Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.05.2012, Az. 25 W (pat) 110/11

25. Senat | REWIS RS 2012, 5932

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Schutzentziehungsverfahren - " MELIFLOR  (IR-Marke)" – fehlende Einlegung des Widerspruchs gegen den Antrag auf Schutzentziehung - keine automatische Rechtsfolge der Schutzentziehung – Erforderlichkeit der förmlichen Beschlussfassung durch Markenabteilung – Einlegung der Beschwerde gegen die ausgesprochene Schutzentziehung - Rücknahme des Schutzentziehungsantrags im Beschwerdeverfahren - verfahrensbeendende Wirkung - Wirkungslosigkeit der ausgesprochenen Schutzentziehung – keine Kostenauferlegung zu Lasten des Unterlegenen – keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das [X.]/11

gegen die Marke IR 551 457

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 31. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Markenabteilung 3.4.des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Oktober 2011 wirkungslos ist.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die für die Waren der Klasse 30

2

"Miel naturel, bonbons au miel, biscuits au miel "

3

international unter der Nummer IR 551 457 registrierten Marke

4

[X.],

5

deren Schutz sich auch auf die [X.] erstreckt, hat die Antragstellerin mit einem am 14. Januar 2011 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz einen Schutzentziehungsantrag wegen Verfalls gestellt. Die Mitteilung der Markenabteilung über den Schutzentziehungsantrag, die vom 4. März 2011 datiert und an die [X.] mit Sitz in [X.]…, [X.], als der im Register eingetragenen Vertreterin der Markeninhaberin adressiert war, ist am 9. März 2011 zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post an die [X.] übergeben worden.

6

Mit Beschluss vom 18. Oktober 2011 hat die Markenabteilung 3.4. der Marke [X.] den Schutz für die [X.] entzogen, da die Markeninhaberin dem Schutzentziehungsantrag nicht innerhalb der Frist des § 53 Abs. 3 [X.] widersprochen habe, so dass die Schutzentziehung ohne weitere Sacherörterung vorzunehmen sei. Der Beschluss ist am 28. Oktober 2011 zum Zwecke der Zustellung an die [X.] übergeben worden, wobei als Adressatin wiederum die [X.] genannt ist.

7

Gegen den Beschluss der Markenabteilung hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. November 2011 Beschwerde eingelegt, des weiteren hat sie zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist beantragt und Widerspruch gegen den Schutzentziehungsantrag erklärt. Bei der [X.] sei nämlich keine Post den Schutzentziehungsantrag der Marke [X.] betreffend eingegangen. Zur Glaubhaftmachung hierfür hat die Markeninhaberin eidesstattliche Versicherungen der Rechtsanwältin C… sowie deren für die Post zuständigen Mitarbeiterin vorgelegt, die die Kanzleipost seit über 26 Jahren sorgfältig und beanstandungsfrei bearbeite. In diesem Zusammenhang weist die Markeninhaberin noch darauf hin, dass die Post in [X.] im Jahre 2011 viel gestreikt habe und in dieser Zeit einige Briefe verloren gegangen seien. Da sie demnach die Widerspruchsfrist schuldlos versäumt habe, habe sie, um die endgültige Löschung ihrer Marke zu verhindern, Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung einlegen müssen, weshalb ihr die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten sei.

8

Mit Schriftsatz von 22. Februar 2012 hat die Antragstellerin unter Hinweis auf einen mit der Markeninhaberin geschlossenen Vergleich den Schutzentziehungsantrag zurückgenommen.

9

Die Markeninhaberin beantragt nunmehr noch,

ihr die Beschwerdegebühr zu erstatten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung der Markenabteilung 3.4., die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Nachdem die Antragstellerin den Schutzentziehungsantrag zurückgenommen hat und der Beschluss der Markenabteilung vom 18. Oktober 2011 nicht bestandskräftig geworden ist, ist der die Schutzentziehung aussprechende Beschluss der Markenabteilung 3.4. gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog [X.] geworden. Der Ausspruch zur Wirkungslosigkeit des angefochtenen Beschlusses erfolgt von Amts wegen insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit, wobei auch vorliegend eine Entscheidung über den Antrag der Markeninhaberin auf Erstattung der [X.] zu treffen war.

a) Die Beschwerde der Markeninhaberin war zulässig, insbesondere statthaft.

Mit dem Beschluss der Markenabteilung über die Schutzentziehung der [X.] lag eine gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] beschwerdefähige Entscheidung vor.

Der Begriff des Beschlusses im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist nicht formell, sondern materiell zu verstehen, (vgl. [X.], 535 - Aufhebung der Geheimhaltung; s. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 66, [X.]. 7; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 66, [X.]. 14), so dass es für die [X.] der Beschwerde nicht auf die Form der Entscheidung ankommt, sondern auf den Inhalt der angegriffenen Entscheidung unabhängig von ihrer äußeren Bezeichnung (s. hierzu [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 66 [X.]. 8; [X.]/[X.], a. a. [X.]). Angefochten werden können mit der Beschwerde nach § 66 Abs. 1 [X.] alle Entscheidungen der Markenstelle oder -abteilung, die eine abschließende Regelung enthalten, welche die Rechte der Beteiligten berühren (s. [X.]/[X.] a. a. [X.]; [X.]/[X.] a. a. [X.]). Nicht beschwerdefähig sind daher lediglich vorbereitende Bescheide (z. B. Beanstandungsbescheide wegen absoluter Schutzhindernisse) und bloße Mitteilungen ohne [X.] (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 66 [X.]. 9; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 66 [X.]. 15). Dagegen können mit der Beschwerde in der Regel auch abschließende Feststellungen über den Eintritt oder [X.] bestimmter Rechtsfolgen angefochten werden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 66 [X.]. 7; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 66 [X.]. 15; [X.]. 2005, 569, 570 - RENAPUR).

Mit der Schutzentziehung einer international registrierten Marke nach §§ 119, 124, 115 [X.] i. V. m. § 53 Abs. 3 [X.] wie auch mit der Löschung einer nationalen Marken nach § 53 Abs. 3 [X.] wird faktisch in größtmöglichem Umfang und abschließend in die Rechte des Markeninhabers eingegriffen. Er verliert sein Recht an der eingetragenen Marke. Mithin handelt es sich bei der Schutzentziehung wie auch bei der Löschung wegen Verfalls grundsätzlich um eine beschwerdefähige Entscheidung, unabhängig davon, in welcher Form (Beschluss oder Verfügung) sie vorgenommen worden ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang außerdem, ob die Markenabteilung mit der Schutzentziehung bzw. Löschung den Eintritt dieser Rechtsfolge lediglich feststellt, wovon auszugehen wäre, wenn § 53 Abs. 3 [X.] eine unmittelbar kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge regelt, oder ob erst durch die Entscheidung der Markenabteilung die Rechtsfolge der Schutzentziehung bzw. Löschung herbeigeführt wird (siehe dazu im Folgenden). Die Beschwerde der Markeninhaberin war auch fristgerecht binnen einen Monats nach Zustellung des Beschlusses gemäß § 66 Abs. 2 [X.] eingelegt worden. Die Zustellung an die Markeninhaberin bzw. ihre Vertreterin, die beide ihren Sitz in [X.] haben, erfolgte am 28. Oktober 2011 im Wege der Auslandszustellung gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Aufgabe zur Post, womit sie zwei Wochen nach diesem Zeitpunkt, also am 11. November 2011 als zugestellt galt. Die Markeninhaberin hat am 25. November 2011 und somit innerhalb der Monatsfrist Beschwerde erhoben.

b) Die Rücknahme des Schutzentziehungsantrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren hat verfahrensbeendende Wirkung und führt zur Wirkungslosigkeit der vom [X.] zuvor ausgesprochenen Schutzentziehung.

Grundsätzlich ist die Rücknahme eines auf Verfallsgründe gestützten Löschungs-/Schutzentziehungsantrages nach § 53 Abs. 1 [X.] ebenso wie die Rücknahme eines Schutzentziehungs- bzw. [X.] wegen absoluter Schutzhindernisse (vgl. [X.] (pat) 74/99 - [X.], zu finden in [X.] PROMA; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 54, [X.]. 6) oder die Rücknahme eines Widerspruchs (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 42, [X.]. 49) in jedem Verfahrensstand zu berücksichtigen. Das [X.] war - bis zur [X.] - nicht abgeschlossen, da die Markeninhaberin - wie oben ausgeführt - gegen die Schutzentziehung eine zulässige Beschwerde eingelegt hatte, mithin der Beschluss der Markenabteilung nicht bestandskräftig geworden war, und zudem die Schutzentziehung der angegriffenen Marke rein tatsächlich auch noch nicht vollzogen worden war. Gründe für eine andere Sachbehandlung der [X.] im [X.] nach § 53 [X.] als im Widerspruch- oder Löschungsantragsverfahren nach §§ 42, 54 [X.] sind nicht gegeben, insbesondere ergeben sich solche nicht aus den unterschiedlichen Verfahrensabläufen nach erhobenem Widerspruch gegen den Löschungs- bzw. Schutzentziehungsantrag.

Auch führt der Umstand, dass die Widerspruchsfrist für die Markeninhaberin gegen den Schutzentziehungsantrag gemäß §§ 119, 124, 115, [X.] i. V. m. § 53 Abs. 3 [X.] verstrichen war, zu keinem anderen Ergebnis und zwar unabhängig von der Frage, ob der Wiedereinsetzungsantrag der Markeninhaberin zulässig und begründet war. Denn der Ablauf der Frist des § 53 Abs. 3 [X.] ohne Widerspruch des Inhabers der mit dem Löschungs- bzw. Schutzentziehungsantrag angegriffenen Marke führt nicht automatisch zur Löschung bzw. Schutzentziehung, d. h. diese Rechtsfolge tritt nicht unmittelbar kraft Gesetzes ein, sondern bedarf einer Entscheidung durch die Markenabteilung des [X.] - dabei sogar einer förmlichen Beschlussfassung des [X.], wie der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 65 Abs. 1 Nr. 11 [X.] zu entnehmen ist (so im Ergebnis auch [X.], [X.] 2004, 168 – [X.]; weniger eindeutig: [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 53, [X.]. 5). Dieser Regelungsinhalt des § 53 Abs. 3 [X.] ergibt sich bei sachgerechter Auslegung der Norm, insbesondere unter systematischen und teleologischen Gesichtspunkten. Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung ist der Wortlaut des Gesetzes, der vorliegend zu keinem klaren Ergebnis führt. Denn die Formulierung in § 53 Abs. 3 [X.] "wird die Eintragung gelöscht" lässt ein Verständnis in beide Richtungen zu, d. h. dass die Rechtsfolge ipso iure eintritt bzw. erst aufgrund einer dahingehenden Entscheidung eintreten soll. Jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang mit anderen Regelungen des [X.]es, dass der Gesetzgeber in § 53 Abs. 3 [X.] nicht eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge normieren wollte, sondern dass es hierfür einer nicht nur rein deklaratorischen, sondern einer konstitutiven Entscheidung bedarf. In § 65 Abs. 1 Nr. 11 [X.] ist nämlich eine Rechtsverordnungsermächtigung dafür vorgesehen, dass Beamte des gehobenen Dienstes oder vergleichbare Angestellte mit Aufgaben betraut werden können, die den [X.] obliegen. Ausdrücklich ausgenommen davon sind Beschlussfassungen über die Löschung von Marken (§§ 48 Abs. 1, §§ 53 und 54), was dafür spricht, dass nicht nur eine unmittelbar von Gesetzes wegen eintretende Rechtsfolge festzustellen ist, sondern zur Frage der Schutzentziehung bzw. Löschung eine Entscheidung zu treffen ist, zumal dabei auch einige rechtliche Gesichtspunkte zu beachten bzw. zu überprüfen sind. Zunächst sind die Voraussetzungen für der ordnungsgemäßen Antragstellung nach § 53 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 41 [X.] einschließlich der Antragsfähigkeit und -berechtigung des Antragstellers zu prüfen. Im Weiteren ist eine Prüfung dahingehend erforderlich, ob der Schutzentziehungs-/Löschungsantrag an den Inhaber der angegriffenen Marke ordnungsgemäß zugestellt worden ist, d. h. ob die Frist für den Widerspruch gegen die Schutzentziehung/Löschung zu laufen begonnen hat, und ob die zweimonatige Frist ohne Widerspruchserklärung des Markeninhabers abgelaufen ist (s. zu dieser nicht immer einfachen Fragen: Senatsentscheidung vom 17. Februar 2011, [X.].: 25 W (pat) 216/09, [X.], 854 - [X.] Griessler). Angesichts dieser Prüfungspunkte, die unter Umständen nicht unerhebliche rechtliche Schwierigkeiten aufweisen können und deshalb nach § 56 Abs. 3 [X.] i. V. m. § 65 Abs. 1 Nr. 11 [X.] der Markenabteilung in qualifizierter Besetzung vorbehalten sind, kann nur eine die Schutzentziehung bzw. Löschung aussprechende Entscheidung dem Regelungszweck des § 53 Abs. 3 [X.] entsprechen.

Wenn aber die Schutzentziehung/Löschung nicht ipso iure mit dem Fristablauf eintritt, sondern erst durch eine Entscheidung der Markenabteilung mit konstitutiver Wirkung nach § 53 Abs. 3 [X.] i. V. m. § 65 Abs. 1 Nr. 11 [X.], die – wie hier – in zulässiger Weise angefochten ist, hat der Fristablauf auch nicht unabhängig vom weiteren Verfahrensablauf und der Möglichkeit der [X.] zwingend die Schutzentziehung bzw. Löschung der angegriffenen Marke zur Folge. Die Rücknahme des Schutzentziehungsantrags führt in diesem Verfahrensstadium vielmehr dazu, dass das Beschwerdeverfahren erledigt ist und die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung wirkungslos wird, wie dies auch in anderen Antragsverfahren so bei Rücknahmen von Löschungsanträgen nach §§ 50, 54 [X.] und Widersprüchen nach § 42 [X.] der Fall ist (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 66 [X.]. 68 ff. bzw. [X.]. 72 ff. und 75 ff.). Die von der Inhaberin der eingetragenen Marke versäumte Frist des § 53 Abs. 3 [X.], für die sie Wiedereinsetzung in der vorigen Stand beantragt hat, verliert durch die Rücknahme des Schutzentziehungsantrags vor Bestandskraft der [X.] ihre Wirkung bzw. Bedeutung, ist dadurch quasi prozessual überholt. Es widerspräche dem Sinne und Zweck des Löschungs- bzw. [X.]s nach § 53 [X.] als Antragsverfahren, das auch wesentlich den Interessen des Antragstellers dient, unabhängig vom weiteren [X.] allein den Ablauf der 2-Monatsfrist des § 53 Abs. 2 [X.] ohne Widerspruch des Inhabers der angegriffenen Marke mit der - vorbehaltlich eines erfolgreichen Wiedereinsetzungsantrags - zwingenden Sanktion der Markenlöschung bzw. Schutzentziehung zu belegen. Deshalb ist der Wortlaut des § 53 Abs. 3 [X.] im Wege der teleologisch Reduktion dahingehend auszulegen, dass die Löschung/Schutzentziehung der mit dem Löschungsantrag/ Schutzentziehungsantrag angegriffenen Marke nicht erfolgt "sofern der Löschungsantrag bzw. Schutzentziehungsantrag vor der Bestandskraft der Löschungs- bzw. [X.] wirksam zurückgenommen wird."

Die Wirkungslosigkeit der [X.] der Löschungsabteilung ist gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m § 269 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz, Abs. 4 ZPO analog festzustellen. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Markeninhaberin an der entsprechenden Feststellung und Klärung ergibt sich schon daraus, dass nach Rücknahme des Schutzentziehungsantrags die ausgesprochene [X.] nicht mehr zu vollziehen ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 82 [X.]. 40 ff.). Dieses Rechtsschutzbedürfnis besteht um so mehr, als die Rechtslage nach Ablauf der "Widerspruchsfrist" des § 53 Abs. 3 [X.] ohne Widerspruch gegen die Löschung und Schutzentziehung – wie ausgeführt - nicht ganz einfach zu beurteilen ist und durchaus kontrovers diskutiert werden kann.

2. Es sind keine Gründe gegeben, der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Von dem nach § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.] geltenden Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat, der gemäß § 71 Abs. 4 [X.] auch bei Rücknahme eines [X.] anzuwenden ist, ist nur unter besonderen Umständen abzuweichen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, [X.]. 12). Der Verfahrensausgang für sich genommen reicht zur Kostenauferlegung zu Lasten des Unterlegenen nicht aus (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, [X.]. 11) und daher auch nicht die Rücknahme des Antrages nach außergerichtlichem Vergleichsabschluss der Beteiligten. Da das [X.] mit § 71 Abs. 4 [X.] eine abschließende Kostenregelung bei Rücknahme eines Löschungs- bzw. Schutzentziehungsantrages enthält, kann auch nicht über § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO in entsprechender Anwendung zurückgegriffen werden (vgl. zur Widerspruchsrücknahme BGH GRUR 1998, 818, 819 - [X.]; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 42, [X.]. 51).

3. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr an die Markeninhaberin gemäß § 71 Abs. 3 [X.] kommt nicht in Betracht.

Bei dieser Regelung handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand, der nur bei Vorliegen besonderer Umstände und auch nicht schon bei jeder fehlerhaften Rechtsanwendung erfüllt ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 71, [X.]. 43, 44). Vorliegend sind aber nicht einmal Anzeichen für eine fehlerhafte Verfahrens- bzw. Sachbehandlung des [X.] gegeben. Die Markenabteilung hat mit der Zustellung durch Aufgabe zur Post eine für die Auslandszustellung zulässige Form der Zustellung gewählt und diese auch in korrekter Weise durchgeführt. § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sieht die Zustellung an Empfänger, die sich im Ausland aufhalten und keinen Inlandsvertreter bestellt haben, mit eingeschriebenem Brief durch Aufgabe zur Post vor. Gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist zum Nachweis der Zustellung in den Akten mit Unterschrift zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Anschrift das Schriftstück zur Post gegeben wurde. Diese Formalien sind ausweislich des auch unterschriebenen Aktenvermerks (Bl. 10 der [X.]) erfüllt, so dass die Zustellung zwei Wochen nach der Aufgabe zur Post, mithin am 17. März 2011, gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO fingiert wurde. Da ein Widerspruch der Markeninhaberin nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung, d. h. nicht bis zum 17. Mai 2011, eingegangen war und der Markenabteilung zudem keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Mitteilung vom 4. März 2011 der Markeninhaberin bzw. ihrem Vertreter nicht zugegangen sein könnte, wie die Markeninhaberin in ihrem Wiedereinsetzungsantrag angegeben hat, konnte sie eine Entscheidung gemäß § 53 Abs. 3 [X.] treffen. Allein der Umstand, dass sich ein allgemeines Risiko verwirklicht, nämlich wie hier, dass Postsendungen im normalen Postverkehr verloren gehen und sich hieraus Nachteile für Verfahrensbeteiligte ergeben, rechtfertigt nicht, den Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 3 [X.] zu bejahen, zumal die genauen Umstände regelmäßig nicht geklärt werden können.

Meta

25 W (pat) 110/11

31.05.2012

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 184 Abs 2 S 1 ZPO § 269 Abs 3 ZPO § 269 Abs 4 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.05.2012, Az. 25 W (pat) 110/11 (REWIS RS 2012, 5932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5932

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