Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2016, Az. 28 W (pat) 524/14

28. Senat | REWIS RS 2016, 7781

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GREENWHEEL (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)/GREEN WHEELS (Gemeinschaftsbildmarke)/GREENWHEELS (Gemeinschaftsmarke)" – Einrede mangelnder Benutzung - fehlende Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke IR 960 519

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 21. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, der Richterin [X.] und des [X.] am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die nachträgliche inländische Schutzerstreckung der international registrierten Marke 960519

Abbildung

2

für die Waren der

3

“Klasse 12: [X.]; electric vehicles; cleaning trolleys; military vehicles for transport; vehicles for locomotion by land, [X.], [X.]; fork lift trucks; cycle cars; [X.]; [X.]; sports cars”

4

([X.] in der [X.] am 16. Juni 2011)

5

hat die Beschwerdeführerin am 30. September 2011 Widerspruch aus folgenden Unionsmarken eingelegt:

6

1. 001 243 476

Abbildung

7

eingetragen am 28. Februar 2001 für die Waren und Dienstleistungen der

8

“Klasse 12 Vehicles;

9

Klasse 39 [X.], garages and parking areas; transport of persons and goods”

in den Farben Dunkelblau/Grün;

2. 001 561 513

GREENWHEELS

eingetragen am 25. Mai 2001 für die Waren und Dienstleistungen der

“Klasse 12: vehicles;

Klasse 39: [X.], garages and parking areas”.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung beider [X.] bestritten.

Die Widersprechende hat daraufhin unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers [X.] vom 31. Januar 2011 sowie weiterer Benutzungsunterlagen vorgetragen, ihre [X.] Tochtergesellschaft [X.] habe vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2010 als „CarSharing-Unternehmen“ unter Verwendung der [X.] mit der Vermietung von Kraftfahrzeugen in [X.] Jahresumsätze zwischen … und [X.] erzielt. Hierzu seien in mehreren Bundesländern so genannte „[X.]“ eingerichtet, wo die gemieteten Fahrzeuge abgeholt und nach der Mietzeit wieder abgestellt würden. Die [X.] bildeten zusammengesetzt das Firmenlogo der Widersprechenden. Sie seien auf den zur Verfügung gestellten Fahrzeugen abgebildet und würden auch auf den Geschäftspapieren verwendet. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, seien die [X.] dabei für unzählige weitere Tätigkeiten und Werbemaßnahmen genutzt worden.

Mit Beschluss vom 3. Juni 2014 hat die Markenstelle für Klasse 12 - [X.] - die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Widersprechende habe die Benutzung der [X.] in der [X.] nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Sie habe auf die zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede die Benutzung für den Zeitraum von fünf Jahren vor der [X.] der angegriffenen Marke und für den [X.] vor Entscheidung über den Widerspruch glaubhaft machen müssen, insgesamt also für den Zeitraum von Juni 2006 bis Juni 2014. Da es sich bei den [X.] um [X.]smarken handele, sei glaubhaft zu machen, dass die Marken in der [X.] ernsthaft benutzt worden seien, wofür auch die Benutzung in nur einem Mitgliedstaat genügen könne. Die eingereichten Unterlagen bezögen sich ausdrücklich nur auf [X.], was ausreichend für die Benutzung in der [X.] sei, wenn die Marken in [X.] „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent“ sowie „im gesamten [X.]“ bekannt seien. Hierfür fehle jedoch ein ausreichender Nachweis. Die vorgelegten Unterlagen belegten zwar eine - teilweise mehrfache - Präsenz an Standorten wie „[X.], [X.], Raum [X.] (…), [X.] (…), [X.], [X.], [X.], [X.]“. Die von der Widersprechenden auf ihrem eigenen Infoblatt angegebene Präsenz mit „350 Greenwheels–Fahrzeugen in 22 Städten und neun Bundesländern“ genüge jedoch nicht für die Annahme der Benutzung im gesamten Gebiet eines Mitgliedstaates.

Zwar belegten die vorgelegten Rechnungen zahlreiche Einsätze u. a. für Behörden und Ministerien in Ballungsräumen wie [X.], [X.], [X.] (= Metropolregion [X.]) und damit eine auf relativ wenige Ballungsräume bezogene Konzentration. Wichtige Oberzentren in der Mitte bzw. im Süden [X.]s - wie etwa der Raum um [X.], [X.] oder der Großraum um [X.] - würden dagegen gar nicht bedient. Die Benutzung sei mithin räumlich auf sieben [X.] Großräume beschränkt. Damit sei die geforderte Benutzung im gesamten Gebiet eines Mitgliedstaates nicht belegt.

Gegen diesen ihr am 10. Juni 2014 zugestellten Beschluss wendet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 10. Juli 2014. Sie hat bisher keinen Antrag gestellt und die Beschwerde nicht begründet.

Die Beschwerdegegnerin hat ebenfalls nicht Stellung genommen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin hat deren Vertretung mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 niedergelegt. Ihm wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Niederlegung gemäß § 96 Abs. 4 [X.] unwirksam sei, da kein neuer Vertreter bestellt worden sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Eine Verwechslungsgefahr zwischen der im Inland nachträglich Schutz begehrenden international registrierten Marke der Beschwerdegegnerin und den Unionsmarken der Beschwerdeführerin ist schon deshalb ausgeschlossen, weil gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf Seiten der [X.] keine Waren und Dienstleistungen in die Prüfung einbezogen werden können. Die Widersprechende hat auf die zulässig gemäß §§ 119, 43 Abs. 1 [X.] erhobenen pauschalen Nichtbenutzungseinreden der Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der [X.] für den Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch nicht glaubhaft gemacht.

Gemäß §§ 119, 124, 114 Abs. 1, 125b Nr. 4, 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] i. V. m. Art. 15 [X.] ist die Benutzung der [X.] sowohl für den Zeitraum von fünf Jahren vor [X.] der nachträglichen Schutzerstreckung in der [X.] am 16. Juni 2011 als auch für den Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch glaubhaft zu machen. Bei letzterem handelt es sich um einen wandernden Benutzungszeitraum. Im Fall der Beschwerde ist die Benutzung in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung über die Beschwerde glaubhaft zu machen, also vorliegend für die Zeit von August 2011 bis Juli 2016. Für diesen Zeitraum hat die Beschwerdeführerin keinerlei Ausführungen über die Benutzung der [X.] vorgebracht und auch keinerlei Benutzungsunterlagen eingereicht. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin stammt vom 31. Januar 2011, die genannten Umsatzzahlen enden im Geschäftsjahr 2010, die eingereichten Rechnungen betreffen die Jahre 2005 bis 2009.

Ein Hinweis auf die Notwendigkeit, neue Benutzungsunterlagen für den wandernden Zeitraum einzureichen, war vor der Entscheidung des Senats weder erforderlich noch geboten. Im Rahmen des Benutzungszwangs herrscht der [X.], der es dem [X.] verbietet, die Widersprechende zur notwendigen Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung anzuhalten ([X.]/Hacker, [X.], 11. Auflage 2015, § 43, Rdnr. 64 ff. mit weiteren Nachweisen). Denn es ist allein Sache der Widersprechenden, die Mittel der Glaubhaftmachung dem wandernden Benutzungszeitraum anzupassen und die entsprechenden Zeitabläufe im Auge zu behalten. Hierzu hatte die Beschwerdeführerin nach Erhebung der Beschwerde im Juli 2014 und auch von Januar bis Juli 2016, als die letzten vorgelegten Umsatzzahlen aus dem Jahr 2010 bereits über fünf Jahre alt waren, hinreichend Gelegenheit. Sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass ihr vor einer Entscheidung des Senats eine weitere Frist zum Vortrag eingeräumt wird. Auch die Aufklärungspflicht des Gerichts gemäß § 139 ZPO gebietet im konkreten Fall keinen Hinweis auf die Verfristung der eingereichten Benutzungsunterlagen. Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat mit der Vorlage der Benutzungsunterlagen im patentamtlichen Widerspruchsverfahren bereits gezeigt, dass sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung kennt. Zudem ist sie in dem angegriffenen Zurückweisungsbeschluss auf die Maßgeblichkeit des zweiten Benutzungszeitraums gemäß §43 Abs. 1 Satz 2 [X.] hingewiesen worden. Ein weiterer Hinweis im Beschwerdeverfahren war nicht erforderlich.

Mangels Glaubhaftmachung der Benutzung im relevanten Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch können gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] keinerlei Waren und Dienstleistungen bei der Prüfung Berücksichtigung finden, sodass eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 [X.] schon aus diesem Grund ausgeschlossen ist.

Billigkeitsgründe, die eine von § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] abweichende Kostenentscheidung angezeigt erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht.

Meta

28 W (pat) 524/14

21.07.2016

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2016, Az. 28 W (pat) 524/14 (REWIS RS 2016, 7781)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7781

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26 W (pat) 554/17

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