Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.03.2019, Az. 30 W (pat) 38/18

30. Senat | REWIS RS 2019, 9607

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Inlandsvertreter IV" – Pflicht zur Bestellung – Benachrichtigung durch DPMA – zur Frage, ob die formlose ins Ausland versandte Mitteilung ausreichen kann, um die Verpflichtung des auswärtigen Markeninhabers zur Inlandsvertreterbestellung zu begründen


Leitsatz

Inlandsvertreter IV

Zur Frage, ob die Obliegenheit eines im Ausland ansässigen Markeninhabers, in einem anhängig gewordenen Löschungsverfahren einen Inlandsvertreter zu bestellen, durch einen formlos an die im Register vermerkte Auslandsadresse übermittelten Hinweis ausgelöst werden kann.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 985 283 – [X.] 100/17 Lösch

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 7. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Der Präsidentin des [X.] wird anheimgegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.

Gründe

I.

1

Der international registrierten Marke [X.] 985 283

2

WIPEOUT

3

wurde am 13. Juli 2009 für Waren der Klasse 9 und Dienstleistungen der Klasse 41 der Schutz in der [X.] bewilligt.

4

Mit Eingabe beim [X.] vom 23. März 2017 hat die Antragstellerin gegen diese [X.]-Marke einen Antrag auf [X.] wegen Verfalls für das Gebiet der [X.] nach §§ 119, 124, 115, 49, 53 [X.] gestellt, da die Marke nicht gemäß § 26 [X.] benutzt worden sei.

5

Eine Mitteilung über den Eingang dieses Antrages auf [X.] wurde an die in den [X.] ansässige [X.]-Markeninhaberin zunächst mit einfachem Schreiben vom 27. März 2017 per Post versandt, verbunden mit dem Hinweis, dass sie am Verfahren nur teilnehmen könne, wenn sie einen inländischen Patent- oder Rechtsanwalt oder einen sonstigen Inlandsvertreter im Sinne des § 96 Abs. 2 [X.] beauftrage.

6

Am 27. Juni 2017 hat das Patentamt durch Aufgabe zur [X.] die „Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.]“ vom 22. Juni 2017 über den Antrag auf [X.] versandt, nunmehr verbunden mit dem Hinweis, dass der [X.]-Marke der Schutz in [X.] entzogen werde, wenn die Markeninhaberin nicht innerhalb von zwei Monaten nach Empfang dieser Mitteilung widerspreche (§ 53 Abs. 3 [X.], Art. 5 Abs. 6 PMMA). Außerdem wurde erneut auf die Notwendigkeit der Benennung eines Inlandsvertreters hingewiesen. Dieses Schreiben ist am 8. August 2017 mit dem Vermerk „Return to Sender - [X.] - Unable to Forward“ an das Patentamt zurückgelangt.

7

Mit Verfügung vom 5. September 2017 hat die Markenabteilung hierauf die öffentliche Zustellung der „Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.]“ über den Antrag auf [X.] veranlasst.

8

Mit Beschluss vom 9. Februar 2018 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]es der international registrierten Marke [X.] 985 283 den Schutz in der [X.] entzogen.

9

Zur Begründung ist ausgeführt, die [X.]-Markeninhaberin habe keinen Inlandsvertreter bestellt. Eine Zustellung der Mitteilung über den [X.]santrag an die Markeninhaberin mit eingeschriebenem Brief durch Aufgabe zur Post gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 [X.] i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sei erfolglos geblieben.Die Zustellung sei daher im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nicht möglich gewesen, so dass sie durch öffentliche Bekanntmachung habe erfolgen können. Da die [X.]-Markeninhaberin dem ihr im Wege öffentlicher Zustellung ordnungsgemäß bekannt gegebenen Antrag auf [X.] nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten widersprochen habe, sei der international registrierten Marke [X.] 985 283 auf den zulässigen Antrag ohne weitere Sacherörterung nach §§ 119, 124, 115 Abs. 1, 53 Abs. 3 [X.] i. V. m. Art. 5 C Abs. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1, 6 PMMA der Schutz für die [X.] zu entziehen.

Dieser mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss wurde zunächst am 16. Februar 2018 per „Aufgabe zur [X.]“ an die [X.]-Markeninhaberin versandt, gelangte jedoch erneut mit dem Vermerk „Return to Sender - [X.] - [X.]“ an das [X.] zurück. Die Markenabteilung hat daraufhin auch insoweit die öffentliche Zustellung verfügt.

Ebenso öffentlich zugestellt wurden sodann die „Feststellung“ des [X.]es über die [X.] vom 18. Juli 2018 sowie ein weiteres, an die [X.]-Markeninhaberin gerichtetes Schreiben vom 18. Juli 2018 über den Abschluss des [X.]sverfahrens, dem auch eine Durchschrift der dem [X.] der [X.] in [X.] übersandten Mitteilung vom selben Tag beigefügt war.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 hat der Verfahrensbevollmächtigte und Inlandsvertreter der [X.]-Markeninhaberin unter Bezugnahme „auf den Bescheid des [X.]s vom 20. August 2018“ sowie die „dazugehörige Mitteilung vom 18. Juli 2018“ des Patentamts, wonach der Schutz der [X.]-Marke für [X.] am 9. Februar 2018 wegen Verfalls unanfechtbar entzogen worden sei, Akteneinsicht beantragt.

Außerdem hat er „Beschwerde gegen den Beschluss des [X.]s über die [X.] in [X.] vom 9.2.2018“ eingelegt und zugleich vorsorglich Widerspruch gegen den Verfallsantrag erhoben, da die angegriffene Marke insbesondere in [X.] ernsthaft benutzt worden sei, sowie schließlich hilfsweise Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen den Verfallsantrag beantragt.

Nach erfolgter Akteneinsicht hat die [X.]-Markeninhaberin sodann mit Eingabe vom 10. Dezember 2018 Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]es vom 9. Februar 2018 erhoben.

Zur Begründung trägt sie vor, die [X.]-Markeninhaberin habe keinerlei Kenntnis von dem Löschungsantrag gehabt, nachdem sämtliche Zustellungen gescheitert seien. Mangels ordnungsgemäßer Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.] sei die Widerspruchsfrist nach § 53 Abs. 3 [X.] nicht in Lauf gesetzt worden und hätten die Voraussetzungen für eine [X.] der [X.]-Marke wegen Verfalls für das Gebiet der [X.] nicht vorgelegen.

Bei ausländischen Markeninhabern dürfe die Zustellung nur dann durch Aufgabe zur Post i. S. d. § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erfolgen, wenn der Markeninhaber keinen Inlandsvertreter bestellt habe, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen sei. Eine solche Verpflichtung habe vorliegend für die [X.]-Markeninhaberin nicht bestanden. Denn zum einen sei die [X.] bis zum Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Löschungsantrags unbeanstandet geblieben. Zum anderen folge eine Verpflichtung zur Bestellung eines Inlandsvertreters auch nicht aus den Mitteilungen des Patentamtes vom 27. März 2017 und vom 22. Juni 2017.

Die formlose, mit einfacher Post versandte Mitteilung vom 27. März 2017 sei der Markeninhaberin nicht zugegangen, so dass sie hierauf nicht habe reagieren können. Der Sache nach sei sie nicht geeignet, eine Obliegenheit der [X.]-Markeninhaberin zur Bestellung eines Inlandsvertreters im Sinne von § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu begründen, da sie nicht förmlich zugestellt worden sei. Die Mitteilung über die (neu entstandene) Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters müsse aber denselben strengen Anforderungen des [X.] unterliegen wie die Zustellung des Löschungsantrags selbst. Andernfalls würde der Schutzzweck der einschlägigen Vorschriften über die Auslandszustellung unterlaufen und ein Markeninhaber, der von der Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters keine Kenntnis erhalten und daher auch keine Pflichtverletzung begangen habe, würde mit der weitreichenden Folge einer Löschung bzw. [X.] seiner Marke sanktioniert.

Ausgehend hiervon erfülle auch die zweite, per [X.] am 27. Juni 2017 versandte Mitteilung des Patentamts vom 22. Juni 2017 nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine wirksame Zustellung. Denn auch zu diesem Zeitpunkt habe die Markeninhaberin keine Kenntnis von der Notwendigkeit der Bestellung eines Inlandsvertreters gehabt, so dass die Voraussetzungen für eine vereinfachte Auslandszustellung nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1, 4 ZPO nicht vorgelegen hätten.

Schließlich seien auch die öffentlichen Zustellungen nicht von § 10 [X.] gedeckt gewesen. Das Scheitern der ersten Zustellungsversuche durch Aufgabe als Einschreiben zur Post rechtfertige noch nicht die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, 3 [X.] erforderliche Feststellung, dass der Aufenthalt des Empfängers allgemein unbekannt gewesen sei, zumal es die Markenabteilung entgegen den Vorgaben der Rechtsprechung versäumt habe, weitere Nachforschungen zu unternehmen.

Daher seien weder die Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.], noch der [X.]santrag, noch der angefochtene Beschluss über die [X.] der [X.]-Markeninhaberin ordnungsgemäß zugestellt worden, so dass weder die Widerspruchsfrist nach § 53 Abs. 3 [X.] noch die Beschwerdefrist in Lauf gesetzt worden sei. Da die Voraussetzungen für eine Löschung gemäß § 53 [X.] nach alledem nicht vorgelegen hätten, sei der angefochtene Beschluss zu Unrecht ergangen und auf die zulässige Beschwerde hin aufzuheben.

Die [X.]-Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]es vom 9. Februar 2018 aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

 die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, das Vorbringen der Markeninhaberin verkenne, dass das Patentamt die Markeninhaberin mit am 27. März 2017 per Post versandtem Schreiben auf die nunmehr bestehende Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters hingewiesen und eine Zustellung der Mitteilung über den Antrag auf Löschung durch Aufgabe zur Post erst knapp drei Monate später vorgenommen habe. Dabei unterliege die Mitteilung über die Notwendigkeit der Inlandsvertreterbestellung selbst gerade keinem Zustellerfordernis, sondern könne formlos erfolgen (unter Hinweis auf [X.] in: Kur/von [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 18. Auflage, § 53 Rn. 19). Somit sei durch das Schreiben vom 27. März 2017 die Obliegenheit zur Bestellung eines Inlandsvertreters begründet worden und die Voraussetzungen für die Zustellung der Mitteilung über den Löschungsantrag durch Aufgabe zur Post am 27. Juni 2017 nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] hätten vorgelegen. Gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] sei dabei die unwiderlegliche [X.] des § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechend anzuwenden, wonach das Schriftstück zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt gelte.

Folglich sei die Beschwerde bereits unzulässig, da der angefochtene Beschluss am 16. Februar 2018 zur Post gegeben und gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog als der Markeninhaberin am 2. März 2018 zugestellt gelte. Bei Erhebung der Beschwerde am 22. Oktober 2018 sei die Monatsfrist des § 66 Abs. 2 [X.] daher seit Langem abgelaufen gewesen. Ferner sei die Beschwerde unbegründet, da die Mitteilung über den Antrag auf [X.] am 22. Juni 2017 zur Post gegeben worden sei und somit als der Markeninhaberin am 6. Juli 2017 zugestellt gelte. Ausgehend hiervon habe es die Markeninhaberin versäumt, dem Löschungsantrag gemäß § 53 Abs. 3 [X.] binnen einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung zu widersprechen, der erst am 22. Oktober 2018 erklärte Widerspruch sei offensichtlich verfristet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Senat erachtet es wegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 68 Abs. 2 [X.] für angemessen, der Präsidentin des [X.]es anheimzugeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.

Er hält den Beitritt zur Klärung der Frage erforderlich, ob eine formlose, mit einfachem Brief ins Ausland versandte Unterrichtung ausreicht, um die Verpflichtung des auswärtigen Markeninhabers nach § 96 Abs. 1 [X.] zur Bestellung eines Inlandsvertreters zu begründen, dies mit der Folge, dass im Falle des [X.] von einer Obliegenheitspflichtverletzung auszugehen und die vereinfachte Auslandszustellung (hier insbesondere: der Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.]) nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] eröffnet wäre.

1. Die Beschwerde wendet sich gegen den Beschluss der Markenabteilung des [X.]es vom 9. Februar 2018, mit dem der international registrierten Marke [X.] 985 283 der Schutz in der [X.] wegen Verfalls nach §§ 119, 124, 115 Abs. 1, 53 Abs. 3 [X.] i. V. m. Art. 5 C Abs. 1 PVÜ, Art. 5 Abs. 1, 6 PMMA ohne weitere Sachprüfung entzogen worden ist, da die [X.]-Markeninhaberin dem ihr ordnungsgemäß bekannt gegebenen Antrag auf [X.] nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten widersprochen habe.

Nach § 53 Abs. 3 [X.] wird eine Eintragung aufgrund eines Antrages auf Löschung wegen Verfalls (§ 49 [X.]) gelöscht, wenn der Inhaber der Marke nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung des Patentamtes gemäß § 53 Abs. 2 [X.] der Löschung widerspricht. Voraussetzung der Löschung ist daher zunächst eine ordnungsgemäße Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.]. Liegt infolge von [X.] keine ordnungsgemäße förmliche Zustellung vor, wird die zweimonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt ([X.] 24 W (pat) 36/11 – [X.]; [X.] W (pat) 52/08, BeckRS 2009, 11552 – [X.]) und es darf keine Löschung (bzw. hier: [X.]) wegen Verfalls erfolgen.

2. Für Zustellungen im Verfahren vor dem Patentamt gelten die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes ([X.]) mit den Maßgaben gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 [X.]. Für Auslandszustellungen (hier: an die in den [X.] ansässige [X.]-Markeninhaberin) stehen nach den gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich folgende Zustellungsarten zur Verfügung:

a) Zunächst kommen nach § 9 Abs. 1 [X.] grundsätzlich als Zustellungsformen in Betracht: das Einschreiben mit Rückschein (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.]), das Ersuchen einer Behörde des fremden Staates (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]), das Ersuchen des Auswärtigen Amtes (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) und ferner die Übermittlung elektronischer Dokumente unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 5 [X.] (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 [X.]; vgl. im Einzelnen auch Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage 2018, § 94 Rn. 25 f.).

b) Lediglich wenn alle anderen Möglichkeiten, dem Empfänger das Schriftstück zu übermitteln, erschöpft sind, kann als letztes Mittel der Bekanntgabe (vgl. [X.]/App/Schlatmann, [X.], 11. Aufl. 2017, § 10 Rn. 2 m. w. N.) die öffentliche Zustellung nach § 10 [X.] erfolgen; andernfalls verstößt die öffentliche Zustellung gegen Art. 103 Abs. 1 GG ([X.] NJW 1988, 2361; [X.], 45) Zu den anderen Formen der Zustellung, die auszuschöpfen sind, zählt auch die Auslandszustellung gemäß § 9 [X.], sofern sie Erfolg versprechend ist (vgl. [X.]/App/Schlatmann, a. a. O., § 10 Rn. 2). Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass das öffentlich zugestellte Dokument dem Empfänger regelmäßig inhaltlich nicht bekannt wird, die Zustellung ist hier reine Fiktion ([X.]/ App/Schlatmann, a. a. O. § 10 Rn. 2.) An die Anordnung der öffentlichen Zustellung sind daher strenge Anforderungen zu stellen ([X.] 23, 143, 144). Fehler führen unabhängig davon, ob sie der Behörde bekannt und von ihren Bediensteten verschuldet waren, zur Unwirksamkeit ([X.] NJW-RR 2002, 714).

c) Neben diesen Zustellformen des [X.] eröffnet § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] für das markenrechtliche Verfahren die Möglichkeit einer vereinfachten Auslandszustellung mit eingeschriebenem Brief per Aufgabe zur Post, was allerdings voraussetzt, dass der auswärtige Empfänger „entgegen dem Erfordernis des § 96 keinen Inlandsvertreter bestellt“ hat. Liegt diese Voraussetzung vor, führt § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] zur entsprechenden Anwendung der [X.] nach § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach die jeweiligen Schriftstücke zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt gelten. Anders als etwa bei der Auslandszustellung per Einschreiben mit Rückschein nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ist daher kein tatsächlicher Nachweis der Zustellung erforderlich, vielmehr begründet § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine unwiderlegliche Vermutung des Zugangs (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 184 Rn. 3), die selbst dann gilt, wenn der Empfänger die Sendung tatsächlich nicht erhalten hat oder wenn – wie hier – die aufgegebene Sendung als „unzustellbar“ zurückkommt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 32. Aufl., § 184 Rn. 8 m. w. N.).

3. Nach Maßgabe des dargelegten rechtlichen Hintergrundes erscheint die Begründung des angefochtenen Beschlusses der Markenabteilung vom 9. Februar 2018 teilweise in sich widersprüchlich, zumal die gesetzlich vorgesehenen Formen der Auslandszustellung zum Teil vermengt werden. So wird eingangs darauf abgestellt, dass die [X.]-Markeninhaberin keinen Inlandsvertreter bestellt habe, und sodann auf die Zustellung der Mitteilung über den [X.]santrag per eingeschriebenem Brief durch Aufgabe zur Post „gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]“ (allerdings „i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 [X.]“) eingegangen. Sodann wird jedoch nicht auf die [X.] nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgehoben, sondern darauf, dass dieser Zustellungsversuch „erfolglos“ geblieben und daher die öffentliche Zustellung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eröffnet gewesen sei.

4. Soweit die Markenabteilung somit im Ergebnis davon ausgeht, dass eine ordnungsgemäße Bekanntgabe der Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.] im Wege der öffentlichen Zustellung erfolgt sei, ist festzustellen, dass die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 [X.] nicht vorlagen und daher sämtliche im vorliegenden Verfahren vorgenommenen öffentlichen Zustellungen unwirksam sind.

Zwar kommt die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.] auch in Fällen in Betracht, in denen der Zustellungsempfänger im Ausland lebt oder ansässig ist, sein Aufenthaltsort dort aber unbekannt ist ([X.]/App/ Schlatmann, a. a. O., § 7 m. w. N.). Allerdings trifft die Behörden hier – wie auch im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] – immer die Pflicht, Nachforschungen durchzuführen (vgl. [X.], [X.], 2047; [X.] EFG 2012, 1708) und zu dokumentieren. Vorliegend fehlt es indes schon an der erforderlichen Feststellung, dass der Aufenthalt der [X.]-Markeninhaberin allgemein unbekannt ist. Das bloße Scheitern der jeweiligen Zustellungsversuche per Einschreiben, wobei die Briefe jeweils mit entsprechenden postalischen Vermerken („[X.] - UNABLE TO [X.]“) des ausländischen Zustellers an die Markenabteilung zurückgelangt sind, rechtfertigt diese nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 [X.] erforderliche Feststellung nicht. Vielmehr wären zumindest Nachforschungen erforderlich und in den Akten zu dokumentieren gewesen ([X.] 28 W (pat) 227/03 – [X.]; [X.]/App/Schlatmann, a. a. O., § 10 Rn. 2, 7). Wenngleich, anders als bei einem reinen Inlandssachverhalt, sich Anfragen bei Einwohnermeldeämtern oder sonstigen Registerbehörden insoweit grundsätzlich nicht auf das Ausland erstrecken müssen, ist nach der Rechtsprechung etwa die Nachfrage bei dem Antragsteller der [X.], der sich möglicherweise wegen anderer Rechtsstreitigkeiten im Kontakt mit der Antragsgegnerin befindet, geboten ([X.] W (pat) 227/03 – [X.]). Vorliegend hätte ferner zumindest eine Anfrage bei dem von der [X.] in „[X.]“ bzw. im „[X.] Madrid Monitor“ erfassten [X.] Vertreter der [X.]-Markeninhaberin nahegelegen. Schließlich verfügt die [X.]-Markeninhaberin – jedenfalls im Zeitpunkt dieser Entscheidung – über eine Homepage mit Telefonkontaktdaten sowie zudem mit einem Verweis auf eine [X.] [X.] (der [X.]). Auch hier hätte dann aber zumindest der Versuch einer Nachfrage im Hinblick auf die postalische Erreichbarkeit der [X.]-Markeninhaberin erfolgen können.

Alle diese möglichen Ermittlungsversuche sind, ebenso wie weitere [X.] nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.], offensichtlich unterblieben, obwohl sie – angesichts der erheblichen Rechtsfolgen zu Lasten der [X.]-Markeninhaberin – vor einer rein formalen öffentlichen Zustellung angezeigt gewesen wären. Jedenfalls hat die Markenabteilung keine Nachforschungen in der Akte dokumentiert, die die Schlussfolgerung, der Aufenthalt der [X.]-Markeninhaberin sei „allgemein unbekannt“ im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 [X.], rechtfertigen könnten. Bereits aus diesem Grunde waren die öffentlichen Zustellungen – sowohl der Mitteilung gemäß § 53 Abs. 2 [X.], als auch des angefochtenen Beschlusses über die [X.] – unwirksam.

5. Die Antragstellerin macht jedoch geltend, dass die maßgebliche „Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.]“ der [X.]-Markeninhaberin bereits zuvor, durch das am 27. Juni 2017 per Aufgabe zur Post mit Übergabeeinschreiben versandte Schreiben vom 22. Juni 2017, ordnungsgemäß nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zugestellt und hierdurch die Widerspruchsfrist nach § 53 Abs. 3 [X.] in Lauf gesetzt worden sei, so dass es auf die Unwirksamkeit der nachfolgenden öffentlichen Zustellung nicht mehr ankäme.

Somit ist entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen für eine vereinfachte Auslandszustellung nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vorlagen. Zulässig ist eine Zustellung mit eingeschriebenem Brief durch Aufgabe zur Post nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wie dargelegt aber nur dann, wenn der auswärtige Markeninhaber entgegen § 96 Abs. 1 [X.] keinen Inlandsvertreter bestellt hat, obwohl er hierzu verpflichtet gewesen wäre (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. O., § 54 Rn. 14 m. w. N.). Die Antragstellerin argumentiert hierzu, dass die formlose, mit einfacher Post versandte Mitteilung vom 27. März 2017 über die Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters ausreichend gewesen sei, um die entsprechende Verpflichtung der [X.]-Markeninhaberin nach § 96 Abs. 1 [X.] zu begründen. Auf eine förmliche Zustellung komme es insoweit nicht an, die bloße Mitteilung der Notwendigkeit der Inlandsvertreterbestellung könne formlos erfolgen. Die Antragstellerin stützt ihre Rechtsauffassung dabei auf die Kommentierung von [X.] (in: Kur/von [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 18. Auflage, Stand: 1. Juli 2019, § 53 Rn. 19), in der im Einzelnen ausgeführt wird:

„(…) In der Praxis des [X.] wird dem Markeninhaber in zutreffender Weise daher, sofern gegen seine Marke ein Antrag auf Erklärung des Verfalls erhoben ist, zunächst formlos mitgeteilt, dass für eine Teilnahme am Verfallsverfahren ein Vertreter zu bestellen ist. Unterbleibt die Vertreterbestellung, erfolgt eine Zustellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls durch Aufgabe zur Post. Diese Verfahrensweise wird auch hinsichtlich eines Antrags auf Erklärung des Verfalls gegen eine [X.]-Marke durchgeführt; insbesondere darf der Antrag auf Erklärung des Verfalls nicht unmittelbar an den von der [X.] ([X.]) erfassten Vertreter zugestellt werden“.

6. Nach der (zustimmenden) Kommentierung von [X.] (a. a. O.) entspricht es somit einer Praxis des Patentamts im Verfallsverfahren, die Verpflichtung des auswärtigen Markeninhabers zur Bestellung eines Inlandsvertreters nach § 96 Abs. 1 [X.] durch Übersendung einer formlosen Mitteilung herbeizuführen und sodann, bei unterbliebener Vertreterbestellung, die maßgebliche, die Widerspruchsfrist in Lauf setzende „Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.]“ durch Aufgabe zur Post zuzustellen.

Die Richtigkeit dieser Praxis bzw. der ihr zugrundeliegenden Rechtsauffassung unterstellt, wäre im vorliegenden Fall die Verpflichtung der [X.]-Markeninhaberin nach § 96 Abs. 1 [X.] durch die formlose Mitteilung vom 27. März 2017 begründet worden, dies unabhängig davon, ob die [X.]-Markeninhaberin tatsächlich von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis nehmen konnte. Ferner soll, da eine Reaktion auf das Schreiben ausblieb, nach dieser Auffassung festzustellen sein, dass die [X.]-Markeninhaberin entgegen dem Erfordernis des § 96 keinen Inlandsvertreter bestellt hat, so dass für alle nachfolgenden Zustellungen per Aufgabe zur Post die Voraussetzungen des § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vorgelegen hätten und die [X.] des § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO über § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] entsprechende Anwendung finden würde.

Ausgehend hiervon würde der Antrag auf [X.], der vom Patentamt am 27. Juni 2017 als Einschreiben zur Post aufgegeben worden ist, der Markeninhaberin gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO als am 11. Juli 2017 zugestellt gelten. Die Markeninhaberin hätte es daher versäumt, dem Löschungsantrag gemäß § 53 Abs. 3 [X.] binnen einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung zu widersprechen, so dass die Markenabteilung die [X.] der [X.]-Marke wegen Verfalls gemäß §§ 119, 124, 115 Abs. 1, 107, 49 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 [X.] im Ergebnis zu Recht angeordnet hätte.

Darüber hinaus würde der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene angefochtene Beschluss der Markenabteilung über die [X.], der am 16. Februar 2018 per Einschreiben zur Post aufgegeben worden ist, gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog als der [X.]-Markeninhaberin am 2. März 2018 ordnungsgemäß zugestellt gelten, so dass die vorliegende Beschwerde wegen Versäumung der einmonatigen Beschwerdefrist des § 66 Abs. 2 [X.] bereits unzulässig wäre.

7. Nach vorläufiger Sicht des Senats bestehen allerdings gewichtige Bedenken dagegen, eine formlose, mit einfachem Brief ins Ausland versandte Mitteilung ausreichen zu lassen, um die Verpflichtung des auswärtigen Markeninhabers nach § 96 Abs. 1 [X.] zur Inlandsvertreterbestellung zu begründen. Ferner unterliegt es gerade im markenrechtlichen Löschungsverfahren erheblichen Bedenken, die unterbliebene Reaktion des auswärtigen Markeninhabers auf ein solches Schreiben (ohne [X.]) als Obliegenheitspflichtverletzung zu werten und ausgehend hiervon die vereinfachte Auslandszustellung durch Aufgabe zur Post nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] mit der [X.] nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog für eröffnet zu erachten. Im Einzelnen stehen der bei [X.] (a. a. O.) geschilderten Praxis des Patentamts folgende Erwägungen entgegen:

a) Ein formloser, per einfachem Brief ins Ausland versandter Hinweis auf die Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters beinhaltet keinen Nachweis für dessen Zugang. Auch im vorliegenden Fall bestreitet die [X.]-Markeninhaberin, das formlose Schreiben vom 27. März 2017 erhalten zu haben, wofür im Übrigen auch spricht, dass die nachfolgenden, an dieselbe Adresse gerichteten Zustellungen per eingeschriebenem Brief als unzustellbar („Unable to Forward“) an das Patentamt zurückgelangt sind.

b) Die vereinfachte Möglichkeit der Auslandszustellung nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] knüpft aber, wie dargelegt, an die Verletzung der Obliegenheit eines auswärtigen Verfahrensbeteiligten an, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 96 einen Inlandsvertreter zu bestellen. Die Annahme einer Pflichtverletzung setzt dabei zumindest die Erkennbarkeit dieser Pflicht für den betroffenen Markeninhaber voraus. Die letzte Fassung der Vorschrift des § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] (durch Artikel 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts vom 31. Juli 2009, BGBl I S. 2521, 2524) stellt zwar nach ihrem Wortlaut nicht mehr ausdrücklich darauf ab, ob für den Empfänger die Notwendigkeit zur Bestellung eines Inlandsvertreters im Zeitpunkt der zu bewirkenden Zustellung erkennbar sein musste. Mit der Streichung dieser Formulierung ist jedoch eine Änderung der bis dahin gültigen Rechtslage nicht beabsichtigt gewesen (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 94 Rn. 28). Vielmehr ist nach der Begründung des [X.] davon auszugehen, dass bei einem [X.]en, der selbst ein Verfahren vor dem [X.] eingeleitet hat, angesichts der klaren gesetzlichen Regelung ohne weiteres unterstellt werden kann, dass für ihn die Notwendigkeit eines Inlandsvertreters erkennbar war ([X.]. 16/11339 vom 10. Dezember 2008, S. 29 i. V. m. 26 f.; Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 94 Rn. 28). Eine Zustellung mit eingeschriebenem Brief durch Aufgabe zur Post soll jedoch weiterhin dann nicht möglich sein, wenn der [X.] durch die beabsichtigte Zustellung erstmals in Bezug auf das konkrete Schutzrecht in ein Verfahren vor dem Patentamt einbezogen werden soll und das Patentamt ihn nicht vorher von dem Erfordernis eines Inlandsvertreters in Kenntnis gesetzt hat (Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 94 Rn. 28). In diesem Fall kann nicht von einer Obliegenheitsverletzung des [X.]en ausgegangen werden, da dieser zuvor keinen Anlass hatte, einen Inlandsvertreter zu bestellen. Damit bleiben die von der Rechtsprechung schon früher aufgestellten Grundsätze zur Obliegenheit zur Inlandsvertreterbestellung (vgl. insbesondere [X.], 467, 477 f. – Zustellungswesen; [X.]. 1991, 218, 219) weiterhin maßgeblich (vgl. ausführlich Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 94 Rn. 28).

c) Auch im vorliegenden Fall sollte die auswärtige Markeninhaberin erstmals in Bezug auf die verfahrensgegenständliche [X.]-Marke in ein Verfahren vor dem [X.] einbezogen werden und das Patentamt hat sie – da sie den Zugang des Schreibens vom 27. März 2017 bestreitet und es an einem [X.] fehlt – nicht nachweislich von dem Erfordernis der Vertreterbestellung in Kenntnis gesetzt. Weder besteht eine Grundlage dafür, den Zugang des mit einfachem Brief ins Ausland übersandten Schreibens vom 27. März 2017 zu fingieren, noch sind sonst Umstände ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, eine – tatsächlich nicht feststellbare – Kenntnis der [X.]-Markeninhaberin oder jedenfalls eine „Erkennbarkeit“ der erst neu begründeten Verpflichtung nach § 96 Abs. 1 [X.] zu unterstellen. Dann aber kann der [X.]-Markeninhaberin, für die die Notwendigkeit der Inlandsvertreterbestellung nicht erkennbar war, auch nicht der Vorwurf einer Obliegenheitspflichtverletzung gemacht werden.

d) Ausgehend hiervon rügt die [X.]-Markeninhaberin nach vorläufiger Auffassung des Senats schließlich mit Recht, dass die in der Kommentierung von [X.] (a. a. O.) dargestellte Praxis des Patentamts letztlich zur einer Umgehung der qualifizierten Anforderungen an die Auslandszustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.] führt.

Es entspricht der allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur – und wird im Ausgangspunkt auch von der dargestellten Praxis des Patentamts nicht in Zweifel gezogen – dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Schutzersuchen ursprünglich unbeanstandet geblieben war, der verfahrenseinleitende Löschungsantrag dem auswärtigen Markeninhaber nicht unmittelbar durch Aufgabe zur Post gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 zugestellt werden darf (vgl. [X.], 467, 477 f. – Zustellungswesen; [X.]. 1991, 218; [X.], 28 W (pat) 227/03 – [X.]; siehe auch [X.]/Hacker/Thiering, a. a. O., § 54 Rn. 14 m. w. N.). Da die Anhängigkeit eines patentamtlichen Verfahrens und die Notwendigkeit, hierfür einen Inlandsvertreter zu bestellen, für den auswärtigen Markeninhaber solange nicht erkennbar sind, bis er tatsächlich hierüber unterrichtet wird, bedarf es insoweit einer förmlichen Auslandszustellung nach Maßgabe von § 9 [X.]. Dies beinhaltet auch das Erfordernis eines Nachweises über die erfolgte Zustellung (vgl. § 9 Abs. 2 [X.]: Rückschein, Zeugnis der ersuchten Behörde etc.), denn nur hierdurch wird die sichere Feststellung ermöglicht, dass der auswärtige Markeninhaber tatsächlich Kenntnis nehmen konnte.

Die von [X.] (a. a. O.) dargestellte Praxis des Patentamts verzichtet aber gerade auf einen Zustellungsnachweis, vielmehr gelangt über den Umweg einer „zweistufigen“ Unterrichtung (formlose Mitteilung über das Inlandsvertretererfordernis, sodann Versendung der Mitteilung nach § 53 Abs. 2 [X.] durch Aufgabe zur Post) im Ergebnis die unwiderlegliche [X.] nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog zur Anwendung. Damit wird aber das Erfordernis der tatsächlichen Erkennbarkeit umgangen und im Ergebnis ein auswärtiger Markeninhaber, der weder um das patentamtliche Löschungsverfahren noch um das Inlandsvertretererfordernis wissen kann, mit einer Löschung seines Schutzrechts bzw. der [X.] für das Gebiet der [X.] sanktioniert, was jedoch der gesetzgeberischen Intention zu § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] widerspricht.

8. Der Senat neigt daher der Auffassung zu, dass eine lediglich formlose, mit einfachem Brief ins Ausland versandte Mitteilung nicht ausreichen kann, um die Verpflichtung des auswärtigen Markeninhabers nach § 96 Abs. 1 [X.] zur Inlandsvertreterbestellung zu begründen und die vereinfachte Auslandszustellung nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu eröffnen. Legt man dies zugrunde, waren sämtliche amtsseitigen Zustellungen – sowohl die Zustellungen per Aufgabe zur Post gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1 [X.], wie auch ohnehin die nachfolgenden öffentlichen Zustellungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 [X.] – unwirksam, so dass weder die Widerspruchsfrist nach § 53 Abs. 3 [X.], noch die einmonatige Beschwerdefrist (§ 66 Abs. 2 [X.]) in Lauf gesetzt wurden. Aus vorläufiger Sicht des Senats hat die Beschwerde daher Aussicht auf Erfolg.

Da die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage jedoch eine Praxis des Patentamts in Bezug auf die Auslandszustellung im Löschungs- bzw. Verfallsverfahren betrifft und somit über den Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung ist, wird der Präsidentin des [X.]s gemäß § 68 Abs. 2 [X.] der Beitritt zum Verfahren anheimgegeben.

9. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 68 Rn. 5 m. w. N.; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 68 Rn. 3).

Meta

30 W (pat) 38/18

07.03.2019

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 94 Abs 1 Nr 1 MarkenG, § 96 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.03.2019, Az. 30 W (pat) 38/18 (REWIS RS 2019, 9607)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9607

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