Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2002, Az. VIII ZR 124/00

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 4580

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:13. Februar 2002Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: neinBGB §§ 133 ([X.]), 157 ([X.])Zur Auslegung eines [X.], Urteil vom 13. Februar 2002 - [X.]/00 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 13. Februar 2002 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 13) wirddas Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] 12. April 2000 im Kostenpunkt und unter Arung [X.] der 4. Zivilkammer des [X.] vom 21. Juni1999 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu [X.] 3) und 5) bis 13) erkannt worden ist.Die Klage wird gegenüber den Beklagten zu 1) bis 3) und 5) [X.]) in vollem Umfang abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits hat, soweit hierüber nicht bereitsdurch Beschluß des Senats vom 31. Oktober 2001 entschiedenworden ist, die [X.] zu tragen.Von Rechts [X.]:Die [X.], eine Herstellerin von Milchprodukten, nimmt die [X.]) bis 3) und 5) bis 13), die sich durch Gesellschaftsvertrag vom 1. Juli 1992zum Zweck der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung der [X.]- 3 -zur "Betriebszweigegemeinschaft Milch B. - Gesellschaft des rgerlichenRechts mit beschrkter Haftung" (in Zukunft: [X.]) zusammengeschlossenhatten, wegen unterbliebener [X.] auf Schadensersatz in [X.]. Weiter hatte die [X.] von der [X.]ren Beklagten zu 4) als Erwer-berin der [X.] aufgrund behaupteter Schulrnahmeebenfalls Schadensersatz sowie Erfllung der Milchandienungspflicht verlangt.Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem r das Vermö-gen der [X.] (in Zukunft: [X.]), die zchst Abnehmerin derRohmilchproduktion der [X.] gewesen war, im Jahre 1993 das [X.] eröffnet worden war, schlossen die "[X.]" (in Zukunft: [X.]), der auch die Gesellschafter [X.] beigetreten waren, und die [X.] am 11. April 1994 einen bis zum 30. [X.] be[X.]isteten Rahmenvertrag, durch den "die Rahmenbedingungen [X.] zwischen der [X.] und den von der [X.] vertretenenMilchlieferanten" [X.] und "alle Mitglieder der [X.] zum Abschluß [X.] der [X.]" verpflichtet wurden.Aufgrund dieses Rahmenvertrages schlossen die [X.] und die [X.] [X.] April/29. April 1994 folgenden [X.] 1VertragsgegenstandDer Verkfer verpflichtet sich, seine gesamte Rohmilcherzeu-gung, sofern diese nicht zum unmittelbaren Verbrauch im eigenenBetrieb benötigt wird oder r eine mit Zustimmung der [X.]genehmigte Direktvermarktung verßert wird, dem[X.] zum Kauf anzubieten. ...Der [X.] verpflichtet sich, das Lieferangebot vollstig aufzu-kaufen.- 4 -...In diese Vertrtrat im Jahre 1996 die [X.] anstelle der [X.] ein,[X.] in der Folgezeit die Rohmilchproduktion der [X.] abholen und rechnetedieser r auch die der [X.] zustehenden Milchgelder ab. Durch"Nachtrag zum Milchliefervertrag" vom 27./29. August 1997 zwischen der [X.] der [X.] wurde die Vertragslaufzeit ster bis zum 30. Juni 2003 [X.].Aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesell-schafter der [X.] in der [X.] nach 1994 kam es zur [X.] "MilchgutB. GbR" sowie der "Milch- und Zuchtbetrieb B. GbR mbH" (in Zukunft:[X.]), auf welche die vorlfigen Anlieferungs-Referenzmengen der [X.] rckwirkend zum 1. Juli 1994 bzw. 1. Januar rtragen wurden.Die Beklagten zu 1) bis 3) und die [X.] verûerten sodann durch Vereinba-rungen vom 23. und 30. Mrz 1998 die [X.] nebst [X.] totem Inventar an die [X.]re Beklagte zu 4), der auch die vorlfige An-lieferungs-Referenzmenge der [X.] rtragen wurde. Mit Schreiben vom30. April 1998 teilte die [X.] der [X.] die Einstellung ihrer wirtschaftlichenTtigkeit mit. Nachdem die [X.] noch im April 1998 und Anfang Mai 1998erhebliche Mengen Rohmilch von der [X.] hatte [X.], erfolgten nach Scheitern von Vertragsverhandlungen mit der [X.]) keine weiteren Rohmilchlieferungen an die [X.].Das [X.] hat der auf Zahlung und Feststellung gerichteten Klager den Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 13) in vollem Umfang stattge-geben, die gegen die Beklagte zu 4) gerichtete Klage hingegen abgewiesenund auf die von letzterer erhobene Widerklage die [X.] zur Zahlung desberechneten Entgelts [X.] die erfolgten [X.] verurteilt. Die [X.] -gen der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 13) hatten nur in geringem [X.]; die Berufung der [X.] hat das [X.] zurckgewiesen.Mit ihren Revisionen verfolgen die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 13)ihre [X.]. Die Revision der [X.], mit der dieseweiterhin die Verurteilung der Beklagten zu 4) sowie die Abweisung der vondieser erhobenen Widerklage begehrt hatte, ist vom Senat durch [X.] 31. Oktober 2001 nicht angenommen worden.[X.]:[X.] Das Berufungsgericht hat - soweit [X.] das Revisionsverfahren nochvon Interesse - ausge[X.]t: Der Schadensersatzanspruch der [X.] sei inHvon 80.866,28 DM nebst Zinsen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) und [X.] 13) wegen Nichterfllung der sich aus dem Milchlieferungsvertrag ergeben-den Pflichten [X.], [X.] die sie als Gesellschafter der [X.] gesamtschuld-nerisch weiterhin hafteten. Die Einstellung der Milchproduktion durch die vonihnen unterhaltenen Gesellschaften habe nicht zu einem Wegfall der [X.] [X.] vertraglich geschuldeten Milchlieferungspflicht ge[X.]t. Die im Rah-menvertrag wie auch im Milchliefervertrag gewlten Formulierungen [X.]eneine Vertragsauslegung dahin, [X.] mit der Einstellung der Rohmilchproduktionauch die Lieferpflichten entfielen, nicht zu. Die in den [X.] von der Verpflichtung, der [X.] die gesamte Rohmilchproduk-tion anzudienen, seien vielmehr nach der Überzeugung des Berufungsgerichtsabsch[X.]end. Diese Formulierungen implizierten mithin auch die Verpflichtung,die Produktion au[X.]echtzuerhalten. Andernfalls ksich auch die [X.]r den Beklagten auf eine etwaige Betriebseinstellung berufen, was- 6 -mit der beabsichtigten lang[X.]istigen Bindung nicht zu vereinbaren wre. [X.] auch die Berufung auf die insbesondere den Beklagten zu 1) bis 3)drohende Insolvenz nichts. Zwar mr [X.] unter den behauptetenUmstin auûerordentliches Recht zur Kigung des [X.] zugestanden haben, nicht jedoch den Beklagten, die allein das [X.] ihrer eigenen Leistungsfigkeit getroffen habe. Der [X.] sei durch Veru-ûerung ihres [X.] ihrer vertraglichen Pflichten subjektivunmlich geworden, was [X.] § 275 Abs. 2 BGB der nachtrlichen [X.] im Sinne von § 325 Abs. 1 BGB gleichstehe und was von den [X.] zu 1) bis 3) und 5) bis 13) zu vertreten sei. Selbst wenn die [X.] finanziellen [X.] einer weiteren Bewirtschaftung der [X.]nicht in der Lage gewesen sein sollten und die Verûerung zur Ab-wendung eines drohenden Gesamtvollstreckungsverfahrens erfolgt sei, [X.] der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen, eine anderweitige Er-fllung der Vertragspflichten, beispielsweise durch die Beklagte zu 4), sicher-zustellen.Dem[X.] hat das Berufungsgericht auch den Anspruch der [X.]auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des [X.] die [X.] vom [X.] bis 30. Juni 2003 sich ergebenden weitergehenden Schadens [X.] be-grt erklrt.I[X.] Diese Aus[X.]ungen halten einer rechtlichen Nachprfung nicht stand.Die Auslegung des § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages vom 11. April 1994sowie des damit reinstimmenden § 1 des zwischen der [X.] und der [X.]abgeschlossenen [X.] vom 13./29. April 1994 durch das [X.] dahingehend, [X.] die [X.] bzw. die ster gegrten [X.] selbst bei einer Einstellung der Milchproduktion zur [X.] -verpflichtet sind, ist, wie die Revisionen der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) [X.]) zu Recht r, nicht [X.]ei von [X.]. Daher ist die tatrichterlicheAuslegung [X.] das Revisionsgericht nicht bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO).1. Zu den anerkannten [X.] der [X.] es,[X.] diese in erster Linie den von den Parteien gewlten Wortlaut der [X.] und den diesem zu entnehmenden objektiv erklrten Parteiwillen zubercksichtigen hat ([X.], 13, 16; [X.], Urteil vom 31. Januar 1995- XI ZR 56/94, [X.], 743 = NJW 1995, 1212 unter [X.]; [X.], Urteil vom11. September 2000 - [X.], [X.], 2371 = NJW 2001, 144 unter [X.]). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoûen, indem es zwar erkannt hat,[X.] die Verpflichtungen des Verkfers in den genannten Vertrie"Rohmilcherzeugung" der gebundenen Landwirte ankfen, hieraus [X.] Folgerungen gezogen, sondern ohne tatschliche Anhaltspunkte eineLieferpflicht des Verkfers ohne Rcksicht auf die Fortdauer seiner [X.] entnommen hat. Die Verpflichtung des Verkfers, "seine gesamteRohmilcherzeugung" - mit den genannten zwei Ausnahmen - der [X.] bzw. der[X.] als Vertragsnachfolgerin zum Kauf anzubieten, setzt jedoch [X.] der [X.] bzw. ihrer Nachfolgegesellschaften voraus undsteht einer Verpflichtung zur Lieferung von Rohmilch - ig vom Um-fang der Produktion und Fortbestand des Betriebes - nicht gleich.2. Mit seinem Verstis der [X.]aglichen Vertragsbestimmungen verletztdas Berufungsgericht [X.] hinaus das Gebot einer nach beiden Seiten hininteressengerechten Auslegung (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 1994 - [X.], [X.], 1720 = NJW 1994, 2228 unter [X.] b; Senatsurteil vom29. Mrz 2000 - [X.], [X.], 1289 = NJW 2000, 2508 unter [X.] a, [X.]. m.w.Nachw.), durch die eine Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt- 8 -zurckzu[X.]en ist (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 1979 - [X.], [X.], 918 unter [X.] die Revisionsklr zu Recht geltend machen, t die Rentabili-tt landwirtschaftlicher Betriebe nicht nur von der Tchtigkeit des Landwirts,sondern von der [X.]eiligen Agrarpolitik der [X.] ab. Dadurch kann es dazu kommen, [X.] einLandwirt seinen Betrieb umstellen [X.], um in den [X.] von Subventionen,Beihilfen, Steuerverstigungen, [X.] und anderem zu [X.] und damit wettbewerbsfig zu bleiben. [X.] hinaus krsli-che Grllgemeine wirtschaftliche Überlegungen die Einstellung [X.] erforderlich machen. Es entspricht daher, wie auch dem [X.] erkennbar ist, nicht dem Interesse des Landwirts, mit der Einge-hung einer Verpflichtung zur Anbietung seiner "Rohmilchproduktion" zugleichdie Pflicht zur Au[X.]echterhaltung seines milchproduzierenden Betriebes bis zumEnde der Vertragslaufzeit, die sich hier zchst von 1994 bis 30. Juni 2000,sodann bis zum 30. Juni 2003 erstrecken sollte, rnehmen zu wollen. Die [X.] eingermten Ausnahmen (unmittelbarer Verbrauch, Direktvermark-tung mit Zustimmung der [X.]in) stellen demnach lediglich eine Einschrn-kung der Verpflichtung des Verkfers zur Anbietung seiner Rohmilcherzeu-gung dar, nicht aber eine absch[X.]ende Regelr das Freiwerden voneiner Lieferverpflichtung. Das durch den [X.] besteht demr darin, [X.] die von ihren Vertragspartnern er-zeugte Milch (nur) ihr angeboten und von diesen nicht anderweitig vermarktetwird. In diese gesctzten Belange wird nicht eingegriffen, wenn die [X.]von den Landwirten, die aus den oben genannten Erwihre [X.] eingestellt haben, nicht mehr mit Milch beliefert [X.] der Ansicht des Berufungsgerichts ist auch die Berufung [X.] auf eine Betriebseinstellung mit der beabsichtigten lang[X.]istigen [X.] nicht unvereinbar. Diese lang[X.]istige Bindung der Vertragspartner im Be-reich des Einzugsgebiets der [X.], durch welche die Existenz der betroffenenmilcherzeugenden Betriebe gesichert und gleichzeitig ein Nachfolgeunterneh-men [X.] die in Gesamtvollstreckung befindliche [X.] gewonnen werden sollte,ist auch dann gewrleistet und sinnvoll, wenn die Anbietungspflicht der Ver-kfer auf die tatschlich erzielte [X.] ist. Dieser [X.], die einen anderweitigen Absatz der [X.], steht dann die Abnahmepflicht der [X.] bzw. der[X.] als Gegenleistr.II[X.] Da weitere tatschliche Feststellungen nicht in Betracht kommen,kann der Senat die Auslegung der [X.]aglichen Vertragsbestimmungen selbstvornehmen ([X.]Z 124, 39, 45; [X.], Urteil vom 3. April 2000 - [X.]/98,[X.], 1195 = NJW 2000, 2099 unter [X.]). Danach sind die Verkfer unddamit die Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 13) zur Belieferung der [X.]nicht mehr verpflichtet, wenn sie aus vertretbaren Grihren Betrieb auf-gegeben haben und daher nicht mehr in der Lage sind, Milch aus eigener Pro-duktion zum Verkauf anzubieten. Dies ist hier von [X.] noch am [X.] beteiligten Beklagten geltend gemacht worden, ohne [X.] die[X.] dem entgegengetreten wre. Soweit die [X.] unter [X.] hat, eine Auslegung der Klausel dahingehend, [X.] bei willkrli-cher Einstellung der Milchproduktion die Lieferverpflichtung entfalle, entspre-che weder dem allgemeinen Verstis der Mitglieder der [X.] noch [X.], steht dies der vorgenommenen Auslegung nicht entgegen, da einsolcher Fall hier auch von der [X.] nicht behauptet worden [X.] -Da die zwischen der [X.] und der [X.] bestehenden Vertrcheine Verpflichtung der Verkfer nicht enthalten, das Andienungsrecht auf ei-nen etwaigen Betriebsnachfolger zrtragen, scheidet ein Schadensersatz-anspruch der [X.] wegen Verletzung dieser Pflicht bei Übertragung [X.] auf die [X.]re Beklagte zu 4) ebenfalls aus.[X.] Auf die Revisionen der Beklagten zu 1) bis 3) und 5) bis 13) war [X.] unter entsprechender Aufhebung des Berufungsurteils und [X.] landgerichtlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.[X.] Dr. Hsch Dr.Beyer[X.], [X.], Dr. Frellesen[X.] den wegen [X.] der UnterzeichnungverhindertenDr. [X.]

Meta

VIII ZR 124/00

13.02.2002

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2002, Az. VIII ZR 124/00 (REWIS RS 2002, 4580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 4580

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.