Bundespatentgericht, Urteil vom 17.02.2023, Az. 4 Ni 1/23 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2023, 4766

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Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 2 288 485

([[X.].] 2009 007 330)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [[X.].] auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2023 durch [[X.].], [[X.].] Dr.-Ing. [[X.].], die Richterin [[X.].] und [[X.].] sowie Dipl.-Ing. Maierbacher

für Recht erkannt:

[[X.].] Das europäische Patent 2 288 485 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [[X.].] hinsichtlich der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:

[[X.].] für das seitliche Anspritzen von Kunststoffbauteilen, die einen mehrteiligen [[X.].] aufweist, der wenigstens eines oder mehrere [[X.].] (3, 3') aufweist, die über die [[X.].] des [[X.].]s nach außen vorstehen, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].] einen [[X.].]-Basisabschnitt (2) mit einer [[X.].] aufweist, die mit wenigstens einer oder mehreren an der [[X.].] verteilt angeordneten Ausnehmungen (5, 14) zum Anordnen und zur [[X.].] des wenigstens einen Spitzenelements (3, 3') oder der [[X.].] (3, 3') versehen ist, die mit einem [[X.].]-Klemmscheibenabschnitt (6) an die [[X.].] des [[X.].]-Basisabschnitts (2) gepresst sind, wobei der [[X.].]- Basisabschnitt (2) als ein einteiliges, zentral angeordnetes Düsenelement ausgebildet ist.

[[X.].] nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Basisabschnitt (2) einen kreisrunden, einen elliptischen, einen ovalen oder einen mehreckigen Querschnitt aufweist.

[[X.].] nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmungen (5) radial an der [[X.].] umfangsverteilt ausgerichtet sind.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].] (3, 3') jeweils mit einer [[X.].] (4) einen Spitzeneinsatz (37, 37') ausbilden.

[[X.].] nach Anspruch 1, 2, 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Basisabschnitt (2) eine Schmelzeeintrittsöffnung (31) in einen [[X.].] (25) aufweist, der einen ersten Abschnitt (25a) aufweist, der sich axial durch den [[X.].]-Basisabschnitt (2) bis zu einer Verzweigung (25b) erstreckt, von der winklig wenigstens einer oder mehrere Teilkanäle (25c) abzweigen, welche jeweils in die Ausnehmungen (14) münden.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Teilkanäle (25c) mit [[X.].] (12a) von [[X.].] (12) in den Spitzeneinsätzen (37), insbesondere deren [[X.].]n (3, 3'), fluchten, welche in die Ausnehmungen (5, 14) eingelegt sind.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Klemmscheibenabschnitt (6) derart ausgestaltet ist, dass er nur auf die [[X.].] (3, 3') drückt.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass Spitzeneinsätze, insbesondere deren [[X.].] (3, 3'), derart ausgestaltet sind, dass sie nach einem Einlegen in die Ausnehmungen (14) teilweise - insbesondere halb - von diesen umschlossen sind.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass sich die [[X.].] (3) auf ihrer der Spitze zugewandten Seite über eine Schulter (15) an einer der Spitze (1) abgewandten Fläche (16) des [[X.].]-Basisabschnitts (2) in der Ausnehmung (14) abstütze.

1[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Fläche (15) ferner an einer Fläche (18) des [[X.].]-Klemmscheibenabschnitts (6) abstützt.

1[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].] (12) jeweils eine Austrittsöffnung (12b) in eine ringraumartige Anschnittsausnehmung (32) aufweisen, welcher die Düsenspitze (1,1') umgibt.

1[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Klemmscheibenabschnitt (6) mit einem umlaufenden axialen Rand (28) versehen ist, der eine mittige Ausnehmung (17) umschließt, wobei der Rand (28) an der im montierten Zustand zu den Ausnehmungen (5, 14) des [[X.].]-Basisabschnitts (2) gewandten [[X.].] die Ausnehmungen (7) aufweist, in welche die Spitzeneinsätze (37) eingreifen.

1[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Klemmscheibenabschnitt (6) mittels wenigstens einer Befestigungsschraube (10) am [[X.].] (2) gehalten ist, die vorzugsweise mit der Mittellängsachse des [[X.].]-Basisabschnitts (2) fluchtet.

1[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Klemmscheibenabschnitt (6) mittels mehreren Befestigungsschrauben (9, 10) am [[X.].] gehalten ist.

1[[X.].] nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Klemmscheibenabschnitt (6) ferner mittels weiteren um die mittlere Befestigungsschraube (10) vorzugsweise auf einem Kreis angeordneten Befestigungsschrauben (9) am [[X.].] (2) gehalten ist.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18, dadurch gekennzeichnet, dass die Befestigungsschrauben (9, 10) Bohrungen des [[X.].]-Klemmscheibenabschnitts (6) durchsetzen und in [[X.].] (29) des [[X.].]s eingeschraubt sind.

[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19, dadurch gekennzeichnet, dass der [[X.].]-Basisabschnitt (2) von mindestens einem Heizelement (20) umschlossen ist, welches wiederum durch eine äußere Hülse (21), welche einen [[X.].] (23) trägt, umschlossen ist.

2[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20, dadurch gekennzeichnet, dass ein Stütz- und Zentrierring (22) das Heizelement (20) sowie die Hülse (21) fixiert und im montierten Zustand an dem [[X.].]-Basisabschnitt (2) befestigt ist.

2[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].]n (4) mit den [[X.].]n (3, 3') kraft- und/oder formschlüssig verbunden sind.

2[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].]n (4) auf die [[X.].] (3) aufgesetzt sind.

2[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23 oder 24, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].]n (4) jeweils auf einen Absatz (38) der [[X.].] (3, 3') aufgesetzt sind.

2[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23 oder 24 oder 25, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].]n (4) einstückig mit den [[X.].]n (3, 3') ausgebildet oder hergestellt sind.

2[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23 oder 24 oder 25 oder 26, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].] (3, 3') eine Betätigungskontur für ein Montage- und/oder Demontagewerkzeug aufweisen.

2[[X.].] nach Anspruch 27, dadurch gekennzeichnet, dass die Betätigungskontur eine Gewindebohrung (13) für einen Gewindestift (35) als Montage- und/oder Demontagewerkzeug ist

[[X.].] nach Anspruch 27, dadurch gekennzeichnet, dass die Betätigungskontur eine Ansatzkontur für einen Hebel als das Montage- und/oder Demontagewerkzeug ist.

30. Heißkanaldüse nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23 oder 24 oder 25 oder 26 oder 27 oder 28 oder 29, dadurch gekennzeichnet, dass die Spitzeneinsätze (37) abgewinkelte Spitzen (1') aufweisen.

3[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23 oder 24 oder 25 oder 26 oder 27 oder 28 oder 29 oder 30, dadurch gekennzeichnet, dass die abgewinkelten Spitzen (1') der Spitzeneinsätze (37) in einem Winkel zwischen 0° und 90°, vorzugsweise zwischen 0° und 45° zur [[X.].] ([X.]) des [[X.].]-Klemmscheibenabschnittes (6) ausgerichtet sind.

3[[X.].] nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 8 oder 10 oder 11 oder 14 oder 15 oder 16 oder 17 oder 18 oder 19 oder 20 oder 21 oder 23 oder 24 oder 25 oder 26 oder 27 oder 28 oder 29 oder 30 oder 31, dadurch gekennzeichnet, dass die [[X.].] (3, 3') jeweils einen Grundkörper (19) aufweisen, an den sich jeweils eine Spitze (1, 1') mit einem zunächst zylindrischen Bereich und einem sich radial nach außen anschließenden konischen Bereich anschließt, die im montierten Zustand am [[X.].] nach außen zeigt und über den Umfangsrand des [[X.].]s vorsteht.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 %.

V[[X.].] Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des [X.] (Streitpatent), das – unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten, der [X.] 2008 005 073 U vom 11. April 2008 und der [X.] 2008 013 086 U vom 1. Oktober 2008 – am 1. April 2009 angemeldet worden ist. Die Erteilung des [X.]n Patents ist am 12. Juni 2013 veröffentlicht worden. Das in [X.] gefasste Streitpatent ist in Kraft.

2

Das [X.] führt das Streitpatent unter dem Aktenzeichen 50 2009 007 330.5. Es trägt die Bezeichnung

3

„Heisskanaldüse zur Seitenanspritzung“

4

und umfasst in der erteilten Fassung dreiunddreißig Patentansprüche, die die Klägerin mit ihrer Nichtigkeitsklage vom 30. März 2021 im Umfang der Ansprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, angreift.

5

Der die Vorrichtung betreffende Patentanspruch 1 lautet:

6

1. Heißkanaldüse für das seitliche Anspritzen von Kunststoffbauteilen, die einen mehrteiligen Düsen-körper aufweist, der wenigstens eines oder mehrere Spitzenelemente (3, 3') aufweist, die über die Um-fangsfläche des Düsenkörpers nach außen vorste-hen, dadurch gekennzeichnet, dass der Düsen- körper einen Düsenkörper-Basisabschnitt (2) mit [X.] aufweist, die mit wenigstens einer oder mehreren an der [X.] verteilt angeordneten Ausnehmungen (5, 14) zum Anordnen und zur Teil-aufnahme des wenigstens einen Spitzenelements (3, 3') oder der Spitzenelemente (3, 3') versehen ist, die mit einem Düsenkörper-Klemmscheibenab-schnitt (6) an die [X.] des Düsenkörper-Basis-abschnitts (2) gepresst sind.

7

Die Patentansprüche Ansprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen; wegen ihres Wortlauts wird auf die Akte verwiesen.

8

Die Klägerin ist der Ansicht, der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 sei wegen des [X.] der mangelnden Patentfähigkeit für nichtig zu erklären. Der Gegenstand nach Anspruch 1 sei insbesondere gegenüber dem Stand der Technik der [X.] ([X.] 44 24 863 [X.]) nicht neu. Darüber hinaus seien auch die angegriffenen abhängig formulierten Patentansprüche neuheitsschädlich vorweggenommen oder beruhten zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

9

Dabei stützt die Klägerin ihr Vorbringen auf folgende Druckschriften:

[X.]: [X.] 44 24 863 [X.]

[X.]: [X.] A2

[X.]a [X.] 103 45 578 [X.]

[X.]: EP 0 447 573 [X.]

[X.]: [X.] C2

[X.]A: [X.] Übersetzung der [X.]

KP9: [X.] 44 42 667 [X.]

[X.]: WO 2008/004968 [X.]

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 2 288 485 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Klage abzuweisen,

soweit sie sich auch gegen eine der Fassungen des Streitpatents nach den [X.] H[X.], H[X.]A, H[X.]B, [X.], [X.], [X.]A, [X.], [X.]A, [X.]B, [X.], [X.] und [X.] sowie H[X.]‘, H[X.]A‘, H[X.]B‘, [X.]‘, [X.]‘, [X.]A‘, [X.]‘, [X.]A‘, [X.]B‘, [X.]‘, [X.]‘ und [X.]‘ überreicht mit Schriftsatz vom 21. November 2022 richtet,

wobei die Anträge in der genannten Reihenfolge geprüft werden sollen und alle Anträge als geschlossene Anspruchssätze gestellt sind.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und ist der Auffassung, die Heißkanaldüse nach Anspruch 1 in der erteilten Fassung sei gegenüber dem Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Gegenstand des Streitpatents sei wenigstens in einer der verteidigten Fassungen nach den eingereichten [X.] patentfähig.

Wegen des Wortlauts von Hilfsantrag H[X.] wird auf den [X.] Bezug genommen. Wegen des Wortlauts der Ansprüche nach den weiteren [X.] wird auf die Akte verwiesen.

Die Klägerin tritt auch den [X.] entgegen und sieht auch die Heißkanaldüse nach Patentanspruch 1 in der Fassung der jeweiligen Hilfsanträge gegenüber der [X.] als nicht neu an. Mit dem ergänzenden Merkmal in Hilfsantrag H[X.] sei Patentanspruch 1 unzulässig erweitert, nicht neu und nicht erfinderisch.

Der Senat hat den Parteien einen Hinweis vom 18. Oktober 2022 zugeleitet und hierin Fristen zur Stellungnahme gesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2023 sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage hat in der Sache nur teilweise Erfolg, und zwar hinsichtlich der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, in der erteilten Fassung des Streitpatents. Denn insoweit ist jedenfalls der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 54, 56 EPÜ gegeben.

In der Fassung nach dem Hilfsantrag H[X.] erweist sich das Streitpatent in den angegriffenen Patentansprüchen 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, hingegen als schutzfähig, so dass die Klage, soweit sie sich auch gegen diese Fassung richtet, teilweise abzuweisen ist.

I. Zum Gegenstand des Streitpatents

1. Das Streitpatent betrifft eine Heißkanaldüse für das seitliche Anspritzen von Kunststoffbauteilen. Das Streitpatent führt zum technologischen Hintergrund hierzu aus, dass es bei derartigen Düsen bekannt sei, die Düsenkörper sowohl einteilig als auch mehrteilig auszuführen. Bei den einteiligen Düsenkörpern müssten die zu montierenden Spitzenelemente zum seitlichen Anspritzen der Formteile in der Regel sehr klein ausgeführt werden (Absatz [0008] der [X.]). Bei den mehrteiligen Düsenkörpern gestalte sich allerdings die Montage und Demontage der Spitzenelemente nicht einfach genug ([0009]). Zudem könne erstarrte [X.] die Entnahme der Spitzenelemente behindern oder die alternativ heiße Düse müsse mit noch teigigem Kunststoff demontiert werden.

Das Streitpatent nennt deshalb als Aufgabe der Erfindung, den gattungsgemäßen Stand der Technik – ausgehend von einem Konzept eines geteilten [X.]s – derart weiterzuentwickeln, dass es möglich ist, auch relativ groß bauende Spitzenelemente in den [X.] auf einfache Weise unterbringen zu können sowie diese einfach montieren und auch nach längerem Gebrauch wieder demontieren zu können ([0010]).

2. Fachmann ist vorliegend ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Kunststofftechnik mit Fachhochschul-Abschluss oder entsprechendem Abschluss, der mehrere Jahre Berufserfahrung in der Konstruktion von Spritzgießwerkzeugen aufweist.

3. Patentanspruch 1 lautet in einer gegliederten Form:

1. [X.] für das seitliche Anspritzen von Kunststoffbauteilen,

1.1 die einen mehrteiligen [X.] aufweist,

1.1.1 der wenigstens eines oder mehrere Spitzenelemente (3, 3') aufweist,

1.1.1.1 die über die [X.] des [X.]s nach außen vorstehen,

1.1.2 wobei der [X.] einen [X.]-Basisabschnitt (2) mit einer [X.] aufweist,

1.1.2.1 die mit wenigstens einer oder mehreren an der [X.] verteilt angeordneten Ausnehmungen (5, 14) zum Anordnen und zur [X.] des wenigstens einen Spitzenelements (3, 3') oder der Spitzenelemente (3, 3') versehen ist,

1.1.3 die [Spitzenelemente] mit einem [X.]-[X.] (6) an die [X.] des [X.]-Basisabschnitts (2) ge[X.] sind.

4. Der Fachmann versteht die Lehre des Streitpatents und die Merkmale des Anspruchs 1 wie folgt:

Die [X.] für das seitliche Anspritzen von Kunststoffbauteilen (Merkmal 1) umfasst einen mehrteiligen [X.] (Merkmal 1.1), wobei dieser u.a. einen [X.]-Basisabschnitt (2) umfasst (Merkmal 1.1.2). Dieser [X.]-Basisabschnitt (2) ist im Streitpatent nicht allgemein beschrieben bzw. definiert, in Bezug auf den herangezogenen Stand der Technik in Absatz [0009] ist hierzu lediglich auf das „Basisteil“ der EP 0 447 573 [X.] verwiesen. Dort ist dieses Basisteil – das im Übrigen in der EP 0 447 573 [X.] nicht als solches explizit beschrieben oder gar definiert ist – offensichtlich der zentrale, mittige [X.] (26), in dem auch die Zuführung der Kunststoffschmelze untergebracht ist. In der Beschreibung der Ausführungsbeispiele in der [X.] ist allerdings – und somit nicht eindeutig – einerseits gemäß den Figuren 1, 10 und 17 der „gesamte Zylinderkörper“, inklusive der äußeren Hülle (21) sowie dem Heizelement (20), als [X.]-Basisabschnitt (2) bezeichnet, während in den Figuren 2, 9a, 11, 15 und 16 lediglich das (einteilige) zentrale [X.] mit dem Bezugszeichen (2) gekennzeichnet ist.

AbbildungAbbildung

In der Beschreibung ist mit Bezug auf die detaillierte Figur 2 in Absatz [0036] formuliert, dass „der [X.]-Basisabschnitt (2) vorzugsweise… von mindestens einem Heizelement (20) umschlossen, welches wiederum durch eine äußere Hülse (21), welche einen [X.] (23) trägt, umschlossen ist“. Damit ist lediglich für das mit den entsprechenden Figuren dargestellte und beschriebene Ausführungsbeispiel der [X.]-Basisabschnitt (2) ein einteiliges, zentral (mittig) angeordnetes [X.]. Alternativ umfasst der Begriff eines [X.]-Basisabschnitts (2) jedoch ebenso den gesamten zylindrischen Teil-[X.] gemäß den Figuren 1, 10 oder 17 oder auch ein beliebiges, zentral positioniertes, alternativ auch mehrteiliges [X.], in welchem die (zentrale) Schmelzezuführung untergebracht ist.

Gemäß den Merkmalen 1.1.2.1 und 1.1.3 werden das eine oder die mehreren Spitzenelemente (3, 3‘) in jeweils einer oder mehreren Ausnehmungen (5, 14) an einer [X.] des [X.]-Basisabschnitts (2) angeordnet. Hierzu werden die Spitzenelemente mittels eines [X.]-[X.]s (6) an die [X.] des [X.]-Basisabschnitts (2) ge[X.]. Dabei können gemäß Ausführungsbeispiel nach den Figuren 6 und 7 an dem [X.]-[X.] (6) gleichfalls entsprechende Ausnehmungen vorgesehen sein.

Nach Merkmal 1.1.1.1 stehen die Spitzenelemente über die [X.] des [X.]s nach außen vor, wobei hierzu lediglich der nähere Bereich der Einspritzzone für die Betrachtung heranzuziehen ist.

V. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)

Die zulässige Klage hat in der Sache nur teilweise Erfolg, und zwar hinsichtlich der angegriffenen Patentansprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, in der erteilten Fassung des Streitpatents. Denn insoweit ist jedenfalls der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 54, 56 EPÜ gegeben.

Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist nicht neu gegenüber der Druckschrift [X.] ([X.] 44 24 863 [X.]; im Wesentlichen inhaltsgleich mit der [X.] Übersetzung [X.]a der [X.] ([X.])), da alle Merkmale des Gegenstands nach Patentanspruch 1 des Streitpatents aus der [X.] bereits bekannt sind.

Die Druckschrift [X.] offenbart eine Anordnung für das seitliche Anspritzen von Kunststoffmaterial mit einer Heißkanaldüse (“Seitenheißguss”, Patentanspruch 1; Merkmal 1). Gemäß dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 ist der Düsenkörper mehrteilig aufgebaut und weist zudem „…hauptsächlich radial sich erstreckende[n] Torpedospitzen (10) …“ auf (dto.), die zudem über die Umfangsfläche des Düsenkörpers nach außen vorstehen (Figuren; Merkmale 1.1 bis 1.1.1.1).

Abbildung

Der mehrteilige [X.] der [X.] umfasst auch ein zentrales, einen Schmelzezuführungskanal aufweisendes [X.]. Dieses als [X.] (7) bezeichnete Element beinhaltet dabei alle wesentlichen Elemente des [X.]-Basisabschnitts gemäß Streitpatent, das als zentrales, mittiges Element die Zuführung der Schmelze zu den [X.] gewährleistet. Als [X.]-Basisabschnitt kann jedoch gleichermaßen das zweiteilige [X.] angesehen werden, das sich aus dem [X.] (7) und dem [X.] (2) – das ein Teil eines Rahmens des [X.]s darstellt – zusammensetzt. Alternativ könnte sogar auch das dreiteilige (vierteilige) [X.] bestehend aus [X.] (7), [X.] (2) und Gehäuse (6) (sowie [X.] (3)) als [X.]-Basisabschnitt angesehen werden. Dies entspricht im Grundsatz gleichermaßen der Darstellung des [X.]-Basisabschnitts (2) im Streitpatent gemäß den Figuren 1, 10 und 17 bzw. der obigen Auslegung des Begriffs. Dabei ist ein zweiteiliger, zusammengesetzter Basiskörper bestehend aus [X.] (7) und [X.] (2) durchaus auch als Einheit anzusehen, da in der Beschreibung der [X.] formuliert ist, dass „ein inwendig in das [X.] 2 empfänglich wie [ein] [X.] funktionierend[es] [X.] 7… losmachbar zum Gehäuse 6 befestigt…“ ist (Spalte 1, Zeilen 46 ff.). Dabei weist dieser zweiteilige [X.]-Basisabschnitt der [X.] ebenfalls eine [X.] auf (Figuren; Merkmal 1.1.2).

Der zweiteilige [X.]-Basisabschnitt des beschriebenen und gezeigten Ausführungsbeispiels der [X.] ist auch mit vier an der [X.] verteilt angeordneten Ausnehmungen versehen, in denen die vier Spitzenelemente zum Teil aufgenommen sind (insbesondere Figuren 1, 4 und 7; Merkmal 1.1.2.1). Die axial angeordneten Ausnehmungen sind dabei sowohl am [X.] (7) als auch am [X.] (2) zu erkennen. Die Spitzenelemente werden ferner mit einem dem [X.]-[X.] entsprechenden Bodenelement (Boden, Platte, Bodenplatte 9) axialseitig an das [X.] (2) über ein oder mehrere [X.] (17) befestigt, wobei auch die Bodenplatte entsprechende „formangepasste Aussparungen (20)“ aufweist (Spalte 2, Zeile 22). Die Trennlinie zwischen dem (zweiteiligen) [X.]-Basisabschnitt ([X.] 7 und [X.] 2) und der als [X.]-[X.] wirkenden Bodenplatte erfolgt dabei gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figur 4 der [X.] ebenfalls auf Höhe der Achsen der Spitzenelemente (Torpedospitzen 10), wie dies bei den [X.] gemäß den Ausführungsbeispielen der Figuren 1 und 10 des Streitpatents gleichermaßen der Fall ist.

Als [X.] (17) zwischen Bodenplatte (9) und dem [X.] (2) sind in der [X.] Bolzen (19) genannt (Spalte 2, Zeilen 15 – 21), die in Gewindebohrungen (Loch 18) der Bodenplatte eingeschraubt werden. Durch das „Festschrauben“ der Bodenplatte an die [X.] des [X.]s (2) werden auch die Torpedospitzen (10) an die [X.] des [X.]s ge[X.] (Merkmal 1.1.3). Dies ergibt sich aufgrund der Montagebeschreibung der Torpedospitzen im Verbund mit der [X.] (Seitenheißguss 1) in das Werkzeug (27; ab Spalte 3, Zeile 6), wonach die Bolzen zuerst lediglich in das [X.] „…eingeschraubt sind, jedoch ohne noch festzuziehen“. Nach Einbau der Torpedospitzen mithilfe des „[X.] (32)“ ([X.]) werden die Torpedospitzen (10) durch das [X.] (35) des [X.] dann „…radial (13) nach außen an die bestimmte Spritzlage ge[X.]…“ (dto.). Erst danach werden „…die Bolzen 19 ordentlich fest angezogen…“, das Montierungsgerät entfernt und das [X.] in das [X.] eingeführt und verschraubt. Damit sind die Torpedospitzen über die Bodenplatte axial an das [X.] ge[X.].

Somit sind alle Merkmale des Gegenstands nach Patentanspruch 1 aus der [X.] bekannt. Die Beklagte hat im Übrigen in der mündlichen Verhandlung den Hauptantrag nicht weiter verteidigt.

Da die Anträge als geschlossene Antragssätze gestellt sind, teilen die [X.] das Schicksal des Hauptanspruchs.

VI. Zur Fassung nach Hilfsantrag H[X.]

In der Fassung nach Hilfsantrag H[X.] erweist sich das Streitpatent in den angegriffenen Patentansprüchen 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, hingegen als patentfähig, so dass die Klage, soweit sie sich gegen diese Fassung richtet, abzuweisen ist.

1. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag H[X.] weist ein zusätzlich angehängtes Merkmal 1.1.4 auf:

1.1.4 wobei der [X.]-Basisabschnitt (2) als ein einteiliges, zentral angeordnetes [X.] ausgebildet ist.

Der [X.]-Basisabschnitt stellt nun ein einteiliges, zentral angeordnetes [X.] des [X.]s (26) dar, in dem auch die Zuführung der Kunststoffschmelze untergebracht ist (analog Auslegung gemäß [X.]).

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin beinhaltet dieses Merkmal keine unzulässige Erweiterung und ist auch klar verständlich.

Die Beschränkung des [X.]-Basisabschnitts auf ein einteiliges [X.] des [X.]s bezieht sich nun explizit auf einen Basisabschnitt, wie er in den Figuren 2 und 11, aber auch in den Figuren 9, 15 und 16 gezeigt ist. Die zeichnerische Darstellung in diesen Figuren offenbart eindeutig ein einteiliges Element mit Bezugszeichen 2, welches gemäß der Beschreibung der entsprechenden Ausführungsbeispiele den [X.]-Basisabschnitt darstellt. Dies ist zeichnerisch mit der jeweiligen Mitten-Symmetrieachse und der entsprechenden Schraffur für den Fachmann klar ersichtlich und somit seitens einer zeichnerischen Offenbarung eindeutig. Dass das Merkmal nicht in schriftlicher Form offenbart ist oder die Begriffe „einteilig“ und „mehrteilig“ in der [X.] nach Ansicht er Klägerin lediglich in Bezug auf den (gesamten) [X.] bezogen seien, steht dieser zulässigen zeichnerischen Offenbarung nicht entgegen. Denn es gibt keine Abstufung in der Wertigkeit der für die Beschreibung der Erfindung benutzten Offenbarungsmittel ([X.], Beschluss vom 20. März 1990 – [X.], [X.], 510 - Crackkatalysator I). Im vorliegenden Fall kommt zur rein zeichnerischen Offenbarung überdies hinzu, dass in der Beschreibung der Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 2 und 11 weiter formuliert ist, dass dieser [X.]-Basisabschnitt von weiteren Bauteilen (Heizelement 20 und äußere Hülse 21) umschlossen ist (u.a. Absatz [0036] des Streitpatents). Damit stehen in dieser beschränkten Anspruchsfassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 die alternativen Auslegungen gemäß den Figuren 1, 10 oder 17 nicht mehr entgegen.

3. Das Streitpatent in der Fassung nach Hilfsantrag H[X.] ist auch patentfähig.

3.1 Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.] ist gegenüber der [X.] neu.

Die [X.] für das seitliche Anspritzen der [X.] weist gemäß den Figuren 1 und 3 auch – wie alternativ unter [X.] dargelegt – ein einteiliges, zentral angeordnetes [X.] auf, so dass das neu hinzugekommene Merkmal 1.1.4 bekannt ist. Das mit Bezugszeichen 7 versehene [X.] „[X.]“ ist zeichnerisch zweifellos einteilig dargestellt (Schraffur), liegt zentrisch im [X.] (Mittellinie) und führt die Kunststoffschmelze über eine zentrale Durchführung den seitlichen Düsenauslässen bzw. den Torpedospitzen ([X.]) zu und ist somit als [X.]-Basisabschnitt anzusehen. Das [X.] hat eine [X.] (Merkmal 1.1.2) und ebenso an der unteren, den [X.] zugewandten [X.] zumindest geringfügige Ausnehmungen zur (axialen) [X.] dieser Spitzenelemente (Figuren 1 und 3; Merkmal 1.1.2.1). Die Spitzenelemente werden mit dem [X.]-[X.] (Bodenplatte 9) jedoch nicht an die [X.] des [X.]-Basisabschnitts ge[X.] (Merkmal 1.1.3), da der [X.] an das [X.] (2) erfolgt. Das axiale Ende des [X.]s ist dagegen von der Bodenplatte ausgespart. Damit ist der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber der [X.] neu.

Entgegen der Annahme der Klägerin umfasst der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.] nicht grundsätzlich „schräge“ Anlageflächen der Spitzenelemente an den Ausnehmungen des [X.]-Basisabschnitts. Wie die Beklagte dargelegt und anhand einer Skizze und einem Modell erläutert hat, können Spitzenelemente auch grundsätzlich „senkrecht“ an die (horizontale) Stirnfläche ([X.]) des [X.]-Basisabschnitts ange[X.] werden. Im Übrigen sind [X.], die sich an [X.] in der jeweiligen Ausnehmung abstützen, erst ab dem erteilten und nicht angegriffenen Patentanspruch 9 beansprucht.

3.2 Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.2.1 Entgegen der Annahme der Klägerin ist zunächst bereits eine isolierte Betrachtung, ob das einzelne hinzugefügte Merkmal in Hilfsantrag H[X.] etwas im Hinblick auf die im Streitpatent formulierte Aufgabe „leistet“ bzw. insoweit einen Vorteil bringt, nicht statthaft.

Bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit dürfen wie bei der Auslegung des Patentanspruchs einzelne Merkmale oder Merkmalsgruppen auch dann nicht isoliert mit dem Stand der Technik verglichen werden, wenn sich der Gegenstand der Erfindung in einzelne "Teilaufgaben" aufspalten lässt. Deshalb ist selbst in einem solchen Fall der gesamte Inhalt der unter Schutz gestellten Lehre in den Blick zu nehmen.

Denn ein in einzelne Merkmalsgruppen aufgesplitterter Gegenstand der Erfindung kann nicht in der Weise der Prüfung – auch im Hinblick auf erfinderische Tätigkeit – zugrunde gelegt werden, dass einzelne Merkmale oder Merkmalsgruppen daraufhin untersucht werden, ob sie einen Beitrag zur patentgemäß formulierten Aufgabe leisten oder dem Fachmann durch den Stand der Technik je für sich nahegelegt waren (vgl. [X.], Urteil vom 15. Mai 2007 – [X.], [X.], 1055 – Papiermaschinengewebe m.w.N.). Der Prüfung der Rechtsfrage, ob der Gegenstand der Erfindung am [X.] des Streitpatents durch den Stand der Technik nahegelegt war und die formulierte Aufgabe löst, ist vielmehr der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang zu Grunde zu legen ([X.], Urteil vom 20. März 2001 – [X.], [X.], 730 – Trigonellin m. w. N.; [X.] in: Busse / [X.], [X.], 9. Aufl., § 4 [X.] Rn. 76 f.). Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unter objektiver Betrachtung schließt ein, dass die in der Patentschrift formulierte Aufgabe nicht zur Beurteilung der erfinderischen Leistung herangezogen wird, sondern darauf abzustellen ist, was die beanspruchte Lösung gegenüber dem Stand der Technik insgesamt tatsächlich leistet ([X.], Urteil vom 16. März 2004 – [X.], [X.], 579 – Imprägnieren von Tintenabsorbierungsmitteln; [X.] / [X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., § 4 [X.] Rn. 24 m. zahlr. N.; zur Gefahr des "Zerhackens" der Erfindung durch Merkmalsgliederungen vgl. Meier-Beck, [X.], 967 f.).

Demnach ist auch hier die patentgemäße Lehre nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.] insgesamt der Prüfung zugrunde zu legen.

3.2.2 Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.] ist aus der [X.] heraus für den Fachmann nicht nahegelegt, da die Spitzenelemente bei der dort vorliegenden Konstruktion nicht axial an das [X.] ange[X.] werden können. Dies kann bereits geometrisch/konstruktiv nicht erfolgen, da die Zuführung der Kunststoffschmelze bis in den Bereich der axialen Stirnfläche erfolgt und zudem eine axiale Anschlagfläche für die Spitzenelemente einerseits nicht vorhanden und zudem dort auch nicht zu realisieren ist. Denn die axiale Positionierung bei der [X.] der [X.] erfolgt über das [X.] 4, in das die Spitzenelemente zu Beginn der Montage eingeschoben werden (s. [X.] ab Spalte 3, Zeile 6 sowie entsprechende Ausführungen unter [X.].). Anschließend erfolgt die radiale Positionierung der Spitzenelemente mithilfe des „[X.] 32“. Erst nach der Entfernung des [X.] wird das [X.] (7) in das [X.] (2) eingeführt und somit die radiale Position der Spitzenelemente fixiert. Abschließend wird die Bodenplatte an das [X.] durch die Bolzen (19) angezogen und die Spitzenelemente zwischen Bodenplatte und [X.] axial ge[X.]. Damit ist eine Funktionentrennung zwischen axialer und radialer Positionierung realisiert, die aus diesem Grund zwei separate Bauteile – [X.] (7) und [X.] (2) – erfordert. Somit stellt die Ausführung der [X.] eine andere Lösung der Positionierung der Spitzenelemente in der [X.] dar, die ohne grundsätzliche Änderungen des [X.] nicht zur Lösung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 führt. Diese hat somit aus der [X.] nicht nahegelegen.

3.2.3 Die seitens der Klägerin noch nachgereichte Druckschrift [X.] [X.] 2008/004968 [X.]) offenbart eine der [X.] ganz ähnliche Heißkanaldüse, bei der der (gesamte) Düsenkörper-Basisabschnitt ebenfalls einteilig ausgeführt ist. Allerdings weist der mehrteilige Düsenkörper der Heißkanaldüse (heated ingot mould 2) der [X.] ein anderes Spannkonzept für die ebenfalls für das seitliche Anspritzen vorgesehenen Spitzenelemente (torpedo points 6) auf. Dort wird über eine Übertragungswelle ([X.] shaft 9) und ein Getriebe (gripping members 12, cogwheels 60, teeth 13) eine axiale Verschiebebewegung (linear motion 11) der Spitzenelemente erzeugt, die dann über ein Verriegelungsmittel (locking screw 20) arretiert wird (s. Figur 2 i.V.m. Seite 5, Zeilen 28 ff.). Damit findet die Klemmung nicht axial durch einen [X.] (bottom plate 204) gegen den Düsenkörper-Basisabschnitt statt, sondern durch Feststellung des Getriebes. Auch die Zuführung der Schmelze zu den Torpedospitzen erfolgt dementsprechend anders – lateral und nicht axial. Jedenfalls findet ein axiales Anpressen der Spitzenelemente an den Düsenkörper-Basisabschnitt durch den [X.] nicht statt, so dass das Merkmal 1.1.3 aus der [X.] nicht bekannt ist.

Die [X.] kann die [X.] nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 auch nicht nahelegen, da einerseits eine axiale Klemmung der Spitzenelemente an die [X.] des [X.]-Basisabschnitts nicht vorgesehen ist und zudem durch den [X.] über die Übertragungswelle auch nicht nahegelegt ist.

Auch die Zusammenschau der [X.] mit der [X.] als Ausgangspunkt der fachmännischen Überlegungen – unter der Betrachtung des alternativen zweigeteilten [X.]-Basisabschnitts des [X.]s der [X.] bestehend aus [X.] (7) und [X.] (2) – führt den Fachmann nicht zum beanspruchten Gegenstand. Zwar könnte dem Fachmann die in der [X.] recht komplex ausgestaltete Antriebs- und Spannvorrichtung zu aufwendig erscheinen, so dass er auch in Kenntnis der [X.] bei der grundsätzlichen Lösung gemäß der [X.] bleibt. Dabei kann der Fachmann allerdings nicht die durchaus ebenfalls aufwendige „Zweiteilung“ des inneren [X.]s der [X.] durch die „einteilige“ Lösung der [X.] ersetzen, da in diesem Fall die Montage der [X.] gemäß der [X.] nicht mehr möglich wäre. Die Zweiteilung des inneren [X.]-Basisabschnitts ist hier für die Montage notwendig (a.a.[X.] sowie Ausführungen hierzu unter [X.].). Die [X.] der [X.] müsste hierzu wesentlich umgestaltet bzw. neu entwickelt werden. Somit führt auch diese Zusammenschau den Fachmann nicht zum Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.].

3.2.4 Auf die weiteren Druckschriften hat sich die Klägerin nicht mehr im Einzelnen berufen.

Die Druckschriften [X.] ([X.]) und [X.]a ([X.] 103 45 578 [X.]), die zur gleichen Patentfamilie gehören, offenbaren jeweils eine „Vorrichtung zum Anspritzen von insbesondere Kunststoffformteilen, wobei mindestens eine zu befüllende in einem Werkzeug (12) ausgebildete Formkavität (14) seitlich neben einem zentralen Düsenkörper (1) angeordnet ist…“, Patentanspruch 1. Der Düsenkörper ist mehrteilig aufgebaut und weist überdies mehrere Spitzenelemente (Düsenspitzen 16) auf, die über die Umfangsfläche radial nach außen vorstehen (Figuren; Merkmale 1 bis 1.1.1.1).

Als [X.]-Basisabschnitt kann in der [X.]/[X.]a der nicht näher bezeichneten und mit keinem Bezugszeichen versehene „zentrale [X.]“ des [X.]s (1) angesehen werden, der den zentralen [X.] (2) umfasst (je Figuren 1 und 3). Dieser weist eine (untere) [X.] auf, die mehrere, an der [X.] verteilt angeordnete Ausnehmungen aufweist, in die die entsprechenden Spitzenelemente aufgenommen werden können („…die [X.] 20“…werden „…durch die Öffnungen 7 derart in den [X.] 1 eingesteckt, dass der als [X.] ausgebildet[e] Abschnitt 17 an der zylindrischen [X.] 9 der Öffnung 7 zur Anlage gelangt…“; Absatz [0031] bzw. [0013], s.a. Figuren; Merkmale 1.1.2 und 1.1.2.1). Auch in der [X.]/[X.]a ist Merkmal 1.1.3 nicht bekannt, da das als [X.]-[X.] zu bezeichnende Befestigungselement (24) die Spitzenelemente nicht axial an den [X.] [X.], sondern diese radial nach außen positioniert. Insofern kann die [X.]/[X.]a das Merkmal 1.1.3 auch nicht nahelegen.

Die bereits in der [X.] als gattungsbildende Druckschrift herangezogene [X.] (EP 0 447 573 [X.]) offenbart ebenfalls zumindest nicht das Merkmal 1.1.3, so dass das Vorstehende hier gleichermaßen gilt. Die [X.] ([X.] 44 42 667 [X.]) ist lediglich in Bezug auf den [X.] eingereicht worden.

Die [X.] nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.] hat somit Bestand.

4. Mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag H[X.] haben auch die auf diesen rückbezogenen angegriffenen Unteransprüche 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32 gemäß Hilfsantrag H[X.] Bestand.

B.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO.

Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand in den von der Klägerin angegriffenen Patentansprüchen 1 bis 8 sowie 10, 11, 14 bis 21 und 23 bis 32, sofern unmittelbar oder mittelbar auf die angegriffenen Ansprüche bezogen, in der beschränkt verteidigten Fassung nach Hilfsantrag H[X.] gegenüber demjenigen der erteilten Fassung nur unwesentlich eingeschränkt ist. Das Streitpatent erfährt in der Fassung nach Hilfsantrag H[X.] durch die Beschränkung mit Aufnahme des Merkmals 1.1.4 in Patentanspruch 1, das nun zur Annahme der patentgemäßen Lehre nach dem Streitpatent erfüllt sein muss, nur eine geringfügige Einschränkung. Diese Einschränkung macht nach der Schätzung des Senats daher ein Zehntel der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der von der Klägerin angegriffenen Patentansprüche des Streitpatents aus.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

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4 Ni 1/23 (EP)

17.02.2023

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 17.02.2023, Az. 4 Ni 1/23 (EP) (REWIS RS 2023, 4766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4766

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