Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2012, Az. 5 StR 567/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 6106

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Nachschlagewerk: ja

[X.]St : ja

Veröffentlichung : ja

[X.] § 95 Abs. 6

Durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedst[X.]ts über den wahren Reisezweck erlang-te, jedoch formell bestandskräftige
[X.] von Drittst[X.]tsangehö-rigen schließen deren Strafbarkeit wegen illegaler Einreise und illegalen Aufenthalts (§ 95 Abs. 1 Nr. 2, 3 [X.]) sowie eine Strafbarkeit gemäß den hieran anknüpfenden Schleusungstat-beständen der §§ 96, 97 [X.] nach § 95 Abs. 6 [X.] verfassungsrechtlich unbedenklich nicht aus; Unionsrecht steht dem nicht entgegen (im [X.] an die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] durch Urteil vom
10. April 2012 in der Rechtssache [X.]/12 PPU).

[X.], Beschluss vom 24. Mai 2012

5 StR 567/11

LG [X.]

5 StR 567/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 24. Mai 2012
in der Strafsache
gegen

wegen gewerbs-
und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 24. Mai 2012
beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landge-richts [X.] vom 23. August 2011 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbs-
und banden-mäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Die hiergegen gerich-tete und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt

nach Erledigung des Vorabentscheidungsersuchens an den [X.] der [X.]

im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO ohne Erfolg. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

1. Das [X.] hat im Wesentlichen festgestellt:

a) Der Angeklagte gehörte [X.] Banden an, deren Ziel es war, [X.] St[X.]tsbürger illegal nach [X.] zu verbringen. Eine Bande ging in der Weise vor, dass der [X.] Botschaft in [X.] vorgespiegelt wurde, bei gegen ein Entgelt von 11.000 bis 15.000 $ zu [X.] [X.] St[X.]tsbürgern handele es sich um Mitglieder touristischer Reisegruppen. Die vorgeblichen Reisegruppen bestanden [X.] aus 20 bis 30 Personen. In der irrigen Annahme, dass die Reisen tat-sächlich stattfinden würden, erteilte die [X.] Botschaft den Betroffenen Touristenvisa, die einen kurzen Aufenthalt in allen Schengenst[X.]ten ermög-1
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lichten. Die Reisen wurden in den ersten Tagen zum Schein gemäß Reise-programm durchgeführt, bevor die Betroffenen dem vorab gefassten Tatplan entsprechend von [X.] aus in die jeweiligen Zielländer

zumeist [X.]

weiter transportiert wurden. Die in [X.] eintreffenden Geschleusten von in [X.] ansässigen Verwandten abgeholt und anderweitig ein-quartiert wurden.

Die weitere Bande machte sich den Umstand zunutze, dass vietname-sische Arbeitskräfte in [X.] als Beerenpflücker auf wenige Monate [X.] erlangen konnten, die einen Aufenthalt im [X.] erlaubten. Bei der Beantragung der [X.] wurde den zuständigen Behörden vorgespiegelt, dass
die zu [X.] Personen als Beerenpflücker arbei-ten wollten, während sie in Wahrheit planten, sich unmittelbar nach ihrer [X.] in [X.] weiter nach [X.] oder in andere Mitgliedst[X.]ten der [X.] schleusen zu lassen.

b) Dem

wenngleich nicht wegen ausländerrechtlicher Straftaten, [X.] nicht unerheblich vorgeahndeten

Angeklagten liegt im Einzelnen zur Last:

[X.]) Am 21. Juni 2010 nahm er mit zwei anderen Bandenmitgliedern sechs [X.] St[X.]tsbürger in Empfang, die mit erschlichenen unga-rischen Touristenvisa von [X.] kommend in [X.] eingetroffen waren. Mit einem Mittäter sorgte er dafür, dass diese und drei weitere geschleuste Per-sonen durch Verwandte oder Bekannte abgeholt und untergebracht wurden. Dafür erhielSt[X.]tsbürger nach ihrer Ankunft in [X.] unter (Tat 1).

bb) Am 4. Juli 2010 holte er mit zwei Bandenmitgliedern zehn in glei-cher Weise nach [X.] verbrachte [X.] St[X.]tsbürger ab und 4
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sorgte für deren Unterbringung. Er erhielt Geldleistungen in unbekannter Hö-he (Tat 2).

cc) Am 17. Juli 2010 fuhren der Angeklagte und ein Mittäter nach [X.], um den Transport einer Gruppe von [X.] St[X.]tsan-gehörigen nach [X.] zu
organisieren. Diese hatten unter Hilfestellung der Bande [X.] Arbeitsvisa als Beerenpflücker erschlichen. Jeder viet-n-geklagten zu zahlen. Der Mittäter fuhr mit vier geschleusten Personen am 19.
Juli 2010 nach [X.]. Deren Unterbringung in [X.] wurde von einem weiteren Mittäter durchgeführt (Tat 3).

dd) Anschließend organisierten der deswegen in [X.] verbliebe-ne Angeklagte und sein dorthin zurückgekehrter Mittäter nach gleichem [X.] die Schleusung weiterer [X.]r St[X.]tsbürger nach [X.]. Auch n den Angeklagten bezahlen. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 2010 wurden acht [X.] St[X.]tsangehörige von [X.] nach [X.] verbracht, wo deren Aufnahme und Unterbringung organisiert wurde (Tat 4).

2. Der Schuldspruch wegen gewerbs-
und
bandenmäßigen Einschleu-sens von Ausländern (§ 97 Abs. 2 [X.]. § 96 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und b [X.]. §
95 Abs. 1 Nr. 3 und § 96 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. § 95 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) wird von den Feststellungen getragen. Entgegen vormaliger Rechtslage (hierzu [X.], Urteil vom 27. April 2005

2 [X.], [X.]St 50, 105) schadet es dabei nicht, dass die geschleusten Personen zur Tatzeit jeweils über [X.] verfügten, die formal die Einreise in den [X.] und den dortigen Aufenthalt erlaubten. Denn nach dem durch Gesetz zur Umsetzung aufenthalts-
und asylrechtlicher Richtlinien der [X.] vom 19.
August 2007 ([X.], 1988) eingeführten § 95 Abs. 6 [X.] steht für die Tatbestände nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.] einem Han-8
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deln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln aufgrund eines durch falsche Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

a) Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 6 [X.] sind erfüllt. Die zu [X.] Personen gaben

unterstützt durch im angefochtenen Urteil teils benannte Bandenmitglieder

gegenüber den Amtsträgern der ungari-schen Botschaft in [X.] bewusst wahrheitswidrig vor, zu touristischen Zwecken bzw. zum Zweck des [X.] in [X.] für einen Kurz-aufenthalt in den [X.] einreisen zu wollen (vgl. Art. 21 der nach deren Art. 58 Abs. 2 ab dem 5. April 2010 geltenden Verordnung [[X.]] Nr.
810/2009 des [X.] und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen [X.]kodex der [X.], ABl. L 243
vom 15. Septem-ber
2009,
[X.]

[X.]kodex

[X.]. Art.
5 Abs. 1 lit. a, c, d und e der Verord-nung [[X.]]
Nr. 562/2006 des [X.] und des Rates vom 15. März 2006 über einen [X.]skodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen, ABl. [X.] vom 13. April 2006, [X.]

Schengener Grenzkodex ). Demgegenüber hatten sie von Anfang an die Absicht, [X.] in [X.] zu bleiben, was der Erteilung der [X.] zwingend entge-genstand (vgl. Art. 21 Abs. 1 [X.]kodex, Art. 5 Abs. 1 lit. e Schengener Grenzkodex; [X.],
Ausländerrecht, 9. Aufl., § 6 Rn. 22). Nur aufgrund der Fehlvorstellung der Amtsträger über den wahren Zweck der Reisen wurden die [X.] nach den Feststellungen erteilt. Soweit das [X.] die Fest-nahme eines Angehörigen der [X.] Botschaft erwähnt ([X.]), steht dies den Feststellungen zu Irrtümern der maßgebenden Funktionsträ-ger nicht entgegen. Im Übrigen wären andernfalls Fälle der Kollusion nach §
95 Abs. 6 [X.] gegeben, die zu demselben Ergebnis führen würden.

Für die Annahme [X.] Strafgewalt irrelevant ist, dass sich die Vorgänge zum Erschleichen der [X.] im Ausland abgespielt haben. Das gilt schon deswegen, weil es sich bei § 95 Abs. 6 [X.] nicht um einen ei-genständigen Straftatbestand, sondern um eine Gleichstellungsklausel in Bezug auf das in § 95 Abs. 1 Nr. 2, 3 [X.] normierte (negative) Tatbe-11
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standsmerkmal des Fehlens eines erforderlichen Aufenthaltstitels handelt (vgl. [X.], 850, 853 f.; [X.] wohl [X.] in [X.], [X.], 2010, § 95 Rn. 368 ff.;
[X.], Einschleusen von Ausländern, 2. Aufl., S. 280 ff.).

b) § 95 Abs. 6 [X.] stellt für die Fälle des unerlaubten Aufenthalts und der unerlaubten Einreise (§ 95 Abs. 1 Nr. 2, 3 [X.]) ein Handeln aufgrund eines solchermaßen erlangten Aufenthaltstitels einem Handeln oh-ne den erforderlichen Aufenthaltstitel gleich. Die Vorschrift bewirkt in den re-levanten Fällen trotz Vorhandensein eines verwaltungsrechtlich formell be-standskräftigen Aufenthaltstitels eine Strafbarkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 und e-

[X.]) Dass der Gesetzgeber diese Rechtsfolge herbeiführen wollte, [X.] keinem Zweifel. Unter anderem mit der Einführung des § 95 Abs. 6 [X.] reagierte er auf das Urteil des [X.] vom 27. Ap-ril
2005 ([X.]St [X.]O). Darin wurde entschieden, dass ausländerrechtlichen Erlaubnissen für die verwaltungsakzessorischen Straftatbestände des [X.] Tatbestandswirkung zukommt, weswegen rechtsmiss-bräuchlich erlangte, jedoch formell wirksame Einreise-
oder Aufenthaltsge-nehmigungen ([X.]) die Strafbarkeit wegen illegaler Einreise und illegalen Aufenthalts (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3, auch [X.]. § 96 Abs. 1 [X.]) aus-schließen ([X.]St [X.]O, [X.]10 ff.). Der Behebung von [X.] aufgrund dieser Entscheidung dienten verschiedene im genannten Gesetz enthaltene Maßnahmen (hierzu Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/5065 S.
164, 182 f., 199). Mit dem an § 330d Nr. 5 StGB angelehnten § 95 Abs. 6
-Drucks. 16/5065 [X.]99; vgl. hierzu auch den diesbezüglichen Hinweis in [X.]St [X.]O, [X.]15).

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bb) In § 95 Abs. 6 [X.] hat der gesetzgeberische Wille auch un-ter dem Blickwinkel des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs.
2 GG) hinreichenden Niederschlag gefunden. Für die illegale Einreise erscheint dies eindeutig und wird im Schrifttum soweit ersichtlich auch nicht bestritten (vgl. [X.]/[X.], 1. Aufl., § 95 [X.] Rn. 107). Gleiches gilt indessen entgegen vereinzelten Stimmen in der Literatur (Geri-cke, [X.]O, § 95 [X.] Rn. 28; [X.], [X.]O, S. 282 f.) auch in Bezug auf §
95 Abs. 1 Nr. 2 [X.] (so im Ergebnis der Großteil des Schrifttums, vgl. [X.] in [X.]/Kohlh[X.]s, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand April 2010, §
95 [X.] Rn. 11a; [X.] in [X.], Ausländerrecht, 9. Aufl., § 95 [X.] Rn. 22; [X.] in [X.]/[X.], Stand Juli 2008, § 95 Rn. 57; [X.], Ausländerrecht, Stand Oktober 2010, § 95 [X.] Rn. 110; [X.], NStZ 2009, 546, 548).

Allerdings ersetzt § 95 Abs. 6 [X.] ausdrücklich nur das Fehlen des erforderlichen Aufenthaltstitels und erwähnt die weitere in § 95 Abs. 1 Nr.
2 [X.] enthaltene Voraussetzung einer vollziehbaren Ausreisepflicht nicht. Der Umstand, dass ein formell bestandskräftiger Aufenthaltstitel grund-sätzlich eine vollziehbare Ausreisepflicht hindert, führt indessen nicht dazu, dass die ausdrücklich auch auf § 95 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zielende Rege-[X.]O). Aus der Gleichstellung des Handelns auf Grund eines
erschlichenen Aufenthaltstitels mit dem Handeln ohne Aufenthaltstitel folgt vielmehr auch, dass im Rahmen der Strafvorschriften des § 95 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.] die mit einem erschlichenen Aufenthaltstitel erfolgte Einreise als unerlaubt und die Ausreisepflicht somit als vollziehbar anzusehen ist (vgl. § 58 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). [X.] Erwähnung im Gesetzestext bedarf dies nicht zwingend.

c) Über eine Duldung verfügten die eingeschleusten Personen nicht. Im Hinblick darauf, dass sie sich im [X.] von vornherein vor den Behörden verborgen haben, stellt sich die Frage eines die Erfüllung des Tat-15
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bestands ausschließenden hypothetischen Duldungsanspruchs (hierzu [X.]

Kammer

NStZ 2003, 488, 489) mithin nicht ([X.], Urteil vom 6.
Oktober 2004

1 [X.], [X.]R [X.] § 92 [X.] Aufenthalt 4 mwN; Beschluss vom 2. September 2009

5 [X.], [X.]St 54, 140, 142).

d) § 95 Abs. 6 [X.] lockert im vorbezeichneten Umfang die Ak-zessorietät der betroffenen Strafrechtsbestimmungen zum

unionsrechtlich ausgeformten

Verwaltungsrecht. Im Hinblick darauf, dass zur Beurteilung unionsrechtlicher Zulässigkeit eines solchen Konzepts einschlägige oder übertragbare Rechtsprechung des [X.] nicht ersicht-lich gewesen ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. Oktober 2011

2 BvR 1969/09
Rn. 25, und vom 22. September 2011

2 BvR 947/11
Rn.
14, jeweils mwN), hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Uni-on mit Beschluss vom 8. Februar 2012 (vgl. auch [X.], Beschluss vom 10.
Januar 2012

5 [X.], [X.], 152) gemäß Art. 267 Abs. 1 lit.
a, Abs. 3 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

[X.] regelnden Art. 21, 34 der Verordnung ([X.]) Nr. 810/2009 des [X.] und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen [X.]kodex der [X.] (ABl. L 243 vom 15.
September 2009, [X.], [X.]kodex

VK) dahin auszulegen, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschrif-ten resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von [X.] in Fällen entgegenstehen, in denen die geschleusten Personen zwar über ein Visum verfügen, dieses aber durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedst[X.]tes über den wahren Reis

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Mit Urteil vom 10. April 2012 (Rechtssache [X.]/12 PPU) hat der [X.] auf das Vorabentscheidungsersuchen hin für Recht erkannt:

u-ropäischen Parlaments und des Rates
vom 13. Juli 2009 über einen [X.]kodex der [X.] ([X.]kodex) sind dahin aus-zulegen, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechts-vorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen, in denen die geschleusten P
sie durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedst[X.]ts über den wahren Reisezweck erlangt haben und das nicht zuvor annulliert worden ist, nicht entge-genst

Bei Anwendung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall ist das [X.] in Einklang mit dem Unionsrecht davon ausgegangen, dass die formell vorhandenen [X.] der geschleusten Personen wegen Erfüllung des § 95 Abs. 6 [X.] einer Strafbarkeit des Angeklagten nicht entge-genstehen.

e) Auch durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken sind nicht gegeben. Die Lockerung der [X.] hat § 95 Abs. 6 [X.] mit § 330d Nr. 5 StGB und ähnlichen Bestimmungen (§ 34 Abs. 8 [X.], § 16 Abs. 4 CWÜAG) gemein. [X.] liegen diese Maßnah-men im Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Vertrauensschutz ist mangels schutzwürdigen Vertrauens der geschleusten Personen und der diese unterstützenden Mitglieder der [X.] offensichtlich nicht verletzt (vgl. [X.], [X.]O, § 95 [X.] Rn. 107, [X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 330d Rn.
27 mit zahlreichen Nachweisen). Auch der Grundsatz der [X.] der Rechtsordnung (vgl. dazu etwa [X.]E 116, 164 mwN) hindert 19
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nicht, einer durch die Beteiligten rechtsmissbräuchlich erlangten rechtswidri-gen Erlaubnis, die aus diesem Grunde von den zuständigen Verwaltungsbe-aufzuheben (vgl. Art. 34 Abs. 1 [X.]kodex) und damit aus von den Betroffenen selbst zu [X.] Gründen von Anfang an schwer fehlerbehaftet ist, eine die Strafbar-keit ausschließende Wirkung zu versagen (für § 330d Nr. 5 StGB [X.], vgl. etwa [X.], [X.]O, § 330d Rn. 27; [X.]/[X.], 11. Aufl., § 330d Rn. 6; SSW-StGB/[X.], 2009, § 330d Rn. 15; [X.],
[X.]O, S. 854 f.; je mwN auch zur Gegenansicht; siehe
auch [X.] in [X.] u.a., Europäisches Strafrecht, 2011, § 28 Rn. 17). Vielmehr verhilft die Regelung dem gleichfalls verfassungsrechtlich abgesicherten Gebot wirksamer Verfolgung und [X.] von Straftaten (vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 27. März 2012

2 BvR 2258/09 Rn. 50 mwN) zum Erfolg. Typischerweise ist eine formell erklärte Annullierung der [X.] in Konstellationen wie der hier zu beurteilen-den weder vor noch nach der Einreise der geschleusten Personen faktisch möglich. Dementsprechend würden die einschlägigen Tatbestände ohne Be-stand des § 95 Abs. 6 [X.] weitgehend leerlaufen. Wenn der [X.] den vordergründigen Widerstreit der genannten Belange dahin auflöst, dass er dem Gebot effektiver Verfolgung und Ahndung von Straftaten den Vorrang gibt, so ist dies von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

3. Eines Anfrageverfahrens zum Zweck der Vorlage an den [X.] (§ 132 Abs. 2, 3 GVG) im Hinblick auf [X.]St [X.]O be-durfte es nach der seither erfolgten Gesetzesänderung nicht (vgl. [X.], [X.] vom 23. Mai 2011

5 [X.], 440, 474/10, [X.]St 56, 248, 251 mwN).

Basdorf Sch[X.]l Schneider

König Bellay

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Meta

5 StR 567/11

24.05.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2012, Az. 5 StR 567/11 (REWIS RS 2012, 6106)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6106

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