Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.01.2017, Az. 4 AZR 522/15

4. Senat | REWIS RS 2017, 16771

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Gegenstand

Bestimmtheit eines Feststellungsantrags - Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen durch Verweisungsklausel und Prozessvergleich


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Juli 2015 - 2 [X.] - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2. Dezember 2014 - 14 Ca 2982/14 - zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit von Tarifverträgen des Einzelhandels [X.] auf ihr Arbeitsverhältnis und damit zusammenhängende Vergütungsdifferenzen.

2

Die [X.]lägerin ist seit März 2004 bei der [X.], die in [X.] ein Einzelhandelskaufhaus betreibt und zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Arbeitgeberverbands war, beschäftigt und zuletzt in Teilzeit (30 von 37,5 [X.]) tätig.

3

Der Arbeitsvertrag der [X.]lägerin enthält auf der ersten Seite auszugsweise folgende Regelungen:

        

„…    

        

Tarifliche

[X.], [X.].

                          

Einstufung:

        
        

Vergütung:

Tarifentgelt:

1.559,91 €

        
                 

Gesamtentgelt 1.559,91 € “       

        

4

In den hieran angefügten Allgemeinen Vertragsbedingungen ist Folgendes vereinbart:

        

„…    

        

2. Vergütung

        

Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, dass mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monats eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die [X.] Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.

        

...    

        

Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.

        

…       

        

13. Schlussbestimmung

        

Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen.“

5

Die [X.] im Einzelhandel in [X.] ([X.]) waren bis zum 31. März 2000 und der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in [X.] ([X.]) bis zum 31. März 2003 allgemeinverbindlich. Der [X.] sah eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Eingruppierung vor. Die Beklagte wandte bei vielen Arbeitnehmern den gleichen Formulararbeitsvertrag an, unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch die [X.] und der [X.], nur der [X.] oder keiner der Tarifverträge mehr allgemeinverbindlich waren.

6

Die Beklagte gab nach den Feststellungen des [X.] auch nach Außerkrafttreten der [X.] aus den [X.]n des Einzelhandels in [X.] vollständig an die Arbeitnehmer weiter. Erst nach einem Tarifabschluss vom 10. Dezember 2013, der rückwirkend ab dem Monat August 2013 eine Tariferhöhung von 3 % und zum 1. Mai 2014 von weiteren 2,1 % vorsah, erhöhte die Beklagte die Vergütung ihrer Arbeitnehmer zum 1. Jan[X.]r 2014 lediglich um 2 %.

7

Am 23. April 2013 schlossen die Parteien in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht [X.]öln (- 20 [X.]/13 -) einen [X.], der [X.]. folgende Vereinbarung enthält, wonach die [X.]lägerin ab dem 1. Mai 2013 entsprechend Vergütungsgruppe [X.] b 6. Tätigkeitsjahr vergütet wird.

8

Die Beklagte zahlte an die [X.]lägerin für die Monate August bis Dezember 2013 eine Grundvergütung iHv. jeweils [X.] Euro brutto und ab Jan[X.]r 2014 iHv. 2.460,69 Euro brutto.

9

Mit ihrer der [X.] am 30. April 2014 zugestellten [X.]lage sowie mit einer der [X.] am 21. August 2014 zugestellten [X.]lageerweiterung hat die [X.]lägerin zuletzt für den Zeitraum von August 2013 bis Juni 2014 [X.] iHv. insgesamt 698,46 Euro brutto geltend gemacht. Sie hat dazu die Ansicht vertreten, sie habe einen Anspruch auf das jeweilige Tarifentgelt, da ihr Arbeitsvertrag iVm. dem [X.] vom 23. April 2013 die Tarifverträge des [X.] Einzelhandels dynamisch in Bezug nehme. Bei dynamischer Tarifgeltung hätte ihre monatliche Grundvergütung ab August 2013 2.492,80 Euro brutto und ab Mai 2014 2.544,80 Euro brutto betragen.

Die [X.]lägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, beantragt,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 698,46 Euro brutto (Vergütungsnachzahlung für die Monate August 2013 bis einschließlich Juni 2014) nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

                 

aus 401,80 Euro ab dem 1. Jan[X.]r 2014,

                 

aus jeweils 31,11 Euro ab dem 1. Febr[X.]r, dem 1. März, dem 1. April und dem 1. Mai 2014

                 

sowie aus jeweils 84,11 Euro ab dem 1. Juni und dem 1. Juli 2014

                 

zu zahlen.

Die Beklagte hat zu ihrem [X.]lageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, dass der Arbeitsvertrag als statische Verweisung auf den bei Arbeitsvertragsschluss anwendbaren Vergütungstarifvertrag auszulegen sei. Dieser sei nach Ende der Allgemeinverbindlichkeit als betriebliche Vergütungsordnung verbindlich gewesen. Spätestens mit dem gerichtlichen Vergleich vom 23. April 2013 sei eine statische Anwendung vereinbart worden. Ein Arbeitgeber wolle im Übrigen nie dynamisch an Tarifverträge gebunden sein, wenn er selber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist. Dies sei so offensichtlich, dass auch Arbeitnehmer dies erkennen müssten und § 305c BGB nicht zur Anwendung gelangen könne, da es an einem zweifelhaften Auslegungsergebnis fehle.

Das Arbeitsgericht hat der [X.]lage stattgegeben. Das [X.] hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der [X.] lediglich im [X.] abgeändert. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der [X.]lage.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des [X.] ist nicht rechtsfehlerfrei; insbesondere wird die Begründung der Entscheidung von den festgestellten Tatsachen nicht getragen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit die Beklagte mit ihrer Berufung unterlegen war, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO), da es für eine abschließende Entscheidung an den notwendigen Tatsachenfeststellungen fehlt.

I. Das [X.] hat die Klage für begründet erachtet, weil der Arbeitsvertrag der Parteien die „[X.] für den Einzelhandel in [X.]“ dynamisch in Bezug nehme. Danach ergebe sich aus der Differenz zwischen der Tarifvergütung der „Tarifgruppe [X.] III b 6. Tätigkeitsjahr“ und der bereits an die Klägerin gezahlten Bruttovergütung ein Anspruch auf die geltend gemachten Bruttodifferenzbeträge in der begehrten Höhe.

II. Diese Auffassung ist nicht rechtsfehlerfrei, weil sie von den Tatsachenfeststellungen nicht getragen ist. Eine Anspruchsgrundlage für die zuerkannten Ansprüche auf die monatlichen Bruttoentgelte nach dem „[X.]“ ist derzeit nicht ersichtlich.

1. Das [X.] ist noch zutreffend davon ausgegangen, dass in der arbeitsvertraglichen Vereinbarung hinsichtlich der Höhe des vereinbarten monatlichen Arbeitsentgelts zeitdynamisch auf einen nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen [X.]eltungsbereich für die Klägerin einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag Bezug genommen wird.

a) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Auslegung durch das [X.] vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden kann (st. Rspr., vgl. nur [X.] 19. Mai 2010 - 4 [X.] - Rn. 15 mwN, [X.]E 134, 283).

b) Nach dem vom [X.] festgestellten Wortlaut der im Arbeitsvertrag getroffenen Vergütungsvereinbarung war für die Klägerin bei einer „Tarifliche[n] Einstufung: [X.] 2, [X.].“ ein „Tarifentgelt“ iHv. 1.559,91 [X.] vorgesehen.

aa) Der Senat hat - im [X.] an die Entscheidung des [X.] vom 13. Februar 2013 (- 5 [X.] -) - hinsichtlich vergleichbarer Formulierungen in Allgemeinen [X.]eschäftsbedingungen entschieden, dass der durchschnittliche Arbeitnehmer bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt idR redlicherweise davon ausgehen darf, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 B[X.]B), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten [X.] richten soll (vgl. nur [X.] 8. Juli 2015 - 4 [X.] - Rn. 16; 13. Mai 2015 - 4 [X.] - Rn. 17 ff.).

bb) [X.] zur dynamischen Inbezugnahme von tariflichen Entgeltregelungen folgt nach der zutreffenden Ansicht des [X.] ferner aus Ziff. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen. Die dortige Anrechnungsregelung - „Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden“ - darf ein durchschnittlicher Arbeitnehmer so verstehen, dass die Beklagte sich auch unabhängig von der - ohnehin vor Vertragsschluss beendeten - Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrags zur Zahlung des jeweiligen [X.] verpflichten wollte. Zwar hat der Anrechnungsvorbehalt nicht ausschließlich bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich (anders aber bei nicht allgemeinverbindlichen Tarifverträgen [X.] 8. Juli 2015 - 4 [X.] - Rn. 17; 13. Mai 2015 - 4 [X.] - Rn. 18; 20. April 2012 - 9 [X.] - Rn. 29), sondern auch dann, wenn künftig Tarifvertragsänderungen für allgemeinverbindlich erklärt werden. Allerdings hat die Beklagte den Anrechnungsvorbehalt nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Zudem hat sie durch den Zusatz „gleich aus welchem Anlass“ zum Ausdruck gebracht, dass Anlass für eine Erhöhung des tariflichen Entgelts der Klägerin nicht ausschließlich ein künftiger für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag, sondern jede künftige tarifliche Entgeltsteigerung sein kann. Die Klausel setzt daher eine Änderung des Entgelts in der Folge einer tariflichen Dynamik voraus und erfasst gerade nicht die erstmalige Anwendbarkeit oder [X.]eltung eines Tarifvertrags.

2. Als rechtsfehlerhaft erweist sich hingegen die vom [X.] vorgenommene Auslegung des zwischen den Parteien vor dem [X.] am 23. April 2013 geschlossenen [X.]s, wonach die Klägerin ab dem 1. Mai 2013 entsprechend Vergütungsgruppe [X.] III b 6. Tätigkeitsjahr zu vergüten ist. Ob die Parteien dadurch die arbeitsvertragliche zeitdynamische Bezugnahme auf den nach seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen [X.]eltungsbereich für die Klägerin einschlägigen, die Höhe des monatlichen Entgelts regelnden Tarifvertrag in eine statische Bezugnahme geändert haben, kann auf der [X.]rundlage der Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilt werden.

Dabei kann offenbleiben, ob die Auslegung des materiell-rechtlichen Inhalts eines [X.]s durch das [X.] der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt (so zB [X.] 22. Mai 2003 - 2 [X.] - zu [X.] der [X.]ründe; 31. Juli 2002 - 10 [X.] - zu [X.] a der [X.]ründe, [X.]E 102, 103; 9. Oktober 1996 - 5 [X.] - zu 4 der [X.]ründe) oder ob sie nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (so zB [X.] 23. Juni 2016 - 8 [X.] - Rn. 14; 21. Januar 2014 - 3 [X.] 362/11 - Rn. 55; 15. September 2004 - 4 [X.] 9/04 - zu [X.] (1) der [X.]ründe, [X.]E 112, 50; offengelassen 9. Dezember 2015 - 7 [X.] 117/14 - Rn. 23, [X.]E 153, 365). Die Auslegung des [X.] hält auch einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

a) Das [X.] hat angenommen, eine statische [X.]eltung der tariflichen Vergütungshöhe lasse sich dem Vergleich nicht entnehmen. Der [X.] laute nicht dahin, dass eine „richtige“ Vergütungsgruppe festgestellt wird, sondern, dass der Klägerin die Zahlungen „entsprechend“ einer als richtig festgestellten Vergütungsgruppe zustehen. Dies könne nur dahin verstanden werden, dass der jeweilige [X.], der sich für die gefundene Vergütungsgruppe ergibt, an die Klägerin gezahlt werde. Der Vergleich unterscheide damit einen vollstreckungsfähigen Nachzahlungsbetrag und eine fortlaufend für die Zukunft geltende abstrakte Vergütungsregelung, die der jeweiligen Vergütung der Tarifgruppe [X.] III b, 6. Tätigkeitsjahr entspricht, sich also auch in der Zukunft bei Änderungen aus der abstrakt genannten Vergütungsgruppe ableitet.

b) Diese Ausführungen sind zum einen nicht nachvollziehbar und lassen zum anderen - das rügt die Beklagte mit ihrer Revision zu Recht - wesentliche Aspekte der Vertragsauslegung außer Acht.

aa) Nach §§ 133, 157 B[X.]B sind Verträge - auch [X.]e - so auszulegen, wie die Parteien sie nach [X.] und [X.]lauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist zwar vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. nur [X.] 24. September 2015 - 2 [X.] 716/14 - Rn. 35, [X.]E 153, 20; 10. Dezember 2014 - 10 [X.] 63/14 - Rn. 21; 21. Januar 2014 - 3 [X.] 362/11 - Rn. 57 mwN).

bb) Der (Teil-)Wortlaut des [X.]s - soweit vom [X.] festgestellt - lässt nicht eindeutig erkennen, ob die Parteien mit der vereinbarten Vergütungsgruppe (weiterhin) an die tarifvertragliche Dynamik anknüpfen oder für die Zukunft eine statische Entgeltvereinbarung treffen wollten. Er enthält weder in die eine noch in die andere Richtung einen klarstellenden Zusatz (zB „des derzeit geltenden …“ oder „des jeweils geltenden …“), wobei der Umstand, dass die Parteien eine Tarifgruppe und nicht einen bezifferten Entgeltbetrag benannt haben, eher für eine dynamische Regelung spricht.

cc) Auf der [X.]rundlage des vom [X.] festgestellten Inhalts des [X.]s ist die Erwägung, der Vergleich unterscheide zwischen einem vollstreckungsfähigen Nachzahlungsbetrag und einer fortlaufend für die Zukunft geltenden abstrakten Vergütungsregelung, die der jeweiligen Vergütung der Tarifgruppe [X.] III b, 6. Tätigkeitsjahr entspreche, nicht nachvollziehbar. Die vom [X.] festgestellte Vereinbarung in dem [X.] hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, sondern enthält lediglich eine materiell-rechtliche Vereinbarung. Weiterhin folgt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allein aus dem Umstand, dass die Vereinbarung in die Zukunft gerichtet war, nicht, dass sie nicht statisch auf den zum [X.]punkt des Vergleichsabschlusses geltenden Tarifvertrag hätte Bezug nehmen können.

dd) Die außerhalb der Vereinbarung liegenden Rahmenbedingungen, also die - auch prozessuale - Vorgeschichte des Vergleichs und die Umstände seines Zustandekommens, die Rückschlüsse auf die Interessenlage der Parteien und den mit dem Vergleich verfolgten Zweck zulassen können, hat das [X.] bei seiner Auslegung weder berücksichtigt noch hat es Feststellungen dazu getroffen.

3. Das [X.] hat es ferner versäumt, festzustellen, an welche ([X.] welcher Tarifvertragsparteien die von ihm angenommene arbeitsvertragliche Anbindung erfolgt ist. Ohne eine - Zweifel ausschließende - Identität des oder der Tarifvertrags/Tarifverträge zu benennen, an die die Arbeitsvertragsparteien den Inhalt ihres Arbeitsverhältnisses (hier: die Vergütung) dynamisch ankoppeln wollten, und ohne die nach Beendigung des hiervon ursprünglich erfassten Tarifvertrags als gleichfalls von der [X.] erfassten „Folgetarifverträge“ zu benennen, ist eine Bestimmung des zu einem Jahre später nach dieser vertraglichen [X.] maßgebenden Tarifvertrags nicht möglich. Das [X.] hat sich darauf beschränkt, die Dynamik der [X.] zu begründen; auf welchen Tarifvertrag sie sich aus welchen [X.]ründen mehr als 10 Jahre später beziehen sollte, auf welche Anspruchsgrundlage sich also die Klägerin berufen kann, und inwieweit die dort - mutmaßlich - genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, hat das [X.] nicht angesprochen.

a) Nimmt ein Arbeitsvertrag dynamisch auf einen Tarifvertrag Bezug, muss dieser jedenfalls dann nach Datum und Tarifvertragsparteien feststehen, wenn unmittelbar aus seinen Regelungen oder aus solchen der von der Verweisung dynamisch erfassten Folgetarifverträge Zahlungsansprüche abgeleitet werden. Andernfalls kann nicht nachvollziehbar begründet werden, warum die vom [X.]ericht angenommene tarifliche Regelung als letztlich vertraglich vereinbarte Anspruchsgrundlage verbindlich sein soll.

Diese Anforderung gilt grundsätzlich ungeachtet einer möglicherweise vorherrschenden oder - regional - besonders bedeutungsvollen Praxis bestimmter Tarifvertragsparteien. Eine solche kann nur dann zur Bestimmung der von den Arbeitsvertragsparteien gemeinten Tarifvertragsparteien herangezogen werden, wenn die praktischen Verhältnisse vom [X.] tatsächlich festgestellt sind, und wenn diese so gestaltet sind, dass sie die Beteiligung jeder anderen möglichen Tarifvertragspartei nach den Umständen ausschließen. Dies ist mangels klägerischen Vortrags bzw. landesarbeitsgerichtlicher Tatsachenfeststellungen vorliegend nicht gegeben.

b) Nach Maßgabe dieser Anforderungen ist dem Berufungsurteil keine Anspruchsgrundlage für den der Klägerin zugesprochenen Zahlungsanspruch zu entnehmen. Weder ist derjenige Tarifvertrag benannt, auf den sich die [X.] zum [X.]punkt des [X.] nach Auffassung des [X.] bezogen haben soll, noch derjenige, dem das Berufungsgericht die Zahlungsverpflichtung der Beklagten für den Streitzeitraum entnommen hat.

aa) Soweit das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen in diesem Zusammenhang ausführt, die Beklagte habe zum [X.]punkt des [X.] „den [X.]ehaltstarifvertrag für Arbeitnehmer im Einzelhandel [X.]“ angewandt, ist bereits dieser nicht präzise bezeichnet. Ein Rückgriff auf die vorherigen allgemeinverbindlichen Entgelttarifverträge ist schon deshalb nicht möglich, weil deren Allgemeinverbindlichkeit und damit die - unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung bestehende - normative Wirkung bereits seit dem 31. März 2000, mithin vor Abschluss des Arbeitsvertrags beendet war. Sie wurde danach auch nicht ersetzt oder erneuert.

bb) Den im Berufungsurteil gleichfalls herangezogenen vorher allgemeinverbindlichen Lohn- und [X.]ehaltstarifverträgen des Einzelhandels in [X.] lässt sich der zum [X.]punkt des [X.] von der [X.] erfasste [X.] auch nicht mittelbar entnehmen. Es ist zwar bekannt, dass diese Tarifverträge vom Einzelhandelsverband [X.] e.V. auf der einen und der [X.]ewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen im D[X.]B, Landesbezirksleitung [X.] sowie der Deutschen Angestellten-[X.]ewerkschaft, Landesverband [X.], auf der anderen Seite geschlossen wurden. Für evtl. Folgetarifverträge in der [X.] ab dem Ende der [X.] fehlt es an tatsächlichen Feststellungen über die Identität der jeweiligen Tarifvertragsparteien im Einzelhandel des Landes [X.]. So ist im Berufungsurteil keiner der Folgetarifverträge, die von der dynamischen [X.] erfasst sein sollten, durch die Bezeichnung der sie abschließenden Tarifvertragsparteien und - mit einer Ausnahme (dazu unten) - nach [X.] oder dem [X.]punkt des Inkrafttretens gekennzeichnet worden.

Es soll deshalb nur ergänzend und zur Verdeutlichung darauf hingewiesen werden, dass es im Einzelhandel des Landes [X.] auf beiden Seiten der [X.] verschiedene tarifvertragsschließende Parteien gab und gibt. Neben der [X.], die Rechtsnachfolgerin ua. der [X.]ewerkschaft [X.] und der [X.] geworden ist (vgl. dazu [X.] 4. Juli 2007 - 4 [X.] 491/06 - Rn. 48 ff., [X.]E 123, 213), dem Deutschen [X.]ewerkschaftsbund als Dachverband angehört und (wohl) regelmäßig auf Arbeitnehmerseite Tarifverträge vereinbart, hat in der Vergangenheit nach der Tarifsammlung des [X.] am 10. Dezember 2013 die „[X.] - Die [X.], die nach dem - nicht rechtskräftigen - Beschluss des [X.] Hamburg vom 4. Mai 2016 (- 5 [X.] -; Rechtsbeschwerde beim [X.] anhängig) eine tariffähige [X.]ewerkschaft ist, einen Lohntarifvertrag für den Einzelhandel in [X.] geschlossen, ebenso wie bereits am 25. Juli 2008 einen Manteltarifvertrag. [X.] auf Arbeitgeberseite war ua. dabei der „Handelsverband [X.] [X.], der allerdings auch mit der [X.]ewerkschaft [X.] vereinbart hat. Ferner ist der [X.] zum Manteltarifvertrag der [X.]ewerkschaft [X.] vom 10. Dezember 2013 im Jahre 2008 sowohl vom „Handelsverband [X.] [X.] - Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und [X.]roßbetriebe des Einzelhandels in [X.] e.V.“ als auch vom „Einzelhandelsverband [X.]“ geschlossen worden. Ein ausdrücklich hierzu vereinbarter „[X.]“ vom 29. Juni 20111 dagegen wurde auf der Arbeitgeberseite (nur) vom „Handelsverband [X.] e.V.“ mit der [X.]ewerkschaft [X.] vereinbart. Die zum [X.]punkt des Vertragsschlusses der Parteien nicht mehr allgemeinverbindlichen Lohn- und [X.]ehaltstarifverträge waren 1999 auf Arbeitgeberseite jeweils allein vom „Einzelhandelsverband [X.] e.V.“ geschlossen worden. Der bis zum Jahre 2003 allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag ist dagegen 1996 auf Arbeitgeberseite vom „[X.]“ und dem „[X.] vereinbart worden.

Damit sind in der [X.] vom Abschluss des Arbeitsvertrags bis zu dem hier maßgebenden [X.]raum allein auf Arbeitnehmerseite mindestens zwei [X.]ewerkschaften und auf Arbeitgeberseite mindestens fünf verschiedene Tarifvertragsparteien im Einzelhandel für das Land [X.] aufgetreten. Das begründet nicht, aber verdeutlicht, dass es sich bei der Anforderung nach der Bezeichnung einer Anspruchsgrundlage durch die Bezeichnung des oder der das Arbeitsverhältnis bestimmenden Tarifvertrags/Tarifverträge um zwingende Maßgaben handelt.

cc) Das [X.] wendet im Ergebnis dann einen nicht näher bezeichneten Lohn- oder [X.]ehaltstarifvertrag an, von dessen Erfassung durch die arbeitsvertragliche [X.] es offenbar ausgeht. Auch dies hätte einer Begründung bedurft, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die früher allgemeinverbindlichen Lohn- bzw. [X.]ehaltstarifverträge auf Arbeitgeberseite von dem „Einzelhandelsverband [X.] e.V.“ die letzten, dem Revisionsgericht vorliegenden Lohn- und [X.]ehaltstarifverträge jedoch vom „Handelsverband [X.] e. V.“ geschlossen wurden. In der dazwischen liegenden [X.] haben auch andere Verbände mit den [X.]ewerkschaften Deutsche Angestellten-[X.]ewerkschaft ([X.]) und Handel, Banken und Versicherungen ([X.]) bzw. der [X.]ewerkschaft [X.] [X.]ehalts- und [X.] abgeschlossen. Aber auch die bereits oben genannte „[X.] - Die [X.] ist insoweit tätig geworden, zum Beispiel durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags vom 10. Dezember 2013, eines Manteltarifvertrags oder schon im Jahre 2003 durch den Abschluss eines Lohntarifvertrags mit der „Landesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und [X.]roßbetriebe des Einzelhandels in [X.] e.V.“ Auf weitere Unklarheiten ist bereits oben hingewiesen worden.

c) Auf den Umstand, dass zu den [X.] der vom Berufungsgericht als zutreffend angesehenen Anspruchsgrundlage, insbesondere zum persönlichen [X.]eltungsbereich des dabei „angewandten“ Tarifvertrags sowie zur Tätigkeit der Klägerin und damit zu der Erfüllung der Anforderungen des [X.] der von ihr geltend gemachten [X.]ehaltsgruppe keinerlei Ausführungen im Berufungsurteil gemacht worden sind, kommt es danach nicht mehr an.

III. [X.] ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf.

1. Soweit es um die Auslegung des Vergleichs vom 23. April 2013 geht, mangelt es an Feststellungen über die Rahmenbedingungen des vom [X.] festgestellten (Teil-)Wortlauts des Vergleichs, insbesondere über dessen Vorgeschichte und die Umstände seines Zustandekommens, die Rückschlüsse auf die Interessenlage der Parteien und den mit dem Vergleich verfolgten Zweck zulassen können. Diese wird es im Rahmen einer erneuten Berufungsverhandlung und Entscheidung nachzuholen haben.

2. Sollte sich aus der Auslegung des gerichtlichen Vergleichs vom 23. April 2013 die Vereinbarung einer (weiteren) dynamischen Anwendung eines „[X.]s“ ergeben, bedarf es zur Bestimmung der konkreten Anspruchsgrundlage weiteren Vortrags der Parteien, zu dessen Erbringung ihnen nach Maßgabe des Art. 103 Abs. 1 [X.][X.] [X.]elegenheit zu geben ist. Es wird dabei darauf ankommen, den Arbeitsvertrag der Parteien iVm. dem gerichtlichen Vergleich auszulegen und zu überprüfen, hinsichtlich welchen Tarifvertrags welcher Tarifvertragsparteien die Arbeitsvertragsparteien zum Entgelt eine dynamische Vereinbarung getroffen haben und welcher jeweils neue Tarifvertrag nach dem Ende des vorherigen von dieser [X.] erfasst war. Hat die Dynamik bis zum Streitzeitraum nicht geendet, wird festzustellen sein, auf welchen konkreten Tarifvertrag sie sich im August 2013 und dem nachfolgenden [X.]raum erstreckt hat. Die dort ggf. vorgesehenen Anspruchsgrundlagen sind sodann hinsichtlich der Erfüllung ihrer Tatbestandsmerkmale auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden.

        

    Creutzfeldt    

        

    Klose    

        

    Rinck    

        

        

        

    Creutzfeldt    

        

    Mayr    

                 

Meta

4 AZR 522/15

25.01.2017

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 2. Dezember 2014, Az: 14 Ca 2982/14, Urteil

§ 133 BGB, § 154 BGB, § 4 Abs 1 TVG, § 5 Abs 4 TVG, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 256 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.01.2017, Az. 4 AZR 522/15 (REWIS RS 2017, 16771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16771

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