Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.10.2021, Az. 28 W (pat) 29/16

28. Senat | REWIS RS 2021, 1871

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "INJEX/INJEKT/INJEKT" –  keine Verwechslungsgefahr - keine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die eingetragene Marke [X.] 2012 012 744

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Hermann

beschlossen:

[X.] der Widersprechenden werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 1. Februar 2012 angemeldete Wortmarke [[[[X.].].].] 2012 012 744

2

[[[[X.].].].]

3

ist am 11. Juni 2012 für nachfolgende Waren der [[[[X.].].].] in das beim [[[[X.].].].] geführte Markenregister eingetragen worden:

4

Nadelloses Injektionssystem, medizinische Apparate und Instrumente, nadellose ärztliche [[[[X.].].].], nämlich nadellose Injektionsapparate, nadellose Einwegampullen, angepasste Abkoch- und Tragebehältnisse für nadellose Injektionsapparate, angepasste Verbindungselemente für die Übertragung von Flüssigkeiten und Zubehör dafür, soweit diese Waren in [[[[X.].].].] enthalten sind.

5

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 13. Juli 2012 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin aus nachfolgenden Marken Widerspruch erhoben:

6

1. Wortmarke [[[[X.].].].] 27 581

7

I N J E K T

8

Sie ist am 16. Mai 1998 angemeldet und am 5. Mai 2000 in das Markenregister des [[[[X.].].].]s für die Waren der [[[[X.].].].]

9

"Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente, Apparate und Geräte"

eingetragen worden.

2. Wortmarke IR 772 712

[[[[X.].].].]

Der Widerspruch stützt sich auf den am 10. August 2011 nachgemeldeten [[[[X.].].].], der für folgende Waren der [[[[X.].].].] eingetragen ist:

"Surgical, medical, [[[[X.].].].], apparatus and utensils”.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 hat die damalige Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der [[[X.].].] undifferenziert bestritten.

Die Markenstelle für [[[[X.].].].] des [[[[X.].].].]s hat mit Beschluss vom 13. Januar 2016 die Widersprüche zurückgewiesen und weder Kosten auferlegt, noch ihre Erstattung angeordnet. Es könne zu Gunsten der Widersprechenden von der [[[[X.].].].] und folglich von der Identität der beiderseitigen Waren ausgegangen werden, da die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren unter die im Verzeichnis der [[[X.].].] enthaltenen Oberbegriffe fielen. Die von Hause aus bestehende weit unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der [[[X.].].] sei durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zur Verkehrsbekanntheit allenfalls soweit erhöht, dass von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft ausgegangen werden könne. Ihr Schutzumfang beschränke sich dennoch auf ihre Eigenprägung, da sie lediglich geringfügig von der glatt beschreibenden Angabe "inject" abwichen. Die jeweiligen Abwandlungen der beiderseitigen Marken würden jedoch nicht übereinstimmen oder sich ähneln. Aus diesem Grunde scheide eine Löschung der Eintragung der jüngeren Marke gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 [[X.].] aus.

Dagegen hat die Widersprechende Beschwerde erhoben, die sie damit begründet, dass die Waren der angegriffenen Marke von den für die [[[X.].].] eingetragenen Waren umfasst seien und somit [[[[X.].].].] bestehe. Auch seien die beiderseitigen Marken hochgradig ähnlich, da auch die abweichenden [[X.].] "[[[X.].].]" und "[[[X.].].]" klanglich nahezu identisch seien. Die Anlehnung an den [[[X.].].] Begriff "inject" sei nicht maßgeblich. Zu ihm wiesen die Waren "medizinische Apparate und Instrumente, nadellose Einwegampullen, angepasste Verbindungselemente für die Übertragung von Flüssigkeiten und Zubehör dafür, soweit diese Waren in [[[[X.].].].] enthalten sind" der jüngeren Marke keinerlei beschreibenden Bezug auf. Zudem sei das Phantasiewort "[[[[X.].].].]" eine ungewöhnliche Kurzform von "Injektion", dessen Schlusssilbe "JE[[[X.].].]" von anderen [[[X.].].] Begriffen wie u. a. "Objekt" entliehen sei. Unabhängig davon würden die Vergleichsmarken "[[[X.].].]" und "[[[[X.].].].]" ausgesprochen, so dass sie in insgesamt fünf Buchstaben übereinstimmen würden. Der auf Grund Verkehrsbekanntheit bestehende erweiterte Schutzumfang der [[[X.].].] sei nicht ausreichend von der Markenstelle gewürdigt worden. Durch die bisher eingereichten Benutzungsunterlagen sei zudem die rechtserhaltende Benutzung der Marke "[[[[X.].].].]" für Einmal-Spritzen in [[[X.].].] glaubhaft gemacht worden. Diese intensive Benutzung habe dazu geführt, dass eine etwaige von Hause aus bestehende Kennzeichnungsschwäche zwischenzeitlich geheilt worden und zumindest von einem durchschnittlichen Schutzumfang der [[[X.].].] für Spritzen auszugehen sei.

Die Beschwerdegegnerin vertritt dagegen den Standpunkt, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüber stehenden Marken bestehe. Die [[[X.].].] seien nicht, schon gar nicht für alle Waren benutzt, die unter die im [[[X.].].] enthaltenen Oberbegriffe der [[[[X.].].].] fielen. Falls die Benutzung der älteren Marken für "zweiteilige Einmalspritzen" anzuerkennen wäre, so seien die zu vergleichenden Waren nicht mehr identisch, da nadellose [[[X.].].] erhebliche Unterschiede zu Spritzen mit Nadeln aufwiesen. Ohnehin könnten die eingereichten Benutzungsunterlagen eine rechtserhaltende Benutzung nicht belegen. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei von Hause aus gering, da sie sich an die beschreibende Angabe "inject" anlehne. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei von einer erhöhten Aufmerksamkeit der angesprochenen Ärzte und Krankenhäuser auszugehen. Eine erhöhte Verkehrsbekanntheit der [[[X.].].] sei zu verneinen, da sie nicht nachgewiesen worden sei. Auch bezögen sich die bisherigen Aussagen zur Verkehrsbekanntheit nicht auf die maßgeblichen Zeitpunkte der Priorität der jüngeren Marke und der Entscheidung über die Widersprüche. Des Weiteren seien die beiderseitigen Marken weder schriftbildlich noch klanglich oder begrifflich ähnlich, da die abweichenden Buchstaben "[[[X.].].]" und "[[[X.].].]" ausreichend unterschiedlich seien. Zudem würden sie nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht. Schließlich seien die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 [[X.].] nicht erfüllt, da die [[[X.].].] nicht die dafür erforderliche Verkehrsbekanntheit und Ähnlichkeit zur jüngeren Marke aufweisen würden.

Die Beschwerdegegnerin hat mit [[X.].] vom 26. Juni 2018 erneut die Benutzung beider [[[X.].].] undifferenziert für beide in § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 [[X.].] genannten Benutzungszeiträume bestritten.

Mit auf der mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2018 beruhendem Beschluss, an [[X.].] Statt zugestellt am 1. März 2019, hat der 28. [X.] die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Begründung hat er ausgeführt, spätestens mit [[X.].] vom 26. Juni 2018 habe die Markeninhaberin die Benutzung beider [[[X.].].] undifferenziert bestritten, die jedoch seitens der Widersprechenden für "zweiteilige Einmalspritzen" glaubhaft gemacht worden sei. Diese fielen unter die eingetragenen Waren der [[[X.].].] und stünden zu den Waren der angegriffenen Marke in einem Identitäts- bzw. durchschnittlichen Ähnlichkeitsverhältnis. Von Hause aus wiesen die älteren Marken eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf, die aufgrund Benutzung allerdings gesteigert und somit insgesamt als durchschnittlich zu bewerten sei. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe allenfalls eine weit unterdurchschnittliche klangliche oder schriftbildliche Ähnlichkeit, so dass eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [[X.].] zu verneinen sei. Mangels aussagekräftiger Belege zur Bekanntheit der älteren Marken könne die Widersprechende ihr Löschungsbegehren auch nicht auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 [[X.].] stützen.

Auf die seitens der Widersprechenden eingelegte, vom [X.] zugelassene  Rechtsbeschwerde hat der [[X.].] mit Beschluss vom 6. Februar 2020 ([[X.].]) den Beschluss des [X.]s aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [[X.].] zurückverwiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass bei der Prüfung der Markenähnlichkeit beschreibende Bestandteile nicht vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen werden dürften. Vielmehr seien die Vergleichsmarken jeweils als Ganzes zu betrachten. Ausgehend von dem Verständnis des maßgeblichen Verkehrskreises der medizinischen Fachkräfte in Krankenhäusern und Arztpraxen hätte geprüft werden müssen, wie das jeweilige [[X.].] klanglich, bildlich und inhaltlich wahrgenommen werde. Der Schutzumfang von Marken oder deren Bestandteilen, die an einen die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff angelehnt seien und nur dadurch Unterscheidungskraft erlangt hätten, weil sie von dem Begriff nur geringfügig abwichen, sei eng zu bemessen. Einer mit dem Zweck der absoluten Schutzhindernisse unvereinbaren Begünstigung schwacher Marken könne durch ein auf diese Schutzhindernisse gestütztes [[X.].] begegnet werden. Im vorliegenden Fall dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Vergleichsmarken in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht bis auf die [[X.].] identisch seien. Bei Letzteren falle zudem der gemeinsame K-Laut auf, da der Buchstabe "[[[X.].].]" der jüngeren Marke wie "[X.]" ausgesprochen werde und sich folglich den Endkonsonanten "[[[X.].].]" der älteren Marken klanglich annähere. Zudem lehnten sich die zu betrachtenden Marken an die beschreibenden Begriffe "inject" und "Injektion" an, so dass auch eine begriffliche Ähnlichkeit zu bejahen sei.

Die Beschwerdeführerin ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen des [[X.].]s im Beschluss vom 6. Februar 2020 der Ansicht, den Widersprüche sei stattzugeben. Zudem hätte die Beschwerdegegnerin nach Erhalt der BGH-Entscheidung auf ihre Marke verzichten können, da ihre Erfolgsaussichten danach "gleich Null" gewesen wären, weshalb ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen seien. Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [[[[X.].].].] des [[[[X.].].].]s vom 13. Januar 2016 aufzuheben, die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke [[[[X.].].].] 2012 012 744 auf Grund der Widersprüche aus den Marken [[[[X.].].].] 27 581 und IR 772 712 anzuordnen und der Beschwerdegegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde und den [X.] der Beschwerdeführerin zurückzuweisen.

Sie ist der Sichtweise des [[X.].]s entgegen getreten und hält daran fest, dass zwischen den beiderseitigen Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten und die erwähnten, inzwischen ergangenen Beschlüsse Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 [[X.].] zulässige Beschwerde bleibt ebenso wie der [X.] der Beschwerdeführerin in der Sache ohne Erfolg.

1. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [[X.].] i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 [[X.].] in der bis einschließlich 13. Januar 2019 geltenden Fassung (= [[X.].] a. F.) i. V. m. § 158 Abs. 3 [[X.].], § 125b Nr. 1 [[X.].] i. V. m. Art. 189 Abs. 2 [X.], so dass die Widersprüche aus den Marken [[[[X.].].].] 27 581 und IR 772 712 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 [[X.].], § 125b Satz 1 [[X.].] i. V. m. Art. 189 Abs. 2 [X.] zu Recht zurückgewiesen wurden.

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [[X.].] ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. [X.] 2014, 245 ff. – [X.] [X.] [[X.] / [X.]]; [X.]. 2012, 754 Rn. 63 – [[[X.].].][[[X.].].][[[X.].].]Lutz Marken GmbH ./. [X.] [Linea Natura Natur hat immer Stil / natura selection]; [X.], 1098 Rn. 44 – [[[[X.].].].] ./. [X.] [[[[[X.].].].] CREACIONES KENNYA / [[[[X.].].].] [[[[X.].].].]]; [X.], 356 Rn. 45 f. – [[[[X.].].].] [X.] [MOBELI[[[X.].].] / OBELI[[[X.].].]]; [X.], 1058 Rn. 17 – [X.]; GRUR 2018, 79 Rn. 9 – O[[[X.].].]FORD / [X.]; [X.], 1104 ff. – [X.] / [X.]; [X.], 1301 Rn. 44 – Kinderstube; [X.], 382Rn. 19 – [X.]). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.] [X.], 933 Rn. 33 – [[[[X.].].].] ./. [X.] [[[[[X.].].].] / [[[[X.].].].] ONLINE PRO / [[[[X.].].].]]; [X.], 833 Rn. 30 – Culinaria / Villa Culinaria).

a) Die Beschwerdegegnerin und Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren spätestens mit [[X.].] vom 26. Juni 2018 die rechtserhaltende Benutzung beider [[[X.].].] bestritten. Demzufolge richtet sich die Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke [[[[X.].].].] 27 581 nach §§ 43 Abs. 1 und 26 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 [[X.].].

Die Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke IR 772 712 bestimmt sich ebenfalls nach § 43 Abs. 1 [[X.].] a. F.. Denn eine internationale Registrierung, in der die [X.] benannt ist, hat gemäß Art. 189 Abs. 2 [X.] vom Tage der nachträglichen Benennung der [X.] gemäß Art. 3

In dem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist die Erhebung beider Einreden nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 [[X.].] a. F. (§ 158 Abs. 5 [[X.].]) zu sehen (vgl. [X.], 719 Rn. 20 – idw Informationsdienst Wissenschaft).

b) Damit hat die Widersprechende für folgende Zeiträume die Benutzung ihrer in Rede stehenden Marken glaubhaft zu machen:

(1) Der erste maßgebliche Zeitraum der Benutzung der Widerspruchsmarke [[[[X.].].].] 27 581 nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] a. F. erstreckt sich von Juli 2007 bis Juli 2012, da die Eintragung der angegriffenen Marke am 13. Juli 2012 veröffentlicht worden ist und zu diesem Zeitpunkt die am 5. Mai 2000 registrierte Marke [[[[X.].].].] 27 581 bereits fünf Jahre eingetragen war.

Der zweite Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [[X.].] a. F. umfasst die Monate von Oktober 2016 bis Oktober 2021, da aufgrund der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2021 über die Widersprüche seitens des [X.]s erneut entschieden worden ist.

(2) Wie bereits in dem an [[X.].] Statt am 1. März 2019 zugestellten Beschluss ausgeführt worden ist, bestimmt sich der Beginn des Zeitraums der Benutzung einer international registrierten Marke mit Benennung der Europäischen [X.] nach Art. 203 [X.] i. V. m. Art. 190 Abs. 2 [X.]. Gemäß Art. 203 [X.] wird zur Festlegung des Datums, ab dem die Marke, die Gegenstand einer internationalen Registrierung mit Benennung der Europäischen [X.] ist, ernsthaft in der Europäischen [X.] benutzt werden muss, das Datum der Eintragung gemäß Art. 18 Abs. 1 [X.] durch das Datum der [X.] gemäß Art. 190 Abs. 2 [X.] ersetzt. Damit ist für den Beginn der Benutzungsschonfrist nicht auf den in § 43 Abs. 1 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 [[X.].] genannten Zeitpunkt der Eintragung, sondern auf den der zweiten Nachveröffentlichung gemäß Art. 190 Abs. 2 [X.] abzustellen. Diese erfolgt, wenn das [X.] entweder eine Mitteilung der Schutzgewährung ausgesprochen oder eine vorläufige Schutzverweigerung zurückgenommen hat (vgl. [X.] Markenrecht, Kur/v. [X.]/[[[[X.].].].], 27. Edition, Stand: 01.07.2021, Art. 203 [X.], Rn. 1).

Die Gewährung des Schutzes der Widerspruchsmarke IR 772 712 wurde nach Ablauf der Widerspruchsfrist in der "Gazette [X.] des marques internationales" Nr. 48/2012 am 20. Dezember 2012 veröffentlicht. Zum Zeitpunkt der [X.] der angegriffenen Marke am 13. Juli 2012 war die Schutzgewährung der Widerspruchsmarke folglich noch nicht fünf Jahre veröffentlicht, so dass die Benutzungsschonfrist gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 [[X.].] nicht abgelaufen war. Damit ist die Einrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 [[X.].] unzulässig.

Demgegenüber greift die Einrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 [[X.].] durch, da zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (14. Oktober 2021) die [X.] der Schutzgewährung (20. Dezember 2012) über fünf Jahre zurücklag. Der entsprechende Benutzungszeitraum erstreckt sich somit von Oktober 2016 bis Oktober 2021.

c) Die Benutzung der [[[X.].].] wurde zumindest für den Zeitraum Oktober 2016 bis Oktober 2021 nicht glaubhaft gemacht.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung wird eine Marke dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion verwendet wird, d. h. die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu sichern (vgl. [X.] GRUR 2003, 425 Rn. 38 – [X.] / Ajax; [X.], 725 Rn. 38 – [X.]). Der Nachweis der Benutzung ist in Abgrenzung zur bloßen Scheinhandlung zu verstehen, die nur zu dem Zweck vorgenommen wird, die formalen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung von Rechten aus einer Marke zu erfüllen (vgl. [X.] GRUR 2013, 182 Rn, 29 – [X.] Merken ./. [X.] [ONEL / [X.]]; [X.], 343 Rn. 72 – [X.] ./. [X.] [[X.]]; [X.] 2012, 832 Rn. 49 – [X.]; [X.], 729Rn. 15 – MI[[[X.].].]I; [X.], 60 Rn. 37 – [X.]). Ausgeschlossen sind somit die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten Rechte zu wahren. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. Dazu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. [X.] [X.], 343 Rn. 72 – [X.] ./. [X.] [[X.]]; [X.] 2010, 729 Rn. 15 – MI[[[X.].].]I).

Im Beschwerdewiderspruchsverfahren beim [[X.].] gilt bezüglich der Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke der [X.]. Dies bedeutet, dass der darlegungspflichtige Inhaber der Widerspruchsmarke die volle Verantwortung für eine vollständige Glaubhaftmachung trägt und sich alle Mängel der Glaubhaftmachung(smittel) zurechnen lassen muss. Dies gilt auch für Angaben und Unterlagen, die zwar gewisse Anhaltspunkte für eine Benutzung der Marke enthalten, infolge ihrer Unbestimmtheit oder [X.] aber noch Zweifel bleiben, die ausschließlich zu Lasten des Widersprechenden gehen (vgl. [X.], Beschluss vom 18.06.2018, 29 W (pat) 39/17 – [[[[X.].].].]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [[X.].], 13. Auflage, § 43, Rn. 65).

(2) Im Verfahren vor dem [[[[X.].].].] hat die Widersprechende zur Glaubhaftmachung der Benutzung folgende Unterlagen vorgelegt:

- Eidesstattliche Versicherung von Herrn L… in seiner Funktion als Senior Vice President Global Marketing & Sales Hospital Care vom 16.05.2013, die Umsätze mit Spritzen in der Bundesrepublik [[[X.].].], auf denen oder auf deren Verpackung die Marke "[[[[X.].].].]" angebracht war, in den Jahren 2008 bis 2012 von ca. … € jährlich ausweist ([X.]. 706 VA),

- mit "Injekt" beschriftete Broschüren mit Spritzenabbildungen aus den Jahren 2008 bis 2012 ([X.]. 708 bis 709 VA),

- Übersicht zu Handelsformen von [[[[X.].].].]-Einmal-Spritzen ([X.]. 711 VA),

- Eidesstattliche Versicherung von Herrn L… vom 31.01.2014, in der zwischen ca. … und ca. … € liegende Nettoumsätze in den Jahren 2002 bis 2013 mit Spritzen in der Bundesrepublik [[[X.].].], die mit der Marke "[[[[X.].].].]" gekennzeichnet waren, genannt werden sowie die Umsatzentwicklung von 1973 bis 1998 dargestellt ist ([X.]. 569 bis 571 VA),

- Auszüge aus Produktkatalogen ([X.]. 572 VA: Katalog 1973/74, [X.]. 577 VA: Katalog 1979/80) und Broschüren ([X.]. 578 und 579 VA: 1975, [X.]. 580 VA: 1993, [X.]. 582 VA: 1995, [X.]. 585 VA: 01/2005, [X.]. 623 und 626 VA: 05/2010, [X.]. 592, 599 und 604 VA: 09/2011, [X.]. 593 und 598 VA: 11/2012, [X.]. 627 und 634 VA: 04/2013, [X.]. 619 und 622 VA: 09/2013, [X.]. 635 und 640 VA: 10/2013, [X.]. 605 und 610 VA: 11/2013, [X.]. 611, 614, 615 und 618 VA: 12/2013),

- Kopie einer Rechnung vom 22.11.2006 ([X.]. 678 VA),

- Bestätigung eines Dritten zur Bekanntheit der Marke "[[[[X.].].].]" vom 09.01.2014 ([X.]. 674 VA),

- Bestätigungen von Kunden der Widersprechenden betreffend den Kauf von mit der Bezeichnung "[[[[X.].].].]" gekennzeichneter Spritzen vom 31.01.2014 ([X.]. 682 VA), vom 12.02.2014 ([X.]. 681 VA) sowie vom 13.02.2014 ([X.]. 683 VA) jeweils ohne Nennung von Zeiträumen und vom 20.02.2014 betreffend den Zeitraum von 2004 bis 2006 ([X.]. 675 VA) und

- GfK-Studie vom 12.02.2014 auf Grundlage einer Befragung zwischen dem 10.01.2014 und dem 07.02.2014 zur Bekanntheit und Verkehrsdurchsetzung der Bezeichnung "[[[[X.].].].]" bei Fachkreisen ([X.]. 645 bis 673 VA).

All diesen Unterlagen können keine Aussagen zur Benutzung der [[[X.].].] in dem maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2016 bis Oktober 2021 entnommen werden, da sie allenfalls noch das [X.] abdecken.

(3) Mit [[X.].] vom 6. September 2018 hat die Beschwerdeführerin folgende weitere Unterlagen eingereicht:

- Anlage 1 ([X.]. 176 [X.]):

Übersicht zu [[[[X.].].].]-Einmalspritzen betreffend den Zeitraum von 2014 bis Juli 2018, nach der die jährlichen Absatzmengen rund 400 Mio. Stück und die jährlichen Nettoumsätze rund … € betragen,

- Anlage 2 ([X.]. 178 bis 334 [X.]):

Beispielrechnungen auch über den Verkauf von [[[[X.].].].]-Spritzen in den Jahren 2013 bis 2018 seitens der Widersprechenden und eines Tochterunternehmens,

- Anlage 3 ([X.]. 336 bis 367 [X.]):

Ausdruck "9995609_Spritzen_Produktübersicht_2013.pdf", Stand: 11/2013,

- Anlage 3 ([X.]. 381 bis 389 [X.]):

Ausdruck "Gesamtkatalog_Einmalartikel_2016.pdf", Stand 3/2016,

- Anlage 3 ([X.]. 390 bis 400 [X.]):

Ausdruck "[X.]", Stand 10/2017, und

- Anlage 3 ([X.]. 368 bis 380 [X.]):

 Ausdruck "Auszug_Produktsortiment Injekt Einmalspritzen_2018.pdf", Stand 8/2018.

Auch diese Unterlagen reichen für eine Glaubhaftmachung der Benutzung der [[[X.].].] von Oktober 2016 bis Oktober 2021 nicht aus:

(a) Die Anlage 1 betrifft ca. ein Drittel (Oktober 2016 bis Juli 2018) des eben genannten Zeitraums, was für sich alleine ihre Eignung als Glaubhaftmachungsmittel nicht in Frage stellt, da eine vollständige Abdeckung des fünfjährigen Benutzungszeitraums nicht erforderlich ist (vgl. u. a. [X.] [X.], 343, Rn. 74 – [X.] Spa / [X.]). Allerdings lässt sich ihr nicht entnehmen, ob die darin ausgewiesenen Umsätze mit Spritzen erzielt wurden, auf denen oder auf deren Verpackung die [[[X.].].] angebracht waren. Die Überschrift "Injekt® Einmalspritzen" sagt hierüber nichts aus.

Zudem ist nicht erkennbar, dass die Angaben von einer Person stammen, die in dem maßgeblichen Benutzungszeitraum aufgrund ihrer besonderen Stellung mit den erklärten [X.] vertraut ist bzw. war (vgl. zu den entsprechenden Anforderungen an eine eidesstattliche Versicherung [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 86). Die ergänzende Erläuterung der Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden in dem [[X.].] vom 6. September 2018, dass die Anlage 1 "Umsatzzahlen für die mit der Marke [X.] versehenen Einmalspritzen, ausschließlich für [[[X.].].], für die Jahre 2014 bis Juli 2018" enthalte, reicht nicht aus, da die in der Anlage 1 genannten Stück- und Umsatzzahlen nicht zum eigenen Wahrnehmungsbereich der Verfahrensbevollmächtigten gehören. Zwar ist zu vermuten, dass sie ihnen von der Widersprechenden übermittelt worden sind. Allerdings bedarf dann auch ihre Aussage, dass die Spritzen mit der Marke "Injekt" versehen waren, einer näheren Begründung ihres Wissens. Letzten Endes handelt es sich um eine bloße tabellarische Übersicht, deren geistige Urheberschaft völlig unklar ist.

Auch das in dem [[X.].] vom 6. September 2018 unterbreitete [X.] der Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden, die [X.] und [X.] als Zeugen für die Richtigkeit der Angaben in den Anlagen 1 bis 3 anzuhören, ist nicht geeignet, den oben genannten Mangel der fehlenden Erkennbarkeit, dass die Anlage 1 von einem kompetenten Erklärenden stammt, zu beseitigen. Zum einen ergibt sich aus dem Vortrag der Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden in keinster Weise, ob es sich um Angehörige des Unternehmens der Widersprechenden handelt, welche Funktion die beiden Zeugen dort ausüben und ob sie somit geeignet sind, die Richtigkeit der Anlagen 1 bis 3 zu bestätigen. Zum anderen lässt die Formulierung "Richtigkeit der oben genannten Angaben" in dem [X.] offen, zu welchen Angaben konkret die Zeugen Aussagen treffen sollen. Vor allem bleibt ungeklärt, ob sie sich zur Kompetenz des Urhebers der Anlage 1 äußern können. Da das Beweisthema somit nicht erkennbar ist und die Zeugen hierzu hätten ausgeforscht werden müssen, war dem Beweisantritt nicht nachzugehen (vgl. [X.], ZPO, 34. Auflage, Vor § 284, Rn. 8c). Auf diesen Umstand hat bereits die Inhaberin der angegriffenen Marke mit [[X.].] vom 26. September 2018 aufmerksam gemacht, so dass es keines entsprechenden Hinweises des [X.]s gemäß § 82 Abs. 1 [[X.].] i. V. m. § 139 Abs. 2 [[X.].] mehr bedurfte (vgl. [X.], 581; [X.], 6. Auflage 2020, ZPO § 139, Rn. 14).

Zudem hätte es sich angeboten und entspricht üblichem Vorgehen, wenn die Widersprechende auch für den Zeitraum Oktober 2016 bis Oktober 2021 eine eidesstattliche Versicherung eingereicht hätte, bei der es sich hinsichtlich Umfang, Zeitraum, Ort und Person der Benutzung um das wichtigste Glaubhaftmachungsmittel handelt (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 82). Hierbei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass bereits in dem am 1. März 2019 an [[X.].] Statt zugestellten Beschluss die Benutzung vor allem aufgrund der beiden eidesstattlichen Versicherungen vom 16.05.2013 und vom 31.01.2014 als glaubhaft gemacht angesehen wurde. Indem die Widersprechende nunmehr von diesem einfachen und wichtigen Glaubhaftmachungsmittel zur Benutzung abgesehen hat, obwohl sie in einem früheren Verfahrensstadium hiervon Gebrauch gemacht hat, ergeben sich für den [X.] erhebliche Zweifel am Umfang der Benutzung der [[[X.].].], die zu Lasten der Widersprechenden gehen.

(b) Die Anlage 2 enthält für die maßgebliche Zeit Oktober 2016 bis Oktober 2021 wenige Rechnungsbeispiele ([X.]. 214 bis 242 und [X.]. 316 bis 334 [X.]), die einen Absatz von [[[[X.].].].]-Spritzen durch die Widersprechende von 11 "[[[[X.].].].]", 5 "[X.]" sowie 17.800 "[X.]" und durch eine Tochterfirma von 36 "[[[[X.].].].]" ausweisen. Weiterer Vortrag hierzu, z. B. zu den Verpackungseinheiten, fehlt, so dass den Rechnungen keine genauen Absatzzahlen entnommen werden können. Zudem geben sie keine Auskunft zur Anbringung der [[[X.].].] an den Spritzen selbst oder ihrer Verpackung.

(c) Die Ausdrucke der für den Benutzungszeitraum Oktober 2016 bis Oktober 2021 maßgeblichen Produktkataloge 2016, 2017 und 2018 erwähnen Einmalspritzen mit dem Namen "Injekt. Sie mögen ferner das Layout der Verpackungen abbilden, wie im [[X.].] vom 6. September 2018 ausgeführt. Da aber auch insoweit weiterer Vortrag z. B. über die Auflagen und Verteilung der Produktinformationen fehlt, kann den eingereichten Ausdrucken letztlich die Existenz der PDF-Dateien, aber keine substantiierte Aussage über eine relevante Benutzung der [[[X.].].] entnommen werden.

Im Ergebnis fehlt daher für den Zeitraum Oktober 2016 bis Oktober 2021 erheblicher Tatsachenvortrag insbesondere zu Art und Umfang der konkreten Benutzung der die [[[X.].].]. Der Prüfung der Verwechslungsgefahr können damit keine Waren oder Dienstleistungen zugrunde gelegt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 3 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 5 [[X.].]), so dass sie bereits aus diesem Grunde zu verneinen ist.

2. Die Beschwerdeführerin kann unabhängig von obigen Ausführungen ihren Widerspruch auch nicht auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 [[X.].] stützen. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 [[X.].] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 3 [[X.].], § 9 Abs. 1 Nr. 3, § 125b Nr. 1 [[X.].] i. V. m. Art. 189 Abs. 2 [X.] (auch) im Bereich unähnlicher Waren und Dienstleistungen zu löschen, wenn sie mit einer prioritätsälteren, im Inland bekannten Marke identisch oder ihr ähnlich ist und ihre Benutzung geeignet ist, die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Widerspruchsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

Voraussetzung für das Vorliegen einer bekannten Marke ist, dass das jeweilige Zeichen als Marke einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, welches von den durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, ohne dass bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind. Die Bekanntheit darf sich nicht auf das Zeichen als solches beschränken, sondern es ist die Bekanntheit der Marke, also als Herkunftszeichen für die betreffenden Waren und/oder Dienstleistungen notwendig (vgl. [X.] 2004, 235, 23 – [X.]). Bei der Prüfung, ob eine Marke bekannt ist, sind alle relevanten Umstände des Falles zu berücksichtigen. Zu den maßgeblichen Bekanntheitsfaktoren zählen dabei neben der Bekanntheit im demoskopischen Sinne der Marktanteil der Marke, die Intensität ihrer Benutzung (Umsatzstärke), die geografische Ausdehnung und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat, wie z. [X.] (vgl. [X.] [X.], 1158 Rn. 25 – PAGO / Tirolmilch; [X.] 2017, [X.]. 37 – [X.]; [X.], 1214Rn. 20 – Goldbären; [X.], 1114Rn. 10 – Springender Pudel).

Hier fehlt es bereits an ausreichendem Vortrag, um die Bekanntheit der [[[X.].].] zu stützen. Insoweit kann auf die Ausführungen des [X.]s in dem am 1. März 2019 an [[X.].] Statt zugestellten Beschluss unter Ziffer 6. und des [[X.].]s in dem Beschluss vom 6. Februar 2020 (Randnummern 55 f.) verwiesen werden.

3. Der [X.] war auch im Übrigen nicht nach § 82 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] i. V. m. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO verpflichtet, der widersprechenden Beschwerdeführerin - wie im [[X.].] vom 1. Oktober 2021 unter Ziffer 5. erbeten - Hinweise zu geben. Denn die Hinweispflicht findet ihre Grenze in der Neutralitätspflicht des [[X.].]s und darf in keinem Fall zu einer Schwächung oder Stärkung der prozessualen Stellung von Beteiligten führen (vgl. [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43, Rn. 72). Sie müssen im Widerspruchsverfahren alle vertretbaren Rechtsauffassungen in Betracht ziehen. Da eine einmal erhobene Nichtbenutzungseinrede auch in den [X.] von der Widersprechenden beachtet werden muss, obliegt dieser in allen Instanzen die Glaubhaftmachung der Benutzung auch ohne erneuten Hinweis. Aufgrund des wandernden Benutzungszeitraums des § 43 Abs. 1 Satz 2 [[X.].] a. F. muss die Widersprechende laufend und in allen Instanzen selbständig überprüfen, ob und inwieweit ihre vorgelegten Unterlagen den besagten Zeitraum abdecken (ständige Rspr., vgl. u. a. Kur/[X.], [[X.].], 1. Auflage 2017, § 43, Rn. 43 ff.). Dies ist der Beschwerdeführerin ausweislich Seite 1 ihres [[X.].]es vom 6. September 2018 auch bewusst.

Demzufolge war der [X.] auch nicht gehalten, die Widersprechende darauf aufmerksam zu machen, dass ihre mit [[X.].] vom 6. September 2018 eingereichten Unterlagen für die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung nicht ausreichen.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

4. Der [X.] der Widersprechenden bleibt ohne Erfolg.

Es liegen keine Umstände vor, die es billig erscheinen ließen, der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [[X.].] aufzuerlegen. Die Aussichten, dass die Eintragung der angegriffenen Marke im weiteren Beschwerdeverfahren nach Erlass des Beschlusses des [[X.].]es vom 6. Februar 2020 nicht gelöscht wird, waren entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht "gleich Null". Die Frage der rechtserhaltenden Benutzung steht im Falle eines noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens immer im Raum, so dass - wie vorliegend - eine einmal anerkannte Benutzung kein Präjudiz für die Beurteilung der Glaubhaftmachung zu einem späteren Zeitpunkt darstellt. Folglich kann der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht vorgehalten werden, sie hätte unmittelbar nach Erlass der BGH-Entscheidung auf die Eintragung ihrer Marke verzichten müssen. Damit verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [[X.].], nach der jede Beteiligte die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt.

5. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht geboten. Weder war über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 [[X.].]), noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 [[X.].]).

Meta

28 W (pat) 29/16

14.10.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 9 Abs 1 Nr 3 MarkenG, § 26 MarkenG vom 25.10.1994, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 158 Abs 3 MarkenG, § 158 Abs 5 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.10.2021, Az. 28 W (pat) 29/16 (REWIS RS 2021, 1871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1871


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 28 W (pat) 29/16

Bundespatentgericht, 28 W (pat) 29/16, 14.10.2021.

Bundespatentgericht, 28 W (pat) 29/16, 01.03.2019.


Az. I ZB 21/19

Bundesgerichtshof, I ZB 21/19, 06.02.2020.


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