Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2008, Az. V ZB 63/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 863

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[X.]BESCHLUSS V ZB 63/08 vom 13. November 2008 in dem Rechtsstreit - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 13. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerden gegen die [X.]üsse des 24. Zivilsenats des [X.] vom 4. und 29. April 2008 werden auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen. Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 171.769,95 •. Gründe: [X.] Mit dem den Klägern am 19. April 2007 zugestellten Urteil hat das [X.] die - auf Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages und auf Rück-zahlung einer Maklerprovision gerichtete - Klage teilweise abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte zu 2 Berufung eingelegt, diese aber später wieder zurück genommen. Am 18. Mai 2007 sind bei dem [X.] per Fax-kopie zwei von dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger unterzeich-nete Schriftsätze eingegangen, und zwar ein Antrag auf Prozesskostenhilfe [X.] ein als —Berufung und Berufungsbegründungfi bezeichneter Schriftsatz. Das [X.] wird damit begründet, dass die Antragsteller nicht in der Lage seien, die Kosten für die —beabsichtigte [X.] aufzubringen. [X.] - 3 - gen der hinreichenden Erfolgsaussicht der —beabsichtigten [X.] wird auf den —anliegenden [X.] und [X.] verwiesen. Sodann heißt es in dem Prozesskostenhilfeantrag: —Wir weisen noch darauf hin, dass die Berufung nicht an eine Be-dingung geknüpft wird. Wir bitten das Gericht um kurzfristige Ent-scheidung. Wir würden sodann zur Wahrung der gerichtlichen Fristen hinsichtlich der Berufungseinlegung Wiedereinsetzung in den vorhe-rigen Stand beantragen.fi Mit Verfügung vom 19. Juli 2007 hat das [X.] einen Bera-tungstermin in Aussicht gestellt, der —lediglich die von den Klägern beabsichtigte eigene Berufung betrifftfi. Unter dem 6. September 2007 hat der [X.] der Kläger um Bescheidung des [X.]s unter Hinweis darauf gebeten, dass es sich bei der Formulierung, die Berufung sei nicht an eine Bedingung geknüpft, um ein Versehen handle. Wie sich auch aus dem in dem Gesuch herausgestellten Wiedereinsetzungserfordernis ergebe, sei das Wort —nichtfi zu streichen. Danach hat er das Mandat niedergelegt. 2 Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2007 hat sich der nunmehrige [X.] der Kläger mit der Erklärung bestellt, er werde den [X.] mit der Maßgabe seiner eigenen Beiordnung stellen. Im Übrigen nehme er auf den Berufungs- und [X.] vom 18. Mai 2007 Bezug und mache dessen Inhalt auch zum Inhalt des diesseitigen Vortrages. 3 Mit [X.]uss vom 22. November 2007 hat das [X.] den Klägern antragsgemäß Prozesskostenhilfe —für die von ihnen beabsichtigte [X.] bewilligt. Auf ausdrücklichen Hinweis des Gerichts vom 19. Februar 2008 darauf, dass die Kläger keine Berufung eingelegt hätten, haben diese mit bei dem [X.] am 25. Februar 2008 eingegangenen Schriftsatz geltend gemacht, die Kläger hätten unbedingt Berufung eingelegt. Vorsorglich 4 - 4 - haben sie Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist und hilfsweise in die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung beantragt. Die [X.] sind erfolglos geblieben. Mit [X.]uss vom 4. April 2008 hat das [X.] den Hauptantrag als unzulässig verworfen und den Hilfsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Mit weiterem [X.]uss vom 29. April 2008 hat es die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen. Gegen beide [X.]üsse haben die Kläger Rechtsbeschwerde ein-gelegt. Die Beklagten beantragen, beide Rechtsmittel als unzulässig zu verwer-fen, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2 richteten; im Übrigen beantragen sie deren Zurückweisung als unbegründet. 5 I[X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt. Aus der Begründung des Prozesskostenhil-fegesuchs ergebe sich mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass vor der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe keine [X.] eingelegt werden sollte. Auch die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO hätten die Kläger versäumt. Diese Frist beginne mit dem Tag, an dem das Hindernis zur Wahrung der Notfrist entfallen sei (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das sei hier der 28. November 2007, an dem der Prozesskostenhilfe be-willigende [X.]uss vom 22. November 2007 zugestellt worden sei. Der [X.] sei jedoch erst am 25. Februar 2008 eingegangen. Eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO scheide aus, weil dem nunmehrigen Prozessesbevollmächtigten der Kläger spätestens mit der [X.] vom 22. November 2007 hätte auffallen müssen, dass eine unbedingte Berufungseinlegung nicht vorgelegen habe. 6 - 5 - II[X.] Beide Rechtsbeschwerden sind zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 238 Abs. 2 Satz 1; 522 Abs. 1 Satz 4), aber schon deshalb insgesamt unzu-lässig, weil den Rechtssachen weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch eine Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 ZPO). Insbesondere hat das Berufungsgericht den Klägern den Zugang zur Berufungsinstanz nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 GG; vgl. dazu etwa [X.] 110, 339, 342; [X.], 221, 227). 7 1. Die Annahme, die Kläger hätten die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt, beruht nicht auf überspannten Anforderungen. Vielmehr geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass ein Schriftsatz, der alle formellen Anforderungen an eine Berufung erfüllt, nur dann nicht als unbedingte Berufung gedeutet werden darf, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer [X.] vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt ([X.], [X.]. v. 22. Januar 2002, [X.], [X.], 1352; [X.]. v. 18. Juli 2007, [X.] 31/07, NJW-RR 2007, 1565, 1566 m.w.N.). Dass es bei verständiger Gesamt-würdigung hier so liegt, hat das Berufungsgericht - insbesondere mit Blick auf die Ankündigung des Prozessbevollmächtigten der Kläger in dem [X.], er werde nach Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zur Fristwahrung einen Wiedereinsetzungsantrag stellen - überzeugend dargelegt; auf die diesbezüglichen Erwägungen wird verwiesen. Dabei hat das Berufungs-gericht im Übrigen auch beachtet, dass bei der Auslegung fristgebundener [X.] nur diejenigen Umstände berücksichtigt werden dürfen, die für das Gericht innerhalb der Frist erkennbar waren, nicht aber nachträgliche [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 24. Mai, [X.], NJW-RR 2000, 1590 m.w.N.). 8 - 6 - 2. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt. 9 a) Die Kläger haben die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO versäumt, die mit dem [X.] zu lau-fen begann (§ 234 Abs. 2 ZPO). Behoben ist das Hindernis, wenn sein Weiter-bestehen nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Bei der [X.] durch einen Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Wiedereinsetzung [X.] nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, beginnt diese Frist [X.] spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Anwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können (zum Ganzen Senat, [X.]. v. 28. Februar 2008, [X.], NJW-RR 2008, 1084, 1085 m.w.N.). Dies war [X.] wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat [X.] spätestens der Tag der Zustellung des [X.] vom 22. November 2007, mit dem den Klägern Prozesskostenhilfe —für die von ihnen beabsichtigte [X.] bewilligt worden ist. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste jedem verständigen Prozessbevollmächtigten klar sein, dass sich das Gericht der Auffassung des früheren Prozessbevollmächtig-ten der Kläger angeschlossen hatte, wonach die Kläger mit Schriftsatz vom 18. Mai 2007 noch keine Berufung eingelegt hatten. Es kommt daher gar nicht mehr darauf an, dass ein Anwalt nach ständiger Rechtsprechung ohnehin selbst bei unklarer oder zweifelhafter Rechtslage jedenfalls den sichersten Weg beschreiten muss (vgl. dazu etwa [X.], [X.]. v. 24. Januar 1990, [X.] 143/89, NJW 1991, 2709, 2710 m.w.N.). 10 b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde scheidet eine [X.] von Amts (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO), wonach es eines (fristge-bundenen) [X.] nicht bedarf, wenn die [X.] schon vor der [X.] die versäumte [X.] [X.] - 7 - holt hat und die Gründe für die unverschuldete Fristversäumung aktenkundig waren (vgl. [X.], [X.]. v. 24. Mai, [X.], NJW-RR 2000, 1590), vorlie-gend aus. Es ist zwar richtig, dass der Antragsteller eines Prozesskostenhilfe-gesuchs, der die Berufungseinlegung an die Bedingung der Prozesskostenhil-fegewährung geknüpft hat, diese Bedingung durch Erklärung gegenüber dem Berufungsgericht mit der Folge zurücknehmen kann, dass nunmehr eine unbe-dingte Prozesserklärung vorliegt ([X.], [X.]. v. 18. Juli 2007, [X.] 31/07, NJW-RR 2007, 1565, 1566 f.); auch darin ist eine Nachholung der versäumten [X.] zu erblicken. [X.] hat der nunmehrige Prozessbevoll-mächtigte der Kläger keine Erklärungen abgegeben, die in diesem Sinne zu deuten wären. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2007 hat er den Antrag aus dem [X.] vom 18. Mai 2007 mit der Maßgabe seiner Beiord-nung gestellt und —im Übrigenfi auf den Berufungs- und Berufungsbegründungs-schriftsatz vom selben Tage verwiesen. Jedenfalls vor dem Hintergrund der ausdrücklichen, unzweideutigen und zumal zutreffenden Erklärung des [X.] Prozessbevollmächtigten vom 6. September 2007, wonach der Schriftsatz vom 18. Mai 2007 keine unbedingte Berufungseinlegung enthalte, kann diese Bezugnahme nur als Verweis auf die Erfolgsaussicht des beabsichtigten Rechtsmittels verstanden werden. Nicht anders verhält es sich mit dem [X.] vom 29. Oktober 2007, in dem weitere Ausführungen lediglich zur Begrün-detheit der Klage gemacht werden. c) Soweit die Kläger hilfsweise Wiedereinsetzung in die versäumte [X.]sfrist verlangen, liegt es auf der Hand, dass von einem unver-schuldeten Rechtsirrtum des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger keine Rede sein kann. 12 - 8 - [X.] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 13 [X.] [X.] Schmidt-Räntsch

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 13.04.2007 - 2 O 272/06 - [X.], Entscheidung vom 29.04.2008 - 24 U 78/07 -

Meta

V ZB 63/08

13.11.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.11.2008, Az. V ZB 63/08 (REWIS RS 2008, 863)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 863

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