Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.04.2012, Az. I ZR 235/10

1. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6932

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Gegenstand

Markenrechtsverletzung: Ungebrochene Durchfuhr nachgeahmter Ware durch das Bundesgebiet; Markenschutz im Bestimmungsland; Ansprüche auf Unterlassung der Einfuhr und des Inverkehrbringens markenverletzend gekennzeichneter Waren gegen den Spediteur - Clinique happy


Leitsatz

Clinique happy

1. Die ungebrochene Durchfuhr von Waren, die im Ausland mit einer im Inland geschützten Marke gekennzeichnet worden sind, durch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stellt keine Verletzung der Marke dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die durch Deutschland durchgeführten Waren für einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen Drittstaat bestimmt sind und ob im Bestimmungsland Markenschutz besteht oder nicht (im Anschluss an BGH, 21. März 2007, I ZR 66/04, GRUR 2007, 875 - Durchfuhr von Originalware und BGH, 21. März 2007, I ZR 246/02, GRUR 2007, 876 - DIESEL II).

2. Ist die Marke, mit der die durch Deutschland durchgeführte Ware gekennzeichnet ist, im Bestimmungsland geschützt, kann in der Durchfuhr kein im Inland begangener Teilakt einer das ausländische Schutzrecht beeinträchtigenden unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gesehen werden. Dem steht der völkerrechtlich und unionsrechtlich anerkannte Grundsatz der Territorialität entgegen, wonach nationale Immaterialgüterrechte nur einen auf das staatliche Territorium begrenzten Schutz genießen (Aufgabe von BGH, 15. Januar 1957, I ZR 56/55, GRUR 1957, 352, 353 - Taeschner/Pertussin II; BGH, 24. Juli 1957, I ZR 21/56, GRUR 1958, 189, 197 - Zeiß).

3. Besteht im Bestimmungsland Markenschutz, kommen gegen den mit der Durchfuhr durch Deutschland und der Einfuhr in das Bestimmungsland beauftragten Spediteur gerichtete Ansprüche auf Unterlassung der Einfuhr und des Inverkehrbringens von markenverletzend gekennzeichneten Waren in Betracht, die unmittelbar auf das Markenrecht des Bestimmungslandes gestützt sind. Dies setzt voraus, dass nach dem Recht des Bestimmungslandes gegen den Spediteur ein vorbeugender Unterlassungsanspruch auf Untersagung der Einfuhr und des Inverkehrbringens besteht.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 12. Oktober 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein Unternehmen der [X.] und repräsentiert diese in [X.]. Sie macht gegen die Beklagte, ein Speditionsunternehmen, Rechte aus den [X.] und den [X.] „[X.]“ und „[X.] happy“ geltend, die für ihre in [X.] ansässige Schwestergesellschaft [X.] Laboratories, [X.]. unter anderem für Parfümerien eingetragenen sind (im Weiteren: [X.]). Im Rahmen ihrer Vertretung der [X.] hatte die Klägerin für diese Marken in [X.] [X.] gestellt, um bei verdächtigen Einfuhrsendungen die Aussetzung der Überlassung der Waren zu erreichen.

2

Am 26. März 2007 erreichte eine aus [X.] kommende Lieferung von Parfümprodukten den [X.]. Auf den Kartons der Lieferung war die Bezeichnung „[X.] Labs“ angebracht. Die Kartons enthielten gefälschte Parfümprodukte, die mit „[X.] happy“ oder „[X.] happy heart“ gekennzeichnet waren. Die in [X.] ansässige Beklagte sollte diese Ware im Rahmen eines durchgehenden Zollverschlussverfahrens nach [X.] transportieren. Aufgrund der von ihr gestellten [X.] wurde die Klägerin mit Bescheid vom 29. März 2007 vom Hauptzollamt [X.] über die Aussetzung der Überlassung eines Teils des [X.] wegen des Verdachts einer Markenrechtsverletzung informiert. Mit einstweiliger Verfügung vom 9. April 2007 untersagte das [X.] der Beklagten, ohne Zustimmung der Markeninhaberin Parfüms mit den Marken „[X.]“ oder „[X.] happy“ ein- und/oder auszuführen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder diese Handlungen vornehmen zu lassen. Der Beklagten wurde ferner aufgegeben, die beschlagnahmte Ware bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung oder bis zu einer außergerichtlichen Einigung der Parteien in der Verwahrung der Zollbehörden zu belassen. Die Parteien einigten sich dahingehend, dass die einstweilige Verfügung vom 9. April 2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Hauptsacheverfahren Bestand haben soll.

3

Nach Ansicht der Klägerin verletzt die Einfuhr der Produkte nach [X.] [X.] Marken- und Firmenrechte. Sie hat ferner geltend gemacht, ein etwaiger Transit der Waren von [X.] durch [X.] nach [X.] sei als unlauterer Wettbewerb sowie als unerlaubte Handlung gemäß §§ 823 ff. [X.] anzusehen. Weiter drohe eine Verletzung von [X.] Markenrechten.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, die auf Unterlassung der Ein- und/oder Ausfuhr, des Anbietens und des Inverkehrbringens von mit den Marken „[X.]“ oder „[X.] happy“ gekennzeichneten Parfüms ohne Zustimmung der [X.] Laboratories, [X.]/[X.], auf Herausgabe der beschlagnahmten Waren zum Zwecke der Vernichtung und auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtet ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte entsprechend einem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin unter Androhung von [X.] verurteilt,

es zu unterlassen, Parfüms nach [X.] einzuführen und/oder in [X.] in den Verkehr zu bringen, die ohne Zustimmung der Firma [X.] Laboratories Inc./[X.] oder der Firma [X.] die Kennzeichnung „[X.] happy heart“ oder die Kennzeichnung „[X.] happy“ tragen, wenn dies geschieht wie hinsichtlich der Parfüms „[X.] happy heart“ 30 ml und „[X.] happy“ 4 ml, für die vom Hauptzollamt [X.] (Zollamt [X.]-Flughafen-Tegel) die Aussetzung der Überlassung angeordnet worden ist ([X.] C1. 07DE210510618370A8).

5

Ferner hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt, das im Zolllager befindliche Kontingent der Parfüms an die Klägerin zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben (KG, [X.], 263).

6

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

8

Ein Unterlassungsanspruch folge nicht aus einer Verletzung der [X.] und der Gemeinschafts-Wortmarken „[X.]“ und „[X.] happy“ oder aus der Verletzung eines Unternehmenskennzeichens. Diese Kennzeichen seien in [X.] nicht markenrechtlich benutzt worden, weil die Waren im durchgehenden Zollverschlussverfahren (zollrechtliches Nichterhebungsverfahren) nach [X.] gebracht werden sollten. Die Klägerin habe keine hinreichenden konkreten Handlungen vorgetragen, die gegen ein in [X.] durchgehendes Zollversandverfahren und für ein Inverkehrbringen in [X.] sprechen könnten.

9

Ein Unterlassungsanspruch ergebe sich jedoch aus einem (außermarkenrechtlichten) deliktsrechtlichen Schutz der Klägerin. Zwar sei zweifelhaft, ob ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegeben sei. Nach dem für die Bestimmung des Kollisionsrechts maßgebenden Marktortprinzip sei [X.] Wettbewerbsrecht anzuwenden. Darauf habe sich die Klägerin aber nicht berufen. Ein Unterlassungsanspruch folge im Streitfall jedoch aus § 823 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit [X.] markenrechtlichen Schutzvorschriften. Jedenfalls sei [X.] Markenrecht als ein durch § 823 Abs. 1 [X.] geschütztes absolutes Rechtsgut anzusehen. Wirke ein Speditionsunternehmen im Inland an einer Versendung von [X.] in solche Länder mit, in denen Markenschutz bestehe, könne bereits die bloße Durchfuhr ein in [X.] begangener Teil einer unerlaubten Handlung sein. Im Streitfall bestehe Markenschutz im Bestimmungsland [X.]. Die Beklagte hafte unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung auf Unterlassung, weil sie den objektiv markenrechtswidrigen Besitz zu Gunsten des [X.] Käufers und Importeurs aufrechterhalten habe, nachdem sie von der Klägerin darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass es sich bei der Ware um [X.] handele. Der Anspruch auf Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung folge zwar nicht aus § 18 Abs. 1 [X.], weil ein inländisches Kennzeichenrecht nicht verletzt sei. Der Anspruch ergebe sich aber - ebenso wie der Unterlassungsanspruch - aus § 1004 [X.].

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe im Hinblick auf die geplante Einfuhr der beanstandeten Produkte nach [X.] oder deren Inverkehrbringen in [X.] ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 [X.] zu, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Allerdings hat der [X.] unter der Geltung des [X.] angenommen, dass dann, wenn die Beförderung zu einer Verletzung eines im Bestimmungsland geschützten Zeichens führt, in der Durchfuhr ein im Inland begangener Teilakt einer Beeinträchtigung des ausländischen Schutzrechts gesehen werden kann, der als unlauterer Wettbewerb sowie als unlautere Handlung im Sinne des § 823 Abs. 2 [X.] im Inland verfolgt werden kann ([X.], Urteil vom 15. Januar 1957 - [X.], [X.], 352, 353 - [X.]/Pertussin II; Urteil vom 24. Juli 1957 - [X.], [X.], 189, 197- Zeiß).

b) An dieser Rechtsprechung, auf die der [X.] bereits in der Entscheidung „Durchfuhr von Originalware“ (Urteil vom 21. März 2007 - [X.], [X.], 875 = [X.], 1184) nicht mehr zurückgekommen ist, wird nicht festgehalten.

aa) Allerdings hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass auf die beanstandete Handlung [X.] Deliktsrecht anzuwenden ist.

Da es im Streitfall um einen Sachverhalt mit Auslandsberührung geht, dem eine vor dem 11. Januar 2009 vorgenommene Handlung der Beklagten zugrunde liegt, findet die Rom-II-Verordnung noch keine Anwendung (vgl. Art. 31 f. [X.]). Für die kollisionsrechtliche Prüfung ist vielmehr Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] maßgeblich. Danach unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat oder - bei der Annahme eines Unterlassungsdelikts - hätte handeln müssen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., (IPR) EG[X.] Art. 40 Rn. 4). Im Streitfall liegt der Handlungsort in [X.]. Das Berufungsgericht hat das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten darin gesehen, dass sie den objektiv markenrechtswidrigen Besitz zu Gunsten des [X.] Käufers und Importeurs aufrechterhalten habe, obwohl sie von der Klägerin auf den Umstand der [X.] aufmerksam gemacht worden sei. Es ist mithin von einer in [X.] verletzten Handlungspflicht ausgegangen. Nichts anderes ergibt sich, wenn man die maßgebende Handlung im (drohenden) Transport durch [X.] sähe (so [X.], [X.], 352, 353 - [X.]/Pertussin II; [X.], 189, 197 - Zeiß).

bb) Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch lässt sich jedoch nicht auf § 823 [X.] stützen, weil diese Vorschrift [X.] Markenrechte nicht schützt.

(1) Das [X.] bestimmt über die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer unerlaubten Handlung (vgl. [X.].[X.]/[X.], 5. Aufl., Art. 40 EG[X.] Rn. 99) und damit auch über die geschützten Rechtsgüter([X.], [X.], 13. Aufl., Art. 40 EG[X.] Rn. 41). [X.] Markenrecht kommt als Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 [X.] nicht in Betracht. Unter den Begriff des Gesetzes im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches fallen allein nationale sowie solche internationalen Rechtsnormen, die für den Bürger unmittelbar im Inland gelten (Art. 2 EG[X.]; vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 823 Rn. 147; [X.]/[X.] aaO § 823 Rn. 56a; [X.].[X.]/Wagner aaO § 823 Rn. 336). Diese Voraussetzungen erfüllt das [X.] Markenrecht nicht. Für nationale Immaterialgüterrechte gilt der völkerrechtlich und unionsrechtlich anerkannte Grundsatz der Territorialität, wonach diese Rechte einen auf das staatliche Territorium begrenzten Schutz genießen und nur im Inland vorgenommene Handlungen geahndet werden können ([X.], Urteil vom 22. Juni 1994 - [X.], [X.]. 1994, [X.] = [X.]. 1994, 614 Rn. 22 - Ideal Standard II; Urteil vom 14. Juli 2005 - [X.]/04, [X.]. 2005, [X.] = [X.], 50 Rn. 46 - [X.]; [X.], Urteil vom 22. Januar 1964 - [X.], [X.]Z 41, 84, 87 - Maja; Urteil vom 13. Oktober 2004 - [X.], [X.], 431, 432 = [X.], 493 - [X.]; Urteil vom 24. März 2011 - I ZR 211/08, [X.], 1112 Rn. 22 = [X.], 1621 - Schreibgeräte; Büscher in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 14 Rn. 67). Ausländische Marken können daher nur aufgrund von - im Streitfall nicht ersichtlichen - Sonderregelungen oder zwischenstaatlicher Anerkennung in [X.] Schutz genießen ([X.]/[X.]; [X.], 3. Aufl., [X.]. Rn. 15; [X.] aaO Art. 40 EG[X.] Rn. 46) und kommen deshalb weder als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 [X.] noch als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 [X.] in Betracht (vgl. [X.], [X.] 131 (1968), 174, 177 f.; Leitzen, [X.], 89, 95; im Ergebnis ebenso [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 14 Rn. 164; [X.]., [X.] 2009, 7, 9).

(2) Entgegen der Ansicht der Revision erfordert der Gesichtspunkt der Schutzbedürftigkeit des Markeninhabers keine abweichende Beurteilung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Streitfall dadurch gekennzeichnet ist, dass im [X.] der beanstandeten Warenlieferung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Markenschutz besteht. Das Bedürfnis an einem Rechtsschutz bereits im [X.] ist für die Markeninhaberin mithin geringer als bei einer Durchfuhr in schutzrechtsfreie [X.], bei der ein Schutz nach dem Deliktsrecht des [X.]es von vornherein ausscheidet. Hinzu kommt, dass den Interessen des Schutzrechtsinhabers bei einem [X.] in einen [X.], in dem gewerbliche Schutzrechte bestehen, auch durch eine Zusammenarbeit der Zollbehörden Rechnung getragen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 1. Dezember 2011 - [X.]/09, [X.]/09, [X.]. 2012, 134 Rn. 65 - [X.] und [X.]).

2. Aus den vorstehenden Gründen fehlt es auch an einer Anspruchsgrundlage für den vom Berufungsgericht zugesprochenen Antrag auf Herausgabe des im Zolllager befindlichen [X.] zum Zwecke der Vernichtung.

III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb abgelehnt, weil die Parteien im Hinblick auf die insoweit allein in Betracht kommenden Speditionsleistungen nicht in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Auf das nach dem Recht des [X.] in Betracht kommende [X.] Wettbewerbsrecht habe sich die Klägerin im Streitfall nicht berufen. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen (vgl. auch Leitzen, [X.], 89, 95). Auch die Revisionserwiderung erinnert insoweit nichts. Die Klägerin hat ihre Anträge in der Revisionsinstanz vielmehr in erster Linie auf § 823 Abs. 1 und 2 [X.] und in zweiter Linie unmittelbar auf die Verletzung [X.]r Markenrechte gestützt.

2. Auf der Grundlage der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen sich die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung auch nicht unmittelbar aus [X.]m Markenrecht.

a) Aus dem Territorialitätsgrundsatz folgt, dass das nationale Immaterialgüterrecht nur die Handlungen mit Sanktionen belegen kann, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates vorgenommen worden sind ([X.], [X.]. 1994, 614 Rn. 22 - Ideal Standard II; [X.], 50 Rn. 46 - [X.]; [X.], [X.], 431, 432 - [X.]). Daher wird eine bloße Vorbereitungshandlung wie der Transport durch das [X.]land vom Recht des [X.]es nicht erfasst (Leitzen, [X.], 89, 95; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 740, 746).

b) Etwas anderes kann jedoch im Hinblick auf die vom Unterlassungsantrag der Klägerin erfasste Einfuhr von mit den Klagemarken gekennzeichneten Parfüms nach [X.] sowie auf ein Inverkehrbringen solcher Waren in [X.] gelten. Diese Handlungen betreffen ein Verhalten innerhalb des [X.] Territoriums und kommen daher als Verletzungshandlungen nach [X.]m Markenrecht in Betracht.

c) Ob sich der Unterlassungsantrag im Streitfall auf eine Verletzung von [X.]m Markenrecht stützen lässt, kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend beantwortet werden.

Zwar ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klagemarken auch in [X.] Schutz genießen. Weiter hat es festgestellt, dass die Beklagte die Waren vom [X.] per LKW nach [X.] befördern sollte. Das Berufungsgericht hat jedoch - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob ausgehend von dieser Sachlage nach [X.]m Recht gegen die Beklagte als Spediteurin ein vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht, der den Klageantrag rechtfertigt. Entsprechendes gilt für den Antrag auf Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung.

IV. Danach ist das Urteil des Berufungsgerichts auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu dem Ergebnis gelangen, dass die Klageanträge sich nicht auf [X.] Markenrecht stützen lassen, kann sich nachrangig die Frage stellen, ob die Klage nach [X.] oder unionsrechtlichem Markenrecht gerechtfertigt ist. Dies ist zu verneinen. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die ungebrochene Durchfuhr von Waren, die mit einer im Inland geschützten Marke versehen sind, als solche keine Benutzungshandlung im Sinne von § 14 Abs. 2 [X.], Art. 5 [X.]L, Art. 9 [X.] und damit keine Markenverletzung darstellt.

1. Werden Waren, die mit einer im Inland geschützten Marke versehen sind, im Zollverschlussverfahren durch [X.] transportiert, kann der Markeninhaber dagegen nur vorgehen, wenn - beispielsweise durch Verkaufsangebote - ein Inverkehrbringen der Waren im Inland oder - im Falle einer Gemeinschaftsmarke - in der [X.] droht. Die bloße Gefahr, dass die Waren nicht an ihrem Zielort ankommen und eventuell im Durchfuhrmitgliedstaat [X.] unbefugt in den Verkehr gebracht werden, reicht nicht für die Annahme aus, dass wesentliche Funktionen der Marke in [X.] beeinträchtigt werden ([X.], Urteil vom 9. November 2006 - [X.]/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 146 Rn. 23 ff. - [X.]/Diesel; [X.], [X.]. 2012, 134 Rn. 55 ff. - [X.] und [X.]; [X.], Urteil vom 21. März 2007 - [X.], [X.], 876 Rn. 18 = [X.], 1185 - [X.]; [X.], [X.], 875 Rn. 12 - Durchfuhr von Originalware). Es ist insoweit unerheblich, ob die durch [X.] durchgeführten Waren für einen Mitgliedstaat der Europäischen [X.] oder einen Drittstaat bestimmt sind und ob in dem [X.] Markenschutz besteht oder nicht (vgl. [X.], [X.], 876 Rn. 18 - [X.]; [X.] [X.], 875 Rn. 12 - Durchfuhr von Originalware; Büscher in Büscher/[X.]/[X.] aaO § 14 Rn. 581; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 14 Rn. 164; [X.]. in [X.] 2009, 7, 9; Leitzen, [X.], 89, 94).

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat festgestellt, dass die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin keine hinreichenden konkreten Umstände vorgetragen hat, die gegen ein in [X.] durchgehendes Zollversandverfahren und für ein Inverkehrbringen in [X.] sprechen könnten. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, es sei zu einem Inverkehrbringen in [X.] gekommen, setzt sie lediglich ihre eigene Beurteilung an die Stelle der nicht erfahrungswidrigen tatrichterlichen Würdigung, wie sie das Berufungsgericht und - von diesem konkret in Bezug genommen - das [X.] vorgenommen haben.

[X.]Büscher                                              Schaffert

                             [X.]                                                 [X.]

Meta

I ZR 235/10

25.04.2012

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 12. Oktober 2010, Az: 5 U 152/08

§ 823 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, Art 40 BGBEG, § 14 Abs 2 MarkenG, Art 5 EWGRL 104/89, Art 9 EGV 40/94

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.04.2012, Az. I ZR 235/10 (REWIS RS 2012, 6932)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6932


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 235/10

Bundesgerichtshof, I ZR 235/10, 25.04.2012.


Az. 5 U 152/08

Oberlandesgericht Köln, 5 U 152/08, 22.04.2009.

Oberlandesgericht Hamm, 5 U 152/08, 29.01.2009.


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