Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2001, Az. VIII ZR 70/00

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2424

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/00Verkündet am:30. Mai 2001Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] §§ 252 Satz 2, 276 [X.] Berechnung des entgangenen Gewinns des Unternehmers im Rahmen seinesSchadensersatzanspruchs aus positiver Vertragsverletzung wegen unberechtigterfristloser Kündigung des Handelsvertreters.[X.], Urteil vom 30. Mai 2001 - [X.]/00 - OLG Oldenburg LG Osnabrück- 2 -Der VII[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 30. Mai 2001 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die [X.]. [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2000 aufge-hoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Kläger waren Handelsvertreter der [X.], die chemische [X.] vertreibt. Durch Schreiben vom 9. Juli 1997 kündigten die Kläger [X.] mit der [X.] fristlos. Zugleich stellten sie ihre Tätigkeit für [X.] ein.In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger die Beklagte im We-ge der Stufenklage auf [X.] und -zahlung in Anspruch ge-nommen. Durch rechtskräftiges Teilurteil vom 17. April 1998 hat das [X.] die Beklagte zur Abrechnung bestimmter Geschäfte verurteilt. Auf die Wi-- 3 -derklage der [X.] hat es - ebenfalls rechtskräftig - festgestellt, daß [X.] der Parteien durch die fristlosen Kündigungen [X.] nicht beendet worden sind.Anschließend haben die Kläger ihren Anspruch auf Zahlung [X.] weiterverfolgt. Die Beklagte hat ihrerseits widerklagend von den [X.] wegen deren unberechtigten fristlosen Kündigungen Schadensersatz inHöhe von 51.371,49 DM (Kläger zu 1) bzw. 56.915,17 DM (Kläger zu 2) fürentgangenen Gewinn in der [X.] bis zum Ablauf der Frist für eine ordentlicheKündigung begehrt. Das [X.] hat Klage und Widerklage abgewiesen.Die Berufung der [X.], mit der diese ihren Schadensersatzanspruch hin-sichtlich des [X.] zu 1) in [X.] von 25.685,74 DM und hin-sichtlich des [X.] zu 2) in unveränderter Höhe weiterverfolgt hat, hat [X.] zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der [X.].Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:Die unbegründete und deshalb unwirksame außerordentliche Kündigungmache den Kündigenden zwar schadensersatzpflichtig. Hier habe die [X.] nicht schlüssig dargelegt, daß der Rückgang ihres Umsatzes auf dieEinstellung der Handelsvertretertätigkeit der Kläger zurückzuführen sei. [X.] von ihr vorgetragenen Umsatzzahlen seit Januar 1996 ergebe sich, daßdie Umsätze der Kläger bereits vor deren fristloser Kündigung zurückgegangenseien. Deswegen könne nicht zwingend davon ausgegangen werden, daß derweitere Umsatzrückgang in der [X.] nach der fristlosen Kündigung der [X.] -allein auf deren Untätigkeit zurückzuführen sei. Angesichts des unbestrittenenEinsatzes des Geschäftsführers der [X.] und anderer Mitarbeiter in [X.] der Kläger spreche auch einiges dafür, daß dort von den [X.] kein höherer Umsatz hätte erzielt werden können. Möglicherweise [X.] der Rechtsstreit der [X.] mit der Firma [X.]erheblichen [X.] auf die Umsätze der [X.] gehabt, weil die Beklagte dadurch gehin-dert gewesen sei, weiter ein konkurrenzfähiges Unkrautvernichtungsmittel zuvertreiben, und weil es ihr ferner gerichtlich untersagt worden sei, das Mittel"[X.]" als Ersatz für das Unkrautvernichtungsmittel zu vertreiben. Desweiteren sei der Darstellung der [X.] nicht zu entnehmen, was sie [X.] getan habe, um ihrer Schadensminderungspflicht nachzukommen. Ihr Vor-trag, sie habe vergeblich Anzeigen geschaltet, um andere Handelsvertreter zufinden, sei nicht hinreichend substantiiert. Der [X.] sei durch [X.] aufgegeben worden, ihre Umsatzentwicklung der letzten Jahre, [X.] nach Bezirken, Produkten und Monaten, und ihre Bemühungen [X.] im einzelnen darzulegen. Sie habe daraufhin lediglich ein [X.] Konvolut von Unterlagen vorgelegt, ohne dieses schriftsätzlich aufzu-arbeiten. Das genüge den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Vortragnicht.I[X.] Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfungnicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den mit der Widerklage gel-tend gemachten Schadensersatzanspruch der [X.] wegen der - gemäßrechtskräftigem [X.] - ungerechtfertigten fristlosen Kündigungihrer [X.] durch die Kläger verneint. Es hat zwar [X.], daß der [X.] dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruchaus positiver Vertragsverletzung (vgl. [X.], Urteil vom 11. Oktober 1990 - [X.]/89, [X.], 196 unter I 1 m.w.Nachw.) zusteht. Es hat jedoch [X.] 5 -lerhaft angenommen, die Beklagte habe weder schlüssig dargelegt, daß [X.] ihr behauptete Umsatzrückgang darauf zurückzuführen sei, daß die Klägerihre Handelsvertretertätigkeit eingestellt hätten, noch, daß sie selbst nicht inder Lage gewesen wäre, den Umsatzrückgang durch die Einstellung [X.] zu verhindern.1. Zu Recht beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe [X.] der [X.] überspannt, weil es die Bestimmungen [X.] 252 BGB, 287 ZPO nicht bedacht habe, die es bezeichnenderweise nichteinmal erwähnt habe.a) Die Beklagte macht mit ihrem Schadensersatzanspruch entgangenenGewinn geltend. Gemäß § 252 Satz 2 BGB gilt unter anderem der Gewinn alsentgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge mit Wahrschein-lichkeit erwartet werden kann. Danach ist die volle Gewißheit, daß der Gewinngezogen worden wäre, nicht erforderlich; es genügt der Nachweis einer gewis-sen Wahrscheinlichkeit. Ist ersichtlich, daß der Gewinn nach dem [X.] Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, wird [X.], daß er gemacht worden wäre; dem [X.] obliegt dann [X.], daß er nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen [X.] dennoch nicht erzielt worden wäre ([X.]Z 29, 393, 398; 54, 45, 55;100, 36, 49/50). Dabei dürfen keine zu strengen Anforderungen an die [X.] und Beweislast des Geschädigten gestellt werden ([X.]Z 54, 45, 56;[X.], Urteil vom 5. Oktober 1989 - I ZR 160/88, [X.], 281 unter [X.],m.w.Nachw.). Ferner bietet § 252 Satz 2 BGB dem Geschädigten zwei [X.] der Schadensberechnung, nämlich die abstrakte Methode, die vondem regelmäßigen Verlauf im Handelsverkehr ausgeht, daß [X.] ge-wisse Geschäfte im Rahmen seines Gewerbes tätigt und daraus Gewinn er-- 6 -zielt, und die konkrete Methode, bei der der Geschädigte nachweist, daß [X.] die unerlaubte Handlung an der Durchführung bestimmter Geschäftegehindert worden ist und daß ihm wegen [X.] dieser Ge-schäfte Gewinn entgangen ist ([X.]Z 29, 393, 399; 62, 103, 105).b) Hier hat die Beklagte den ihr durch die unberechtigten fristlosen Kün-digungen der Kläger entgangenen Gewinn in der Weise abstrakt berechnet,daß sie aus den im einzelnen aufgeführten Umsätzen der beiden Kläger [X.] 1996 bis einschließlich Juni 1997 jeweils den monatlichen [X.] ermittelt, daraus den Umsatzausfall in der [X.] von Juli 1997 ([X.]) bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung [X.] bzw. Dezember 1997 (vgl. insoweit [X.]Z 122, 9 für den Scha-densersatzanspruch aus § 89 a Abs. 2 HGB) errechnet und davon die vertrag-lich geschuldete Provision und den Wareneinsatz abgezogen hat. Daraus er-geben sich rechnerisch die von der [X.] geforderten Beträge von25.685,74 DM (Kläger zu 1) und 56.915,17 DM (Kläger zu 2). Damit hat [X.] gemäß § 252 Satz 2 BGB hinreichend dargelegt, welcher [X.] dem gewöhnlichen Laufe mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.Aus dem Umstand, daß der Umsatz der Kläger bereits vor der Kündi-gung zurückgegangen ist, ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts nichts anderes. Dieser Umstand läßt sich naheliegenderweise damit er-klären, daß sich die Kläger bereits vor ihrer fristlosen Kündigung nicht mehrausschließlich um den Vertrieb der Produkte der [X.] gekümmert haben.Das hat das Berufungsgericht in seinem Urteil vom 5. November 1998, mit deres die Berufung des [X.] zu 2) gegen das erstinstanzliche Teilurteil vom17. April 1998 zurückgewiesen hat, im übrigen noch selbst angenommen.- 7 -Soweit nach Ansicht des Berufungsgerichts "einiges dafür spricht", daßin den Bezirken der Kläger nach deren Kündigung kein höherer Umsatz hätteerzielt werden können, als ihn die von der [X.] eingesetzten anderenMitarbeiter erzielt haben, betrifft das lediglich einen Umstand, der [X.] einen außergewöhnlichen Lauf der Dinge im Sinne des § 252 Satz 2 [X.] könnte. Das gleiche gilt für die Überlegung des Berufungsgerichts,der Rechtsstreit der [X.] mit der Firma [X.]habe "möglicherweise" er-heblichen Einfluß auf ihre Umsätze gehabt, weil die Beklagte aufgrund diesesVerfahrens gehindert gewesen sei, weiter ein konkurrenzfähiges Unkrautver-nichtungsmittel zu vertreiben, und weil der [X.] darüber hinaus untersagtworden sei, das Mittel "[X.]" als Ersatz für das Unkrautvernichtungsmittel zuvertreiben. Auch daraus könnte sich allenfalls ein außergewöhnlicher Lauf [X.] im Sinne des § 252 Satz 2 BGB ergeben. Die vorgenannten [X.] damit zwar möglicherweise geeignet sein, die Vermutung des § 252Satz 2 BGB zu widerlegen. Voraussetzung dafür wären jedoch eindeutigeFeststellungen des Berufungsgerichts, an denen es - schon mangels einschlä-gigen Vortrags der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Kläger - bislangfehlt.2. Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Revision auch die Ausführun-gen des Berufungsgerichts, wonach der Darstellung der [X.] nicht zuentnehmen sei, was sie konkret unternommen habe, um ihrer Schadensminde-rungspflicht aus § 254 BGB nachzukommen.Für die Verletzung der Schadensminderungspflicht der [X.] sindgrundsätzlich die Kläger als Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (vgl.[X.], Urteil vom 3. März 1993 - [X.], [X.], 1259 unter [X.] cm.w.Nachw., insoweit in [X.]Z 122, 9, 15 nicht abgedruckt). Die Beklagte trifft- 8 -insoweit allenfalls eine Obliegenheit zur weiteren Substantiierung ihres Be-streitens, wenn die Kläger zu der Frage, ob sich die Beklagte um Ersatz für [X.] hat, mangels Kenntnis der internen Vorgänge der [X.] nicht sub-stantiiert vortragen können, während die Beklagte hierfür alle [X.] kennt und ihr deswegen nähere Angaben zumutbar sind (vgl. [X.],Urteil vom 12. Januar 2000 - [X.], [X.], 877 unter [X.] bm.w.Nachw.). Unter diesem Gesichtspunkt mag das bloße Überreichen [X.] und Anfragen an verschiedene Arbeitsämter ohne nähereErläuterung unzureichend sein, zumal sich die Unterlagen zu einem großenTeil auf die [X.] vor der Kündigung der Kläger beziehen. Weiter mag die [X.] gestellte Behauptung der [X.], sie habe nach der [X.] erfolglos eine Vielzahl von Anzeigen geschaltet, zur Substan-tiierung ihres Bestreitens nicht ausreichend sein. Das würde es jedoch [X.] rechtfertigen, der [X.] den Schadensersatzanspruch wegen Verlet-zung ihrer Schadensminderungspflicht vollständig zu versagen.Zum einen wird der [X.] allgemein eine gewisse Übergangszeiteinzuräumen sein, in der sie sich nach geeigneten neuen [X.] durfte, zumal solche erfahrungsgemäß nicht ohne weiteres kurzfristigzu finden sind und sich gegebenenfalls auch noch aus ihrer bisherigen [X.] lösen müssen (vgl. [X.], Urteil vom 5. Oktober 1989 - I ZR 160/88, [X.], 281 unter [X.]). Zum anderen dürfte unstreitig sein, daß die Beklagte [X.] den Zeugen [X.]neu eingestellt und zusammen mit der [X.]in dem Verkaufsgebiet des [X.] zu 1) eingesetzt hat, wo sie in der [X.] vom1. Juli bis 31. August 1997 einen Umsatz von [X.] erzielt haben. [X.] haben die Kläger dies nicht bestritten, sondern vielmehr sogar selbstbehauptet, nach ihrer Kündigung seien neben den Zeugen [X.]und [X.] -- 9 - zusätzlich noch der Geschäftsführer der [X.] selbst und einweiterer Vertreter namens [X.]in ihren Verkaufsgebieten tätig geworden,was die Beklagte allerdings ihrerseits bestritten hat. Danach ist die [X.] völlig untätig geblieben, so daß die vollständige Verneinung ihresSchadensersatzanspruchs durch das Berufungsgericht nicht gerechtfertigt ist.Vielmehr hätte das Berufungsgericht jedenfalls gemäß § 254 BGB eine Abwä-gung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge vornehmen müssen. Dies [X.] fehlerhaft unterlassen.3. Letztlich beanstandet die Revision zu Recht, daß das Berufungsge-richt nicht wenigstens gemäß § 287 ZPO einen Mindestschaden geschätzt hat.Steht - wie hier - eine Schadensersatzforderung dem Grunde nach festund ist nur ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln, so darf das Gericht die Klagenicht einfach abweisen, sondern muß prüfen, in welchem Umfang der Sachver-halt eine hinreichende Grundlage für die Schätzung eines in jedem Fall gege-benen Mindestschadens bietet ([X.]Z 54, 45, 55; [X.], Urteil vom 12. [X.] [X.], [X.], 758 unter [X.] c bb; Urteil vom 12. Januar 2000- [X.], [X.], 877 unter III, jeweils m.w.Nachw.). Das hat das Be-rufungsgericht hier versäumt.II[X.] Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. [X.] ist nicht zur Endentscheidung reif, da es noch weiterer tatsächli-cher Feststellungen bedarf. In diesem Zusammenhang werden die Kläger Ge-legenheit haben, ihre in der Revisionserwiderung geltend gemachten Einwändegegen den Schadensersatzanspruch der [X.] erneut vorzubringen, so-weit ihnen diese nicht durch das rechtskräftige [X.] des [X.] -richts vom 17. April 1998 abgeschnitten sind. Daher waren das [X.] und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidungan das Berufungsgericht zurückzuverweisen.[X.] Dr. [X.] Dr. Leimert[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 70/00

30.05.2001

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2001, Az. VIII ZR 70/00 (REWIS RS 2001, 2424)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2424

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