ÖFFENTLICHES RECHT STRASSENVERKEHR VERKEHRSRECHT Hinzufügen
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Zur Einschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch anlasslose Videoüberwachung des fließenen Verkehrs
[X.]
- 2 BvR 941/08 -
des Herrn G …
gegen a) | den Beschluss des [X.] vom 20. März 2008 - 2 Ss ([X.]) 128/07 I 99/07 -, |
b) | das Urteil des [X.] vom 15. Januar 2007 - 971 [X.] 343/06 -, |
c) | den [X.] des Landrates des [X.] vom 4. Mai 2006 - 88914294 -, |
d) | die Eintragung von drei Punkten in das Verkehrszentralregister, |
e) | die bevorstehende Vollstreckung der Bußgeldentscheidung, |
f) | die Videoüberwachung an der [X.] Richtung [X.], bei km 98 |
hat die [X.] des [X.] des [X.] durch
[X.],
[X.]
und [X.]
am 11. August 2009 einstimmig beschlossen:
[X.] vom 15. Januar 2007 - 971 [X.] 343/06 - und der Beschluss des [X.] vom 20. März 2008 - 2 Ss ([X.]) 128/07 I 99/07 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Gerichtsentscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Landrat des [X.] setzte nach Anhörung mit Bescheid vom 4. Mai 2006 gegen den Beschwerdeführer wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (§ 41 Abs. 2, § 49 StVO) ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro fest, wobei es sich um eine im Verkehrszentralregister einzutragende und mit drei Punkten bewertete Ordnungswidrigkeit handelte. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mit seinem Pkw am 16. Januar 2006 die [X.] 19 Richtung [X.] befahren und dabei bei km 98,6 die zulässige Höchstgeschwindigkeit (100 km/h) außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h überschritten. Die von der Ordnungsbehörde vorgenommene Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem Verkehrskontrollsystem Typ VKS der Firma V.
Der Beschwerdeführer legte fristgerecht Einspruch ein und rügte unter anderem, die Video-Aufzeichnung des [X.] sei ohne ausreichende Rechtsgrundlage angefertigt worden. Es habe an einem konkreten Tatverdacht gefehlt. Weder im Gefahrenabwehrrecht noch im Ordnungswidrigkeitenrecht finde sich eine Befugnis für eine allgemeine oder automatisierte Videoüberwachung, deren Voraussetzungen erfüllt seien. Aus der Schwere des Rechtsverstoßes ergebe sich ein Verwertungsverbot. In der Hauptverhandlung wiederholte er die Einwendungen.
Das [X.] verwies im Rahmen der Hauptverhandlung laut Sitzungsprotokoll auf Erlasse zur Verkehrsüberwachung vom 6. September 2002 sowie vom 1. März 2003 und verurteilte den Beschwerdeführer mit Urteil vom 15. Januar 2007 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Euro. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 16. Januar 2006 die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 29 km/h überschritten habe. Die Messung sei mit dem geeichten Verkehrskontrollsystem Typ VKS 3.0 der Firma [X.]durchgeführt worden. Dabei handele es sich um ein zugelassenes System. Das Gericht habe den Beschwerdeführer als die auf dem Foto abgebildete Person erkannt. Die Verkehrsüberwachung sei zulässig gewesen. Sie sei durch den Erlass des [X.] zur Überwachung des Sicherheitsabstandes nach § 4 der Straßenverkehrsordnung vom 1. Juli 1999 gestattet worden.
Seinen fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde begründete der Beschwerdeführer damit, dass die Angaben in den Urteilsgründen zum Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstandes falsch und unvollständig seien. Es erscheine geboten, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen, weil aus grundrechtlicher Sicht (allgemeines Persönlichkeitsrecht) für einen Eingriff durch eine Videoaufzeichnung die Ermächtigungsgrundlage habe benannt sowie auf Reichweite und Rechtmäßigkeit überprüft werden müssen. Ihm sei auch das rechtliche Gehör versagt worden. Seine Rüge, es habe an einer Ermächtigungsgrundlage gefehlt, habe das Gericht nicht berücksichtigt.
Das [X.] [X.] verwarf den Antrag mit Beschluss vom 20. März 2008 als unbegründet. Soweit er rüge, der Tatrichter sei weder in der mündlichen Verhandlung noch in den Urteilsgründen hinreichend auf die rechtlichen Einwendungen eingegangen, sei darin kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu erblicken. Das Gericht sei nicht verpflichtet, jedes Vorbringen eines Betroffenen zu bescheiden. Es habe seine Rechtsauffassung dargelegt. Ein näheres Eingehen auf die davon abweichende Auffassung des Beschwerdeführers sei nicht erforderlich gewesen.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG sowie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Er macht im Wesentlichen geltend, die Videoaufzeichnung stelle einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten seien von einer Autobahnbrücke aus alle durchfahrenden Fahrzeuge verdeckt gefilmt worden. Der jeweilige Fahrer sei erkennbar und identifizierbar aufgenommen worden. Eine vorherige Auswahl dahingehend, ob der Betroffene eines [X.] verdächtig sei, habe nicht stattgefunden. Daher hätte kein Verkehrsteilnehmer die Möglichkeit gehabt, sich durch rechtmäßiges Verhalten der Videoaufzeichnung zu entziehen. Die Löschung sei frühestens nach Auswertung erfolgt. Für eine derartige Geschwindigkeitsüberwachung bestehe keine gesetzliche Grundlage, weshalb der Grundrechtseingriff nicht gerechtfertigt sei.
Das Urteil des Amtsgerichts verletze ihn in seinen Grundrechten, weil das Amtsgericht dieses Vorbringen nicht in seine Urteilsfindung einbezogen habe. Die Bezeichnung eines Erlasses als Rechtsgrundlage für die mittels einer dauerhaft verdeckten Videoaufzeichnung vorgenommenen Geschwindigkeitsmessung sei offensichtlich unvertretbar und gehe über eine abweichende Rechtsauffassung oder einen einfachen Rechtsirrtum hinaus. Vielmehr seien Grundrechte komplett übersehen worden. Das Fehlen einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung hätte nach der Abwägungslehre des [X.] zu einem Beweisverwertungsverbot führen müssen. Es liege ein bewusster oder zumindest grob fahrlässiger Rechtsverstoß der Behörden vor, der mit einem gravierenden Grundrechtseingriff verbunden sei. Diese Fehler seien vom [X.] verfestigt worden.
Dem [X.] wurde gemäß § 94 [X.] Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Es hat von einer Stellungnahme abgesehen.
In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang nimmt die Kammer die insoweit zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b [X.]. § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind insoweit gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das [X.] bereits geklärt (vgl. [X.] 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>). Die Verfassungsbeschwerde ist auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen.
Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Bedeutung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG).
1. Das dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folgende Willkürverbot zieht der Rechtsprechung bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts nur gewisse äußerste Grenzen (vgl. [X.] 42, 64 <73>). Nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts stellt daher auch einen Gleichheitsverstoß dar. Von Willkür kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. [X.] 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>). [X.] ist jedoch willkürlich und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. [X.] 62, 189 <192>; 70, 93 <97>; 96, 189 <203>). In einem derartigen Fall kommt ein verfassungsgerichtliches Eingreifen in Betracht (vgl. [X.] 62, 189 <192>). Dabei ist Willkür nicht im Sinne eines subjektiven Vorwurfs sondern objektiv zu verstehen, als eine Maßnahme, die im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist (vgl. [X.] 62, 189 <192>; 70, 93 <97>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 16. Oktober 1998 - 2 BvR 1328/96 -, [X.] 1999, S. 10 f.).
2. Die angegriffenen Entscheidungen halten einer an diesen Maßstäben ausgerichteten verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Rechtsauffassung, die mittels einer Videoaufzeichnung vorgenommene Geschwindigkeitsmessung könnte auf einen Erlass eines Ministeriums gestützt werden, ist unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar und daher willkürlich.
a) In der vom Beschwerdeführer angefertigten Videoaufzeichnung liegt ein Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses Recht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen (vgl. [X.] 65, 1 <42 f.>). Durch die Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials wurden die beobachteten Lebensvorgänge technisch fixiert. Sie konnten später zu Beweiszwecken abgerufen, aufbereitet und ausgewertet werden. Eine Identifizierung des Fahrzeuges sowie des Fahrers war beabsichtigt und technisch auch möglich. Auf den gefertigten Bildern sind das Kennzeichen des Fahrzeuges sowie der Fahrzeugführer deutlich zu erkennen. Das Amtsgericht hat im angegriffenen Urteil ebenfalls festgestellt, dass ausreichende Konturen auf den Bildern vorhanden sind, und den Beschwerdeführer als die abgebildete Person identifiziert. Dass die Erhebung derartiger Daten einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, entspricht der Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Februar 2009 - 1 BvR 2492/08 -, Umdruck, S. 26; [X.] 120, 378 <397 ff.>; [X.]K 10, 330 <336 f.>).
Der Eingriff in das Grundrecht entfällt nicht dadurch, dass lediglich Verhaltensweisen im öffentlichen Raum erhoben wurden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen des Einzelnen, der sich in die Öffentlichkeit begibt, Rechnung (vgl. [X.] 65, 1 <45>; 120, 378 <398 f.>; [X.]K 10, 330 <336>). Es liegt auch kein Fall vor, in dem Daten ungezielt und allein technikbedingt zunächst miterfasst, dann aber ohne weiteren Erkenntnisgewinn, anonym und spurenlos wieder gelöscht werden, so dass aus diesem Grund die Eingriffsqualität verneint werden könnte (vgl. dazu [X.] 115, 320 <343>; 120, 378 <399>). Die vom Beschwerdeführer angefertigten Videoaufnahmen wurden gerade in einem Bußgeldverfahren als Beweismittel genutzt. Inwiefern zwischen Übersichtsaufnahmen des auflaufenden Verkehrs und Aufnahmen der Fahrzeugführer sowie der Kennzeichen zu differenzieren ist, kann offen gelassen werden.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist der Einschränkung im überwiegenden Allgemeininteresse zugänglich. Diese bedarf jedoch einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht und verhältnismäßig ist (vgl. [X.] 65, 1 <43 f.>; 120, 378 <401 ff.>; [X.]K 10, 330 <337>). Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (vgl. [X.] 65, 1 <44 ff.>; 100, 313 <359 f.>; [X.]K 10, 330 <337 f.>).
b) Das Amtsgericht hat im angefochtenen Urteil die mittels einer Videoaufzeichnung vorgenommene Geschwindigkeitsmessung auf den Erlass zur Überwachung des Sicherheitsabstandes nach § 4 StVO des [X.] vom 1. Juli 1999 ([X.].: [X.]-2-4) gestützt und damit diesen als Rechtsgrundlage für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung herangezogen.
Eine solche Rechtsauffassung ist verfehlt und unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar. Es handelt sich bei dem Erlass - ausweislich der einleitenden Bemerkung - um eine [X.] und damit um eine verwaltungsinterne Anweisung. Derartige Regelungen, durch die eine vorgesetzte Behörde etwa auf ein einheitliches Verfahren oder eine einheitliche Gesetzesanwendung [X.], stellen kein Gesetz im Sinn des Art. 20 Abs. 3 sowie des Art. 97 Abs. 1 GG dar und sind grundsätzlich Gegenstand, nicht Maßstab der richterlichen Kontrolle (vgl. [X.] 78, 214 <227>). Eine [X.] kann für sich auch keinen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung rechtfertigen, da es einer formell-gesetzlichen Grundlage bedarf. Der parlamentarische Gesetzgeber hat über einen derartigen Eingriff zu bestimmen und Voraussetzungen sowie Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar festzulegen (vgl. [X.] 65, 1 <44>). Das Amtsgericht, das im Erlass des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg - [X.] eine hinreichende Grundlage für die konkret durchgeführte Verkehrsüberwachung und damit auch für die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Grundrechtseingriffe gesehen hat, setzt sich mit dieser verfassungsrechtlichen Problematik nicht ansatzweise auseinander.
Ausweislich der Ziffer 1 hat der Erlass im Übrigen nur die ortsfeste Überwachung des Sicherheitsabstandes von Kraftfahrzeugen zum vorausfahrenden Fahrzeug zum Gegenstand. Die Verfolgung anderer Ordnungswidrigkeiten soll dagegen unberührt bleiben. Mit der Frage der Anwendbarkeit auf den Fall des Beschwerdeführers, dem gerade kein Verstoß gegen die Abstandsregelungen des § 4 StVO vorgeworfen wurde, sondern die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, setzt sich das Urteil ebenfalls nicht auseinander.
Ob es zutrifft, dass die Anfertigung der Videoaufzeichnung nach keiner gesetzlichen Befugnis gestattet war und ob, wenn dies der Fall ist, daraus ein Beweisverwertungsverbot folgt, wird das Amtsgericht erneut zu prüfen haben.
c) Das [X.] hat diesen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 bekräftigt, weil es den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen hat. Indem es dabei auf die Rechtsauffassung des Amtsgerichts verwiesen hat, hat es sich dessen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbare Begründung zu Eigen gemacht.
3. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen beruhen auch auf dem festgestellten Verfassungsverstoß, da nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass die Gerichte im Fall ordnungsgemäßer Prüfung zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wären (vgl. [X.] 7, 95 <99>; 55, 95 <99>; 89, 381 <392 f.>; [X.], Beschluss der 2. Kammer des [X.] vom 31. August 1993 - 2 BvR 843/93 -, NJW 1994, S. 847). Anhand der insofern unvollständigen Urteilsfeststellungen ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen einer Rechtsgrundlage für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erfüllt wären und dass der Vortrag des Beschwerdeführers daher insofern unzutreffend wäre.
Nach den allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen (vgl. dazu [X.], [X.], 51. Aufl. 2008, Einl Rn. 55 ff., m.w.[X.]), die über § 46 Abs. 1 [X.]G auch im Bußgeldverfahren sinngemäß anwendbar sind, kann aus einem Beweiserhebungsverbot auch ein Beweisverwertungsverbot folgen (vgl. Lampe, in: [X.] Kommentar zum [X.]G, 3. Aufl. 2006, § 46 Rn. 18; [X.], in: [X.], [X.]G, 14. Aufl. 2006, § 46 Rn. 10c m.w.[X.]). Dies ist in Fällen, in denen keine gesetzliche Regelung getroffen ist, anhand einer Betrachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu ermitteln (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 26 StVG, Rn. 2; Lampe, in: [X.] Kommentar zum [X.]G, 3. Aufl. 2006, § 46 Rn. 18; [X.], in: [X.], [X.]G, 14. Aufl. 2006, § 46 Rn. 10c). Es erscheint danach zumindest möglich, dass die Fachgerichte einen Rechtsverstoß annehmen, der ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht. Ein günstigeres Ergebnis kann daher nicht ausgeschlossen werden.
4. Da die Verfassungsbeschwerde schon wegen der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG begründet ist, bedarf es nicht der Entscheidung, ob darüber hinaus weitere Grundrechte verletzt sind.
Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen unzulässig.
Durch den [X.] ist der Beschwerdeführer nicht mehr beschwert. Nach einem zulässigen Einspruch hat ein [X.] grundsätzlich nur noch die Funktion einer Beschuldigung, die den Gegenstand des Verfahrens begrenzt (vgl. [X.], in: [X.], [X.]G, 14. Aufl. 2006, Vor § 65, Rn. 8, m.w.[X.]; vgl. auch BGHSt 23, 280; 23, 336 <338 f.>).
Soweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, durch die Videoaufzeichnung sei sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt worden, fehlt es an der Erschöpfung des Rechtswegs. Er hat keine gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit herbeigeführt, etwa nach § 62 [X.]G.
Im Übrigen wird von einer weiteren Begründung abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 [X.]).
[X.] hebt die angegriffenen Gerichtsentscheidungen nach Maßgabe der § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 [X.] auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.
Die Entscheidung über die [X.]beruht auf § 34a Abs. 2 [X.]. Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerde von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten (vgl. [X.] 86, 90 <122>).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
[X.] | Di Fabio | [X.] |
Meta
11.08.2009
Bundesverfassungsgericht 2. Kammer, 2. Senat
Sachgebiet: BvR
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 11.08.2009, Az. 2 BvR 941/08 (REWIS RS 2009, 2163)
Papierfundstellen: REWIS RS 2009, 2163
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 BvR 759/10 (Bundesverfassungsgericht)
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