Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.11.2023, Az. 28 W (pat) 41/20

28. Senat | REWIS RS 2023, 7721

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2017 105 177

(Löschungsverfahren [X.]/18)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2023 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Berner

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin wird zurückgewiesen.

2. Die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 19. Mai 2017 angemeldet und am 8. September 2017 unter der Nummer 30 2017 105 177 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register eingetragen worden für Waren der

4

Klasse 7: Maschinen und Anlagen für Materialbearbeitung und Produktion, Maschinen und Anlagen zur Metallbearbeitung und Metallreinigung, Maschinen und Anlagen für das Metallrecycling, insbesondere Maschinen und Anlagen zur Rückgewinnung von Edelmetallen; Filtermaschinen, Separatoren und Zentrifugen; Filter als Teile von Maschinen; Filtergehäuse als Teile von Maschinen; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

5

Klasse 11: Abzüge und Installationen zum Ableiten von Abgasen; Anlagen zur Behandlung und Reinigung von Abluft und Abwasser; Filter für Industrie und gewerbliche Anlagen; industrielle Aufbereitungsanlagen; Anlagen für chemische Aufbereitung; Gasfilter und Gasreiniger, insbesondere Waschsäulen und [X.] zur Reinigung von Gasen; Abscheider zur [X.]; Gasreinigungsanlagen; Gasreinigungsmaschinen; Teile und Zubehör für alle vorgenannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten.

6

Am 23. Mai 2018 hat die Beschwerdegegnerin die vollständige Löschung der Marke 30 2017 105 177 wegen Bösgläubigkeit gemäß § 50 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. beantragt. Die Markeninhaberin hat dem ihr am 15. Juni 2018 zugestellten Löschungsantrag mit Eingabe vom 7. August 2018, die am 8. August 2018 im [X.] eingegangen ist, widersprochen.

7

Dem Löschungsverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

8

Die Verfahrensbeteiligten waren zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke am 19. Mai 2017 laut den jeweiligen Handelsregisterauszügen Wettbewerberinnen auf dem Geschäftsgebiet der Planung, der Herstellung und dem Vertrieb von Anlagen für Oberflächen-, Recycling- und Umwelttechnik, insbesondere das Recyceln von Edelmetallen und damit zusammenhängende Abwasser- und Umluftanlagen betreffend.

9

Die Markeninhaberin ist seit 31. Oktober 2016 im Handelsregister eingetragen. Dem war folgende Entwicklung vorangegangen: Die [X.] wurde 1995 mit Sitz in [X.] gegründet. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen am 5. November 2014 wurde der gesamte Betrieb von der zu diesem Zweck neu gegründeten [X.] ebenfalls mit Sitz in [X.] übernommen. Auch über deren Vermögen wurde am 23. August 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet und deren Geschäftsbetrieb von der zu diesem Zweck neu gegründeten Markeninhaberin übernommen. [X.], ein früherer Mitarbeiter sowohl der [X.] als auch der [X.], wurde am 29. März 2018 als Prokurist der Markeninhaberin im Handelsregister eingetragen.

[X.] war Geschäftsführer der [X.] und der [X.]. Am 13. Januar 2012 schlossen die Antragstellerin und die [X.] aus P … einerseits („Auftraggeber“) und die [X.] und [X.] („Auftragnehmer“) anderseits eine „Rahmenvereinbarung“ über die Fertigung von spezifizierten Anlagen, wegen deren Inhalts im Einzelnen auf die Anlage [X.] der [X.] verwiesen wird. § 1 Abs. 1 dieses Vertrages lautet:

„1. [X.] stellt die Anlagen für die Auftraggeber jeweils auf separaten Auftrag hin und ggf. unter Berücksichtigung einzelfallbezogener spezieller technischer Anforderungen von den Auftraggebern exklusiv für die Auftraggeber her. Nach außen hin sind allein die Auftraggeber Hersteller der Anlagen. [X.] tritt insoweit nicht in Erscheinung, sondern bringt vielmehr das jeweilige Logo der Auftraggeber nach deren Weisung auf den Anlagen an, ohne daran Rechte des geistigen Eigentums gleich welcher Art zu besitzen bzw. dadurch eingeräumt zu bekommen.

Die Vereinbarung trat rückwirkend zum 1. Juli 2011 in [X.]. Zudem haben die Beschwerdeführerin („Auftraggeber“) und die „[X.]“ („Auftragnehmer“) am 13. Januar 2012 eine Geheimhaltungsvereinbarung (Anlage [X.] der [X.]) unterzeichnet. Dort ist in § 6 geregelt:

Der Auftragnehmer erkennt an, dass das geistige und materielle Eigentum an den von dem Auftraggeber überlassenen Unterlagen bei dem Auftraggeber liegt. Die Zurverfügungstellung von vertraulichen Informationen ist nicht zur Gewährung oder Bewilligung von Nutzungs- oder Lizenzrechten o.ä. – weder ausdrücklich noch stillschweigend – auszulegen, und zwar auch für keine Erfindung, Entdeckung oder Verbesserung, die vor oder nach dem Beginn der Zusammenarbeit hinsichtlich des gemeinsamen Vorhabens erfolgt, erdacht oder erlangt wurde. Insbesondere begründen die vermittelten vertraulichen Informationen für den Auftragnehmer kein Vorbenutzungsrecht im Sinne des Patentgesetzes.

Die Geheimhaltungsvereinbarung trat mit sofortiger Wirkung in [X.] und hatte eine unbegrenzte Laufzeit. Ob - und wenn ja wann - die beiden Vereinbarungen gekündigt wurden, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Laut unwidersprochenem Vortrag der Antragstellerin begann die faktische Zusammenarbeit zwischen der [X.] und der Antragstellerin im Frühjahr 2012 und endete Mitte 2013. Bis zur Beendigung der Zusammenarbeit durch den Geschäftsführer der [X.] hat die Antragstellerin bei der [X.] vertragsgegenständliche Anlagen bestellt, zuletzt am 10. Mai 2013.

[X.] kam es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Geschäftsführer der Löschungsantragstellerin und der Markeninhaberin. Mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 3. Mai 2017 mahnte der Geschäftsführer der Löschungsantragstellerin die Markeninhaberin ab. Er machte eine Verletzung des [X.] 520 676 geltend, dessen Inhaber er ist. Die Markeninhaberin gab die in der Abmahnung geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht ab. Die anwaltlichen Vertreter der Markeninhaberin erwiderten auf die Abmahnung mit Schreiben vom 19. Mai 2017 vielmehr, dass ihrer Auffassung nach das vorgenannte [X.] nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und sie für eine eventuelle Klage wegen Patentverletzung zustellungsberechtigt seien. Am selben Tag, also am 19. Mai 2017, meldete die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin neben der vorliegenden Streitmarke zwei weitere Wortmarken - 30 2017 105 176 „[X.]“ und 30 2017 105 179 „[X.]“ - zur Eintragung in das Markenregister beim [X.] an, auf deren Vorbenutzung sich die Löschungsantragstellerin und Beschwerde-gegnerin beruft und deshalb auch gegen diese einen Löschungsantrag wegen Bösgläubigkeit gestellt hat. In der Folge hat der Geschäftsführer der Antragstellerin die Markeninhaberin wegen Verletzung seines [X.] 520 676 vor dem Landgericht [X.] in Anspruch genommen. Das Verfahren endete durch am 10. März 2020 vor dem Landgericht [X.] abgeschlossenen Vergleich. In diesem verpflichtete sich die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin u. a. es zu unterlassen, eine Vorrichtung für das [X.] im Geltungsbereich des [X.] 520 676 herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, die im Vergleich näher bestimmte Merkmale des Streitpatents aufweist.

Die Beschwerdegegnerin trägt unbestritten vor, dass sie ein mit der Streitmarke identisches Zeichen seit mindestens 2012 für ihre Produktionsanlagen verwende und dies der Beschwerdeführerin bekannt gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin ist bisher weder aus der Streitmarke noch aus den beiden anderen – ebenfalls angegriffenen – Marken, die sie am gleichen Tag wie die Streitmarke angemeldet hatte, gegen die Beschwerdegegnerin vorgegangen.

Die Markenabteilung 3.4 des [X.] hat auf den Löschungsantrag hin mit Beschluss vom 5. Februar 2020 die Eintragung der angegriffenen Marke für nichtig erklärt und

gelöscht und der Markeninhaberin die Kosten des [X.] vor dem [X.] auferlegt. Den Gegenstandswert des [X.] hat sie auf 50.000 Euro festgesetzt.

Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, die angegriffene Marke 30 2017 105 177 sei unter dem Gesichtspunkt des zweckfremden Einsatzes des [X.] als Mittel des [X.] und damit [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. angemeldet worden. Die Antragstellerin habe die angegriffene Marke spätestens seit dem [X.] zur Kennzeichnung von [X.]anlagen benutzt. Dies ergebe sich aus ihrem insgesamt schlüssigen Sachvortrag, dem die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten sei, und den von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen, insbesondere aus den aus dem [X.] stammenden [X.], Rechnungen und Entwürfen für zu überarbeitende Broschüren.

Der Markeninhaberin stünden demgegenüber keine eigenen, insbesondere älteren Markenrechte zu. Ihr Sachvortrag zur Vorbenutzung des in Frage stehenden Zeichens durch die [X.] und zu den angeblichen Rechtsübergängen von der [X.] auf die [X.] und schließlich auf sie selbst sei nicht substantiiert und zudem durch nichts belegt. Die Markeninhaberin habe nicht dargelegt, in welchem konkreten [X.]punkt die [X.] das in Frage stehende Zeichen erstmals benutzt habe. Vielmehr habe sie lediglich behauptet, dies sei „vor Gründung“ der Antragstellerin geschehen. Zum Umfang der Benutzung habe die Markeninhaberin keinerlei Angaben gemacht. Zudem habe sie keinerlei Unterlagen eingereicht, die eine tatsächliche Verwendung des angegriffenen Zeichens im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren zeigten. Weiterhin fehle es an der Darlegung von Tatsachen, die eine kontinuierliche Benutzung nahelegten. Die Behauptung der Vorbenutzung durch die Markeninhaberin werde darüber hinaus durch die von der Antragstellerin eingereichten Rahmen- und Geheimhaltungsvereinbarungen vom 13. Januar 2012 erschüttert, wonach sich unter anderem die [X.] verpflichtet habe, entsprechende Anlagen exklusiv für die Antragstellerin bzw. deren Tochterunternehmen jeweils auf separaten Auftrag nach deren Spezifikation herzustellen und mit deren jeweiligem Logo zu versehen. Soweit die [X.] auf Grundlage dieser Vereinbarungen Anlagen für die Antragstellerin hergestellt habe, habe sie hierdurch keine eigenen Markenrechte erworben. Die Aussage der Markeninhaberin, wonach sie die insgesamt drei in Rede stehende Marken angemeldet habe, weil sie eine Ausweitung des Patentstreites auf die Produktbezeichnungen befürchtet habe, mache weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht Sinn. Die patentrechtliche Auseinandersetzung stünde in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Kennzeichen.

Die Löschungsantragstellerin habe zu keinem [X.]punkt Markenverletzungen durch die Markeninhaberin geltend gemacht. Die Markeninhaberin habe aber aufgrund der früheren Geschäftsbeziehung mit der Löschungsantragstellerin gewusst, dass diese das in Frage stehende Zeichen seit 2012 zur Kennzeichnung von Anlagen benutzt habe.

Aufgrund dieser Umstände dränge sich nach der Lebenserfahrung der Schluss auf, dass die Markeninhaberin sowohl die verfahrensgegenständliche, wie auch die anderen beiden mit gesonderten Löschungsanträgen angegriffenen Marken „[X.]“ (30 2017 105 176) und „[X.]“ (30 2017 105 179) ausschließlich in der Absicht angemeldet habe, sie als Druckmittel im Zusammenhang mit den zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehenden patentrechtlichen Streitigkeiten einzusetzen. Die Markeninhaberin habe die drei Marken erst angemeldet, als sich der Patentstreit anbahnte. Das sei der Tag gewesen, an dem sie auf das Abmahnungsschreiben des Geschäftsführers der Antragstellerin geantwortet habe. Die Anmeldung der angegriffenen Marke sei damit ausschließlich aus Gründen erfolgt, die mit dem Zweck des durch die Eintragung verliehenen Markenrechts nicht in Einklang stünden und nach den in ständiger Rechtsprechung angewandten Grundsätzen [X.] seien.

Die zu Lasten der Inhaberin der angegriffenen Marke erfolgte Kostenentscheidung entspreche der Billigkeit gem. § 63 Abs. 1 [X.], da einer [X.]en Markenanmeldung stets ein rechtsmissbräuchliches oder [X.] Handeln zugrunde liege.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, die sie zunächst nicht begründet hat. Im Amtsverfahren hat die Markeninhaberin eine durchgehende Benutzung des Zeichens „[X.]“ bis zum Anmeldezeitpunkt der Streitmarke für Abluftanlagen durch sie, die [X.] und die [X.] geltend gemacht, die bereits vor der Verwendung durch die Antragstellerin erfolgt sei. Nach Erhalt der Abmahnung des Geschäftsführers der Antragstellerin vom 3. Mai 2017 habe sie eine Ausweitung des Rechtsstreites auf die von ihr benutzten Produktbezeichnungen befürchtet. Um die langjährige Vorbenutzung durch sie selbst bzw. ihre Vorgängerunternehmen rechtlich abzusichern und eine ungestörte Weiterbenutzung zu ermöglichen, habe sie das Zeichen „[X.]“ und weitere vorbenutzte Zeichen vor dem Hintergrund einer umsichtigen Unternehmensführung daraufhin als Marke angemeldet. Von einem berechtigten Eigeninteresse der Markenanmeldung sei insbesondere dann auszugehen, wenn ein Anmelder, was auf die Beschwerdeführerin zutreffe, selbst in beachtlichem Umfang das Zeichen benutzt oder sogar vorbenutzt habe. Bereits aus diesem Grund könne im vorliegenden Fall nicht von einer [X.]en Markenanmeldung ausgegangen werden. Zudem fehle es an einer relevanten Behinderungsabsicht. Eine solche würde sich insbesondere daraus herleiten lassen, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke benutzt werden soll. Wenn aber ein fehlender Benutzungswille als Indiz für die Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung herangezogen werden könne, bedeute das im Umkehrschluss, dass eine bereits erfolgte und weiterhin beabsichtigte markenmäßige Benutzung des in Frage stehenden Zeichens gegen die Annahme einer Bösgläubigkeit spreche. Ein möglicher Besitzstand der Antragstellerin sei weder hinreichend dargetan noch schutzwürdig. Zwar hätten beide Verfahrensbeteiligte das Zeichen „[X.]“ in der Vergangenheit für Edelmetallrecyclinganlagen bzw. [X.] benutzt. Die Antragstellerin habe damit jedoch in zeitlicher Hinsicht erst nach der Markeninhaberin bzw. ihrem Vorgängerunternehmen [X.] begonnen. Zudem sei die Benutzung zunächst auch nur für solche Anlagen erfolgt, die von der [X.] für die Antragstellerin hergestellt worden seien.

Auf das gerichtliche Schreiben vom 30. März 2022 ([X.]), in dem die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagenkonvolute 1 und 2, [X.]. 45 ff. d. A.) darauf hingewiesen wurden, dass die Beschwerde voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe, hat die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin noch folgende Unterlagen eingereicht:

· Jeweils einen Ausdruck von Werbematerial der Markeninhaberin, ohne Datumsangabe (Anlagen [X.] 2 und [X.] 3; [X.]. 88 und 89 d. A.);

· End-Use Certificate ([X.]C) eines Exports einer Edelmetallrecyclinganlage vom 6. März 2020 (Anlage [X.] 4; [X.]. 90/92 d. A.).

Weiter hat sie ausgeführt, dass eine Kenntnis der Vorbenutzung durch die Beschwerdegegnerin für die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht ausreiche. Die Beschwerdeführerin habe ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung des Zeichens „[X.]“ gehabt, weil sie es selbst in beachtlichem Umfang benutze oder sogar vorbenutzt habe. Das Zeichen „[X.]“ sei von der Beschwerdeführerin seit ihrer Gründung im [X.] wie in dem als Anlagen [X.] 2 und [X.] 3 eingereichten Werbematerial ersichtlich für Edelmetallrecyclinganlagen benutzt worden. Hierfür hat die Beschwerdeführerin als Zeugen den Prokuristen der Beschwerdeführerin, [X.], angeboten.

Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.] vom 5. Februar 2020 aufzuheben.

Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass es sich bei der streitgegenständlichen Marke – wie bei den parallelen Markenanmeldungen der Zeichen „[X.]“ und „[X.]“ - um ihre Zeichen handele, die sie seit mindestens 2012 vielfach für ihre Produktionsanlagen verwendet habe. Die Markeninhaberin habe gewusst, dass die Löschungsantragstellerin das in Frage stehende Zeichen [X.] benutzt habe. Die Anmeldung des Zeichens als Marke könne daher nur zum Hintergrund haben, der Löschungsantragstellerin die Nutzung ihrer seit Jahren geprägten Zeichen zu erschweren bzw. zu untersagen. Dies gelte insbesondere auch vor dem Hintergrund des zeitlichen Zusammenhangs der Markenanmeldung und der an die Markeninhaberin gerichteten Abmahnung durch den Geschäftsführer der Löschungsantragstellerin vom 3. Mai 2017 aufgrund einer geltend gemachten Patentverletzung. Dass der Anmeldetag der Marke – wie auch der zwei Parallelmarken – auf das Antwortschreiben der Markeninhaberin falle, sei kein Zufall. Dies unterstreiche vielmehr, dass die Markenanmeldung bösgläubig erfolgt sei, indem eine Vergeltungswaffe für die drohende [X.] geschaffen werden sollte.

Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin bestreitet sowohl im Amts- als auch im Beschwerdeverfahren eine Benutzung des Streitzeichens sowohl durch die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin als auch durch die [X.] oder die [X.]. Im Frühjahr 2012 sei die [X.] aufgrund der vertraglichen Vereinbarung mit der Beschwerdegegnerin ohnehin nicht berechtigt gewesen, das Streitzeichen zu benutzen. Diese trage unsubstantiiert und ins [X.]aue hinein angebliche Vorbenutzungsrechte vor. Sie sei nicht in der Lage, auch nur ansatzweise irgendeinen Nutzungsnachweis vorzulegen. Darüber hinaus stünden die Aussagen der Markeninhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2019 vor dem Landgericht [X.] betreffend die patentrechtliche Auseinandersetzung, wonach sie in der Vergangenheit keine Anlagen mit eckiger Trommel in irgendeiner Weise in Verkehr gebracht habe, in eklatantem Widerspruch zu ihren Ausführungen im vorliegenden Löschungsverfahren.

Die von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren nach dem gerichtlichen Hinweis eingereichten Anlagen [X.] 2 bis [X.] 4 seien verspätet vorgelegt worden. Zudem seien die Anlagen [X.] 2 und [X.] 3 nicht datiert und die Anlage [X.] 4 nicht lesbar.

Im Amtsverfahren hatte die Beschwerdegegnerin unter anderem folgende Unterlagen eingereicht:

· Produktdatenblätter „[X.] Serie [X.]“ nebst [X.] „Technische Daten der Serie [X.]“ u. a. mit den Spaltenüberschriften „[X.] 200“, „[X.] 300“, „[X.]“ 800“ oder „[X.] 2000“ mit der Datumsangabe 05.01.2012 (Anlage 5 der Antragstellerin im Amtsverfahren);

· Eine Rechnung aus dem [X.] mit einer Rechnungsposition „Abluftwäscher [X.] 200“ (Anlage 6 der Antragstellerin im Amtsverfahren zu den Schriftsätzen).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beschwerdeführerin bei der Anmeldung [X.] war und demzufolge die Eintragung der angegriffenen Marke 30 2017 105 177 gem. § 50 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 a. F. [X.] zu Recht gelöscht worden ist.

A. Während des [X.] ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie ([X.]) 2015/2436 des [X.] und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken mit Wirkung vom 14. Januar 2019 novelliert worden. Die neue Fassung des § 50 Abs. 1 [X.]§ 50 Abs. 1 [X.] ist seit ihrem Inkrafttreten am 14. Januar 2019 auf das § 50 Abs. 1 [X.] ist seit ihrem Inkrafttreten am 14. Januar 2019 auf das vorliegende Verfahren anwendbar, da insoweit keine Übergangsregelung gilt. Da die Streitmarke vor dem 14. Januar 2019 angemeldet worden ist, richten sich die materiell-rechtlichen Löschungsvoraussetzungen nach §§ 7, 8 Abs. 2 [X.]8 Abs. 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung (vgl. § 158 Abs. 7 [X.]8 Abs. 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung (vgl. § 158 Abs. 7 [X.]§ 158 Abs. 7 [X.]), hier somit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a.F. (jetzt inhaltsgleich § 158 Abs. 7 [X.]), hier somit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a.F. (jetzt inhaltsgleich geregelt in § 8 Abs. 2 Nr. 14 [X.]). In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist die zum [X.]punkt der Stellung des Löschungsantrags am 23. Mai 2018 geltende Fassung des § 54 [X.] anzuwenden, da die jetzt geltende Fassung erst am 1. Mai 2020 in [X.] getreten ist (vgl. Art. 5 Abs. 3 MarkenrechtsmodernisierungsG).

B. Der Löschungsantrag ist zulässig und das Löschungsverfahren war durchzuführen.

Der Löschungsantrag wurde ordnungsgemäß gestellt, insbesondere wurde das geltend gemachte konkrete Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. im Löschungsantrag ausdrücklich benannt. Die Markeninhaberin hat dem ihr am 15. Juni 2018 zugestellten Löschungsantrag mit am 8. August 2018 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist der vor dem 1. Mai 2020 und damit zum damaligen [X.]punkt gültigen Regelung in § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. widersprochen. Somit war gem. § 54 Abs. 2 Satz 3 [X.] a. F. das Löschungsverfahren durchzuführen.

C. Der Löschungsantrag ist in der Sache begründet. Denn nach Gesamtabwägung aller Umstände ist die Streitmarke am 19. Mai 2017 nach Überzeugung des Senats im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. [X.] angemeldet worden.

1. Bösgläubigkeit einer Anmeldung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig – insbesondere im Sinne wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit – erfolgt ist ([X.], 510, 511 – [X.]; [X.], Beschluss vom [X.], 30 W (pat) 61/09 – [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rn. 1024, 1027 ff.). Der [X.] soll Anmeldungen von Marken erfassen, die von vornherein nicht dazu bestimmt sind, im Interesse eines lauteren [X.] Waren und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren, sondern Dritte im Wettbewerb zu behindern ([X.], Markenrecht, 5. Aufl. 2020, Rn. 184). Auszugehen ist davon, dass ein Anmelder nicht allein deshalb unlauter handelt, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für dieselben Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. [X.] GRUR Int. 2013, 792, Rn. 37 – [X.]). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen.

Ausgehend hiervon kann ein [X.]er Markenerwerb nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] insbesondere darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren ([X.], 1034 – [X.]; [X.], 1032, 1034 – [X.] 2000; [X.], 621 Rn. 21 – [X.]).

Darüber hinaus kann der Erwerb eines formalen Markenrechts, unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen inländischen Besitzstandes eines Dritten, aber auch dann [X.] i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein [X.] die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. BGH [X.], 917, Rn. 20 – [X.]; [X.], 621, 623, Rn. 21 – [X.]; [X.], 160, Rn. 18 – [X.]; [X.], 581 – [X.]; [X.], 414 – [X.] Schaumgebäck; GRUR 2004, 510 – [X.]; [X.], 1032 – [X.] 2000; GRUR 1998, 1034 – [X.]; [X.], 110 – [X.]). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des [X.]s bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist (BGH [X.], 581, 582 – [X.]). Daher wird die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht schon durch die Behauptung oder den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens ausgeschlossen. Vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich.

2. In Anwendung der dargelegten Grundsätze lassen sich die Voraussetzungen für eine Löschung der Streitmarke nach § 50 Abs. 1 [X.] i. V. m § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] a. F. wegen Bösgläubigkeit der Beschwerdeführerin im Anmeldezeitpunkt feststellen. Die objektive Würdigung aller Umstände führt zu dem Ergebnis, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin unabhängig von dem Bestehen eines Besitzstandes der Beschwerdegegnerin in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Beschwerdegegnerin und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet war (BGH [X.], 581, 582 – [X.]). Bei der Markenanmeldung stand vor allem die Erlangung eines Druckmittels gegen die Beschwerdegegnerin für die bereits zum Anmeldezeitpunkt bestehenden patentrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Geschäftsführer der Löschungsantragstellerin und der Markeninhaberin im Vordergrund.

a) Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin hat das Zeichen [X.] vor der Anmeldung der angegriffenen Marke durch die Beschwerdeführerin am 19. Mai 2017 für Abgaswäscher benutzt.

aa) Aus den von der Beschwerdegegnerin im Amtsverfahren vorgelegten [X.] „[X.] Serie [X.]“, die gemäß den dort aufgeführten Angaben von ihr stammen und den [X.] der „Technical Data System [X.]“ unter anderem mit den Spaltenüberschriften „[X.] 200“, „[X.] 300“ oder „[X.] 2000“ (Anlage 5 der Löschungsantragstellerin im Amtsverfahren) geht hervor, dass sie das Zeichen [X.] insbesondere im [X.] für Abgaswäscher benutzt hat.

bb) Die Beschwerdegegnerin hat zudem im Amtsverfahren eine von ihr ausgestellte Rechnung aus dem [X.] (Anlage 6 im Amtsverfahren) eingereicht, die Produktangaben wie „Abluftwäscher [X.] 200“ enthält.

cc) Eine Internetrecherche des Senats für den [X.]raum vor dem Anmeldetag der Streitmarke, dem 19. Mai 2017, zeigt zudem, dass auf der Internetseite der [X.] aus dem [X.] unter der Rubrik „Recycling Anlagen“ die Bezeichnung „[X.] Serie [X.]“ aufgeführt war (vgl. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis vom 30. März 2022). Die [X.] war Vertragspartnerin auf Seiten der Antragstellerin der Rahmenvereinbarung vom 13. Januar 2012 (Anlage 9 im Amtsverfahren) und der Geschäftsführer war identisch. Insofern ist die Benutzung der Beschwerdegegnerin zuzuordnen.

b) Die Beschwerdeführerin hatte zum Anmeldezeitpunkt vor dem Hintergrund ihrer Konkurrentenstellung und aufgrund ihrer vorangegangenen vertraglichen Beziehungen zur Beschwerdegegnerin positive Kenntnis von der Vorbenutzung des Zeichens [X.] durch die Beschwerdegegnerin. Den entsprechenden Vortrag der Beschwerdegegnerin hat sie im Übrigen nicht bestritten.

c) Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin hat die angegriffene Marke in unlauterer Behinderungsabsicht angemeldet.

Dabei muss die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des [X.] zu verwenden, nicht der einzige Beweggrund sein. Es reicht aus, dass diese Absicht jedenfalls ein wesentliches Motiv ist (vgl. BGH [X.], 621 Rn. 32 - [X.]). Der Umstand, die Marke selbst auch benutzen zu wollen, schließt die Annahme der wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht nicht aus. Die Schwelle zur Bösgläubigkeit ist dann überschritten, wenn das Verhalten eines [X.]s bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung Dritter und nicht auf die Förderung der eigenen [X.]situation gerichtet ist (vgl. BGH [X.], 621 Rn. 32 - [X.]; BGH [X.], 581, 582 Rn. 18 - [X.]; [X.] GRUR 2010, 431 Rn. 31 - Flasche mit Grashalm).

aa) Relevant ist in diesem Zusammenhang, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke erst nach Aufkommen von patentrechtlichen Streitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer der Beschwerdegegnerin und der Beschwerdeführerin erfolgte. Für eine unlautere Behinderungsabsicht der Beschwerdeführerin zum [X.]punkt der Markenanmeldung spricht der zeitliche Zusammenhang mit dem an die Beschwerdeführerin gerichteten Abmahnschreiben des Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin vom 3. Mai 2017, in dem er eine Verletzung seines [X.] 520 676 geltend gemacht hat. Die Beschwerdeführerin hat die angegriffene Marke daraufhin am 19. Mai 2017 angemeldet, also am selben Tag, an dem sie dem Geschäftsführer der Beschwerdegegnerin mitgeteilt hatte, dass sie sein in Frage stehendes Patent für nicht rechtsbeständig erachte und mithin die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht abgeben werde. Wie aus ihrem Schreiben ersichtlich, hat sie ein Patentverletzungsverfahren sogar für wahrscheinlich erachtet und ihre Zustellbevollmächtigung angekündigt. Dies spricht dafür, dass sie die in Frage stehende Marke angemeldet hat, um gegenüber der Beschwerdegegnerin ein Druckmittel bzw. „Verhandlungsmasse“ für ein sich abzeichnendes und schließlich auch durchgeführtes Patentverletzungsverfahren zu erlangen.

bb) Besonders deutlich tritt die Behinderungsabsicht der Beschwerdeführerin aus dem Umstand hervor, dass sie neben der Streitmarke am gleichen Tag zwei weitere Marken (30 2017 105 176 - „[X.]“ und 30 2017 105 179 „[X.]“) angemeldet hat, welche ähnliche Behinderungsmöglichkeiten eröffneten, weil die Beschwerdegegnerin diese ebenfalls zur Kennzeichnung ihrer Anlagen vor dem Anmeldetag genutzt hatte (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 1102 [X.]). Aus der Auswahl und der Anzahl der angemeldeten Bezeichnungen ergibt sich der Schluss, dass die Beschwerdeführerin diese Marken gerade deshalb angemeldet hatte, weil diese Zeichen durch die Beschwerdegegnerin vorbenutzt wurden. Dies lässt unter Berücksichtigung des bereits genannten zeitlichen Zusammenhangs mit dem Abmahnschreiben des Geschäftsführers der Beschwerdegegnerin den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin dadurch den Druck auf die Beschwerdegegnerin in einer drohenden patentrechtlichen Auseinandersetzung, die schließlich auch zu einem Gerichtsverfahren geführt hat, verstärken wollte.

cc) Anders als die Beschwerdeführerin ferner meint, gibt weder die [X.] noch die ausdrückliche Regelung in § 1 Abs. 1 der zwischen der [X.] und der Beschwerdegegnerin auf der einen und der [X.] und [X.] auf der anderen Seite im Januar 2012 abgeschlossenen Vereinbarung Veranlassung davon auszugehen, dass eine Vorbenutzung des Zeichens [X.] durch die A … GmbH bereits im [X.]raum davor – mithin vor dem 13. Januar 2012 – stattgefunden habe. Ab diesem [X.]punkt war ohnehin eindeutig geregelt, dass „allein die Auftraggeber Hersteller der Anlagen“ sind und die Auftragnehmer nicht davon ausgehen können, „Rechte des geistigen Eigentums gleich welcher Art zu besitzen bzw. dadurch eingeräumt zu bekommen.“. In Ziffer 3 der [X.] steht außerdem, dass die Beschwerdegegnerin „im Einzelnen spezifizierte Anlagen von [X.] fertigen“ lässt und „dabei nach außen hin als Hersteller der Anlagen“ auftritt. Die [X.] müsste daher bereits im Jahr 2011 [X.] entsprechend verwendet haben, was sie selbst nicht behauptet. Vielmehr sind die von ihr im Beschwerdeverfahren vorgelegten Nachweise (Anlagen [X.] 2 und [X.] 2 ) undatiert und auf die Beschwerdeführerin selbst zurückzuführen.

d) Damit stand bei der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke die Beeinträchtigung Dritter und nicht die Förderung der eigenen [X.]situation der Beschwerdeführerin im Vordergrund (vgl. hierzu [X.] GRUR 2009, 763, Rn. 48 – [X.] / [X.]; [X.], 581, 582 – [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 1105).

aa) Die Beschwerdeführerin hat keine Benutzung dargelegt, welche nach Art, Inhalt und Umfang Rückschlüsse auf einen eigenen schützenswerten Besitzstand erlaubt.

Die von ihr pauschal vorgetragene Vorbenutzung des Zeichens [X.] für Vorrichtungen zum [X.], durch sie selbst, die A … GmbH und B … GmbH, hat die Beschwerdegegnerin im Laufe des Verfahrens mehrmals – zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2023 - bestritten. Die von der Beschwerdeführerin erst im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen erlauben keinerlei Rückschlüsse auf Art und Weise, Umfang oder [X.]punkt der geltend gemachten Vorbenutzung.

aaa) Die pauschalen Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die [X.] die Bezeichnung [X.] bereits vor Gründung der Beschwerdeführerin verwendet habe, begründen ebenfalls nicht die Annahme eines eigenen Besitzstandes der Beschwerdeführerin zum [X.]punkt der Anmeldung des in Frage stehenden Zeichens. Nach ihren eigenen Angaben ist die Beschwerdeführerin nicht Rechtsnachfolgerin der A … GmbH. Daher ist zunächst bereits fraglich, ob eine – unterstellte – Verwendung des Zeichens durch die A … GmbH einen Besitzstand der Beschwerdeführerin überhaupt begründen kann. Diese Frage kann letztlich dahingestellt bleiben, da die Beschwerdeführerin im Gegensatz zur Beschwerdegegnerin keinerlei Unterlagen eingereicht hat, die eine entsprechende Nutzung des in Frage stehenden Zeichens vor dem Anmeldetag durch sie belegen. Die zwei von der Beschwerdeführerin eingereichten Produktdatenblätter betreffend „Gold refining System Tumbler [X.] + [X.]“ (Anlagen [X.] 2 und [X.] 3) sind undatiert. Die pauschale Aussage des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, wonach die Anlagen [X.] 2 und [X.] 3 „seit der Gründung“ der Beschwerdeführerin im [X.] verwendet worden seien, sind ohne nähere Angaben zu Erstellungsdatum, Ort, Verteiler, Auflage etc. zu unsubstantiiert, um eine Benutzung des Zeichens [X.] durch die Beschwerdeführerin vor dem Anmeldetag des in Frage stehenden Zeichens nahezulegen. Die Anlage [X.] 4 mit der Datumsangabe 6. März 2020 stammt aus der [X.] nach der Anmeldung des in Frage stehenden Zeichens und ist daher nicht relevant.

Die Einvernahme des [X.], der Prokurist der Beschwerdeführerin ist, und des [X.] kann unterbleiben, da es sich dabei – wie das [X.] bereits zutreffend ausgeführt hat – um einen unzulässigen Beweisermittlungsantrag zu Ausforschungszwecken, nicht aber einen Beweisantritt vorgetragener Tatsachen handeln würde ([X.], ZPO, 34. Auflage, vor § 284, Rn. 8c). Es fehlt an einem konkreten Beweisthema zu Art und Weise, [X.], Ort, Inhalt der Erstellung und Verwendung der undatierten Unterlagen [X.] 2 und [X.] 3. Eines entsprechenden Hinweises des Senats gemäß § 82 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 139 ZPO bedurfte es nicht mehr (vgl. [X.], 581; [X.], 6. Auflage 2020, ZPO § 139, Rn. 14).

bbb) Eine vom Senat durchgeführte Internetrecherche hat weder eine Verwendung der Streitmarke vor dem Anmeldetag durch die Beschwerdeführerin noch durch die [X.] oder die [X.] ergeben (vgl. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 30. März 2023, [X.]. 47/52 d. A.).

bb) Der Annahme einer [X.]en Markenanmeldung steht ferner nicht entgegen, dass die Beschwerdeführerin bisher nicht aus der angegriffenen Marke gegen die Beschwerdegegnerin vorgegangen ist. Zwar können nach der in Frage stehenden Markenanmeldung datierende Umstände – wie eine spätere Rechtsausübung – bei der Beurteilung, ob eine Bösgläubigkeit vorliegt, eine Rolle spielen (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 1043). Umgekehrt lässt vorliegend der Umstand, dass eine solche Rechtsausübung nicht erfolgt ist, nicht die Annahme zu, dass keine Bösgläubigkeit vorliegt. Denn an der allein durch die Markenanmeldung und –eintragung geschaffenen „Drohkulisse“ für die bei der Anmeldung bereits bestehenden patentrechtlichen Auseinandersetzungen ändert sich dadurch nichts.

cc) Auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin generell neben der Absicht, sich die Streitmarke (neben den beiden anderen Marken 30 2017 105 176 und 30 2017 105 179) zu sichern, um sie im Krisenfall bzw. im Rahmen von patentrechtlichen Auseinandersetzungen zweckwidrig gegen die Beschwerdegegnerin einzusetzen, zum [X.]punkt der Markenanmeldung zugleich einen eigenen Benutzungswillen gehabt haben mag, steht der Feststellung einer Behinderungsabsicht nicht entgegen. Es reicht schon aus, dass die Verhinderung oder Erschwerung der Benutzung der Marke durch die Beschwerdegegnerin ein wesentliches, aber nicht das einzige Motiv der Anmeldung war (vgl. BGH [X.], 621, Rn. 32 - [X.]; [X.], 917, Rn. 23 - [X.]; vgl. auch [X.] [X.]/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 1103, 1073).

e) Der Senat kommt bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung unter Berücksichtigung sämtlicher vorstehend erörterter Indizien zu der Überzeugung, dass die Markenanmeldung in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Beschwerdeführerin und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] der Beschwerdeführerin gerichtet war.

Die Frage, wer im Fall einer Bösgläubigkeit im [X.] die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen für das Schutzhindernis trägt, muss vorliegend nicht beantwortet werden. Aus den vorgenannten Gründen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beschwerdeführerin bei der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke [X.] bösgläubig gewesen ist (vgl. auch [X.], Beschluss vom 4. Mai 2022, 25 W (pat) 11/20 – DEPYRROL [X.]). Dem steht im Übrigen auch die vom Beschwerdeführervertreter zitierte Entscheidung GRUR 2023, 175 - Abbildung

3. Der Löschungsanspruch bezieht sich auf alle eingetragenen Waren der angegriffenen Marke. Die Beschwerdegegnerin hat die Bezeichnung „[X.]“ vor dem Anmeldetag für [X.] benutzt. Diese stehen in einem (Teil-)Identitäts- oder [X.] zu den eingetragenen Waren der angegriffenen Marke, die entweder selbst [X.] oder zweckverwandte Anlagen und deren Teile und Zubehör darstellen. Das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke umfasst insgesamt Waren, die in einem engen Zusammenhang mit den von der Beschwerdegegnerin hergestellten Anlagen stehen.

4. Die von der Beschwerdeführerin mehrfach zitierte Entscheidung des Bundespatentgerichts „Flasche mit Grashalm“ (Beschluss vom 12.08.2009, 26 W (pat) 156/03) rechtfertigt keine andere Auffassung. Diese Entscheidung betrifft – wie das [X.] bereits zutreffend erörtern hat – einen in mehrfacher Hinsicht abweichenden Sachverhalt.

D. Die Festsetzung des [X.] gemäß § 63 Abs. 3 [X.] i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 RVG durch die Markenabteilung in Höhe von 50.000,- Euro ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Auch der Senat geht auf Grund der Rechtsprechung des [X.] (GRUR 2006, 704 - Markenwert) von einem Regelwert des [X.] in Höhe von 50.000,- Euro aus (vgl. auch [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2018, 27 W (pat) 24/17 - [X.]). Umstände, die einen höheren oder niedrigeren Betrag nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

E. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat - wie bereits die ihr auferlegten Kosten des patentamtlichen [X.] - die Inhaberin der angegriffenen Marke zu tragen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Zwar trägt in [X.] jeder Beteiligte in der Regel seine Kosten selbst.

Da der [X.]en Anmeldung jedoch stets ein rechtmissbräuchliches Verhalten zugrunde liegt, entspricht es in diesen Fällen grundsätzlich der Billigkeit, der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (vgl. hierzu [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], a. a. [X.], § 71 Rn. 19 m. w. N). Umstände, von diesem Grundsatz im vorliegenden Fall abzuweichen, sind nicht ersichtlich.

Meta

28 W (pat) 41/20

13.11.2023

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.11.2023, Az. 28 W (pat) 41/20 (REWIS RS 2023, 7721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7721

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