Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2012, Az. II ZR 251/10

2. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2274

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Gegenstand

Beschlussanfechtungsverfahren bei einer Publikumspersonengesellschaft: Wirksamkeit eines Beschlusses über die Abbedingung eines qualifizierten Mehrheitserfordernisses und des Einstimmigkeitsprinzips; Verletzung der Treuepflichten durch Mehrheitsbeschlüsse


Leitsatz

Beschließen die Gesellschafter einer Publikumspersonengesellschaft mit der nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Mehrheit, dass Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag aufgehoben werden, die bei Vorliegen bestimmter, bei Beschlussfassung nicht gegebener Voraussetzungen für Änderungen des Gesellschaftsvertrags ein höheres Mehrheitserfordernis bzw. Einstimmigkeit vorschreiben, sind diese Änderungsbeschlüsse für sich genommen nicht treuwidrig. Fasst die Mehrheit auf der Grundlage des geänderten Gesellschaftsvertrags künftig treuwidrige Entscheidungen zu Lasten der Minderheit, ist die Minderheit durch die gegen diese Beschlüsse gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend geschützt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin wird unter Zurückweisung der Revision des [X.] das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 18. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 26. Februar 2010 wird auch im Umfang der Aufhebung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger war zunächst als Treugeber und ist nunmehr als unmittelbarer Gesellschafter mit einem Kommanditanteil von 300.000 DM an der [X.], einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft mit ursprünglich mehr als 6000 Kommanditisten/[X.] und einem Kommanditkapital von nahezu 590 Millionen DM, beteiligt. Die Nebenintervenientin ist geschäftsführende Kommanditistin und wie die beiden Komplementäre allein zur Geschäftsführung und Vertretung der [X.] berechtigt und verpflichtet.

2

Der Gesellschaftsvertrag (künftig: [X.]) enthält in §§ 15, 16, 17 zur Beschlussfassung unter anderem folgende Regelungen:

§ 15 Gesellschafterversammlung

4. [X.] erfolgt schriftlich durch einen geschäftsführenden Gesellschafter unter Bekanntgabe der Tagesordnung und der Wahrung einer Frist von vier Wochen einschließlich des Tages der Absendung und der Versammlung. Bei außerordentlichen Gesellschafterversammlungen kann die Einberufungsfrist auf 10 Tage verkürzt werden.

§ 16 Gegenstand der Gesellschafterversammlung

1. Die Gesellschafterversammlung ist insbesondere für folgende Beschlussfassungen zuständig:

f) Änderungen des Gesellschaftsvertrages

2. Soweit Beschlüsse nach Abs. 1 lit. a), c), f), g), j), k), und l) gefasst werden, bedarf es einer 3/4-Mehrheit der anwesenden Stimmen. Sind 75 % aller Stimmen auf fünf oder weniger Personen vereinigt, tritt an die Stelle der 3/4-Mehrheit die 9/10-Mehrheit. Sind 90 % oder mehr aller Stimmen auf fünf oder weniger Personen vereinigt, sind die vorgenannten Beschlüsse einstimmig zu fassen.

§ 17 Beschlussfassung

1. Die Beschlüsse können in Gesellschafterversammlungen oder im Wege der schriftlichen Abstimmung gefasst werden.

2. … [X.] kommt nur zustande, wenn mindestens 10 % der Stimmen aller Gesellschafter und Treugeber an der Abstimmung teilnehmen.

3. Beschlüsse bedürfen grundsätzlich der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sofern nicht in diesem Vertrag oder durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Stimmenthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen; bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.

6. Bei schriftlicher Abstimmung ist den Gesellschaftern und [X.] die Aufforderung zur Abstimmung von den geschäftsführenden Gesellschaftern zu übersenden. Dabei sind das Abstimmungsverfahren und der Abstimmungsgegenstand mit einer Stellungnahme der geschäftsführenden Gesellschafter bekanntzugeben. Die Stimmabgabe der Gesellschafter und Treugeber muss innerhalb von vier Wochen nach Absendung der [X.] bei der Gesellschaft eingehen. …

7. Die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann nur durch … Klage, die gegen die Gesellschaft zu richten ist, geltend gemacht werden. …

3

§ 9 [X.] lautet:

§ 9 Gesellschaftskonzept, Beleihungsrichtlinien

1. Diesem Gesellschaftszweck ist eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegt (…), die wesentlicher Bestandteil des Gesellschaftsvertrages ist … Wenn und soweit die Gesellschafterversammlung Beschlüsse fasst, die zu einer wesentlichen Abweichung von dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung führen, bedarf ein solcher Beschluss der in § 16 Abs. 2 beschriebenen Mehrheit.

4

Mit Schreiben vom 20. Februar 2009 übermittelte die Streithelferin den Gesellschaftern der [X.] den Beschlussantrag des Komplementärs H.      , § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] aufzuheben, schloss sich diesem Antrag an und forderte die Gesellschafter auf, in schriftlicher Abstimmung über ihn zu beschließen. H.     hatte seinen Beschlussantrag damit begründet, dass er durch das in dieser Bestimmung geregelte Einstimmigkeitserfordernis die Handlungsfähigkeit des Fonds erheblich gefährdet sehe, weil eine zunehmende Zahl der Gesellschafter das Angebot der [X.], ihre Fondsanteile zu erwerben, annehme.

5

Nachdem das [X.] in einem gleichgelagerten, einen Schwesterfonds der [X.] betreffenden Verfahren die Auffassung vertreten hatte, dass bei schriftlicher Abstimmung zur Annahme eines Beschlussantrags über die Änderung des Gesellschaftsvertrags die Mehrheit aller Gesellschafter erreicht werden müsse, lud die Streithelferin mit Schreiben vom 18. März 2009 zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 31. März 2009 in [X.] ein, deren einziger Tagesordnungspunkt die Streichung von § 16 Abs. 2 Satz 3 [X.] war. In dem Einladungsschreiben wies die Streithelferin darauf hin, dass aufgrund eines Hinweises des [X.]s in anderer Sache Zweifel an der Wirksamkeit eines im Umlaufverfahren festgestellten [X.] bestehen könnten und deshalb wegen der Bedeutung des Beschlussgegenstandes eine erneute Abstimmung in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung erforderlich sei.

6

Mit Schreiben vom 31. März 2009 teilte die Streithelferin den Gesellschaftern mit, dass der Beschlussantrag mit der erforderlichen Mehrheit angenommen worden sei; an der schriftlichen Abstimmung hätten 40,85 % der Kommanditisten teilgenommen, eine Mehrheit von 83,87 % habe für den Antrag gestimmt, 1,07 % der teilnehmenden Gesellschafter hätten sich enthalten. Mit Schreiben vom 8. April 2009 übersandte die Streithelferin das [X.] der außerordentlichen Gesellschafterversammlung, in dem festgehalten ist, dass der Beschlussantrag mit der erforderlichen qualifizierten (3/4-)Mehrheit angenommen wurde.

7

Der Kläger hat sich mit der Rüge formeller und materieller Mängel gegen die Wirksamkeit beider Beschlüsse gewandt. Das [X.] hat die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des im schriftlichen Verfahren gefassten Beschlusses wegen fehlenden [X.] als unzulässig und die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des in der Gesellschafterversammlung vom 31. März 2009 gefassten Beschlusses als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des [X.] festgestellt, dass der in schriftlicher Abstimmung gefasste Beschluss unwirksam ist. Hiergegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen des [X.] und der [X.] sowie ihrer Streithelferin.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.] hat Erfolg. Sie führt, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, zur Abänderung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils mit der Maßgabe, dass die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen ist (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO). Hingegen ist die Revision des [X.] zurückzuweisen.

9

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Der im schriftlichen Verfahren gefasste Beschluss sei unwirksam, weil er nicht mit der nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV erforderlichen Stimmenmehrheit gefasst worden sei. Abweichend von § 17 Abs. 3 Satz 1 GV müssten bei den § 16 Abs. 2 Satz 1 GV unterworfenen Beschlussgegenständen sowohl in der [X.]erversammlung als auch bei schriftlicher Beschlussfassung 75 % der anwesenden [X.]er mit Ja stimmen. Dies seien bei einer Versammlung 75 % der Erschienenen, bei schriftlicher Abstimmung 75 % aller [X.]er, da bei schriftlicher Abstimmung alle [X.]er als „anwesend“ anzusehen seien.

Der in der [X.]erversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss sei formell wirksam zustande gekommen. Die nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV erforderliche Mehrheit von 75 % sei erreicht worden, die vom Kläger gerügten Einladungsmängel lägen nicht vor. Der Beschluss sei auch materiell wirksam, insbesondere habe die [X.]ermehrheit mit der Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV und des dort geregelten [X.] nicht die gesellschafterlichen Treuepflichten gegenüber der Minderheit verletzt.

II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand. Beide [X.] sind wirksam. Der in schriftlicher Abstimmung gefasste Änderungsbeschluss ist mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV festgelegten Stimmenmehrheit zustande gekommen. Der in der [X.]erversammlung vom 31. März 2009 zustande gekommene Beschluss ist weder formell noch materiell unwirksam.

1. Die Revision der [X.] und ihrer Streithelferin ist begründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass bei schriftlicher Abstimmung über die in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände für das Zustandekommen eines Beschlusses nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV eine [X.] aller [X.]er erforderlich ist. Das kann der [X.] für den [X.]svertrag der [X.] selbst feststellen, da [X.]sverträge von [X.] nach ihrem objektiven Erklärungsbefund auszulegen sind (st.Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1906 Rn. 11; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1851 Rn. 10; Urteil vom 11. Januar 2011 - [X.], [X.], 322 Rn. 12 mwN).

a) Die Klage ist allerdings zu Recht gegen die [X.] erhoben worden. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der [X.]erversammlung einer Kommanditgesellschaft wird durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der [X.]svertrag bestimmt, dass der Streit mit der [X.] auszutragen ist ([X.], Urteil vom 1. März 2011 - [X.], [X.], 806 Rn. 19; Urteil vom 27. April 2009 - [X.], [X.], 1158 Rn. 25 mwN). Dies ist hier aber der Fall. Nach § 17 Abs. 7 GV ist eine Klage, mit der die Unwirksamkeit eines [X.]erbeschlusses festgestellt werden soll, gegen die [X.] zu richten.

b) Die in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV genannten Beschlüsse sind einer schriftlichen Beschlussfassung zugänglich. Wie der [X.] nach Erlass des angefochtenen Urteils für gleich lautende Bestimmungen in [X.]sverträgen von Schwestergesellschaften der [X.] entschieden hat, kann § 16 GV nicht entnommen werden, dass eine Beschlussfassung in schriftlicher Abstimmung über die Beschlussgegenstände des § 16 Abs. 2 GV ausgeschlossen sein soll, die nicht unter § 16 Abs. 3 GV fallen ([X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1906 Rn. 9; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1851 Rn. 9). Nach § 17 Abs. 1 GV können Beschlüsse sowohl in der [X.]erversammlung als auch in schriftlicher Abstimmung gefasst werden. Der Begriff „[X.]erversammlung“ im Sinne von § 16 GV meint - ebenso wie in § 17 Abs. 3 GV - nicht die Versammlung der erschienenen [X.]er, sondern die [X.]er als Organ der [X.]. Andernfalls wäre § 17 Abs. 1 GV weitgehend bedeutungslos, da § 16 Abs. 1 GV auch Beschlüsse über Rechtsgeschäfte umfasst, für die der [X.]svertrag die Zustimmung der [X.]erversammlung vorschreibt.

c) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, bei schriftlicher Abstimmung über die in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände erfordere das Zustandekommen eines Beschlusses nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV eine [X.] aller und nicht nur der an der Abstimmung teilnehmenden [X.]er. § 16 Abs. 2 Satz 1 GV verlangt bei schriftlicher Beschlussfassung lediglich eine [X.] der an der Abstimmung teilnehmenden [X.]er, weil bei schriftlicher Beschlussfassung unter „anwesenden“ Stimmen im Sinne dieser Vorschrift nicht sämtliche, sondern nur die an der schriftlichen Abstimmung teilnehmenden [X.]er zu verstehen sind ([X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1906 Rn. 14 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1851 Rn. 13 ff.).

aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Mehrheit der anwesenden Stimmen im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bei Beschlussfassung in der Versammlung ebenso wie bei schriftlicher Abstimmung als Mehrheit aller teilnehmenden und nicht als Mehrheit der mit Ja oder Nein abstimmenden [X.]er zu verstehen ist. Hiergegen wird von der Revision der [X.] zu Recht nichts erinnert. Aus § 16 Abs. 2 Satz 1 GV geht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervor, dass abweichend von den - im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 3 Satz 1 GV übernommenen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 GV) - kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsätzen über die hier genannten Beschlussgegenstände die Mehrheit der anwesenden Stimmen entscheidet. Den unterschiedlichen Formulierungen in § 17 Abs. 3 Satz 1 GV und § 16 Abs. 2 Satz 1 GV liegt eine gewollte inhaltliche Unterscheidung zugrunde, die dem Umstand geschuldet ist, dass es sich bei den § 16 Abs. 2 Satz 1 GV unterfallenden Beschlussgegenständen für die [X.]er um Angelegenheiten von besonderer Bedeutung handelt, für die der [X.]svertrag in § 16 Abs. 2 Satz 1 ein höheres [X.] aufstellt als für weniger einschneidende Beschlussgegenstände ([X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1906 Rn. 12 f.; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1851 Rn. 11 f.).

bb) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts sind jedoch bei schriftlicher Beschlussfassung mit der Mehrheit der anwesenden Stimmen im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 GV nicht alle, sondern nur die [X.]er gemeint, die sich an der schriftlichen Abstimmung beteiligen. Hierfür spricht schon, dass § 17 Abs. 2 Satz 2 GV für die Beschlussfassung in schriftlicher Abstimmung ausdrücklich eine Teilnahme von mindestens 10 % aller [X.]er verlangt, während § 16 Abs. 2 Satz 1 GV lediglich eine bestimmte Mehrheit der „anwesenden“ Stimmen fordert. Insbesondere steht der vom Berufungsgericht befürworteten Auslegung aber entgegen, dass für die in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände im schriftlichen Verfahren ein wesentlich höheres Maß an Zustimmung gefordert würde als bei Abstimmung in der Versammlung, das sich weder mit den Risiken einer schriftlichen Abstimmung noch mit der Bedeutung der in § 16 Abs. 2 GV genannten Beschlussgegenstände rechtfertigen ließe, sondern zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch führte. Dass § 16 Abs. 2 GV Beschlussgegenstände von besonderer Bedeutung betrifft, erklärt nicht, warum über das in § 17 Abs. 2 Satz 2 GV bestimmte Teilnahmequorum von 10 % aller [X.]er hinaus für die schriftliche Beschlussfassung eine breitere Zustimmung erforderlich sein sollte als bei Beschlussfassung in der Versammlung. Auch bei schriftlicher Abstimmung besteht zwischen der Mehrheit der anwesenden (= teilnehmenden) und der Mehrheit der abgegebenen Stimmen ein Unterschied. Auch derjenige, der an der schriftlichen Abstimmung teilnimmt, kann sich der Stimme enthalten ([X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1906 Rn. 14 ff.; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1851 Rn. 13 ff.).

2. Die Revision des [X.] bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Wirksamkeit des in der [X.]erversammlung vom 31. März 2009 gefassten [X.] ohne Rechtsfehler bejaht.

a) Der in der [X.]erversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, ist formell wirksam.

aa) Der Beschluss über die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV konnten mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bestimmten [X.] gefasst werden, da die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 GV für die Geltung der höheren Quoren bestimmten Voraussetzungen nicht vorlagen.

(1) Beschlüsse in einer Personengesellschaft sind grundsätzlich einstimmig zu fassen (vgl. § 709 Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB), wenn und soweit nicht im [X.]svertrag für den betreffenden Beschlussgegenstand das Einstimmigkeitsprinzip durch das Prinzip einfacher oder qualifizierter Mehrheit ersetzt worden ist (vgl. § 709 Abs. 2 BGB), um die Handlungsfähigkeit der [X.] sicherzustellen. Für die formelle Legitimation eines Mehrheitsbeschlusses genügt es grundsätzlich, dass sich aus dem [X.]svertrag - ausdrücklich oder durch Auslegung - eindeutig ergibt, dass der jeweilige Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll ([X.], Urteil vom 15. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 283 Rn. 9 - [X.]; Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 15 - [X.]; Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 16).

Der [X.]svertrag der [X.] bestimmt nicht ausdrücklich, welches Quorum für Änderungen der gesellschaftsvertraglichen [X.]n erforderlich ist. Er regelt jedoch, dass Beschlüsse über Änderungen des [X.]svertrags, um die es sich auch bei Änderungen der gesellschaftsvertraglichen [X.]n handelt, einer [X.] bedürfen (§ 16 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Buchstabe f). Ein höheres Stimmquorum von 9/10 oder Einstimmigkeit verlangt der [X.]svertrag für solche Beschlüsse erst dann, wenn 75 % bzw. 90 % der Stimmen in der Hand von fünf oder weniger [X.]ern vereinigt sind (§ 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 GV). Liegen die Geltungsvoraussetzungen für die potentiell höheren [X.] nicht vor, gilt für Änderungen des [X.]svertrags das [X.] des § 16 Abs. 2 Satz 1 GV, mit der Folge, dass ein Beschluss formell wirksam gefasst ist, wenn er eine Mehrheit von 3/4 der anwesenden Stimmen gefunden hat.

Dem [X.]svertrag lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen, dass abweichend von § 16 Abs. 2 GV die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV auch dann nur mit der dort bestimmten Einstimmigkeit möglich sein soll, wenn die Voraussetzungen, die der [X.]svertrag für das Eingreifen des [X.] aufstellt, (noch) nicht erfüllt sind. [X.] Anhaltspunkte dafür, dass entgegen dem Wortlaut des [X.]svertrags für eine bestimmte Änderung des [X.]svertrags, nämlich die Aufhebung des [X.], das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte [X.] gelten soll, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben sind, die diese Bestimmung selbst für ihre Anwendbarkeit fordert, sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die von der Revision befürwortete „Vorwirkung“ insbesondere des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV führte in einer Publikumsgesellschaft wie der [X.] dazu, dass eine Änderung dieser Satzungsbestimmung faktisch unmöglich würde, und zwar auch dann, wenn das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte [X.] bei Vorliegen der dort vorausgesetzten Beteiligungsverhältnisse zur Handlungsunfähigkeit der [X.] führte. § 16 Abs. 2 GV knüpft einen höheren als den durch das Erfordernis einer 3/4-Mehrheit gewährleisteten Schutz der Minderheit - auch vor nachteiligen Änderungen der [X.] selbst - an besondere Voraussetzungen. Solange diese nicht eingetreten sind, lässt der [X.]svertrag eine Aufhebung des in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten qualifizierten [X.] mit der qualifizierten Mehrheit des § 16 Abs. 2 Satz 1 GV von 75 % der anwesenden Stimmen zu.

(2) Der früher so genannte [X.] führt zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wird im [X.]svertrag der [X.] nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass § 16 Abs. 2 Satz 3 GV mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bestimmten Mehrheit aufgehoben werden kann, wenn die Voraussetzungen der Sätze 2 und 3 GV (noch) nicht vorliegen. Dies ist - unabhängig davon, dass es sich bei der [X.] um eine Publikumsgesellschaft handelt und der [X.] bei [X.] ohnehin keine Anwendung findet ([X.], Urteil vom 19. November 1984 - [X.], NJW 1985, 972, 973) - für die formelle Legitimation einer auf eine gesellschaftsvertragliche [X.] gestützten Mehrheitsentscheidung aber nicht erforderlich, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein früher so genanntes Grundlagengeschäft handelt; es genügt, dass sich durch Auslegung des [X.]svertrags eindeutig ergibt, dass der betreffende Beschlussgegenstand der [X.] unterworfen sein soll ([X.], Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 16 mwN). Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei bejaht, dass auch der Beschluss über eine Änderung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV selbst uneingeschränkt der [X.] des § 16 Abs. 2 GV unterliegt, mit der Folge, dass die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV in gleicher Weise wie sonstige Satzungsänderungen einer Mehrheitsentscheidung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 GV unterworfen ist, wenn - wie hier - die Bedingungen, unter denen der [X.]svertrag für satzungsändernde Beschlüsse ein höheres Quorum oder Einstimmigkeit fordert, nicht erfüllt sind.

Aus dem Urteil des [X.]s vom 15. Juni 1987 ([X.], [X.], 1178) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Diese Entscheidung beruhte auf der Anwendbarkeit des so genannten [X.]es, dem, wie ausgeführt, für die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung nach der neueren Rechtsprechung des [X.]s ([X.], Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 15 - [X.]; Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 16 mwN) keine Bedeutung mehr zukommt. Darauf, dass in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall zudem die Satzungsbestimmung, die ein höheres [X.] vorschrieb, anwendbar war und ihr Eingreifen anders als im vorliegenden Fall nicht vom Eintritt bestimmter, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht gegebener Voraussetzungen abhängig war, kommt es nicht mehr an.

(3) Schließlich rechtfertigt auch der von der Revision angeführte Grundsatz, wonach Sonderregelungen, die bei Geltung des Mehrheitsprinzips für einzelne Beschlussgegenstände Einstimmigkeit oder ein höheres Quorum voraussetzen, nur unter Einhaltung des betreffenden höheren [X.] abgeändert oder aufgehoben werden können ([X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 709 Rn. 82; einschränkend [X.], [X.], 10. Aufl., § 179 Rn. 20; offen gelassen in [X.], Urteil vom 13. März 1980 - [X.], [X.]Z 76, 191, 195 für die Aktiengesellschaft), keine abweichende Beurteilung. Ob eine allgemeine Regel anzuerkennen ist, wonach [X.]n in einem [X.]svertrag, die für bestimmte Beschlussgegenstände eine qualifizierte Mehrheit vorschreiben, nur mit derselben Mehrheit beseitigt werden können, und welchen Anwendungsbereich sie hat, bedarf keiner Entscheidung. Der [X.]svertrag der [X.] schreibt für alle Änderungen der Satzung dasselbe qualifizierte [X.] vor, das sich unter bestimmten Voraussetzungen erhöht. Hier geht es um die Frage, ob für eine bestimmte Vertragsänderung, nämlich die Aufhebung von § 16 Abs. 2 Satz 3 GV, das dort geregelte [X.] gelten soll, obwohl bei Beschlussfassung die Voraussetzungen für seine Anwendbarkeit noch nicht vorliegen.

(4) Die Auffassung der Revision, dass die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV die dort bestimmte Einstimmigkeit erfordert, lässt sich auch nicht auf das zum Aktienrecht ergangene Urteil des [X.]s vom 13. März 1980 ([X.], [X.]Z 76, 191) stützen. Der [X.] hat im Wege der Auslegung der dort zu beurteilenden Satzung verneint, dass das nach dieser Satzung für eine bestimmte Beschlussfassung erforderliche qualifizierte [X.] von 2/3 der abgegebenen Stimmen mit der allgemein für [X.] vorgesehenen einfachen Mehrheit aufgehoben werden konnte. Daraus kann nichts für die Beantwortung der sich hier stellenden Frage abgeleitet werden, ob eine Regelung, die unter bestimmten Voraussetzungen über die allgemein für Änderungen des [X.]svertrags erforderliche qualifizierte Mehrheit von ¾ der anwesenden Stimmen hinaus Einstimmigkeit fordert, nur einstimmig abgeändert werden kann, obwohl das [X.] bei Beschlussfassung nicht gilt.

bb) Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend gesehen hat, steht der formellen Wirksamkeit des Beschlusses nicht entgegen, dass bei Absendung der Einladung zur [X.]erversammlung die Beschlussfassung im Umlaufverfahren noch nicht abgeschlossen war. § 17 Abs. 1 GV kann zwar die Vorgabe entnommen werden, dass über einen bestimmten Beschlussgegenstand nicht zeitgleich im Umlaufverfahren und in einer [X.]erversammlung abgestimmt werden kann. Eine zeitgleiche Stimmabgabe in beiden Verfahrensarten war hier aber ausgeschlossen, weil zur Stimmabgabe im Umlaufverfahren eine Frist bis zum 20. März 2009 bestimmt und diese zum Zeitpunkt der [X.]erversammlung am 31. März 2009 verstrichen war.

Entgegen der Meinung der Revision verstieß die Vorgehensweise der Nebenintervenientin nicht deshalb gegen den [X.]svertrag, weil die Einladung zur [X.]erversammlung den [X.]ern wenige Tage vor Ablauf der Abstimmungsfrist zuging. Hierdurch wurde den [X.]ern nicht die unzulässige Möglichkeit eröffnet, in zwei unterschiedlichen Abstimmungsverfahren über den gleichen Beschlussgegenstand zeitgleich abzustimmen, sondern lediglich eine erneute Abstimmung im [X.] an die Abstimmung im schriftlichen Beschlussverfahren, nunmehr in einer außerordentlichen [X.]erversammlung, vorbereitet. Der [X.]svertrag schließt es nicht aus, die Abstimmung über einen bestimmten Beschlussgegenstand zu wiederholen, wenn hierfür - wie im vorliegenden Fall - ein sachliches Interesse besteht.

Anders als die Revision meint, macht das Vorgehen der Streithelferin den in der außerordentlichen [X.]erversammlung gefassten Beschluss nicht deshalb unzulässig, weil nicht auszuschließen sei, dass die zuvor durchgeführte Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren eine erhebliche Zahl von [X.]ern von einer Stimmabgabe in der [X.]erversammlung abgehalten habe. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nichts dafür ersichtlich, dass die Kommanditisten darüber im Unklaren sein konnten, warum über den gleichen Beschlussgegenstand eine weitere Abstimmung in einer [X.]erversammlung stattfinden sollte, und sie die Teilnahme an dieser für entbehrlich halten konnten. Im Einladungsschreiben wurde den [X.]ern der Grund für die erneute Abstimmung zutreffend dargelegt und sie wurden ausdrücklich aufgefordert, sowohl im schriftlichen Beschlussverfahren ihre Stimme abzugeben als auch an der Abstimmung in der [X.]erversammlung teilzunehmen.

cc) Ohne Erfolg rügt die Revision, der in der [X.]erversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss sei wegen Nichteinhaltung der in § 15 Abs. 4 Satz 1 GV bestimmten Einberufungsfrist von vier Wochen unzulässig. Die für außerordentliche [X.]erversammlungen vorgesehene Möglichkeit einer Verkürzung auf zehn Tage (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 2 GV) greife nicht, weil hierfür ein wichtiger Grund erforderlich sei, an dem es fehle. Das Berufungsgericht hat zutreffend die hier gewahrte Ladungsfrist von vierzehn Tagen für ausreichend erachtet. Die Vereinbarung einer Einberufungsfrist von zehn Tagen einschließlich des Tages der Absendung und der Versammlung - wie sie der [X.]svertrag der [X.] für außerordentliche [X.]erversammlungen zulässt - ist in einer körperschaftlich strukturierten Publikumspersonengesellschaft rechtlich unbedenklich (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 1998 - [X.], [X.], 859, 860). Das Teilnahmerecht der [X.]er wird, wie sich aus der § 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG zugrunde liegenden Wertung ergibt, durch eine solche Frist grundsätzlich nicht beeinträchtigt.

Entgegen der Meinung der Revision des [X.] ist eine Verkürzung der Einberufungsfrist zu einer außerordentlichen [X.]erversammlung nicht nur in dringenden und eilbedürftigen Fällen zulässig. Dem [X.]svertrag lässt sich die von der Revision befürwortete Beschränkung der Möglichkeit, zu einer außerordentlichen [X.]erversammlung mit einer Frist von zehn Tagen einzuladen, nicht entnehmen. § 15 Abs. 4 Satz 2 GV räumt dem einberufenden Geschäftsführer die Möglichkeit ein, die Einberufungsfrist bei außerordentlichen [X.]erversammlungen auf die rechtlich unbedenkliche Länge von zehn Tagen abzukürzen, ohne hierfür bestimmte Voraussetzungen aufzustellen, weil das Bedürfnis für eine außerordentliche Versammlung in der Regel kurzfristig auftritt. Hätte geregelt werden sollen, dass die Abkürzung der Ladungsfrist einen wichtigen Grund erfordert, wäre zu erwarten gewesen, dass dieses Erfordernis aus Gründen der Rechtssicherheit im [X.]svertrag hinreichend deutlich Ausdruck gefunden hätte.

Bedurfte es zur Rechtfertigung einer Abkürzung der Ladungsfrist auf vierzehn Tage keines wichtigen Grundes, kommt es nicht darauf an, ob die Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen.

b) Der in der [X.]erversammlung gefasste Beschluss, mit dem das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte [X.] aufgehoben wird, ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Entgegen der Meinung der Revision bedurfte der Beschluss zu seiner Wirksamkeit gegenüber dem Kläger weder dessen Zustimmung noch verletzt er treupflichtwidrig die Rechte der [X.].

aa) Ist die Entscheidung der Mehrheit der [X.]er von einer Regelung im [X.]svertrag gedeckt, ist auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich als treuwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstellt und deshalb inhaltlich unwirksam ist ([X.], Urteil vom 15. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 283 Rn. 10 - [X.]; Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 17 - [X.]; Urteil vom 15. November 2011 - [X.], [X.]Z 191, 293 Rn. 16). Erfordert eine Mehrheitsentscheidung ihrem Inhalt nach die Zustimmung jedes einzelnen [X.]ers, wie es beispielsweise bei Beschlüssen über nachträgliche Beitragserhöhungen (vgl. § 707 BGB) der Fall ist, führt ungeachtet sonstiger Beschlussmängel schon die fehlende Zustimmung eines [X.]ers dazu, dass der Beschluss ihm gegenüber unwirksam ist ([X.], Urteil vom 5. März 2007 - [X.], [X.], 766 Rn. 15; Urteil vom 9. Februar 2009 - [X.], [X.], 864 Rn. 16). Unerheblich ist, ob dieser [X.]er an der Beschlussfassung beteiligt war.

bb) Nach diesen Grundsätzen ist der in der [X.]erversammlung vom 31. März 2009 gefasste Beschluss wirksam. Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte der Beschluss, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, nicht der Zustimmung jedes einzelnen [X.]ers. Bei dem in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten [X.] handelt es sich entgegen der Meinung des [X.] nicht um ein Sonderrecht der [X.]er im Sinn von § 35 BGB, in das nicht ohne ihre Zustimmung eingegriffen werden könnte. Lediglich Rechtspositionen, die individuell einem [X.]er oder einer [X.]ergruppe durch die Satzung eingeräumt und zudem als unentziehbare Rechte ausgestaltet sind, stellen Sonderrechte dar ([X.]/[X.], 6. Aufl., § 35 Rn. 3; [X.]/[X.], BGB, 71. Aufl., § 35 Rn. 1; [X.]/[X.], GmbHG, 11. Aufl., § 14 Rn. 19; vgl. [X.], Urteil vom 4. November 1968 - [X.], NJW 1969, 131). Dies trifft für das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte [X.] aber nicht zu (vgl. [X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 709 Rn. 82; vgl. auch [X.], Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 22 - [X.]; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 14 Rn. 65). Vielmehr vermittelt diese Satzungsbestimmung eine Rechtsstellung, die allgemein mit der Mitgliedschaft verbunden ist. In diesem Fall ist für die Annahme eines Sonderrechts kein Raum ([X.], Urteil vom 27. Mai 1982 - [X.], [X.]Z 84, 209, 218).

Anders als die Revision des [X.] meint, lässt sich das Erfordernis einer Zustimmung aller [X.]er auch nicht damit begründen, die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV greife in den „Kernbereich“ der [X.]errechte ein. [X.]svertragliche [X.]se oder Sperrminoritäten gehören nicht zu dem Mehrheitsentscheidungen entzogenen Bereich der individuellen Mitgliedschaft des einzelnen [X.]ers, sondern schützen die Minderheit insgesamt ([X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 709 Rn. 82; vgl. auch [X.], Urteil vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13 Rn. 22 - [X.]). Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass die im [X.]svertrag festgelegten [X.] in stärkerem Maße vor Änderungen geschützt wären, als es der [X.]svertrag selbst vorsieht. § 16 Abs. 2 Satz 3 GV bestimmt für besondere Beschlussgegenstände, zu denen auch Änderungen des [X.]svertrags zählen, in dem - hier bei der Beschlussfassung nicht gegebenen - Fall, dass sich 90 % oder mehr aller Stimmen in den Händen von fünf oder weniger Personen befinden, dass Beschlüsse zustande kommen, wenn alle anwesenden oder vertretenen [X.]er mit Ja stimmen. Die Zustimmung jedes einzelnen [X.]ers, somit auch derjenigen [X.]er, die an der Abstimmung nicht teilnehmen, die aber für eine Änderung der Mehrheitsquoren zu verlangen wäre, wenn man die Stimmqualität dem früher so genannten individuellen „Kernbereich“ der [X.]errechte zuordnen wollte, fordert der [X.]svertrag ungeachtet der Beteiligungsverhältnisse für keinen Beschlussgegenstand, auch nicht für die Änderung des § 16 Abs. 2 GV selbst.

cc) Ohne Erfolg macht die Revision des [X.] geltend, der Beschluss über die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV sei materiell unwirksam, weil die Mehrheit der [X.]er ihre gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber der Minderheit verletzt habe. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Treuwidrigkeit des Beschlusses verneint.

Entgegen der Auffassung der Revision verletzt der Beschluss über die Aufhebung des in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten [X.] nicht deshalb treupflichtwidrig die Rechte der Minderheit, weil mit Erreichen der in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV vorausgesetzten [X.]sstruktur die Mehrheitsgesellschafter nach Aufhebung des dort geregelten [X.] das in § 9 GV festgelegte [X.]skonzept ohne Weiteres gegen den Willen der [X.] ändern könnten, diese jedoch gegen Maßnahmen, die zu einer wesentlichen Abweichung der im [X.]svertrag niedergelegten Wirtschaftlichkeitsberechnung führten, durch den [X.]svertrag gerade abgesichert sein sollten (§ 9 Abs. 1, § 16 Abs. 2 GV). Die [X.] sind durch § 9 Abs. 1 GV vor Änderungen des [X.]skonzepts schon nicht in dem von der Revision angenommenen weiten Umfang geschützt. Zwar unterwirft § 9 Satz 1 GV Beschlüsse, die zu einer wesentlichen Abweichung von der dem [X.]svertrag beigefügten Wirtschaftlichkeitsberechnung führen, den in § 16 Abs. 2 GV bestimmten qualifizierten [X.]. Damit ist aber nicht gesagt, dass die in § 16 Abs. 2 Satz 1, 2 und 3 GV enthaltenen [X.] nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Regelungen keiner Änderung zugänglich sind. Hierfür ergeben sich aus dem [X.]svertrag keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Zustimmung jedes einzelnen [X.]ers verlangt der [X.]svertrag weder für die in § 9 Abs. 1 GV genannten Beschlüsse noch für Änderungen des § 16 Abs. 2 GV selbst.

Hinzu kommt, dass durch den angefochtenen Beschluss, mit dem das in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelte [X.] aufgehoben wird, weder die wirtschaftliche Ausrichtung der [X.] geändert noch eine wirtschaftlich nachteilige Entscheidung zu Lasten der Minderheit getroffen wird. Dies kann allenfalls durch künftige Beschlussfassungen geschehen. Folge der Aufhebung des in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV geregelten [X.] ist allerdings, dass die Mehrheit auch dann, wenn mindestens 90 % der Stimmen in der Hand von fünf oder weniger [X.]ern sind, formell legitimiert ist, Entscheidungen mit 9/10-Mehrheit zu fassen. Die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen ist jedoch für sich genommen nicht treuwidrig. Sie verfolgt den gerade in einer Publikumsgesellschaft grundsätzlich legitimen Zweck, die bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips gefährdete Handlungsfähigkeit der [X.] sicher zu stellen. Zwar wird den [X.] durch die von der Revision beanstandete Änderung des [X.]svertrags die abstrakte Möglichkeit verschafft, künftig mit ihrer Mehrheitsmacht treuwidrige Beschlüsse zu Lasten der Minderheit zu fassen. Dies rechtfertigt es aber grundsätzlich nicht, schon im „Vorfeld“ den Beschluss über die Änderung des [X.]svertrags als treuwidrig und deshalb unwirksam zu bewerten (vgl. auch [X.], Urteil vom 28. Januar 1980 - [X.], [X.]Z 76, 352, 353 f.; Urteil vom 1. Februar 1988 - [X.], [X.]Z 103, 184, 191 ff.), mit der Folge, dass abweichend vom Willen der im [X.]svertrag für einen solchen Beschluss vorgeschriebenen Mehrheit bei Vorliegen der in § 16 Abs. 2 Satz 3 GV genannten Beteiligungsverhältnisse Mehrheitsentscheidungen von vornherein ausgeschlossen wären. Künftige Beschlüsse sind nicht schon deshalb treuwidrig, weil sie die Mehrheit aufgrund der geänderten Satzung gegen den Willen der Minderheit fassen kann. Entgegen der Meinung der Revision ist die Minderheit vor treuwidrigen Entscheidungen der Mehrheit durch die gegen diese Beschlüsse gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend geschützt. Verletzen künftige - durch die Aufhebung des § 16 Abs. 2 Satz 3 GV lediglich formell legitimierte - Beschlüsse der Mehrheit treuwidrig die Interessen der Minderheit, steht es der Minderheit offen, die materielle Unwirksamkeit solcher Beschlüsse durch eine Klage gegen diese Beschlüsse geltend zu machen.

III. Soweit das Berufungsgericht die Unwirksamkeit des im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses festgestellt hat, stellt sich die Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Der Beschluss, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV aufzuheben, konnte im schriftlichen Verfahren - ebenso wie in der [X.]erversammlung - mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 GV bestimmten [X.] gefasst werden, weil die in § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 GV für die Geltung der höheren Quoren bestimmten Voraussetzungen nicht vorlagen (vgl. oben II. 2. a) aa)). Seiner formellen Wirksamkeit steht ferner nicht entgegen, dass bei Absendung der Einladung zur außerordentlichen [X.]erversammlung die Beschlussfassung im Umlaufverfahren noch nicht abgeschlossen war. Diese Vorgehensweise verstieß nicht gegen gesellschaftsvertragliche Vorgaben. Wie für den in der [X.]erversammlung gefassten Beschluss im Einzelnen ausgeführt (vgl. II. 2. a) bb)), wurde den [X.]ern durch diese Vorgehensweise nicht die gegen § 17 Abs. 1 GV verstoßende Möglichkeit eröffnet, in zwei unterschiedlichen Abstimmungsverfahren über den gleichen Beschlussgegenstand zeitgleich abzustimmen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kommanditisten darüber im Unklaren sein konnten, warum über den gleichen Beschlussgegenstand eine weitere Abstimmung in einer [X.]erversammlung stattfinden sollte, und sie deshalb die Teilnahme an der schriftlichen Beschlussfassung für entbehrlich halten konnten. Im Einladungsschreiben wurde den [X.]ern der Grund für die erneute Abstimmung zutreffend dargelegt und sie wurden ausdrücklich aufgefordert, sowohl im schriftlichen Beschlussverfahren ihre Stimme abzugeben als auch an der Abstimmung in der [X.]erversammlung teilzunehmen.

2. Der Kläger hat die formelle Unwirksamkeit des im schriftlichen Verfahren gefassten Beschlusses außerdem darauf gestützt, dass nach § 17 Abs. 6 GV nur alle drei Geschäftsführer mit jeweils eigener Stellungnahme zur Abstimmung hätten auffordern dürfen. Auch diese Rüge gegen die Wirksamkeit des Beschlusses greift nicht durch.

Das Berufungsgericht hat ebenso wie das [X.] - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht geprüft, ob der geltend gemachte Verfahrensfehler vorliegt und zur Nichtigkeit des im schriftlichen Verfahren gefassten Beschlusses führt. Diese Frage kann der [X.] selbst entscheiden, da der [X.]svertrag der [X.] als Publikumsgesellschaft ausschließlich nach seinem objektiven Erklärungsbefund auszulegen ist (st.Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1906 Rn. 11; Urteil vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1851 Rn. 10; Urteil vom 11. Januar 2011 - [X.], [X.], 322 Rn. 12 mwN) und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.

Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor. § 17 Abs. 6 GV lässt sich entgegen der Auffassung des [X.] schon nicht entnehmen, dass die Aufforderung zur schriftlichen Abstimmung den Kommanditisten von allen Geschäftsführern zu übersenden ist und jeder Geschäftsführer der Aufforderung eine eigene Stellungnahme beifügen muss. Mit „den geschäftsführenden [X.]ern“ im Sinne dieser Regelung ist nicht jeder einzelne Geschäftsführer als Person, sondern die Geschäftsführung der [X.] gemeint, zu der die Komplementäre und die geschäftsführende Kommanditistin jeweils allein berechtigt sind. Danach genügten die Aufforderung der Streithelferin, im Umlaufverfahren über den mitgeteilten Beschlussgegenstand abzustimmen, und die Mitteilung ihrer Stellungnahme zum Abstimmungsgegenstand den Vorgaben des § 17 Abs. 6 GV.

Abgesehen davon bildete der behauptete [X.] auch keinen [X.]. Verfahrensmängel führen nur dann zur Unwirksamkeit eines Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist ([X.]/[X.]/[X.], 5. Aufl., § 709 Rn. 106; vgl. [X.], Urteil vom 14. November 1994 - [X.], [X.], 701, 706). Dies ist hier aber der Fall. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die schriftliche Abstimmung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn auch die (weitere) Komplementärin zur Abstimmung aufgefordert und eine Stellungnahme zum Abstimmungsgegenstand abgegeben hätte. Den [X.]ern/[X.] lag bei der Abstimmung im Umlaufverfahren außer der Aufforderung der Streithelferin und ihrer Stellungnahme zum Beschlussvorschlag auch die Stellungnahme des Komplementärs der [X.] vor, auf dessen Initiative der Vorschlag, § 16 Abs. 2 Satz 3 GV zu streichen, zur Abstimmung gestellt worden war. Nach den gegebenen Umständen war ohne Weiteres davon auszugehen, dass auch die Aufforderung zur Abstimmung von seinem Willen getragen war. Den [X.]ern war es auf dieser Grundlage auch ohne die Stellungnahme der (weiteren) Komplementärin zum Beschlussgegenstand und ohne zusätzliche Aufforderung zur Abstimmung durch diese möglich, sich über den Beschlussgegenstand eine Meinung zu bilden und an der Abstimmung teilzunehmen.

3. Ebenso wenig wie der in der außerordentlichen [X.]erversammlung gefasste inhaltsgleiche Beschluss bedurfte der im schriftlichen Verfahren zustande gekommene Beschluss zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des [X.]. Er ist wie jener auch nicht wegen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht gegenüber der Minderheit inhaltlich unwirksam (vgl. oben II. 2. b)).

Bergmann                                                Strohn                                               Reichart

                             Drescher                                                Born

Meta

II ZR 251/10

16.10.2012

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 18. November 2010, Az: 23 U 55/10

§ 709 Abs 2 BGB, § 105 HGB, § 161 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2012, Az. II ZR 251/10 (REWIS RS 2012, 2274)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2274

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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