Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2014, Az. PatAnwSt (R) 1/13

Senat für Patentanwaltssachen | REWIS RS 2014, 8615

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Gegenstand

Patentanwaltssache: Ausschluss aus der Patentanwaltschaft bei strafgerichtlicher Verurteilung wegen Untreue und Betrug


Tenor

Die Revision des Patentanwalts gegen das Urteil des Senats für Patentanwaltssachen des [X.] vom 13. Juni 2013 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Die Kammer für Patentanwaltssachen bei dem [X.] hat den Beschwerdeführer wegen schuldhafter Verletzung seiner patentanwaltschaftlichen Pflichten durch Untreue in 157 Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Betrug und wegen unsachlichen Verhaltens aus der Patentanwaltschaft ausgeschlossen. Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Beschwerdeführer durch Urteil des [X.] - vom 12. Oktober 2011, rechtskräftig seit dem 20. Oktober 2011, wegen (gewerbsmäßiger) Untreue in 157 Fällen davon in vier Fällen in Tateinheit mit (gewerbsmäßigem) Betrug zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zur Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 250 € verurteilt. In der Hauptverhandlung hat eine Verständigung (§ 257c StPO) stattgefunden. Nach den Feststellungen des Strafurteils entnahm der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 entgegen seiner gegenüber den anderen Gesellschaftern der Patentanwaltskanzlei [X.]                    in M.        bestehenden Pflichten den Kanzleikonten zahlreiche Einzelgeldbeträge. Soweit der Beschwerdeführer in vier Fällen jeweils auch wegen tateinheitlich begangenen Betrugs verurteilt worden ist, stellte seine Ehefrau der Patentanwaltskanzlei aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes mit dem Beschwerdeführer nicht bzw. nicht in dem vorgegebenen Umfang erbrachte Übersetzungsleistungen in [X.]echnung, die bezahlt wurden. Durch diese Taten entstand den übrigen Gesellschaftern der Kanzlei ein Vermögensschaden von insgesamt (mindestens) rund 1,4 Millionen Euro.

2

Die gegen das Urteil der Kammer für Patentanwaltssachen bei dem [X.] gerichtete, auf den [X.]echtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Beschwerdeführers (§ 125 Abs. 4 Satz 1 [X.] i.V.m. § 318 Satz 1 StPO) hat das [X.] durch Urteil vom 13. Juni 2013 als unbegründet verworfen.

3

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die [X.]üge der Verletzung materiellen [X.]echts gestützten [X.]evision und beanstandet im Einzelnen einen Verstoß gegen den Grundsatz schuldangemessenen Strafens bei der [X.] sowie die sich aus diesem Verstoß ergebende Verfassungswidrigkeit des § 96 [X.]. Er beantragt das Urteil des [X.] mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und die [X.]egelung des § 96 [X.] zur Prüfung ihrer Verfassungskonformität gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 [X.] dem [X.] vorzulegen.

II.

4

Das zulässige [X.]echtsmittel (§ 127 Abs. 1 Nr. 1, § 128 Abs. 1 und 2 [X.]) ist unbegründet. Die sich wegen der Beschränkung der Berufung allein auf den [X.]echtsfolgenausspruch beziehende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen [X.]echtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers erbracht.

5

Grundsätzlich ist es (allein) Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen gewonnen hat, die wesentlichen ent- und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des [X.] ist in der [X.]egel nur möglich, wenn die [X.] in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht lässt oder wenn sich die verhängte Maßnahme so weit von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein und die [X.]echtsuchenden vor (weiteren) Gefahren zu schützen, dass sie nicht mehr innerhalb des Spielraums liegt, der dem Tatrichter eingeräumt ist. Eine exakte, ins Einzelne gehende [X.]ichtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das [X.]evisionsgericht die Bewertung des Tatrichters hinnehmen (st. [X.]spr; vgl. nur [X.], Urteil vom 26. November 2012 - [X.] ([X.]) 6/12, [X.]. 2013, 232 [X.]n. 7 m.w.[X.]; [X.], Urteil vom 17. September 1980 - 2 St[X.] 355/80, [X.]St 29, 319 f. m.w.[X.]; [X.] in [X.]/[X.], B[X.]AO, 8. Aufl., § 114 [X.]n. 6 ff.).

6

Nach diesen revisionsrechtlichen Maßstäben ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden.

7

Das [X.] hat - ersichtlich ausgehend von den gemäß § 96 [X.] in Betracht kommenden Maßnahmen - die bestimmenden [X.] berücksichtigt und gegeneinander abgewogen. Die insoweit zu Gunsten und zu Lasten des Patentanwalts herangezogenen Umstände sind durch die Feststellungen des insoweit rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteils belegt und begegnen für sich keinen rechtlichen Bedenken. Das [X.] hat außerdem - wie die [X.]evision ausdrücklich einräumt - keine bestimmenden Umstände übersehen, die sich zum Vorteil des Patentanwaltes auswirken könnten. Entgegen der Ansicht der [X.]evision verstößt der verhängte Ausschluss aus der Patentanwaltschaft gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 4 [X.] vorliegend nicht gegen das Schuldprinzip und die hier anerkannten [X.]. Er ist vielmehr nach ständiger [X.]echtsprechung im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen Untreue und Betrugs der [X.]egelfall (vgl. [X.] in [X.]/[X.], aaO [X.]n. 44 ff. m.w.[X.]). Dabei macht es grundsätzlich keinen bedeutsamen Unterschied, ob der Täter Untreue und Betrug zum Nachteil von Mandanten oder - wie hier - zum Nachteil seiner Sozietätskollegen begeht (vgl. [X.], Urteil vom 27. Juni 1983 - [X.] ([X.]) 1/83). Gewichtige Umstände, die ein Abweichen von dieser regelmäßigen [X.]echtsfolge begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit die [X.]evision beanstandet, das [X.] habe die für den Patentanwalt sprechenden Tatsachen (offenbar) falsch gewichtet und dies daraus folgert, dass die verhängte [X.]echtsfolge "offenkundig außer Verhältnis zu Ausmaß und Schwere der in [X.]ede stehenden Pflichtverletzungen stehe", nimmt sie eine eigene, abweichende Bewertung der festgestellten Umstände vor, mit der sie im [X.]evisionsverfahren (regelmäßig) nicht gehört werden kann. Schließlich begegnet auch die Entscheidung des [X.], dass die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers seiner Ausschließung hier nicht entgegenstehe (§ 103a Satz 2 [X.]), keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

8

Entgegen der Auffassung der [X.]evision sind die Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer Entscheidung des [X.]s (Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 [X.]) vorliegend nicht gegeben. § 96 Abs. 1 [X.], der - mit Ausnahme des in § 114 Abs. 1 Nr. 4 B[X.]AO normierten Vertretungs- und Beistandsverbots - § 114 B[X.]AO entspricht (vgl. zu dessen Verfassungsmäßigkeit [X.] in [X.]/[X.], aaO [X.]n. 34), ist aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] auch mit Blick auf den von der [X.]evision angeführten verfassungsrechtlichen Aspekt des Erfordernisses eines hinreichend differenzierten Sanktionensystems (vgl. hierzu etwa [X.], Urteil vom 20. März 2002 - 2 Bv[X.] 794/95, [X.]E 105, 135, 153 f. sowie Beschluss vom 3. Juni 1992 - 2 Bv[X.] 1041/88, 78/89, [X.]E 86, 288, 313) nicht verfassungswidrig.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Kayser                     [X.]

              [X.]                       Weller

Meta

PatAnwSt (R) 1/13

20.01.2014

Bundesgerichtshof Senat für Patentanwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG München, 13. Juni 2013, Az: PatA-St 1/13

§ 96 Abs 1 Nr 4 PatAnwO, § 103a S 2 PatAnwO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2014, Az. PatAnwSt (R) 1/13 (REWIS RS 2014, 8615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8615

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2 BvR 794/95

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