Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.07.2015, Az. 2 StR 389/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 7791

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Gegenstand

Strafverfahren wegen bandenmäßigem Einschleusen von Ausländern: Strafbarkeit bei Gründung einer Scheinfirma und kollusivem Amtsträgerhandeln zum Erschleichen von Aufenthaltstiteln; Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung; Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat


Tenor

1. Soweit die Angeklagten S.    und [X.].   im Fall 103 der Gründe des Urteils des [X.] vom 28. [X.]ptember 2012 verurteilt worden sind, wird das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.

Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last.

2. [X.], [X.], [X.]     , [X.], [X.].    und [X.].   gegen das vorgenannte Urteil werden mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass von den Gesamtfreiheitsstrafen jeweils zwei Monate als bereits vollstreckt gelten.

Diese Beschwerdeführer haben jeweils die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

3. Auf die Revision des Angeklagten S.    wird das vorgenannte Urteil, soweit er verurteilt worden ist,

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Erschleichen von Aufenthaltstiteln in 90 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung, schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

4. Auf die Revision des Angeklagten [X.].   wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten S.    und [X.].   werden verworfen.

5. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:

- den [X.]wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in acht Fällen unter Auflösung der Gesamtstrafe aus einem früheren Urteil und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in fünfundsechzig Fällen und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren; zudem hat das [X.] ein Berufsverbot für die Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Dauer von drei Jahren verhängt und den Verfall von [X.] in Höhe von 187.000 Euro angeordnet,

- die Angeklagte [X.] unter Freisprechung im Übrigen wegen des Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um sich einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in zwei Fällen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung,

- den Angeklagten [X.]unter Freisprechung im Übrigen wegen des Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um für einen anderen einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in einundneunzig Fällen, jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten,

- die Angeklagte [X.]unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in siebenunddreißig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten,

- den Angeklagten [X.]unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung,

- den Angeklagten [X.].   unter Freisprechung im Übrigen wegen [X.] einer rechtswidrigen Tat seines Untergebenen im Amt in [X.] Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung,

- den Angeklagten [X.].    unter Freisprechung im Übrigen wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern sowie gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung,

- die Angeklagte [X.].   unter Freisprechung im Übrigen wegen Einschleusens von Ausländern in fünf Fällen sowie versuchten gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung.

2

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

3

Das [X.] hat im Wesentlichen Folgendes festgestellt:

4

Der als Rechtsanwalt tätige Angeklagte [X.]verfolgte das Ziel, Flüchtlingen aus [X.] außerhalb der [X.] gegen Zahlung eines Entgelts zu [X.]n im Inland zu verhelfen, um sich selbst dadurch eine fortdauernde Einkommensquelle zu verschaffen. Hierzu stellte er den Ausländern ein von ihm entwickeltes „[X.]“ vor, das darauf gerichtet war, unter Vorspiegelung einer selbständigen Tätigkeit in [X.] Aufenthaltstitel zu erlangen. Hierfür hatten die Ausländer im [X.] einen Betrag in Höhe von 5.000 Euro und in den beiden Folgejahren jeweils 1.500 Euro zu zahlen. Das „[X.]“ sah die Gründung einer Scheinfirma in der Rechtsform einer Limited nach [X.] Recht sowie die Anmeldung einer gewerblichen Zweigniederlassung im Zuständigkeitsbereich der [X.]     vor, ferner die Wohnsitzanmeldung der Ausländer unter einer Scheinadresse. Die Ausländer sollten durch diesen Anschein wie [X.] einer [X.] wirken und so den Status von Bürgern der [X.] erlangen. Die Wohnsitzanmeldung erfolgte, um den Anschein des dauerhaften Aufenthalts im Zuständigkeitsbereich der [X.]     zu erwecken und die Erteilung von [X.]n durch den dort zuständigen Sachbearbeiter, den Angeklagten [X.], zu erreichen. Tatsächlich hatten die Antragsteller ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht dort, sondern im Raum [X.]         . Der Angeklagte [X.]übernahm für die Antragsteller jeweils das Einreichen der Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

5

Um sein „[X.]“ umsetzen zu können, handelte der Angeklagte [X.]seit Mitte Dezember 2007 mit dem gesondert verfolgten [X.]sowie mit den Angeklagten [X.]und [X.]zusammen. Dabei kam den Letztgenannten die Aufgabe zu, den Ausländern gegen Zahlung eines Entgelts die Wohn- und [X.] zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus schlossen die Angeklagten [X.]und [X.]mit den Ausländern Miet- und Büroserviceverträge ab, um den Eingang und die Weiterleitung der behördlichen Post sicherzustellen.

6

Der Angeklagten [X.], der auch mit Hilfe des „[X.]s“ des [X.]durch die Ausländerbehörde zunächst selbst eine Aufenthaltserlaubnis erteilt und diese verlängert worden war, oblag ab Januar 2009 die bürotechnische Ausführung des „[X.]s“ und die telefonische Betreuung der Ausländer. Sie erledigte Formalitäten der Firmengründungen und bereitete die Gewerbeanmeldungen vor. Dafür erhielt sie eine Vergütung, die sie als dauerhafte Einnahmequelle nutzen wollte.

7

[X.]it Februar 2009 war zudem der Angeklagte [X.].    bei dem [X.]beschäftigt. Dieser erstellte Unternehmensplanungen mit erfundenen Umsatzprognosen. Auch fingierte er Bauunternehmerverträge, die gegenüber der Ausländerbehörde einen tatsächlich nicht vorhandenen Geschäftsbetrieb der neu gegründeten Firmen vortäuschen sollten. Durch diese Tätigkeit erhoffte sich auch der Angeklagte [X.].    dauerhafte Einnahmen.

8

Die Angeklagte [X.].   erstellte Prognosen zur Unternehmensentwicklung der Firmen, die jedoch einer tragfähigen Grundlage entbehrten und nur den Eindruck einer künftigen positiven Geschäftsentwicklung erwecken sollten.

9

Die von dem [X.]bei der [X.]     eingereichten Anträge auf Erteilung von [X.]n wurden jeweils von dem hierfür alleine zuständigen Angeklagten [X.]bearbeitet. Dieser wusste spätestens seit dem 10. Juli 2008, dass die Antragsteller ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht an den in den Anträgen aufgeführten [X.] hatten. Er erteilte gleichwohl aus altruistischen Motiven heraus in zahlreichen Fällen unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben die beantragten [X.]. Dabei wusste er, dass eine örtliche Zuständigkeit der [X.]     nicht bestand.

Auch der Angeklagte [X.].  , der im Tatzeitraum Sachgebietsleiter bei der [X.]     und Vorgesetzter des Angeklagten [X.]war, hatte Kenntnis von den eingehenden Anträgen des [X.]und seit dem 27. Oktober 2008 von den darin enthaltenen unrichtigen Angaben. Gleichwohl unternahm er jeweils nichts, um die Erteilung von Aufenthaltstiteln durch den Angeklagten [X.]zu verhindern.

II.

Die Sachrügen der Angeklagten [X.], [X.], [X.]     , H.     , [X.].    und [X.].   sind unbegründet. Auch die erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg; das bedarf nur zu den [X.] hinsichtlich der Verletzung von § 243 Abs. 4 [X.] unten ([X.]) der Erläuterung. Das Urteil ist, soweit es die genannten Angeklagten betrifft, im Übrigen nur um eine Kompensationsentscheidung wegen der langen Dauer des Revisionsverfahrens zu ergänzen (unten VII.).

1. Die Beweiswürdigung des [X.]s ist, auch soweit sie die Taten der Angeklagten [X.]und [X.].   betrifft, rechtsfehlerfrei.

Das gilt auch hinsichtlich der Verwertung der Aussage des gesondert verfolgten [X.]  . Das gegen diesen gerichtete Verfahren ist abgetrennt und nach einer Verständigung durch gesondertes Urteil aufgrund eines verständigungsbasierten Geständnisses dieses früheren Mitangeklagten beendet worden. Das [X.] hat geprüft, ob dessen Angaben glaubhaft sind, auch soweit sie die Beschwerdeführer belasten können (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 [X.], [X.]St 48, 161, 168; Beschluss vom 6. November 2007 - 1 [X.], [X.]St 52, 78, 82 f.). Zwar hat das [X.] keine näheren Ausführungen zum Verständigungsverfahren des Gerichts gegenüber dem gesondert verfolgten [X.]gemacht, das zu dessen Geständnis mit einem die Beschwerdeführer belastenden Inhalt geführt hat. Auch hat es den Aussageinhalt jenes Geständnisses nicht näher dargelegt. Darauf kam es hier aber nicht an, weil das [X.] die Taten der Angeklagten, auch soweit sie bandenmäßig begangen wurden, mit Hilfe anderer Beweismittel festgestellt, dies jeweils im Einzelnen belegt und die Angaben des gesondert verfolgten [X.]in den Urteilsgründen dabei nicht hervorgehoben hat. Der [X.]nat schließt daher aus, dass das Urteil insoweit auf einem Erörterungsmangel beruht.

2. Die rechtlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit der Angeklagten wegen Einschleusens von Ausländern gemäß § 96 Abs. 2 Nr. 1 [X.] liegen vor.

a) Nach dieser Bestimmung wird bestraft, wer einen anderen zu einer der in § 95 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 oder Abs. 2 [X.] bezeichneten Handlungen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt oder wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt. Für den Fall eines gewerbsmäßigen Handelns sieht § 96 Abs. 2 Nr. 1 [X.] eine Qualifikation vor. Bei gewerbs- und bandenmäßigem Handeln ist die Tat gemäß § 97 Abs. 2 [X.] weitergehend qualifiziert.

aa) Durch die Strafvorschrift des § 96 Abs. 1 [X.] werden nach allgemeinen Regeln strafbare Teilnahmehandlungen an den in Bezug genommenen Taten zu selbständigen, täterschaftlich begangenen Straftaten heraufgestuft, wenn der Beteiligte eines der in § 96 Abs. 1 [X.] genannten Merkmale erfüllt. Trotz dieser tatbestandlichen Verselbständigung gelten für die Tathandlungen des § 96 Abs. 1 [X.] die allgemeinen Regeln der Teilnahme einschließlich des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät. Erforderlich ist daher eine vorsätzlich und rechtswidrig begangene Tat eines anderen im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 oder Abs. 2 [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Januar 2015 - 4 [X.], [X.], 399, 400). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Die Ausländer, die in den verfahrensgegenständlichen Fällen bei der Ausländerbehörde in E.     einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gestellt haben, haben sich gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] strafbar gemacht. Sie haben jeweils unrichtige Angaben über ihren Wohnsitz und die Eigenschaft als Geschäftsführer (Direktoren) von geschäftlich derzeit oder künftig aktiven Gesellschaften gemacht, die ihnen den Status von Bürgern der [X.] verleihen sollten. Die falschen Wohnsitzangaben waren für die Zuständigkeit der Behörde relevant; ohne sie wären die [X.] dort nicht erteilt worden. Tathandlungen sind auch die Vorlage oder das Benutzen unzutreffender Unterlagen zur angeblichen Geschäftstätigkeit der jeweiligen Gesellschaft, die auch dazu benutzt wurden, den Direktoren den scheinbaren Status von Bürgern der [X.] zu verschaffen. Sämtliche Angaben betreffen die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Die falschen Angaben müssen nach der Strafnorm nur allgemein für das Verfahren von Bedeutung sein und grundsätzlich zur Verschaffung eines unrechtmäßigen Aufenthaltstitels führen können. Dazu waren die Falschangaben der Antragsteller im vorliegenden Fall geeignet.

bb) Auf die vom [X.]in seiner Einlassung vor dem [X.] hervorgehobene Art des Vorgehens im Rahmen von „informellem Verwaltungshandeln“ der Ausländerbehörde kommt es nicht an, weil zwingende gesetzliche Vorschriften nicht dadurch umgangen werden dürfen. Auch eine - rechtswidrige - behördliche „Duldung“ des fehlerhaften Verhaltens der Antragsteller hebt weder den Straftatbestand auf noch vermag sie das straftatbestandsmäßige Verhalten zu rechtfertigen.

Jedenfalls wenn - wie hier - das behördliche Handeln seinerseits strafrechtliche Bedeutung im Sinne einer Amtsanmaßung des Beamten besitzt, der den begünstigenden Verwaltungsakt erlässt, und in einem kollusiven Zusammenwirken zwischen dem Sachbearbeiter der Ausländerbehörde und den Antragstellern besteht, die falsche Angaben gemacht haben, kann das straftatbestandsmäßige Verhalten des jeweiligen Antragstellers nicht gerechtfertigt sein. Es geht nicht um die Ausnutzung eines behördlichen Ermessenspielraums, sondern um die Verletzung zwingender Vorschriften des Ausländerrechts, die einer aktiven „behördlichen Duldung“ jede rechtfertigende Bedeutung nimmt (vgl. in anderem Zusammenhang Fischer, StGB, 62. Aufl., Vor § 324 Rn. 9; [X.]ine/[X.]cker in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., Vorbemerkungen zu den §§ 324 ff. Rn. 30; MünchKomm/[X.], StGB, 2. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 324 ff. Rn. 99). Die erteilten [X.] waren nichtig.

cc) Es ist zur Erfüllung des Tatbestands des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch nicht erforderlich, dass die falschen Angaben der Antragsteller zur Beschaffung des Aufenthaltstitels konkret geeignet waren. Sie müssen dafür nur eine erhöhte Beweiskraft besitzen (vgl. [X.], Beschluss vom 2. [X.]ptember 2009 - 5 StR 266/09, [X.]St 54, 140, 146); denn die Strafvorschrift regelt ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Nach ihrem Zweck stellt sie den Rechtsmissbrauch zur Erlangung eines Aufenthaltstitels im Vorfeld der behördlichen Entscheidung unter Strafe. Es genügt daher, wenn der antragstellende Ausländer solche Angaben macht, die im Allgemeinen zur Verschaffung eines unrechtmäßigen Aufenthaltstitels geeignet sind. Strafbarkeit bestünde sogar dann, wenn trotz der falschen oder unvollständigen Angaben ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bestünde.

Die Tatsache, dass es in mehreren Fällen nicht zur Erteilung eines Aufenthaltstitels kam, steht der Strafbarkeit der darauf abzielenden Handlungen ebenfalls nicht entgegen (vgl. [X.] aaO, [X.]St 54, 140, 146). Auch ist es unerheblich, dass der Angeklagte [X.]im Fall 85 keine Aufenthaltserlaubnis nach § 21 [X.] erteilte, sondern eine solche nach § 28 [X.]. Auf eine Kausalität der unrichtigen Angaben bei der Erteilung des Aufenthaltstitels kommt es nicht an (vgl. [X.] aaO, [X.]St 54, 140, 143).

b) Zu den Taten der Ausländer gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] haben die Angeklagten [X.], [X.], [X.]     , H.     , [X.].    und [X.].   im Sinne von § 96 Abs. 1 [X.] in ihrer jeweiligen Rolle innerhalb des von [X.]organisierten Systems nach dem „[X.]“ Hilfe geleistet. Nach der Rechtsprechung ist grundsätzlich jede Handlung als Hilfeleistung anzusehen, welche die [X.]rbeiführung des [X.] durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert ([X.] aaO, [X.]St 54, 140, 142 f.). Dies ist durch die festgestellten Handlungen der genannten Angeklagten geschehen.

Sie haben sich dafür einen Vermögensvorteil versprechen lassen. Außerdem haben sie wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern gehandelt.

c) Die Angeklagten [X.], [X.], [X.]     , H.     , [X.].    und [X.].   , die alle relevanten Umstände kannten und in ihren Willen aufgenommen haben, handelten vorsätzlich.

d) Ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB lag nicht vor. Nur die rechtmäßige Duldung der zuständigen Behörde könnte im Einzelfall zu einem Verbotsirrtum des [X.] führen (vgl. in anderem Zusammenhang Fischer aaO Rn. 11; [X.]ine/[X.]cker aaO Rn. 23; MünchKomm/[X.] aaO Rn. 102). Die Ausländerbehörde in E.     war aber nicht zuständig und die Antragstellung bei ihr erfolgte kollusiv mit Hilfe der falschen [X.] und Unternehmensangaben gerade deshalb, weil der Sachbearbeiter [X.]bereit war, in Kenntnis der Unrichtigkeit der Angaben die [X.] zu erteilen.

e) In den [X.] hat das [X.] jeweils rechtlich zutreffend den [X.] des § 97 Abs. 2 [X.] angewendet. In diesen Fällen liegen zugleich die Merkmale des gewerbsmäßigen und des bandenmäßigen Einschleusen von Ausländern bei den Angeklagten [X.], [X.], [X.]     , [X.]und [X.].    im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligung vor.

Das [X.] hat eine stillschweigend getroffene [X.] der genannten Angeklagten und des gesondert verfolgten [X.]festgestellt und eine bandenmäßige Tatbegehung auf dieser Grundlage angenommen.

Auch in den Fällen des § 97 Abs. 2 [X.] gelten die für den Bandenbegriff allgemein entwickelten Grundsätze (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 22. März 2001 - [X.], [X.]St 46, 321, 325 ff.). Allerdings ist es im Gegensatz zu anderen [X.] bei § 97 Abs. 2 [X.] nicht erforderlich, dass mehrere Bandenmitglieder unmittelbar am gleichen Tatort der Einschleusung zusammenwirken, um den [X.] zu erfüllen. Ausreichend ist insoweit das Handeln eines Bandenmitglieds gegenüber der Ausländerbehörde im Rahmen der bandenmäßigen Verbindung (vgl. [X.], Beschluss vom 6. April 2005 - 5 StR 68/05; [X.], StGB, 2. Aufl., § 96 [X.] Rn. 29). Mittäterschaft reicht andererseits für sich genommen noch nicht aus, um eine bandenmäßige Tatbegehung anzunehmen. Vielmehr muss sich das Handeln im Rahmen der [X.] halten. Indizien für das Vorliegen einer Bande können unter anderem eine genaue Buchführung, geschäftsmäßige Auftragsverwaltung oder arbeitsteilige Abwicklung sein (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 96 [X.] Rn. 13). Die Angeklagten haben arbeitsteilig mit gleichbleibenden Rollen in einer Vielzahl von Fällen zusammengewirkt. Die [X.] waren aus ihrer Sicht jeweils in ihrem Zusammenwirken zur Erreichung des gemeinsamen Ziels erforderlich und hielten sich im Rahmen der [X.].

Der Annahme einer [X.] steht es nicht entgegen, dass die Bandenmitglieder vorrangig ihre eigenen finanziellen Interessen verfolgten. Ein gefestigter Bandenwille oder ein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse ist auch in den Fällen des § 97 Abs. 2 [X.] nicht erforderlich. Die Tatsache, dass ein Bandenmitglied nicht in die ursprüngliche Tatplanung eingebunden war und nicht mit allen Bandenmitgliedern selbst Kontakt hatte, führt zu keiner anderen Bewertung. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass sich sämtliche Mitglieder der Gruppe persönlich verabredet haben. Eine [X.] kann auch durch aufeinander folgende Vereinbarungen entstehen, wenn sich zunächst zwei Täter einig sind, künftig Straftaten mit zumindest einem weiteren Beteiligten zu begehen und ein dritter, der durch einen der beiden Täter über ihr Vorhaben informiert wird, sich dieser Vereinbarung anschließt. Dasselbe gilt sodann für den [X.] weiterer Tatbeteiligter.

f) § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] konsumiert eine mittelbare Falschbeurkundung im Sinne von § 271 Abs. 1 StGB (vgl. [X.] aaO, [X.]St 54, 140, 145).

3. Soweit die Angeklagte [X.] darüber hinaus wegen Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um für sich einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in zwei Fällen verurteilt wurde, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

4. Rechtliche Bedenken gegen die Entscheidungen über die Strafzumessung liegen nicht vor.

5. Die Entscheidung über das Berufsverbot gemäß § 70 StGB für den [X.]ist rechtsfehlerfrei. [X.]ine Taten stellen zwar keinen Missbrauch des Berufs dar. Jedoch liegt eine grobe Verletzung beruflicher Pflichten als Rechtsanwalt vor.

Das [X.] hat allerdings die Prognose drohender künftiger Taten nicht näher erläutert. Sie folgt aber ohne weiteres daraus, dass der Angeklagte einschlägig vorverurteilt ist und in einer großen Zahl von Fällen gleichartige Taten begangen hat.

Die Dauer des [X.] hält sich im gesetzlichen Rahmen. Die Ermessensentscheidung des [X.]s ist angesichts der einschlägigen Vorstrafe und der nachfolgenden Tatserie rechtsfehlerfrei.

6. Die Entscheidung über den Verfall von [X.] gemäß § 73a StGB bei dem [X.]ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Revision des Angeklagten [X.]führt nach Teileinstellung des Verfahrens zu einer Änderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs aufgrund der Sachrüge. [X.]ine Verfahrensrüge hat dagegen aus den vom [X.] genannten Gründen keinen Erfolg.

1. Der [X.]nat hat das Verfahren auf Antrag des [X.]s bezüglich Fall 103 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 [X.] eingestellt, da der Angeklagte [X.]nach den Feststellungen des [X.]s in diesem Fall keinen Aufenthaltstitel erteilt hat.

2. a) Die Verurteilung des Angeklagten [X.]wegen Amtsanmaßung in den verbleibenden neunzig Fällen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass der tatsächliche Aufenthaltsort der Antragsteller mit den angegebenen [X.] nicht übereinstimmte, so dass eine örtliche Zuständigkeit der [X.]     für die Entscheidung über die Erteilung der [X.] nicht bestand. Bei bewusster Überschreitung der Zuständigkeit liegt eine Amtsanmaßung vor, wenn der Kompetenzmangel - wie hier - nicht nur auf innerdienstlichen Regeln beruht (vgl. [X.], Urteil vom 30. [X.]ptember 1958 - 1 [X.], [X.]St 12, 85, 86; Urteil vom 24. Oktober 1990 - 3 [X.], [X.]St 37, 207, 211).

b) Soweit das [X.] den Angeklagten [X.]darüber hinaus wegen des Benutzens von unrichtigen oder unvollständigen Angaben, um für einen anderen einen Aufenthaltstitel zu beschaffen, in neunzig Fällen verurteilt hat, wird der Schuldspruch von den Feststellungen nicht getragen. Der Angeklagte hat den Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht als Täter verwirklicht, sondern nur den Antragstellern Beihilfe zur unberechtigten Erlangung eines Aufenthaltstitels geleistet.

aa) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsteller insbesondere durch Vorspiegelung eines Wohnsitzes im Zuständigkeitsbereich der [X.]     unrichtige Angaben im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gemacht haben. Der Angeklagte [X.], der seit dem 10. Juli 2008 von der Unrichtigkeit der Angaben wusste, hat jedoch keine unrichtigen Angaben im Sinne des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] benutzt (vgl. [X.], Beschluss vom 30. Mai 2013 - 5 StR 130/13, [X.]St 58, 262, 267).

§ 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] stellt ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar und dient der Sicherung des ausländerrechtlichen Verwaltungsverfahrens gegenüber Falschangaben. Er schützt das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung (vgl. [X.], Beschluss vom 2. [X.]ptember 2009 - 5 StR 266/09, [X.]St 54, 140, 145 f.). Nach diesem Schutzzweck stellt das Gesetz die Unterbreitung und das Benutzen unrichtiger Angaben im Vorfeld der behördlichen Entscheidung unter Strafe (vgl. [X.]nat, Urteil vom 15. November 2006 - 2 [X.], [X.], 289, 290). An einer die Richtigkeit der Verwaltungsentscheidung gefährdenden Handlung in diesem Sinne fehlt es jedoch, wenn der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde selbst einen Aufenthaltstitel erteilt, obwohl er die Unrichtigkeit der im Antrag enthaltenen Angaben kennt. Die unrichtigen oder unvollständigen Angaben müssen zwar zur Erfüllung des Tatbestands des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] weder für die Erteilung des Aufenthaltstitels ursächlich gewesen sein (vgl. [X.] in [X.], § 95 [X.] Rn. 90) noch bedarf es der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. [X.], Beschluss vom 2. [X.]ptember 2009 - 5 StR 266/09, [X.]St 54, 140, 146). Ebenso ist nicht erforderlich, dass die Angaben durch die Ausländerbehörde tatsächlich geprüft werden, da nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bereits die Absicht genügt, sich durch unrichtige oder unvollständige Angaben einen Aufenthaltstitel zu verschaffen (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 2007 - 1 [X.]). Jedoch müssen die Angaben vom Täter des Vergehens nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] der Ausländerbehörde zur Kenntnis gebracht werden, damit von einem „Benutzen“ gesprochen werden kann (vgl. [X.] in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 95 [X.] Rn. 101). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn - wie hier - der für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zuständige Sachbearbeiter der Ausländerbehörde selbst handelt und dabei weiß, dass die Angaben des jeweiligen Antragstellers unrichtig sind. [X.]in eigenes Handeln ist weder auf eine durch Täuschung bewirkte Verfälschung der Entscheidungsgrundlage der Behörde gerichtet noch bringt er die zuvor erfolgten unrichtigen Angaben der Behörde erst zur Kenntnis. Auch verschafft er nicht sich, sondern einem anderen einen Aufenthaltstitel.

bb) Die von dem [X.] getroffenen Feststellungen tragen jedoch eine Verurteilung des Angeklagten [X.]wegen Beihilfe zum Erschleichen von Aufenthaltstiteln (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.], § 27 StGB; zur Begriffswahl für die Tenorierung s. auch [X.], Beschluss vom 30. Mai 2013 - 5 StR 130/13, [X.]St 58, 262, 265). Da der Tatbestand des § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] frühestens mit der Erteilung des erschlichenen Aufenthaltstitels beendet ist (vgl. [X.] aaO, [X.]St 58, 262, 267), war eine Beihilfe dazu durch Inaussichtstellen der Erteilung des Verwaltungsakts möglich.

c) Der [X.]nat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 [X.] steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte [X.]nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

IV.

Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten [X.].   hat - nach Teileinstellung des Verfahrens zu Fall 103 wie bei dem Angeklagten [X.]- keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Sie führt aber zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch.

1. [X.] zeigt auch hinsichtlich der Konkurrenzbewertung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten [X.].   auf.

Ein Vorgesetzter, welcher eine rechtswidrige Tat seiner Untergebenen geschehen lässt, hat nach § 357 Abs. 1 [X.]. 3 StGB die für diese rechtswidrige Tat angedrohte Strafe verwirkt. Dabei handelt es sich der Sache nach um Beihilfe durch Unterlassen an der Tat des Untergebenen, die vom Gesetz als eine Art von Nebentäterschaft behandelt wird [X.], aaO § 357 Rn. 5; [X.]ine/Weißer in [X.]/[X.], aaO § 357 Rn. 7). Soweit der Vorgesetzte diese Unterstützung einer Mehrzahl von rechtswidrigen Taten eines Untergebenen durch einheitliches Unterlassen leistet, kann für ihn nur eine Tat im Sinne von § 52 StGB vorliegen. Andererseits kann bei jedem Einzelfall der sukzessiven Tatbegehung durch den Untergebenen ein Unterlassungsdelikt des Vorgesetzten vorliegen, wenn dieser jeweils aufgrund eines neuen Entschlusses das Verhalten des Untergebenen hinnimmt. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte [X.].   schon bei Posteingang von neuen Anträgen der Ausländer auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis Kenntnis erlangt, deren positive Bescheidung durch den Angeklagten [X.]er trotz falscher Tatsachenangaben erwartete. Den Urteilsgründen ist dagegen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte [X.].   in bestimmten Konstellationen zugleich die Erteilung von mehreren [X.]n durch den Angeklagten [X.]geschehen ließ, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Die Annahme von Tatmehrheit des jeweiligen [X.] der rechtswidrigen Taten nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gemäß § 357 StGB durch den Angeklagten [X.].   ist daher nicht zu beanstanden.

2. Jedoch kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Die Strafdrohung gegen den Vorgesetzten, der rechtswidrige Taten seiner Untergebenen geschehen lässt, ist gegenüber der Strafdrohung gegen den Untergebenen akzessorisch. Ist der Angeklagte [X.] entgegen der Annahme des [X.]s nur wegen Beihilfe zu Vergehen nach § 95 Abs. 2 Nr. 2 [X.] strafbar, statt wegen [X.]chaft, so muss sich die mindere Beteiligungsform des Untergebenen auch auf den Schuldumfang des Vorgesetzten bei dessen Vergehen gemäß § 357 StGB auswirken.

V.

Die Revisionen der Angeklagten [X.].    und [X.].   haben auch nicht mit Verfahrensrügen Erfolg. Über die Ausführung des [X.]s in seiner Antragsschrift hinaus bedarf nur die von diesen Angeklagten im Wesentlichen inhaltsgleich erhobenen [X.] einer Verletzung von § 243 Abs. 4 [X.] der Erwähnung.

1. Die Beschwerdeführer rügen insoweit Folgendes:

Kurz vor Beginn der Hauptverhandlung an einem der dem [X.] am 5. Juli 2011 zeitnah vorangehenden Verhandlungstagen fand zumindest ein Gespräch zwischen den Verteidigern der genannten Angeklagten und dem Vorsitzenden der [X.] statt, in dessen Verlauf die Verteidiger anfragten, ob für das Gericht eine verfahrensbeendende Absprache in Betracht komme. An den konkreten Inhalt des Gesprächs konnten sich die [X.] später nicht mehr erinnern. Nach dem [X.] sicherte ihnen der Vorsitzende zu, die Möglichkeit einer Verständigung mit den Mitgliedern der [X.] zu erörtern und die Staatsanwaltschaft einzubinden. In der Folge verfügte der Vorsitzende die Verlegung des Beginns der Hauptverhandlung am 5. Juli 2011 von 9.15 Uhr auf 11.00 Uhr. Vor Beginn der Hauptverhandlung an diesem Tag beriet die [X.] über die Frage einer Verständigung und machte anschließend in der Hauptverhandlung einen Verständigungsvorschlag. Die Angeklagten [X.].    und [X.].   stimmten dem jedoch nicht zu.

Die Revisionen der Angeklagten [X.].    und [X.].   machen im [X.] übereinstimmend geltend, zu keinem Zeitpunkt sei in der Hauptverhandlung vom Vorsitzenden erklärt worden, ob Erörterungen über die Möglichkeit einer Verständigung stattgefunden haben. Es sei auch nicht mitgeteilt worden, dass keine Erörterungen stattgefunden hätten, mithin fehle bereits eine [X.]. Dies beweise das [X.] passim negativ.

2. Die [X.] der Verletzung von § 243 Abs. 4 [X.] sind im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] unzulässig, weil sie die Angriffsrichtung nicht eindeutig erkennen lassen.

Die Angriffsrichtung der Revisionsrüge bestimmt den Prüfungsumfang seitens des [X.] (§ 352 [X.]). Der [X.] muss daher den Gegenstand und die Angriffsrichtung seiner Rüge verdeutlichen und hierzu strukturiert vortragen. Kommen nach den dargelegten Tatsachen mehrere Verfahrensfehler in Betracht, muss die Revision erkennen lassen, welchen Fehler sie geltend macht. [X.] Vorbringen führt zur Unzulässigkeit der Rüge ([X.], [X.], 21. Edition, § 344 Rn. 40 ff.; differenzierend [X.], NStZ 2013, 203, 205 f.), soweit nicht durch Auslegung ein eindeutiges Ergebnis zu erzielen ist ([X.]nat, Urteil vom 10. Juli 2013 - 2 [X.], [X.]St 58, 310, 312).

Die jeweilige Revisionsbegründung lässt hier schon offen, welche der Alternativen gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] geltend gemacht werden soll. Wäre die Anfrage der Verteidiger an den Vorsitzenden der [X.] noch keine Erörterung mit dem Ziel der [X.]rbeiführung einer Verständigung gewesen, so hätte es vom Standpunkt der Revision aus einer [X.] bedurft. Wäre darin andererseits bereits ein Gespräch zu sehen gewesen, das auf die [X.]rbeiführung einer Verständigung gerichtet war, so hätte der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nicht nur die Tatsache der Gesprächsführung, sondern auch deren wesentlichen Inhalt mitteilen müssen. Die schriftliche Revisionsbegründung der genannten Beschwerdeführer lässt es jedoch jeweils unklar erscheinen, worauf sich der Vorwurf der fehlenden Mitteilung des Vorsitzenden der [X.] in der Hauptverhandlung beziehen soll. Die Klarstellung der Angriffsrichtung der Revisionsrügen wäre bereits innerhalb der [X.] erforderlich gewesen (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juli 1998 - 4 StR 253/98, [X.], 636; weitere Nachweise bei [X.], NStZ-RR 2014, 33, 34). Die Erläuterungen in der Revisionshauptverhandlung können diesen Mangel nicht mehr heilen.

Im Übrigen wird das [X.] nur für den 3. Juli und 4. August 2011 - und das auch nur auszugsweise - vorgelegt.

VI.

Auch die Revision der Angeklagten [X.] hat mit einer Verfahrensrüge zu § 243 Abs. 4 [X.] keinen Erfolg.

Die Angeklagte [X.] beanstandet, in der Hauptverhandlung sei die nach § 243 Abs. 4 Satz 1 [X.] erforderliche Mitteilung unterblieben, dass keine Gespräche mit dem Ziel der Verständigung geführt wurden. Damit zeigt sie aber ebenfalls keinen durchgreifenden Verfahrensfehler auf.

Zwar erfordert § 243 Abs. 4 Satz 1 [X.] eine [X.], wenn keine auf eine Verständigung abzielenden Gespräche stattgefunden haben. Ein zur Aufhebung des Urteils nötigender Verfahrensfehler liegt in dieser Konstellation aber nur vor, wenn das Urteil auf dem Fehlen einer solchen Mitteilung beruht. Dies kann ausgeschlossen werden, wenn feststeht, dass es keinerlei Gespräche gegeben hat, in denen die Möglichkeit einer Verständigung im Raum stand (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Januar 2015 - 2 StR 123/14, [X.], 294 f.; Beschluss vom 25. Februar 2015 - 5 [X.], [X.], 232 f.; Beschluss vom 14. April 2015 - 5 StR 9/15).

Dem Revisionsvortrag der Angeklagten [X.] ist nicht zu entnehmen, dass außerhalb der Hauptverhandlung mit ihrem Verteidiger Gespräche geführt wurden, die auf eine Verständigung abzielten. Der [X.]nat lässt es an dieser Stelle offen, ob die Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 [X.] den Zulässigkeitsanforderungen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] genügt (vgl. [X.], Beschluss vom 6. März 2014 - 3 StR 363/13; [X.]nat, Beschluss vom 25. November 2014 - 2 [X.], NJW 2015, 266 f.). Jedenfalls ist sie unbegründet.

Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass der Verurteilung der Angeklagten [X.]keine auf eine Verständigung gerichteten Erörterungen mit ihrem Verteidiger vorangegangen sind. Dies hat die Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung bestätigt. Die vom [X.]nat im Freibeweisverfahren eingeholte dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der [X.], der die Verteidigung der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, belegt ebenfalls, dass keine Gespräche mit dem Verteidiger der Angeklagten [X.] mit dem Ziel einer Verständigung stattgefunden haben. Danach ist auszuschließen, dass das Urteil auf einer Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 1 [X.] beruht.

VII.

Zur Kompensation der langen Dauer des Revisionsverfahrens ist bei den Angeklagten, deren Rechtsmittel vom [X.]nat verworfen werden, anzuordnen, dass zwei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen als vollstreckt gelten. Soweit die Sache an das [X.] zurückverwiesen wurde, hat das neue Tatgericht die Verfahrensdauer insgesamt bei seiner Sachentscheidung zu berücksichtigen.

Das Revisionsverfahren hat aus Gründen, welche die Angeklagten nicht zu vertreten haben, auch unter Berücksichtigung des Umfangs der Sache besonders lange gedauert. Das angefochtene Urteil wurde am 28. [X.]ptember 2012 verkündet. Es wurde den Angeklagten im Mai 2013 zugestellt. Deren Revisionsbegründungen lagen im Juni 2013 vor. Die Anträge des [X.]s zu den Revisionen lagen im [X.]ptember 2013 vor. Erwiderungen der Verteidigung der verschiedenen Angeklagten hierzu gingen bis Ende des Jahres 2013 beim [X.]nat ein. Der [X.]nat hat im Dezember 2014 beschlossen, ein Freibeweisverfahren durchzuführen, zu dem Äußerungen im Januar und Februar 2015 eingereicht wurden. Der [X.] hat mit Schriftsatz vom 5. März 2015 dazu nochmals ausführlich Stellung genommen. Hierauf hat der [X.]nat die Revisionshauptverhandlung anberaumt, die im Juli 2015 durchgeführt wurde. Insgesamt hätte das Revisionsverfahren etwa acht Monate schneller erledigt werden können. Zum Ausgleich dieser Verzögerung ist eine Anrechnung von zwei Monaten der Gesamtfreiheitsstrafen, die als vollstreckt gelten, angemessen.

Fischer                   Eschelbach                         Ott

               Zeng                            Bartel

Meta

2 StR 389/13

22.07.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Gera, 28. September 2012, Az: 840 Js 32223/08 - 9 KLs

§ 95 Abs 2 Nr 2 AufenthG, § 96 AufenthG, § 97 Abs 2 AufenthG, § 52 StGB, § 132 StGB, § 357 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.07.2015, Az. 2 StR 389/13 (REWIS RS 2015, 7791)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 419 REWIS RS 2015, 7791

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