Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.03.2022, Az. B 7/14 AS 393/21 B

7. Senat | REWIS RS 2022, 576

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Urteilsinhalt - Fehler bei der Abfassung des Tatbestands


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 8. September 2021 - L 12 AS 2077/18 - wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 [X.]G).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz und des [X.] hat die Klägerin in der Beschwerdebegründung nicht schlüssig bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

3

Soweit die Klägerin sich auf eine (vermeintliche) Abweichung der Berufungsentscheidung (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) beruft, legt sie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines solchen Zulassungsgrundes nicht hinreichend dar.

4

Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des [X.] abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das [X.] aufgestellt hat (vgl [X.] vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] 34 S 72), weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt ([X.] vom [X.] U 391/05 B - [X.] 4-1500 § 193 [X.] 3 Rd[X.] 4).

5

Diese Voraussetzung erfüllt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr wird schon kein konkreter Rechtssatz wiedergegeben, den das [X.] in seiner Entscheidung aufgestellt haben soll. Vielmehr beschränken sich die Darlegungen zur Divergenz darauf, Entscheidungen des [X.] zu Verfahrensmängeln im Zusammenhang mit dem Umfang des Tatbestands in den schriftlichen Urteilsgründen zu benennen und rügen das Vorgehen des [X.], das den in diesen Entscheidungen aufgestellten Grundsätzen widersprochen haben soll. Die in diesem Vorgehen liegende bloße Gestaltung des [X.] ist indes nicht der [X.] zugänglich, sondern eröffnet die Verfahrensrüge.

6

Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.]G die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann.

7

Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel einen Verstoß gegen § 136 Abs 1 [X.] 5, Abs 2 [X.]G, weil die Entscheidung des [X.] nicht die gedrängte Darstellung des Tatbestands beinhalte sowie die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G, weil ihr nicht hinreichend Gelegenheit gegeben worden sei, zu ihrer Hilfebedürftigkeit vorzutragen.

8

Die Rüge der Verletzung von § 136 Abs 1 [X.] 5, Abs 2 [X.]G erfüllt die Anforderungen an die schlüssige Bezeichnung eines [X.] nicht. Die Klägerin macht wegen des Inhalts des Urteils geltend, das [X.] habe seine Entscheidung auf einen fehlenden Leistungsantrag gestützt. Demgegenüber sei das [X.] davon ausgegangen, dass ein solcher Antrag vorgelegen habe, die Klägerin aber nicht hilfebedürftig gewesen sei. Dazu komme im streitigen Teil des Tatbestands des [X.] nur folgende Passage vor: "Die Klägerin behauptet, ihren Lebensunterhalt habe sie im streitigen Zeitraum mit Bargeld bestritten, das sie im Leistungsantrag in der Anlage 'VM' angegeben habe. Mietzahlungen seien ihr gestundet worden." und der Tatbestand enthalte wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezugnahmen auf die Gerichtsakte, Akten zum Parallelverfahren, beigezogene Akten des [X.] Köln zu drei Verfahren sowie des Beklagten.

9

Diese Ausführungen genügen für die Bezeichnung eines [X.] iS von § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G durch Verstoß gegen § 136 Abs 1 [X.] 5 [X.]G nicht, weil sich aus ihnen nicht ergibt, dass die Fehler, die dem [X.] bei der Abfassung des Tatbestands unterlaufen sein sollen, auch schwerwiegend sind. Die Schwere eines Verstoßes gegen § 136 Abs 1 [X.] 5 [X.]G entscheidet darüber, ob er als Verfahrensmangel im Rahmen des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G erfolgreich gerügt werden kann. Ob ein Fehler schwerwiegend ist, ist ausgehend von der Funktion des Tatbestands zu beurteilen, der [X.] die Grundlage für die Nachprüfung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz bildet ([X.] vom 7.2.2017 - B 5 R 308/16 B - Rd[X.]5 unter Hinweis auf § 163 [X.]G). Grundlage der Nachprüfung des Berufungsurteils in der Revisionsinstanz sind indes nicht nur die im Tatbestand der Entscheidung getroffenen Feststellungen. Vielmehr können Feststellungen auch den Entscheidungsgründen zu entnehmen sein ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 163 Rd[X.] 3). Insofern hätte es der Darlegung bedurft, dass sich auch die Entscheidungsgründe des Urteils des [X.] nicht zum der Entscheidung zugrundeliegenden, festgestellten Sachverhalt verhalten. Davon geht indes auch die Beschwerdebegründung nicht aus, weil sie verlangt, dass sich das [X.] in Tatbestand und Entscheidungsgründen in korrespondierender Art und Weise mit seinen Feststellungen und daraus abgeleiteten juristischen Folgerungen zur Frage der Hilfebedürftigkeit der Klägerin hätte auseinandersetzen müssen. Darauf, dass ausschließlich der Tatbestand Feststellungen enthalten darf und den Entscheidungsgründen allein die - korrespondierende - Würdigung derselben vorbehalten ist, kommt es bei einem im [X.] beachtlichen Verstoß gegen § 136 Abs 1 [X.] 5 [X.]G indes nicht an. Weil insoweit nicht aufgezeigt worden ist, dass die Entscheidung mit ihren ausdrücklichen Tatsachenfeststellungen ungeeignet ist, Grundlage für die Nachprüfung des Urteils des [X.] in der Revisionsinstanz zu sein, ist ohne Belang, ob die dargestellte Bezugnahme auf beigezogene Akten die im Rahmen des § 136 Abs 2 [X.]G einzuhaltenden Anforderungen erfüllen kann.

Soweit mit der Beschwerde geltend gemacht wird, der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]G) sei verletzt worden, weil ihr nicht hinreichend Gelegenheit gegeben worden sei, zu ihrer Hilfebedürftigkeit vorzutragen, legt die Beschwerdebegründung nicht dar, dass diese Frage nicht Gegenstand der Erörterung (vgl § 128 Abs 2 [X.]G) gewesen ist. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zur [X.] beschränken sich vielmehr darauf, dass die Antragstellung Schwerpunkt des Verfahrens gewesen sei. Sie zeigt aber nicht auf, dass nach dieser - notwendig zu klärenden - Vorfrage die Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht thematisiert worden sei, zumal die in der Beschwerdebegründung als streitiger Teil wiedergegebene Passage des Urteils des [X.] Einzelheiten des Vortrags der Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts enthält.

Die Verwerfung der Beschwerden erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.]G ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 7/14 AS 393/21 B

22.03.2022

Bundessozialgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend SG Köln, 8. November 2018, Az: S 13 AS 2964/18, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 136 Abs 1 Nr 5 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.03.2022, Az. B 7/14 AS 393/21 B (REWIS RS 2022, 576)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 576

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