Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.05.2020, Az. 26 W (pat) 549/17

26. Senat | REWIS RS 2020, 69

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "fritz/FRIZE (IR-Marke)" – Einrede mangelnder Benutzung – zum Beginn der Benutzungsschonfrist einer IR-Marke - fehlende hinreichende Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung – Zurückweisung der Beschwerde der Widersprechenden


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 063 440

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 8. Mai 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

fri[X.]

3

ist am 22. Oktober 2014 angemeldet und am 21. November 2014 unter der Nummer 30 2014 063 440 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für folgende Waren und Dienstleistungen der

4

[X.]: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen;

5

[X.]: Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer; alkoholfreie Getränke; [X.]; Fruchtsäfte; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken;

6

[X.]: Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere];

7

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.

8

Gegen diese Marke, deren [X.]intragung am 24. Dezember 2014 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdegegnerin neben Widersprüchen aus drei anderen Marken, die nicht Gegenstand der Beschwerde sind, Widerspruch erhoben aus ihrer auf der [X.] Basisanmeldung vom 18. Januar 2001 beruhenden, am 11. Mai 2001 nach dem [X.] Protokoll unter der Nummer 760 025 international registrierten Wortmarke

9

[X.][X.]

die seit dem 8. Juni 2001 Schu[X.] für die [X.] [X.] genießt für Waren der

[X.]:

[X.]; [X.] et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres préparations pour faire des boissons;

Klasse 35: [X.]; administration commerciale; publicité, y compris publicité radiophonique et télévisée; [X.]; diffusion de matériel publicitaire (dépliants, prospectus, imprimés, échantillons); services de promotion publicitaire.

Am 21. April 2016 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 [X.] bestritten. Die Widersprechende hat eine eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführer vom 1. Februar 2016 vorgelegt, der [X.] und Rechnungen beigefügt waren.

Mit Beschluss vom 10. August 2017, der durch Beschluss vom 17. August 2017 berichtigt worden ist, hat die Markenstelle für [X.] des [X.] die angegriffene Marke für die Waren der [X.] und die Dienstleistungen der Klasse 35 wegen der drei nicht beschwerdegegenständlichen Widerspruchsmarken gelöscht und den vorliegenden Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Widersprechende die rechtserhaltende Benu[X.]ung der beschwerdegegenständlichen Widerspruchsmarke ausschließlich für die Waren „alkoholfreie Getränke und Mineralwässer“ im relevanten Zeitraum von 2009 bis einschließlich 2015 durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung, von Flaschenabbildungen sowie zahlreicher Rechnungen an [X.] Vertriebspartner sowie die Bestätigung von Umsa[X.]zahlen in [X.] glaubhaft gemacht habe. Die Vergleichswaren der [X.] seien identisch. Zwischen den von der angegriffenem Marke beanspruchten alkoholischen Getränken der [X.] und den für die ältere Marke geschü[X.]ten alkoholfreien Getränken der [X.] bestehe Ähnlichkeit, da oftmals beide Getränkearten in [X.] wie Brennereien und Brauereien nebeneinander produziert und/oder angeboten würden und sich beim Verbrauch, z. B. wegen des Trends zur Herstellung von Mixgetränken, begegneten. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als durchschnittlich einzustufen. Der erforderliche deutliche Abstand werde aber aufgrund der Unähnlichkeit der Vergleichsmarken eingehalten. In schriftbildlicher Hinsicht fehle der in Minuskeln wiedergegebenen Widerspruchsmarke „frize“ die Oberlänge des Buchstabens „t“ der angegriffenen Marke. Da es sich um kurze [X.]inwortmarken handele, nähmen die angesprochenen Verkehrskreise solche Abweichungen wahr. Noch gravierender seien die Unterschiede im klanglichen Vergleich. Während die jüngere Marke nur über ein kurzes „i“ wie in „Chips“, „Clips“ oder „Dips“ verfüge, werde die [X.] anmutende Widerspruchsmarke eher als „freis“, also mit einem langgezogenen „ei“ ausgesprochen wie in [X.]“ oder „Gleis“. Bei einer [X.]n Aussprache der älteren Marke [X.] neben einem deutlichen „i“ noch ein zusä[X.]liches kurzes „e“ am [X.]nde. [X.]ine Verwechslung auf [X.] sei wegen der Identität der angegriffenen Marke mit dem [X.]n Namen „[X.]“ gegenüber dem diffusen Phantasiebegriff „[X.][X.]“ ausgeschlossen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist die Ansicht, sie habe die rechtserhaltende Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke von 2009 bis 2015 für Mineralwasser und andere nicht alkoholische Getränke, z. B. Limonade, [X.] und [X.], in [X.] glaubhaft gemacht. Die ältere Marke befinde sich sowohl auf den Flaschenetiketten als auch auf deren Verpackung. Die beispielhaft aus den Jahren 2011 bis 2015 vorgelegten Kostenrechnungen seien an ihren Distributor in [X.], die [X.], für Lieferungen von  Getränken in verschiedenen Geschmacksrichtungen, wie „[X.][X.] Limao“ und [X.][X.] Groselha“ etc., ausgestellt. Die Vergleichswaren der [X.] seien identisch und zu den angegriffenen Waren der [X.] bestehe jedenfalls Ähnlichkeit. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Vergleichsmarken seien sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht wegen überwiegender Übereinstimmungen hochgradig ähnlich (vgl. [X.]ntscheidung des [X.] v. 3. August 2015 - [X.]/2014-5). Beide bestünden aus fünf Buchstaben, wobei die ersten drei am stärker beachteten Wortanfang identisch seien. In den [X.]ndungen „[X.]“ bzw. „[X.]“ sei zudem jeweils der Buchstabe „z“ enthalten. Das „I“ der Widerspruchsmarke „[X.][X.]“ werde wie bei „Fries“ eher lang und entgegen der Annahme der Markenstelle nicht [X.] ausgesprochen, so dass auch der Wortanfang „[X.]“ klanglich identisch sei. Die [X.]ndungen „[X.]“ und „[X.]“ klängen gerade bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen ebenfalls sehr ähnlich. Bei einer derart hochgradigen phonetischen Ähnlichkeit werde ein etwaiger unterschiedlicher Bedeutungsgehalt der angegriffenen Marke vom Verkehr nicht erfasst.

Die Widersprechende beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 10. August 2017 aufzuheben und das [X.] anzuweisen, die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der [X.] 760 025 für die Waren der Klassen 32 und 33 zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie die Auffassung vertreten, dass die rechtserhaltende Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei. Für „Biere“ behaupte die Beschwerdeführerin nicht einmal mehr die Benu[X.]ung. Aus den von der Widersprechenden vorgelegten Abbildungen einzelner Getränkeflaschen und Gebinde zur Glaubhaftmachung der Benu[X.]ung der älteren Marke für Mineralwasser und andere nicht alkoholische Getränke sei nicht ersichtlich, dass diese Produkte für den Vertrieb in [X.] bestimmt gewesen seien, weil die [X.]tiketten nur in [X.], [X.] oder [X.] beschriftet seien. [X.]tiketten auf einer Flasche und einem Gebinde mit dem Text „[X.][X.] eau minérale naturelle gazeuse natürliches spri[X.]ig Mineralwasser“ sowie dem Zusa[X.] auf dem Gebinde „renforcée au gaz de la source mit eigener Quellkohlensäure verse[X.]t“ seien grammatikalisch nicht korrekt und entsprächen nicht dem in [X.] üblichen Sprachgebrauch. Für Mineralwasser mit hohem Kohlensäuregehalt sei im Inland die Bezeichnung „Classic“ üblich. Daher sei zu vermuten, dass die entsprechenden Flaschen nicht für den bundes[X.]n Markt, sondern für [X.], [X.] oder [X.] bestimmt gewesen seien. Die in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung aufgeführten Umsä[X.]e stimmten nicht mit der Summe der beigefügten Rechnungen an den vorrangigen Distributor in [X.] überein, obwohl mit ihm ein Großteil des behaupteten Umsa[X.]es getätigt worden sein müsste. Nachweise für die Umsä[X.]e in den Jahren 2009 und 2010 seien nicht vorgelegt worden. Aber selbst wenn man von einer rechtserhaltenden Benu[X.]ung der älteren Marke für nichtalkoholische Getränke ausginge, wäre eine Verwechslungsgefahr zur verneinen. Zwar seien diese mit den angegriffenen Waren der [X.] identisch, aber unähnlich zu den alkoholischen Getränken der [X.]. Diese unterschieden sich im Herstellungsprozess, Preissegment und in der Zielgruppe deutlich. Da die Widersprechende hochpreisige [X.]rfrischungsgetränke in unüblichen Flaschengrößen und -formen als Lifestyle-Produkte vertreibe, also ihre Waren im Luxusbereich positioniere, träfen die angesprochenen Verkehrskreise ihre Kaufentscheidung sorgsam, ([X.] und aufmerksam. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich. Die Vergleichsmarken seien in jeder Hinsicht unähnlich. Die angegriffene Marke werde schriftbildlich von der Konsonantenfolge „f-r-t-z“ dominiert, weil der schmale Vokal „i“ nahezu verschwinde. Demgegenüber bestehe die Widerspruchsmarke visuell aus einer fast perfekten Rhythmik abwechselnder Konsonanten und Vokale, wobei der [X.]ndselbstlaut „[X.]“ einen optisch längeren [X.]indruck vermittle. Zudem seien die [X.]ndungen unterschiedlich. Während der Doppelkonsonant „[X.]“ der jüngeren Marke besonders kompakt und dominant sei, werde die [X.]rscheinung der älteren Marke vom offenen [X.]ndvokal „[X.]“ beherrscht. Auch klanglich unterschieden sich die Kollisionsmarken ausreichend, weil die angegriffene Marke einsilbig sei und die Widerspruchsmarke aus zwei Silben bestehe. Zudem könne die ältere Marke nicht nur deutsch, sondern auch [X.], [X.] oder [X.] ausgesprochen werden, was die Unterschiede verstärke. In begrifflicher Hinsicht erscheine die ältere Marke als [X.] mit einer Assoziation an „frizzante“ für ein frisches, spri[X.]iges oder prickelndes Getränk, während in der jüngeren Marke der Vorname „[X.]“ als typischer [X.]r Name schlechthin zu erkennen sei.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 6. Februar 2018 ist die Widersprechende darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerde mangels hinreichender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benu[X.]ung ihrer Marke keine Aussicht auf [X.]rfolg habe.

Wegen der weiteren [X.]inzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache mangels hinreichender Darlegung und Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke keinen [X.]rfolg.

Da es sich vorliegend um ein Verfahren über einen Widerspruch handelt, der nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, ist die Bestimmung des § 42 Absa[X.] 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden (§ 158 Abs. 3 [X.]). In Bezug auf die erhobene Nichtbenu[X.]ungseinrede sind gemäß § 158 Abs. 5 [X.] die Vorschriften der §§ 26, 43 Abs. 1 [X.] ebenfalls in ihrer bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.

1. Am 21. April 2016 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benu[X.]ung der international registrierten Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 [X.] bestritten. Da die [X.]inrede der Nichtbenu[X.]ung somit undifferenziert erhoben wurde, ist davon auszugehen, dass sie beide Zeiträume des § 43 Abs. 1 Sa[X.] 1 und 2 [X.] umfassen soll ([X.], 938 – [X.]; lngerl/[X.], Markengese[X.], 3. Aufl., § 43 [X.]. 12; [X.] in: [X.]/Hacker/Thiering, Markengese[X.], 12. Aufl., § 43 [X.]. 26; [X.]/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., [X.]. 560).

a) Die [X.]inrede ist wirksam erhoben worden, weil die Benu[X.]ungsschonfrist der international registrierten Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der [X.]rhebung der Nichtbenu[X.]ungseinrede am 21. April 2016 bereits abgelaufen war.

aaa) Um dem Markeninhaber die Benu[X.]ungsaufnahme solange nicht zuzumuten, wie eine Schu[X.]verweigerung für [X.] noch möglich ist, tritt nach §§ 119 Abs. 1, 124, 116 Abs. 1, 115 Abs. 2, 43 Abs. 1 [X.] a. F. bei einer international registrierten Marke für den Beginn der Benu[X.]ungsschonfrist an die Stelle der [X.]intragung ins Register entweder der Tag, an dem die Mitteilung über die Schu[X.]bewilligung gemäß Regel 18

bbb) Da im vorliegenden Fall keine Mitteilung über die Schu[X.]bewilligung oder eine vorläufige Schu[X.]verweigerung bei der [X.] eingegangen ist, hat die fünfjährige Benu[X.]ungsschonfrist erst ein Jahr nach dem dort eingetragenen „Date of recording“, dem 26. Juli 2001, und damit erst am 26. Juli 2002 zu laufen begonnen und ist am 26. Juli 2007 beendet gewesen.

b) Die [X.]inrede ist nach § 43 Abs. 1 Sa[X.] 1 [X.] zulässig, weil die Benu[X.]ungsschonfrist der international registrierten Widerspruchsmarke länger als fünf Jahre vor der am 24. Dezember 2014 erfolgten [X.] der [X.]intragung der angegriffenen Marke abgelaufen war, so dass eine rechtserhaltende Benu[X.]ung in den le[X.]ten fünf Jahren vor der [X.] der angegriffenen Marke glaubhaft gemacht werden muss.

c) Aufgrund der zulässigen [X.]inrede nach § 43 Abs. 1 Sa[X.] 2 [X.] ist eine rechtserhaltende Benu[X.]ung der älteren Marke innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor der [X.]ntscheidung über den Widerspruch glaubhaft zu machen.

d) Damit sind für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach § 43 Abs. 1 Sa[X.] 3 [X.] a. F. nur die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen, für die eine rechtserhaltende Benu[X.]ung in beiden Fünfjahreszeiträumen glaubhaft gemacht worden ist.

e) [X.]s oblag der Widersprechenden somit, eine rechtserhaltende Benu[X.]ung der [X.] sowohl für den Zeitraum von Dezember 2009 bis Dezember 2014 als auch für den Zeitraum von April 2015 bis April 2020 nach Art, Zeit, Ort und Umfang glaubhaft zu machen. Dies ist der Widersprechenden nicht gelungen.

f) [X.]ine Marke wird ernsthaft benu[X.]t, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren, für die sie eingetragen ist, zu garantieren – benu[X.]t wird, um für diese Waren einen Absa[X.]markt zu erschließen oder zu sichern, wobei die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Marke nur symbolisch benu[X.]t wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren ([X.]uGH WRP 2017, 1066 [X.]. 37 – Gözze/VBB; [X.], 425 [X.]. 38 – [X.]/Ajax; [X.] 2013, 725 [X.]. 38 – [X.]). [X.]ine ernsthafte Benu[X.]ung erfordert, dass die Marke tatsächlich, stetig und mit stabilem [X.]rscheinungsbild auf dem Markt präsent ist ([X.]uGH [X.] 2008, 343 [X.]. 72 - 74 – [X.]/[X.] [BAINBRIDG[X.]]).

Zur Glaubhaftmachung muss von der Widersprechenden daher konkret angegeben werden, wer die Marke auf welche Weise für welche Waren in welchen Jahren an welchem Ort benu[X.]t hat und wie viel Umsa[X.] damit erwirtschaftet worden ist. Dabei müssen die detaillierten Angaben zu den Umsa[X.]zahlen entweder in Geldbeträgen oder in Stück- bzw. [X.] konkret auf die jeweiligen Waren bezogen und in die jeweiligen für die Benu[X.]ung rechtserheblichen Zeiträume aufgeteilt sein.

g) Die Frage der Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke nach §§ 119 Abs. 1, 124, 116 Abs. 1, 43 Abs. 1 [X.] a. F. unterliegt abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Untersuchungsgrundsa[X.] (§§ 59 Abs. 1, 73 Abs. 1 [X.]) dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsa[X.] ([X.], 468, 469 – Senkrechte Balken; [X.] 2006, 152 [X.]. 19 – [X.]).

h) Unter Anwendung dieser Grundsä[X.]e hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke dem Umfang nach schon im ersten Benu[X.]ungszeitraum nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

aa) In der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 1. Februar 2016 geben ihre beiden Geschäftsführer [X.] und [X.] an, dass die Widersprechende ihre [X.] „[X.][X.]“ in [X.]  durchgehend in den le[X.]ten Jahren für „Mineralwasser und andere nicht alkoholische Getränke (z. B. Limonade, [X.] und [X.])“ benu[X.]t und damit in [X.] in den Jahren 2009 bis 2015 Nettojahresumsä[X.]e zwischen ca. … € und ca. … € generiert habe. Beigefügt sind [X.]  sowie Rechnungen aus den Jahren 2011 bis 2015 für Lieferungen von Getränken in verschiedenen Geschmacksrichtungen, wie „[X.][X.] Limão“ oder „[X.][X.] Groselha“ an ihren vorrangigen Distributor in [X.], die [X.].

bb) Die Widersprechende hat aber die für die einzelnen Jahre jeweils angeführten Nettoumsa[X.]angaben nicht nach Waren bzw. Warengruppen aufgeschlüsselt.

aaa) Das [X.]rfordernis einer einzelne Waren(-gruppen) bezogenen Glaubhaftmachung der Benu[X.]ung ergibt sich aus §§ 119 Abs. 1, 124, 116 Abs. 1, 43 Abs. 1 Sa[X.] 3 [X.] a. F., wonach für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nur die Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen sind, für die eine rechtserhaltende Benu[X.]ung glaubhaft gemacht worden ist (vgl. im Übrigen die entsprechenden Vorschriften für andere Verfahrensarten: § 25 Abs. 2 Sa[X.] 3, § 55 Abs. 3 Sa[X.] 4 [X.]; BPatG 24 W (pat) 69/08 – Butterfly by [X.]/Butterfly; 30 W (pat) 505/15 – Universal Nutrition).

bbb) Da die Widerspruchsmarke in [X.] für die Waren „[X.]; [X.] et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres préparations pour faire des boissons” (überse[X.]t: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere nicht alkoholische Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken) registriert ist, hätte die Widersprechende angeben müssen, welcher Teil ihres jährlichen Nettoumsa[X.]es auf die einzelnen Waren entfallen ist.

Sie hat aber nicht mitgeteilt, wieviel inländischen Umsa[X.] sie von Dezember 2009 bis Dezember 2014 allein mit dem Produkt „Mineralwässer“ erzielt hat. Im Hinblick darauf, dass mit Ausnahme der Biere sowie der Sirupe und anderen Präparate für die Zubereitung von Getränken alle übrigen Getränke nichtalkoholisch sind und darüber hinaus sogar die Kategorie „andere nicht alkoholische Getränke“ in der [X.] ihres Verzeichnisses aufgeführt sind, fehlt zudem eine Klarstellung, welche Getränke mit „andere nicht alkoholische Getränke (z. B. Limonade, [X.] und [X.])“ gemeint sind. Wenn man von den vorgenannten Beispielgetränken sowie den beigefügten Fotos von Getränkeflaschen und -gebinden ausgeht, hat die Widersprechende ihre Marke sowohl für kohlensäurehaltige Wässer mit verschiedenen Aromastoffen, wie z. B. „black currant“ = schwarze Johannisbeere oder „lemon/citron“ = Zitrone, als auch für die unter den Begriff Limonade fallenden Getränke [X.] und [X.] benu[X.]t. Die Widersprechende hat ihren jährlichen Umsa[X.] im ersten Benu[X.]ungszeitraum aber weder für „kohlensäurehaltige Wässer“ noch für Limonaden als „andere nicht alkoholische Getränke“ ausgewiesen. Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden davon ausgeht, dass ihre Marke für „Mineralwässer“ und „andere nicht alkoholische Getränke“ im maßgeblichen Zeitraum verwendet worden ist, fehlt es an einer Differenzierung der jährlichen Umsa[X.]angaben für „Mineralwässer“ einerseits und für „andere nicht alkoholische Getränke“ andererseits.

i) Dies gilt auch für den zweiten Benu[X.]ungszeitraum von April 2015 bis April 2020. Hinzu kommt, dass mit Ausnahme für das [X.] für den mehr als vierjährigen Zeitraum von 2016 bis April 2020 und damit für den größten Teil des zweiten Benu[X.]ungszeitraums weder Ausführungen über die Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke gemacht noch Benu[X.]ungsunterlagen eingereicht worden sind.

j) Mangels Glaubhaftmachung der Benu[X.]ung können gemäß §§ 119 Abs. 1, 124, 116 Abs. 1, 43 Abs. 1 Sa[X.] 3 [X.] a. F. keinerlei Waren bei der Prüfung Berücksichtigung finden, so dass eine Verwechslungsgefahr gemäß §§ 119 Abs. 1124, 116 Abs. 1, § 9 [X.] schon aus diesem Grund ausgeschlossen ist.

2. [X.]in Hinweis auf die Notwendigkeit, die Benu[X.]ungsunterlagen für den ersten Zeitraum zu ergänzen und Unterlagen für den wandernden Benu[X.]ungszeitraum vorzulegen, war vor der [X.]ntscheidung des Senats weder erforderlich noch geboten. Im Rahmen des Benu[X.]ungszwangs herrscht der Beibringungsgrundsa[X.] ([X.] 2006, 152 [X.]. 19 – [X.]; [X.], 468, 469 - Senkrechte Balken). Danach ist es allein Sache der Widersprechenden, die Mittel der Glaubhaftmachung dem wandernden Benu[X.]ungszeitraum anzupassen und die entsprechenden Zeitabläufe im Auge zu behalten (BPatG 27 W (pat) 25/16 - [X.] PUR/[X.]; 28 W (pat) 524/14 – GR[X.][X.]NWH[X.][X.]L/GR[X.][X.]N WH[X.][X.]LS/GR[X.][X.]NWH[X.][X.]LS. Hierzu hatte die Beschwerdeführerin nach [X.]rhebung der Beschwerde im September 2017, als die le[X.]ten vorgelegten Umsa[X.]zahlen aus dem [X.] bereits zwei Jahre alt waren, hinreichend Gelegenheit. Zudem hat der Senat die Widersprechende mit Schreiben vom 6. Februar 2018 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke für keine der geschü[X.]ten Waren glaubhaft gemacht sei, so dass sie ausreichend Gelegenheit gehabt hat, ihre Benu[X.]ungsunterlagen zu ergänzen. Auch die Aufklärungspflicht des Gerichts gemäß § 139 ZPO gebietet im konkreten Fall keinen Hinweis auf die Verfristung der eingereichten Benu[X.]ungsunterlagen. Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat mit der Vorlage der Benu[X.]ungsunterlagen im patentamtlichen Widerspruchsverfahren bereits gezeigt, dass sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benu[X.]ung kennt (vgl. auch BPatG 26 W (pat) 50/16 – Hamosons).

III.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Sa[X.] 1 [X.] sind nicht gegeben.

1. Nach § 71 Abs. 1 Sa[X.] 2 [X.] gilt der Grundsa[X.], dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Sa[X.] 1 [X.] kann das [X.] die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierzu bedarf es stets besonderer Umstände ([X.] 1972, 600, 601 – [X.]; [X.] 1996, 399, 401 – Schu[X.]verkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten [X.] aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf [X.]rfolg versprechenden Situation sein Interesse am [X.]rhalt oder [X.]rlöschen des Markenschu[X.]es durchzuse[X.]en versucht und dadurch dem [X.] vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12 - mcpeople/[X.]; BPatG[X.] 12, 238, 240 - [X.]/[X.]). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH a. a. O. – [X.]; a. a. O. – Schu[X.]verkleidung).

Solche besonderen Umstände sind im Widerspruchsverfahren beispielsweise dann angenommen worden, wenn der Widerspruch nach [X.]rhebung der Nichtbenu[X.]ungseinrede ohne einen ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung weiterverfolgt wird (BPatG [X.] 1996, 981, 982 - [X.]STAVITAL; BPatG[X.] 22, 211, 212 f.).

2. Vorliegend hat die Widersprechende im patentamtlichen Widerspruchsverfahren als Benu[X.]ungsunterlagen sowohl eine eidesstattliche Versicherung als auch Fotos und Rechnungen vorgelegt. Hinzu kommt, dass die Markenstelle im angefochtenen Beschluss die rechtserhaltende Benu[X.]ung der Widerspruchsmarke wenigstens teilweise bejaht hat. Dass die eingereichten Unterlagen zur Glaubhaftmachung für den ersten Benu[X.]ungszeitraum nicht ausgereicht haben, ist kein Grund für eine Auferlegung von Kosten ([X.]/Hacker/Thiering/[X.], [X.], 12. Aufl, § 71 [X.]. 18). Da die Beschwerde aber schon wegen der mangelnden Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benu[X.]ung für den ersten Benu[X.]ungszeitraum keinen [X.]rfolg hatte, kann der fehlende Glaubhaftmachungsversuch für den größten Teil des zweiten Zeitraums nicht zur Begründung einer Kostentragung herangezogen werden.

Meta

26 W (pat) 549/17

08.05.2020

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 158 Abs 5 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 119 Abs 1 MarkenG, § 124 MarkenG, § 116 Abs 1 MarkenG, § 115 Abs 2 MarkenG, Regel 18ter Abs 2 MAbkMadridGemAO 1996, Art 5 Abs 2 MAbk Madrid, Art 5 Abs 2 Buchst a MAbkMadridProt, Regel 18ter Abs 1 Buchst a MAbkMadridGemAO 1996, § 9 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.05.2020, Az. 26 W (pat) 549/17 (REWIS RS 2020, 69)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 69

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