenseite des [X.] und dem geraden Teil (70) der Halssektion liegt. In dieser Position befinden sich die [X.]n nicht in Eingriff mit den Ausnehmungen (6) der Halssektion, so dass der Deckel nach oben oder unten verschoben werden kann. Anders als die Beklagte meint, handelt es sich hierbei auch um radiale Freiräume im Sinne von Merkmal 8, die durch eine abweichende Profilform von Innen- und [X.] bedingt sind, wie insbesondere die vom Patentgericht erstellte, kolorierte Fassung der Figur 4 verdeutlicht.

Abbildung

cc) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts fehlt es jedoch an einer [X.] von Merkmal 1, weil der in [X.] beschriebene Behälter keine Schiebeverpackung zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge ist.

Bei diesem Merkmal handelt es sich um eine Zweckangabe. Eine solche definiert den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin, dass er geeignet sein muss, für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendet zu werden.

Eine solche Ausbildung der Verpackung ist in [X.] nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Vielmehr weist die Beschreibung der [X.] in die gegenteilige Richtung.

Sie führt aus, dass die bislang bekannte Lösung, einen Deckel aufzustülpen, nachteilig sei, weil sie keine hinreichende Widerstandskraft gegen eine seitliche Belastung aufweise, sich etwa der Deckelkörper bei einem Herunterfallen des Deckels leicht lösen könne (Abs. 4). Die in [X.] vorgeschlagene Lösung zielt demgegenüber darauf, dass der Deckel leicht und sicher angebracht werden kann und in eingespanntem Zustand, insbesondere auch bei seitlicher Belastung, sicher hält (Abs. 5). [X.] vermerkt zudem, dass bei verschlossenem Deckel die Halssektion vollständig im Deckelkörper aufgenommen ist (Abs. 19). Eine mehrstufige Ausbildung der [X.]n gewährleistet nach [X.] neben der Möglichkeit, sie etwa für die Dosierung eines Medikaments zu verwenden (Abs. 27), einen sicheren Verschluss der Verpackung. All dies deutet darauf hin, dass ein sicherer Verschluss die vollständige Aufnahme der Halssektion in den Deckelkörper erfordert.

Entgegen der Auffassung des Patentgerichts enthält Figur 2 keinen weitergehenden [X.]sgehalt. Zwar mag es möglich sein, den Deckel so auszugestalten, dass er auch dann hinreichend zuverlässig mit dem Behälter verbunden ist und mit ihm zusammen eine Verpackung bereitstellt, wenn er seine untere [X.] in die obere Ausnehmung der Halssektion eingreift. Dass der Deckel in dieser Weise ausgestaltet ist, geht aus Figur 2 aber nicht unmittelbar und eindeutig hervor. Da es sich bei der Figurenzeichnung um eine schematische Darstellung handelt, von deren Maßstabstreue ohne weitere Anhaltspunkte in der Beschreibung nicht ausgegangen werden kann, kann derartiges insbesondere nicht aus den dargestellten Größenverhältnissen abgeleitet werden.

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist auch durch [X.] nicht vollständig vorweggenommen.

aa) [X.] beschreibt eine Schiebeverpackung, die aus einer äußeren und einer inneren Hülse besteht, die im Querschnitt im Wesentlichen rund sind, jeweils an einem Ende offen sind und ineinandergeschoben und gegeneinander verdreht werden können. Bekannte Vorrichtungen dieser Art wiesen mindestens einen radial nach innen weisenden Vorsprung an der äußeren Hülse auf. Die innere Hülse sei mit einem sich axial erstreckenden Kanal versehen, in dem dieser Vorsprung leicht bewegt werden könne, ferner mit einer Reihe von nach außen weisenden Vorsprüngen, in die der sich von der äußeren Hülse erstreckende Vorsprung eingreifen könne, um die beiden Hülsen miteinander zu verrasten. Solche Vorrichtungen erforderten jedoch große Präzision bei der Herstellung, um sicherzustellen, dass sie sich nicht ungewollt öffneten.

[X.] schlägt eine Gestaltung vor, die anhand der einzigen Figur erläutert wird:

Abbildung

Die äußere Hülse weise zwei Zahnreihen auf, von denen eine (Bezugsziffer 6) sich an der unteren Seite befindet, die andere - nicht sichtbar - diametral gegenüber ([X.]). An der inneren Hülse finden sich entsprechende Reihen von Vorsprüngen ([X.], 11), in die diese Zähne eingreifen können. Die innere Hülse weist zudem einen Kanal (9) und eine [X.] ([X.], 10) auf sowie - in der Figur nicht gezeigte - jeweils gleiche Gestaltungen diametral gegenüber ([X.]-24).

Zum Verschließen der Verpackung werden die Hülsen so gegeneinander angeordnet, dass die Zähne der äußeren Hülse in die Kanäle der inneren Hülse aufgenommen sind und dann ineinandergeschoben werden. Ist die gewünschte Länge erreicht, werden die Hülsen so gegeneinander verdreht, dass die Zähne (6) die [X.] (10) passieren, wobei die Wand der einen Hülse oder beider Hülsen verformt werden. Schließlich greifen die Zähne in die Ausnehmungen zwischen den Vorsprüngen der Reihe (11), wobei die Wände der Hülsen in ihre ursprüngliche Form zurückkehren. Zum Öffnen der Verpackung wird umgekehrt verfahren (S. 3 Z. 30 bis [X.] 24).

bb) Eine solche Verpackung nimmt die Merkmale 2 bis 3.2 sowie 4 bis 7 vorweg.

cc) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist auch Merkmal 8 offenbart. Zwar weisen beide Hülsen eine im Querschnitt runde Profilform auf. Diejenige der inneren Hülse weicht jedoch durch den dort ausgebildeten Kanal (9) vom Profil der äußeren Hülse ab. Dadurch ist ein radialer Freiraum vorhanden.

dd) Ob die offenbarte Gestaltung bereits als polygonartig im Sinne von Merkmal 1 bewertet werden kann, kann auf sich beruhen.

ee) Jedenfalls Merkmal 3.3 ist nicht offenbart. Nach [X.] werden die beiden Hülsen in einer Stellung ineinandergeschoben, in der die Zähne der äußeren Hülse in den Kanal der inneren Hülse greifen und erst bei Erreichen der gewünschten Stellung dadurch miteinander verrasten, dass sie zueinander verdreht werden. Dass die Zahnreihen der beiden Hülsen beim [X.] miteinander verrastet werden können, ist in [X.] nicht erwähnt.

c) Die [X.] Patentanmeldung 2 672 271 ([X.]) nimmt ebenfalls nicht sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 vorweg.

aa) [X.] beschreibt eine Kunststoffverpackung, die Gegenstände unterschiedlicher Größe aufnehmen können soll.

Ein Ausführungsbeispiel zeigen die Figuren 1 bis 3:

AbbildungAbbildung

Abbildung

Danach ist die Innenwand des unteren Teils der Verpackung (1) in acht Bereiche unterteilt. Vier dieser Bereiche springen nach innen ein (zones rentrantes, 1.8) und weisen ein Verzahnungsprofil (profil en crémaillère, 1.10) auf. Zwischen diesen einspringenden Bereichen liegen Freistellungsbereiche (zones de dégagement, 1.9). Der zugehörige Deckel (3) hat an den vier Ecken Teile in [X.]form (forme [X.], 3a). Er kann in den Behälter eingeführt werden, wenn er so angeordnet ist, dass die [X.] in die Freistellungsbereiche eingeführt werden können. Ist die gewünschte Position erreicht, wird der Deckel mit einer Vierteldrehung befestigt. Dabei greifen die [X.] in das Verzahnungsprofil ein. Entsprechend kann der Deckel durch eine Vierteldrehung gelöst werden. [X.] ist es nach [X.], den Deckel aus elastischem Material auszubilden. Dies ermöglicht es, ihn so zu verrasten, dass die [X.] auf unterschiedlicher Höhe in das Verzahnungsprofil eingreifen ([X.] 3 ff.).

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist damit Merkmal 1 nicht offenbart.

[X.] beschreibt zwar die Möglichkeit, den Deckel in unterschiedlicher Höhe mit dem Unterteil zu verrasten, was eine Verpackung von Gegenständen unterschiedlicher Größe erlaubt (S. 2 Z. 20-23). Weder der Beschreibung noch den Figuren, insbesondere auch nicht der schematischen Darstellung in Figur 2, ist jedoch unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass die Verpackung eine veränderbare Länge aufweist.

cc) Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass Merkmal 3.3 nicht vorweggenommen ist.

Nach [X.] kann der Deckel nicht so in den Behälter geschoben werden, dass die [X.] beim [X.] mit dem Verzahnungsprofil verrasten. Beschrieben ist dort nur das Verschließen des Behälters durch eine Vierteldrehung des Deckels, durch die die [X.] aus den Freistellungsbereichen in das Verzahnungsprofil eingeführt werden.

d) In der erteilten Fassung ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 jedoch durch [X.] vorweggenommen, die ebenso wie die in der Beschreibung des Streitpatents behandelte [X.]a von der Beklagten stammt.

aa) [X.] offenbart einen Behälter mit veränderbarer Länge, der aus zwei [X.] besteht, die einen rechteckigen Querschnitt aufweisen. An beiden [X.] sind Zahnreihen ausgebildet, die beim [X.] verrastet werden können. Ein solcher Behälter soll so ausgebildet werden, dass er einerseits auch dann sicher verschlossen bleibt, wenn sich in ihm ein schwerer Gegenstand befindet und er in Richtung seiner Längsachse aufgehängt wird, andererseits aber leicht geöffnet werden kann.

[X.] zeigt ein erstes Ausführungsbeispiel in Figur 1:

Abbildung

Die Rastzähne der beiden Hülsen greifen nach [X.] ineinander und werden damit sicher verrastet. Die Verrastung soll nicht durch Auseinanderziehen der Hülsen, sondern allein durch eine Drehbewegung gelöst werden, so dass die Rastrichtung von der Öffnungsrichtung getrennt ist ([X.]. 1 Z. 64 bis [X.]. 2 Z. 3). Durch eine solche Drehbewegung kommen die Zähne der inneren Hülse auf einer glatten, unverzahnten Innenfläche des äußeren [X.] zu liegen ([X.]. 4 Z. 14-24). Die Zähne der äußeren Hülse sind von der äußeren Wandung der inneren Hülse entfernt. In dieser Stellung können die beiden Hülsen auseinandergezogen werden. Figur 2 zeigt die Vorrichtung nach Figur 1 in der Raststellung, Figur 3 in der Lösestellung ([X.]. 2 Z. 21-39).

Abbildung

Beim Übergang von der Raststellung in die Lösestellung wird die äußere Hülse durch die Zähne der inneren Hülse radial nach außen verformt, was es ermöglicht, den Innenraum der Verpackung vollständig auszufüllen ([X.]. 3 Z. 8-28; [X.]. 4 Z. 19-21).

In einem weiteren Ausführungsbeispiel nach Figur 8 sind die Zahnreihen der inneren und der äußeren Hülse nicht in den Eckbereichen, sondern zwischen diesen angeordnet.

Abbildung

bb) [X.] offenbart danach eine vieleckige Schiebeverpackung mit [X.] zum Öffnen und Schließen mit veränderbarer Länge. Sie besteht aus zwei [X.], die jeweils Zahnreihen aufweisen, die beim [X.] ineinandergreifen und miteinander verrasten (Merkmale 1 bis 3 und 7). Zur Trennung der beiden Hohlkörper können die kontaktierenden Zahnreihen durch Verdrehen der Hohlkörper zueinander um ihre Längsachse außer Eingriff gebracht werden.

cc) Zumindest das Ausführungsbeispiel nach Figur 8 weist zudem mindestens eine [X.] auf, mit der eine Zahnreihe der anderen Hülse in Eingriff gebracht werden kann (Merkmale 5 und 6).

Die [X.]en sind in den Eckbereichen der äußeren Hülse angeordnet, in die nach dem Verdrehen der Hülsen zueinander die Zahnreihen der inneren Hülse eingreifen können. Denn nach den Feststellungen des Patentgerichts sind die Profilformen der Hülsen in dieser Ausführungsform - abgesehen von der Anordnung der Zahnreihen - identisch mit denjenigen nach Figur 1. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Feststellungen nicht vollständig oder unzutreffend sind, zeigt die Beklagte nicht auf.

dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart [X.] auch Merkmal 8.

Wie Figuren 2 und 3 zu entnehmen ist, sind bedingt durch eine abweichende Profilform zwischen der Außenseite der inneren Hülse und der Innenseite der äußeren Hülse radiale Freiräume vorhanden. Dass es sich bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 8 anders verhält, lässt sich der Entgegenhaltung nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen.

Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat der von der Beklagten postulierte Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines solchen Freiraums und einer leichten Verdrehbarkeit der beiden Hohlkörper gegeneinander ohne nennenswerte Verformung der äußeren Hülse im [X.] keinen Niederschlag gefunden. Demgemäß steht der Vorwegnahme des Merkmals 8 die [X.] in [X.] nicht entgegen, dass beim Lösen der Verrastung der äußere Hohlkörper verformt wird ([X.]. 3 Z. 13-18).

2. Die Anschlussberufung hat jedoch Erfolg, soweit die Beklagte das Streitpatent in der Fassung nach Hilfsantrag 1 verteidigt.

a) Nach Hilfsantrag 1 ist Merkmal 8' wie folgt gefasst (Änderung hervorgehoben):

8'. zwischen der Außenseite des inneren [X.] (3) und der Innenseite des äußeren [X.] (2) ist, bedingt durch eine abweichende Profilform von Innen- und [X.], ein für die kraftfreie Verdrehung zwischen den beiden Hohlkörpern vorhandener radialer Freiraum (23) vorhanden.

Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, Merkmal 8' sei nicht dahin zu verstehen, dass das Verdrehen der beiden Hohlkörper gegeneinander ohne jeden Kraftaufwand möglich sein muss.

Merkmal 8' legt vielmehr fest, dass die abweichende Profilform der beiden Hülsen und der dadurch bedingte Freiraum es ermöglichen, die beiden Hohlkörper gegeneinander zu verdrehen, ohne dass dies eine nennenswerte elastische Verformung der Hülsen erfordert. Da sich das Merkmal der kraftfreien Verdrehbarkeit nicht allein auf die [X.], sondern auf beide Hohlkörper bezieht, gilt diese Anforderung für die Außen- und [X.] gleichermaßen. Eine solche Gestaltung hat nach der Beschreibung den Vorteil, dass eine Schiebeverpackung mit veränderbarer Länge aus einem relativ starren und biegefesten Material gefertigt werden kann (Abs. 30). Die radialen Freiräume und die [X.]en sollen hierfür so angeordnet werden, dass die Zahnreihen leicht voneinander gelöst und mit den in den radialen [X.] angeordneten [X.]en in Eingriff gebracht werden können (Abs. 15, 22, 64 und 77-82).

Merkmal 8' schließt dagegen, wie sich aus der Beschreibung (Abs. 26-28) und Patentansprüchen 4 und 5 ergibt, nicht aus, zwischen der [X.] und der [X.] eine elastische Verformungskante vorzusehen, die dem Nutzer beim Verdrehen einen bestimmten Druck entgegensetzt und damit eine haptische Rückmeldung bietet. Ein solches zusätzliches Mittel ist jedenfalls dann unschädlich, wenn die elastische Verformung auf das zusätzliche Element beschränkt bleibt und im Übrigen nicht zu einer technisch relevanten Verformung der Wandung der Außen- oder [X.] führt.

b) Wie das Patentgericht zutreffend entschieden hat, wird Merkmal 8' durch [X.] nicht vorweggenommen.

Nach der Beschreibung der [X.] verformt der innere Hohlkörper beim Verdrehen den äußeren Hohlkörper ([X.]. 3 Z. 8-18 und [X.]. 4 Z. 14-24). Diese Verformung ist auch in Figur 3 der [X.] gezeigt. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 8 anders verhält, sind [X.] nicht zu entnehmen. An einer [X.], dass die Verformung begrenzt auf den Bereich einer Verformungskante stattfindet, fehlt es ebenfalls.

c) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

aa) [X.] bietet keinen Anhaltspunkt dafür, wie ausgehend von der in den Figuren 2 und 3 gezeigten Profilgestaltung ein Freiraum für eine kraftfreie Verdrehung gebildet werden kann, ohne dass es zu einer relevanten Verformung der [X.] kommt.

bb) Auch aus [X.] ergibt sich keine Anregung zu einer Gestaltung der beiden Hohlkörper nach Merkmal 8'. Nach dieser Entgegenhaltung ist, wie oben bereits ausgeführt wurde, zwischen der [X.] (6) und dem Kanal (9) eine [X.] vorgesehen, die so bemessen ist, dass die äußere Hülse beim Verdrehen der beiden Hohlkörper gegeneinander elastisch verformt wird. Eine Anregung zu einer Gestaltung, bei der durch eine abweichende Profilform radiale Freiräume vorgesehen sind, die eine Verdrehung ohne nennenswerte Deformierung der Hülsen ermöglichen, ergibt sich daraus nicht. Insbesondere reicht hierfür nicht der allgemeine Wunsch aus, neben im Wesentlichen runden Verpackungskörpern auch eckige Körper zur Verpackung eckiger Gegenstände bereitstellen zu wollen. Dementsprechend ist ausgehend von [X.] auch kein hinreichender Anlass ersichtlich, weshalb der Fachmann mit [X.] auf einen Stand der Technik zurückgreifen sollte, der keinen Verschluss für einen in der Länge veränderbaren Behälter betrifft.

Ob es nahegelegen hat, die [X.] (6) und (11) so auszugestalten, dass die Zahnreihen im Sinne von Merkmal 3.1 beim [X.] der Hülsen miteinander verrasten, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.

cc) [X.] bietet keine Anregung, den dort offenbarten Behälter entsprechend den Vorgaben des Merkmals 1 als Schiebeverpackung mit veränderbarer Länge auszugestalten.

Eine Anregung, zu der Gestaltung nach Merkmal 8' zu gelangen, ergibt sich aus [X.] ebenfalls nicht, in der ausgeführt wird, dass beim Verrasten oder Lösen von Deckel und Halssektion des [X.] zumindest ein Teil des Deckels oder der Halssektion verformt wird ([X.] Ü, [X.] 14-17; [X.] 17-21).

dd) Ausgehend von [X.] lag der Gegenstand von Patentanspruch 1 auch nicht nahe.

Zwar beschreibt [X.], dass die dort gewählte Gestaltung es ermöglicht, den Deckel sehr leicht von der Rast- in die [X.] zu bewegen und umgekehrt. [X.] betrifft jedoch, wie oben ausgeführt wurde, keine Schiebeverpackung mit veränderbarer Länge, bei der die Zahnreihen beim [X.] miteinander verrasten. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, was den Fachmann veranlasst haben sollte, die dort vorgesehene Gestaltung von Deckel und Hauptkörper für eine Verpackung vorzusehen, die die Merkmale 1, 2 und 3.3 aufweist.

IV. Hat danach die Anschlussberufung Erfolg, soweit die Beklagte das Streitpatent in der Fassung von Hilfsantrag 1 verteidigt, bleibt die Berufung der Klägerin erfolglos.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 [X.] mit § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 97 Abs. 1 ZPO.

Deichfuß     

  

Hoffmann     

  

Kober-Dehm

  

Rensen     

  

Crummenerl     

  

Meta

X ZR 54/21

25.05.2023

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 15. März 2021, Az: 4 Ni 26/18, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.05.2023, Az. X ZR 54/21 (REWIS RS 2023, 5226)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5226


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 Ni 26/18

Bundespatentgericht, 4 Ni 26/18, 15.03.2021.


Az. X ZR 54/21

Bundesgerichtshof, X ZR 54/21, 25.05.2023.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I-2 U 33/06 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


2 U 52/19 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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X ZR 21/15

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