Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2002, Az. 1 StR 546/01

1. Strafsenat | REWIS RS 2002, 4510

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[X.] DES VOLKESURTEIL1 StR 546/01vom19. Februar 2002in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom19. Februar 2002, an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.] [X.] am [X.],Dr. [X.],[X.],[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil [X.] [X.]OPf. vom 9. Juli 2001 im [X.] über die Gesamtfreiheitsstrafe und in den Fllen [X.] in Tateinheit mit gefrlicher Körperverlet-zung und Freiheitsberaubung zum Nachteil [X.]in [X.]und der Vergewaltigung in Tateinheit mit gefrlicher Kör-perverletzung zum Nachteil [X.]im Ausspruch über [X.] aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichneteUrteil aufgehoben, soweit der Vollzug von zwei Dritteln derverten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung ineinem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde. 3. Die weitergehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft unddes Angeklagten werden verworfen. 4. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidungüber die aufgehobenen Einzelstrafen und über die Ge-samtstrafe, sowie über die Kosten der Rechtsmittel, an eineandere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 4 - [X.]: [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zweiFllen, Vergewaltigung in Tateinheit mit gefrlicher Krperverletzung sowiewegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefrlicher Krperverletzung und [X.] zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.Außerdem hat das [X.] die Unterbringung des Angeklagten in [X.] Krankenhaus angeordnet und bestimmt, daß zwei Drittel [X.] vor der Maßregel vollzogen werden. Hinsichtlich [X.] einer weiteren gefrlichen Krperverletzung hat es das Verfahrenwegen Verjrung gemß § 260 Abs. 3 [X.] eingestellt.Die uneingeschr[X.] und auf die Sachrsttzte Revision [X.] beanstandet insbesondere die [X.] der [X.] in der Sicherungsverwahrung neben der Unter-bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Insoweit bleibt das [X.] erfolglos. Es [X.] jedoch zur Aufhebung von zwei der vier Einzelstrafensowie des Ausspruchs r die Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten.Die Revision des Angeklagten wendet sich mit der Sach- und einigen Formal-rlle Flle der Verurteilung. Sie hat nur hinsichtlich der Anord-nung des [X.] eines Teils der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe vorder Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.] 5 - II.Die [X.] hat festgestellt:Der Angeklagte ist 37 Jahre alt. Eine Sauerstoffmangelsituation beiseiner Geburt oder eine fiebrige Impfreaktion des Angeklagten als Klein[X.]d[X.]en zu einer leichten fr[X.]dlichen Hirnscigung und zu einer Reife-verzrung. Als Legastheniker besuchte er eine Sonderschule fr Lernbe-hinderte, die er mit durchschnittlichen Noten beendete. Eine abgeschlosseneBerufsausbildung erreichte der Angeklagte nicht. [X.] [X.]en von Arbeitslosigkeit und Krankheit, meist psychosomatischerNatur, prten sein Arbeitsleben.Zwangshandlungen und Zwangsgedanken [X.]en schon [X.] zu erster nervrztlicher Behandlung des Angeklagten. Seit 1990befand sich der Angeklagte wiederholt in psychiatrischer Behandlung, auchunter Einsatz von Psychopharmaka und Neuroleptika. Der Angeklagte [X.] unter einer facettenreichen schweren Perslichkeitsstrung, einerPsychopathie mit schwerem Krankheitswert, geprt durch emotionale Insta-bilitt und massive Aggressivitt. Dagegen liegen ebensowenig eine Psycho-se noch eine Erkrankung des cerebralen Nervensystems oder eine struktu-relle Scigung des Gehirns vor. Seine Sexualitt stellt sich heute als Spie-gelbild seiner negativen Perslichkeitsentwicklung dar. Positive Geflespielen keine Rolle; seine Partner sieht er als bloûe Obje[X.], deren sexuellbestimmte Unterwerfung er erstrebt, auch mit sadistischer Vorgehensweiseund mit Folter. Er liebt Fesselungen und neigt dazu, bei [X.] benutzen. Mit der [X.] entwickelte er ein negatives Frauenbild,- 6 -weshalb er sich wrend der letzten Jahre immer mehr gleichgeschlechtlichenPartnern zuwandte.Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft wegen unerlaubten Frensvon [X.], Urkundenflschung, Sachbescigung, Betrugs, Krper-verletzung, [X.], falscher Verchtigung, Gefrdung des [X.], aber auch wegen sexueller [X.] und Vergewaltigung. In [X.] er noch nie. Bisher wurde die Vollstreckung verter Freiheitsstrafen- maximal ein Jahr sechs Monate - immer zur Bewrung ausgesetzt.Die [X.] An einem unbekannten Tag in der [X.] von Mai 1998 [X.] 1999 hatte der Angeklagte [X.] bei sich inder Wohnung. Der Angeklagte veranlaûte diesen, Whisky und Wodka in [X.] zu trinken, um dann an dem Betrunkenen leichter gegen dessenWillen den [X.] Gegen den ersten Versuch [X.], dem Gescigten die Unterhose auszuziehen, wehrte [X.] noch mit den Worten fiHr auf, [X.], klopfte ihm auf die Finger undzog die Hose wieder hoch. Nach der [X.] beischlaflicherBewegungen auf seinem Opfer kettete der Angeklagte pltzlich dessen Hn-de am Bettgestell fest, zog ihm die Unterhose aus, drehte ihn auf den Bauch,wodurch die angeketteten Arme verdreht wurden, und [X.]e seinen erigiertenPenis in den After des Gescigten ein. Dieser wehrte sich, jammerte undweinte. Von weiteren sexuellen Handlungen nahm der Angeklagte dann [X.] und stellte sein Verhalten als [X.] dar. Mittels fest installierter Kame-ra hielt der Angeklagte das Geschehen auf Video [X.] 7 - 2. Am 5. Dezember 1998 lernte der Angeklagte auf [X.] beim [X.]- sechzehn Jahre - und [X.] -vierzehn Jahre - kennen. Der Angeklagte, der glaubte auch Harun [X.]seibereits 16 Jahre alt, lud die beiden Jungen fr ein Wochenende zu sich nach[X.]ein. Dort kam es im Verlauf des 6. Dezember zchst stundenlang zuvielfltigen freiwilligen sexuellen Aktivitten miteinander. [X.] ging [X.], den heftig protestierenden und sich wehrenden Harun[X.] zu [X.], insbesondere um den von diesem abgelehntenAnalverkehr zu erzwingen. Er fesselte Harun [X.] deshalb mit [X.] ans Bettgestell te zchst beischlafliche Bewegungenbis zum [X.] auf ihm aus. [X.] er den verstigtenJungen etwa eine halbe Stunde in seiner hilflosen Lage liegen, um sicrdessen Furcht zu amsieren. Nach kurzzeitiger Befreiung kettete der Ange-klagte sein Opfer erneut mit Handschellen ans Bett und stach ihm an [X.] unter die [X.] mit Nadeln, die er stecken [X.] und [X.] wieder antippte. Weiter scttete er eine scharfe,brennende Flssigkeit auf die Eichel des Penis von Harun [X.] . [X.] Panik und Todesangst geriet dieser als der Angeklagte - um [X.] weiter ªgefig zu machenº - ein Feuerzeug mit groûer Flamme an dessenAfter, Hodensack und [X.] hielt. So in seinem Willen gebrochenstimulierte der kurzzeitig entfesselte [X.] den Angeklagten manuellund oral. Sein ansch[X.]ender Versuch, an Harun [X.]den [X.], miûlang mangels ausreichender Erektion, trotz Stimulation durchleichte Peitschenhiebe auf das Gesû von [X.] . Weinend [X.] die-ser es r sich ergehen, [X.] stattdessen zchst [X.]auf [X.] Angeklagten und dann dieser selbst mit mehreren Fingern schmerzhaft in- 8 -seinem After bohrten. Auch diese Vorielt der Angeklagte auf [X.]. 3. a) Am [X.] ging auch [X.] der [X.]. [X.] hatte den Angeklagten im Februar 1999 [X.] Nach Er-halt des Preises fr den vereinbarten Sexualkontakt war er verschwunden [X.] die versprochene Gegenleistung zu erbringen. Am Abend des 19. [X.] traf der Angeklagte [X.] am [X.] wieder. Dieser standunter massivem [X.] und Heroin. Den Ange-klagten erkannte er deshalb nicht. Beide vereinbarten Sexualkontakt gegendie Bezahlung von 70 DM - Analverkehr schloû [X.] ausdrcklich aus -und fuhren im Pkw des Angeklagten auf einen einsamen Parkplatz. Dort gabsich der Angeklagte zu erkennen, warf [X.] den frren Vorfall vor,ohrfeigte ihn, [X.] sich dessen Geldbeutel samt Personalausweis ausi-gen, zwang ihn unter Androhung weiterer Schl, sich nackt auszuziehen,auszusteigen und sicchlings auf die Motorhaube zu legen. [X.] dessen Willen den Analverkehr bei dem damals 19jrigen [X.] aus.b) Der Angeklagte entschloû sich nun, [X.] mitzunehmen undbei sich zu Hause als ªSexsklaven zu haltenº. Er fesselte ihn mit Metallschel-len an [X.] und verbrachte ihn mit seinem Pkw in seine Woh-nung in [X.] . Dort trafen sie am 21. Juli 2000 gegen6.00 Uhr ein. [X.] blieb nahezu zwei Tage eingesperrt, zeitweise [X.] mit ungewissem Schicksal, meist eng gefesselt, zuweilen [X.] mit Pflaster zugeklebt. [X.] dieser [X.] te der Angeklagte noch- 9 -mindestens dreimal an seinem sich wehrenden, aber durch Drogen und Medi-kamente geschwchten Opfer den Analverkehr aus, stach ihm - auch um ihngefig zu machen - mit einer Nl jeweils ff Millimeter tief unter die[X.] seines linken Fuûes, zwang ihn zum Oralverkehr, mindestensviermal bei sich und einmal bei [X.], einem Obdachlosen vom[X.], der auf Einladung des Angeklagten nach [X.] mitgekommenwar. Dieser bohrte auf Anweisung des Angeklagten mit drei Fingern schmerz-haft im After des [X.] . Am 22. Juli 2000 wurde [X.] gegen 22.30Uhr von der Polizei befreit, deren Benachrichtigung Maik D. sch[X.]lichveranlaût hatte.In - nicht aussch[X.]bar - verjrter [X.] miûhandelte der Angeklagteeinen weiteren ans Bett gefesselten Jungen mit Nadelstichen und Schl.Bei der Begehung aller Taten war der Angeklagte aufgrund seinerschweren Perslichkeitsstrung in seiner Steuerungsfigkeit erheblich [X.]. III.1. Mit ihrer un[X.]en und auf die Sachrsttzten Revisionzum Nachteil des Angeklagten beanstandet die Staatsanwaltschaft insbeson-dere, [X.] die [X.] neben der Unterbringung des Angeklagten in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus nicht auch dessen Unterbringung in [X.] angeordnet hat. Die Revision [X.] zur Aufhebung der Ein-zelstrafen in den Fllen II.2 und II.3b sowie der Gesamtstrafe zum [X.] Angeklagten. Die weitergehende Revision ist [X.] - a) Das [X.] hat in allen vier Fllen der Bemessung der Einzel-strafen den [X.] § 21 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des§ 177 Abs. 2 StGB - also Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn [X.] - zugrunde gelegt und folgende Einzelstrafen vert: im Fall 1 ([X.] des achtzehnjrigen Mannes): drei Jahre Freiheitsstrafe, im Fall 2(zum Nachteil des [X.] ): vier Jahre Freiheitsstrafe, im Fall 3a ([X.] des [X.] in [X.]): vier Jahre Freiheitsstrafe und im Fall 3b(zum Nachteil des [X.] in [X.] ): sieben Jahre Freiheitsstrafe. Inden Fllen 2 und 3b hat die [X.] zwar hinsichtlich des ideal konkur-rierenden § 224 Abs. 1 StGB die vom Angeklagten benutzten Nadeln und dasbrennende Feuerzeug - so wie beides eingesetzt wurde - zutreffend als [X.] Werkzeuge bewertet. Damit hat der Angeklagte in diesen Fllen [X.] auch die Qualifikation der Vergewaltigung unter Verwendung eines [X.]n Werkzeugs [X.] § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verwirklicht. Denn Na-deln und brennendes Feuerzeug gebrauchte er bei seinen sexuellen Hand-lungen (vgl. [X.]St 46, 225; [X.]R StGB § 184c Nr. 1 Erheblichkeit 5) zu-mindest auch als [X.]smittel. Zugleich miûhandelte der Angeklagte seineOpfer mit Nadelstichen und den damit verbundenen Eingriffen in deren kr-perliche Integritt unter [X.] Schmerzen schwer im [X.] § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB ([X.], 3655). [X.] (vgl. [X.] Nr. 17 zu § 223a StGB) und Handschellen (vgl. [X.] 1999, 242, 243) hier Mittel im Sinne von § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB dar,um den Widerstand der Gescigten mit Gewalt zrwinden. Damit istder Angeklagte in diesen beiden Fllen der Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1 und2 StGB) in den Qualifikationen des § 177 Abs. 3 Nr. 2 sowie des § 177 Abs. 4Nr. 1 und 2a StGB schuldig. Insoweit hat der [X.] in der Sache selbst [X.] -schieden. Einer Änderung der Tatbezeichnung in der Urteilsformel bedarf esnicht. Die Qualifikationen der sexuellen [X.] bzw. der [X.] § 177 Abs. 3 und Abs. 4 StGB kommen im [X.] nicht zum Aus-druck ([X.], 254, 255). Das [X.] wird jedoch bei der [X.] (§ 260 Abs. 5 Satz 1[X.]) dementsprechend zu erzen haben. Das Vorliegen der genanntenQualifikationen [X.] ausgehend von § 177 Abs. 4 StGB - nach Milderung ge-mû §§ 21, 49 StGB - zu dem Strafrahmen von zwei Jahren bis zu elf [X.] drei Monaten Freiheitsstrafe. Der [X.] vermag nicht auszusch[X.]en,[X.] die [X.], ausgehend von [X.] Mindeststrafe und unterBercksichtigung der weiteren Aspe[X.], in beiden Fllen auf [X.] und in der Konsequenz auf eire Gesamtstrafe erkannt tte.Hierr [X.] daher neu befunden werden. Die von der [X.] rechts-fehlerfrei getroffenen Feststellungen sind nicht betroffen und kste-hen bleiben. Sirfen durch weitere, nicht widersprechende [X.] werden. Auch die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatri-schen Krankenhaus ist hier von der Strafzumessung nicht [X.]. b) Weitere Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten lût das Urteilnicht erkennen. Es ist insbesondere revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, [X.] die[X.] darauf verzichtet hat, neben der Unterbringung des [X.] einem psychiatrischen Krankenhaus auch seine Unterbringung in der [X.] anzuordnen. - 12 - Die [X.] hat, sachverstig beraten, die Voraussetzungendes § 63 StGB rechtsfehlerfrei bejaht. Der Angeklagte beging die Taten [X.] positiv festgestellter verminderter Schuldfigkeit (§ 21 StGB). [X.] war in Folge seiner schweren Perslichkeitsstrung, [X.] Psychopathie mit schwerem Krankheitswert, die als ªschwere andere see-lische Abartigkeitº im Sinne von § 20 StGB einzuordnen ist, erheblich beein-trchtigt. Die [X.] ist aufgrund einer Gesamtwrdigung des [X.] seiner Taten zu dem Ergebnis gekommen, [X.] von ihm in Folge [X.] - auch in Zukunft ªmit an Sicherheit gren-zender Wahrscheinlichkeitº weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind. Das [X.] ist weiter zu dem Ergebnis gekommen, [X.] beim [X.] auch die Voraussetzungen fr eine Anordnung der [X.] Sicherungsverwahrung [X.] § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB (und auch [X.]§ 66 Abs. 2 StGB - bei Einzelstrafen in [X.] drei, zweimal vier [X.] von sieben Jahren) i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB vorliegen. Es hat er-sichtlich angenommen, [X.] der Hang ([X.]. § 66 StGB) zu erheblichenStraftaten (vgl. [X.], 587 und 1999, 502) hier aussch[X.]lich [X.] (dem Zustand) des Angeklagten [X.]. § 63 StGB beruht. [X.] § 72 Abs. 1 StGB hat die [X.] dann - ausgehend vonden in [X.] NStZ 1998, 35 f., genannten [X.]undstzen - entschieden, [X.] beidiesem Angeklagten allein die Unterbringung in einem psychiatrischen [X.], um den ([X.] (beider [X.]n) zu erreichen,also beim Angeklagten die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nichtzustzlictig ist. Dies ist frei von [X.]. Die Unterbringung in ei-- 13 -nem psychiatrischen Krankenhaus ist hier ausreichend, um die [X.] vor weiteren, vom Angeklagten drohenden Straftaten zu sctzen. Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und [X.] in der Sicherungsverwahrung dienen beide (wie auch die [X.] einer Entziehungsanstalt [X.] § 64 StGB) dem Schutz der Allgemeinheitvor auch in Zukunft gefrlichen Straftterig vom Strafvollzug. [X.] jedoch in ihrer unmittelbaren Zweckbestimmung und in ihren Vorausset-zungen hinsichtlich der Erwartung kftiger Straftaten nicht deckungsgleich.Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (oder in einer Entzie-hungsanstalt) ist daher r der Sicherungsverwahrung im [X.]undsatzªkein geringeres, sondern ein anderes Übelº ([X.]St 5, 312, 314; [X.] NStZ1981, 390), so [X.] deren gleichzeitige Anordnung grundstzlich rechtlichmlich ist (§ 72 Abs. 2 StGB). Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB) sichertdurch Einsperren des Verurteiltig von der verten Strafe.Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) stellt [X.] auf Heilung ab, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64StGB) zielt allein auf Befreiung von der Sucht (§ 64 Abs. 2 StGB). Da bei diesem Angeklagten der Hang [X.]. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB(vgl. [X.] NStZ 1999, 501, 502) allein auf Umstruht, die als ªSt-rungº [X.]undlage der Maûregel [X.] § 63 StGB sind, wird nach deren Be-seitigung durch erfolgreiche Behandlung in der Psychiatrie kein - weiter-gehender - Hang zur Begehung von Straftaten mehr bestehen. [X.] zu erwarten, [X.] die Gefrlichkeit des [X.] durch die Behandlung im- 14 -psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) behoben werden kann, rfte we-gen des Vorrangs der Besserung und des [X.] der [X.] schon deshalb lediglich die Unterbringung im [X.] werden (vgl. LK-Hanack StGB 11. Aufl. § 72 Rdn. 24). Dies gilt selbst bei zweifelhaften Heilungsaussichten. Die [X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.] § 63 StGB setzt den [X.] einer Therapie nicht zwingend voraus ([X.]/[X.]. § 63 Rdn. 20 m.w.[X.]). Nach der gesetzlichen Regelung sind von [X.] [X.] nach § 63 StGB solche Tter nicht von vorneherein ausge-nommen, bei denen die Aussicht auf Besserung von vorneherein zweifelhaftist ([X.] NStZ 1999, 122, 123; [X.] NStZ-RR 1999, 44; [X.]St 34, 22, 28).Wenn sich wrend des Aufenthalts in einem psychiatrischen Krankenhausherausstellen sollte, [X.] entgegen der ursprlichen Prognose eine erfolg-reiche Behandlung nicht mlich ist, hat sich damit die Maûregel nichtzwangslfig erledigt. Denn mit der Unterbringung nach § 63 wird - im Ge-gensatz zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (vgl. § 64 Abs. 2 [X.] [X.], 25, 26; [X.]/[X.] StGB 26. Aufl. § 64Rdn. 64) - erzr die Behandlung hinaus ein bloûer Sicherungs-zweck verfolgt. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhausdauert daher fort, solange vom Angeklagten die in § 63 StGB genannte Ge-fahr ausgeht. Nach § 136 [X.] sollen die in einem psychiatrischen [X.] Untergebrachten zwar in erster Linie behandelt werden, damit sie frdie Allgemeinheit nicht mehr gefrlich sind. Ist die erstrebte Heilung [X.] des Zustands nicht mlich, [X.] sich nach § 136 Satz 2[X.] ("soweit mlich" soll er geheilt oder sein Zustand gebessert wer-den) und § 136 Satz 3 [X.] die Verpflichtung der Anstalt darauf, die er-- 15 -forderliche Aufsicht, Betreuung und Pflege zu gewrleisten. Der Sicherungs-zweck erfordert deshalb bei einer [X.] nach § 63 StGB auch bei zwei-felhaften Heilungsaussichten nicht [X.] die kumulative Anordnung [X.] in der Sicherungsverwahrung, wrend im Gegensatz dazu beieiner [X.] nach § 64 StGB im Hinblick auf den Behandlungserfolg inder Entziehungsanstalt ein hohes Maû an prognostischer Sicherheit gegebensein [X.], um von - zustzlicher - Anordnung der Unterbringung in der [X.], wenn deren Voraussetzungen im rigen gegeben sind,absehen zu k([X.], 3015, 3016). Auch fr die Allgemeinheit besonders gefrliche Tter sind von [X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht auszusch[X.]en.Zwar mssen bei der Unterbringung [X.] § 63 StGB wegen des Vorrangsder Therapie zchst rztlich-psychiatrische Gesichtspun[X.] Vorrang haben.Solange vom Verurteilten eine Gefahr ausgeht, sind jedoch - wie im [X.] - die fr den [X.] berechtigt und verpflich-tet, im Einzelfall [X.]n zu ergreifen, die das Verbleiben des [X.] auch gegen dessen Willen in der Anstalt gewrleisten. Die Erw-gung, der Angeklagte [X.] einer Haftanstalt besser rwacht werden,wre deshalb eine auûerhalb der Ziele des [X.] liegendeZweckmûigkeitsrlegung ([X.] NStZ-RR 1999, 44). Zustzliche Anord-nung von Sicherungsverwahrung (§ 72 Abs. 2 StGB) kommt neben der Unter-bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nur in Betracht, wenn - [X.] als bei diesem Angeklagten - auch nach Wegfall des von § 63 StGB vor-ausgesetzten Zustandes die Gefrlichkeit aufgrund eines aus anderen[X.]Hangs zu erheblichen Straftaten fortbestehen wird. - 16 - Die [X.] hat weiter mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt,[X.] der Angeklagte - wenn auch nur im Rahmen einer langen Behandlung -voraussichtlich therapierbar ist. Der [X.] auch den Willen, sicheiner Therapie zu unterziehen. Vor diesem Hintergrund ist es rechtsfehlerfrei,wenn sich die [X.] sachverstig beraten aufgrund einer [X.] § 72 Abs. 1 StGB fr die Anordnung der [X.] Angeklagten allein in einem psychiatrischen Krankenhaus entschiedenhat, zumal hier nur die Voraussetzungen einer fakultativen Anordnung [X.] in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 und 3 StGB) gege-ben sind. 2. Die Revision des Angeklagten hat nur mit der [X.], als die Anordnung des [X.] von ff Jahren Freiheitsstrafevor der angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus(§ 67 Abs. 2 StGB) mit der von der [X.] gegebenen Begrkei-nen Bestand hat.a) Die Revision rt zu Unrecht die Fortsetzung der Hauptverhandlungam 13. Verhandlungstag ohne den Angeklagten sowie seine fehlende Unter-richtr den wesentlichen Inhalt dessen, was in seiner Abwesenheitverhandelt worden ist.Der [X.] folgendes Geschehen zugrunde:Der Angeklagte, der bereits Gelegenheit gehabt hatte, sich zur Sachezûern (§ 243 Abs. 4 Satz 2 [X.]), konnte am 13. Verhandlungstag, dem2. Juli 2001, nicht zur Hauptverhandlung vorge[X.] werden, da er in Folge- 17 -der Einnahme einer Überdosis von antidepressiv wirkenden Tabletten ver-handlungsunfig war und deshalb auch unter rztlicher Beobachtung bleiben[X.]te. Die [X.] stellte nach Einholung der notwendigen Informatio-nen und der Arung eines Sachverstigen fest, ª[X.] der Angeklagte [X.] vorstzlich und schuldhaft herbeige[X.] hatº. Sielehnte deshalb den auf die §§ 231, 231a [X.] gesttzten Antrag des [X.], das Verfahren auszusetzen, ab und [X.] statt dessen, die [X.] in Abwesenheit des Angeklagten fortzusetzen (§ 231 Abs. 2[X.]), insbesondere zur Vernehmung des - sonst in absehbarer [X.] voraus-sichtlich nicht mehr greifbaren - Zeugen [X.] , dem Gescigten inden Fllen 3a und 3b. Am folgenden Verhandlungstag, dem 4. Juli 2001, warder Angeklagte wieder anwesend und ûerte sich zur Sache. Ein [X.] die Unterrichtung des Angeklagten durch den Vorsitzr denwesentlichen Inhalt dessen, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist,findet sich in der Sitzungsniederschrift nicht.aa) Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 [X.] liegt nicht vor.Die [X.] durfte die Hauptverhandlung am 2. Juli 2001 [X.]§ 231 Abs. 2 [X.] ohne den Angeklagten fortsetzen. Dem eigenmchtigenAusbleiben steht gleich, wenn sich der Angeklagte, nachdem er Gelegenheithatte, sich umfassend zûern - vorher gilt § 231a [X.] -, in einen seineVerhandlungsfigkeit aussch[X.]enden Zustand versetzt (vgl. [X.] NStZ1986, 372; [X.] 25. Aufl. § 231 Rdn. 10, 18; KK-Tolksdorf[X.] 4. Aufl. § 231 Rdn. 3 ff, 7; [X.]/[X.] [X.] 45. Aufl.§ 231 Rdn. 17, 19; jeweils m.w.[X.]). Einer Wiederholung der [X.] dem ªWiedererscheinenº des Angeklagten bedurfte es [X.] -bb) Auch die Rr Verletzung des § 231a [X.] hat keinen Erfolg.Ist [X.]undlage fr die Fortsetzung der Hauptverhandlung ohne den [X.] § 231 Abs. 2 [X.], [X.] dieser, wenn er wieder anwesend ist, [X.] zu der ausdrcklichen Regelung in § 231a Abs. 2 [X.] (und auchin § 247 Satz 4 [X.]) nicht vom Vorsitzr den Inhalt dessen unter-richtet werden, was wrend seiner Abwesenheit ausgesagt oder verhandeltworden ist. Eine Information des Angeklagten hierr wird zwar figzweckmûig und aufgrund der prozessualen Frsorgepflicht zuweilen auchgeboten sein. Seine Unterrichtung [X.] dann jedoch nicht notwendigerweisedurch das Gericht bzw. dessen Vorsitzenden erfolgen. Beim verteidigten [X.] wird ohnehin der Verteidiger seinen Mandantr das in [X.] zu setzen haben, was wrend dessen Abwesenheit geschah. Davon, [X.]dies geschieht, ist [X.] auch auszugehen. Anhaltspun[X.] [X.], [X.]dies hier nicht der Fall war, bestehen nicht. Die Revision trt auch nichts da-hingehend vor.Im rigen ist eine fehlende Information des Angeklagten durch [X.] nicht erwiesen. Es handelt sich hierbei, anders als bei § [X.]. 2 [X.], um keinen protokollierungspflichtigen Vorgang [X.]. § 273[X.], der damit auch nicht der - negativen - Beweiskraft des Protokolls (§274 [X.]) unterliegt, so [X.] das Schweigen der Sitzungsniederschrift hierzunichts besagt. [X.] [X.] das Urteil auf einer unterlassenen Unter-richtung nicht beruhen, da der Angeklagte gestig war.- 19 - b) Die Anordnung des [X.] von ff Jahren Freiheitsstrafevor der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hat keinen [X.]. Der Gesetzgeber geht von dem [X.]undsatz aus, [X.] mit der [X.] psychisch gestrten [X.] umgehend begonnen werden soll ([X.] Be-schluû vom 13. April 1999 - 1 StR 51/99 -, [X.]R § 67 Abs. 2 Zweckerrei-chung, leichtere 4, 11, 13). Im Falle des Nebeneinanders von [X.] Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist deshalb [X.]§ 67 Abs. 1 StGB die Maûregel [X.] vor der Strafe zu vollziehen. Willder Tatrichter von diesem [X.]undsatz abweichen, was ihm nach § 67 Abs. 2StGB gestattet ist, sofern durch die Änderung der [X.] Zweck der Maûregel leichter zu erreichen ist, so [X.] er diese Entschei-dung mit auf den Einzelfall abgestellten, nachprfbaren Erwrn-den ([X.]R § 67 Abs. 2 [X.], teilweiser 4).Die [X.] ªist in Übereinstimmung mit dem Sachverstigender Auffassung, [X.] der Angeklagte einen Leidensdruck tigt, um bei [X.] Therapie nachhaltig mitzumachenº. Schon in der Vergangenheit habe ersich lediglich unter dem Druck iger Prozesse irztliche [X.]. Um eine nachhaltige [X.] beim Angeklagten her-vorzurufen sowie um einen eventuellen Therapieerfolg durch eine nachfol-gende Strafvollstreckung nicht zu [X.], habe die [X.] den [X.] von zwei Dritteln der Strafe als erforderlich angesehen. Zwar sinddie genannten Gesichtspun[X.], [X.] eines [X.] (vgl.[X.]R StGB § 67 Abs. 2 [X.] 4 und Zweckerreichung, leichtere 6;[X.] NStZ 1986, 139; Maul/[X.], Die [X.] [X.] § 67 Abs. 2 StGB, NStZ 1986, 397, 398) und Gefr-dung des [X.] bei nachfolgendem Strafvollzug (vgl. [X.] NStZ1999, 613, 614; Maul/[X.] aaO 399) im [X.]undsatz tragfige Ansatz-pun[X.] fr die Umkehr der Vollzugsreihenfolge [X.] § 67 Abs. 1 StGB (Be-denken dagegen aber in [X.] NStZ 1986, 427, 428), in besonderen Fllenauch bei einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.] §63 StGB, wenn der Maûregel eine schwere andere seelische Abartigkeit zu-grunde liegt ([X.] NStZ 1999, 613, 614). Die Umst, aus denen die[X.] die Notwendigkeit des [X.] folgert, sind hier [X.] widerspruchsfrei dargelegt. So ist die Annahme der Notwendigkeit einesweiteren [X.] zur [X.] einer ªnachhaltigenº [X.] mit der Feststellung der [X.] zu Therapiewilligkeit des [X.] Angeklagten nicht in Einklang zu bringen. [X.] der Erfolg einerpsychotherapeutischen Behandlung durch einen nachfolgenden Strafvollzugwieder zunichte gemacht werde, wird durch keine auf den vorliegenden Fallbezogenen konkreten Anhaltpun[X.] belegt. Umst, die [X.] sprechen[X.]n, gerade bei diesem Angeklagten wre durch den [X.] vonStrafe der Zweck der Maûregel besser zu erreichen, sind damit nicht [X.]. [X.] sich dies nach der neuen Verhandlung entscheidend anders [X.] [X.], kann ausgeschlossen werden. Die Anordnung der Vorwegvoll-streckung der Strafe [X.] daher [X.] 21 -c) Die weitergehende Revision des Angeklagten ist aus den in der [X.] vom 10. Januar 2002 dargelegten[X.]ffensichtlich [X.].[X.] Nack [X.] [X.] [X.]

Meta

1 StR 546/01

19.02.2002

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2002, Az. 1 StR 546/01 (REWIS RS 2002, 4510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 4510

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