Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.06.2014, Az. B 10 ÜG 1/14 B

10. Senat | REWIS RS 2014, 4805

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

"BEFANGENHEIT", "REVISION", "ABLEHNUNG EINES RICHTERS"

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegungsanforderungen - Divergenz - Bindungswirkung einer zurückverweisenden BSG-Entscheidung - Zurückverweisung wegen Prozess- statt Sachurteil - Geltendmachung einer abweichenden Rechtsprechung zur Begründetheit - Verfahrensmangel - Fehlen von Entscheidungsgründen - unterlassene Sachverhaltsdarstellung in der mündlichen Verhandlung - faires Verfahren - rechtliches Gehör - sozialgerichtliches Verfahren


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2013 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 10 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Streitig ist eine Entschädigung von Nachteilen infolge einer überlangen Dauer der [X.] KA 322/01 ([X.]), [X.] KA 156/04 und [X.] KA 55/10 WA (L[X.] [X.]-[X.]remen).

2

Der Kläger nimmt als Zahnarzt an der vertragszahnärztlichen Versorgung in [X.] teil. Mit [X.]escheid vom [X.] setzte die [X.] ([X.]) das vertragszahnärztliche Honorar des [X.] für das Kalenderjahr 1999 fest. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Kläger am 17.4.2001 beim [X.] Klage. Durch Urteil vom [X.] KA 322/01 - hob das [X.] den angefochtenen Verwaltungsakt auf und verurteilte die [X.] zur Neubescheidung. Die dagegen vom Kläger eingelegte [X.]erufung wies das L[X.] mit Urteil vom 9.4.2008 - [X.] KA 156/04 - zurück; eine gegen einen weiteren Honorarbescheid vom [X.] gerichtete Klage wies es ab. Die [X.]eschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des L[X.] wurde durch [X.]eschluss des [X.][X.] vom [X.] zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des [X.] nahm das [X.] nicht zur Entscheidung an ([X.]eschluss der [X.] des [X.] vom 9.11.2009).

3

Am [X.] reichte der Kläger beim L[X.] in [X.]ezug auf dessen Urteil vom 9.4.2008 eine Nichtigkeitsklage ein, die das L[X.] durch [X.]eschluss vom 16.12.2011 - [X.] KA 55/10 WA - abwies.

4

Zwischenzeitlich reichte der Kläger beim [X.] ([X.]) elf Individualbeschwerden ein, wobei er unter anderem auch in [X.]ezug auf das vorliegende Ausgangsverfahren (Individualbeschwerde [X.] 52719/08) insbesondere rügte, dass die Verfahrensdauer mit dem Gebot der "angemessenen Frist" nach Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention ([X.]) unvereinbar sei. Mit Urteil vom 16.12.2010 verband der [X.] diese Individualbeschwerden und erklärte die [X.] wegen der überlangen Verfahrensdauer für zulässig sowie Art 6 Abs 1 [X.] für verletzt; ferner entschied er, dass die beklagte [X.] dem Kläger 30 000 Euro in [X.]ezug auf den immateriellen Schaden zu zahlen habe. Die Forderung bezüglich des geltend gemachten materiellen Schadens wies der [X.] in vollem Umfang zurück.

5

Am 16.1.2012 hat der Kläger beim L[X.] gegen das beklagte Land eine [X.] erhoben. In der mündlichen Verhandlung vor dem L[X.] hat er beantragt, den [X.]eklagten zu verurteilen, an ihn wegen der Nachteile aus der überlangen Dauer der [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 und [X.] KA 55/10 WA immateriellen Schadensersatz in Höhe von 10 000 Euro zu zahlen sowie materiellen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe das Gericht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ermitteln solle. Durch Urteil vom 23.11.2012 hat das L[X.] die Klage abgewiesen, weil Art 23 Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ([X.]) vom 24.11.2011 ([X.]) den zeitlichen Geltungsbereich des Gesetzes für das Verfahren [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 ausschließe. Die Dauer dieses Verfahrens sei bereits Gegenstand der mit Urteil vom 16.12.2010 abgeschlossenen Individualbeschwerde [X.] 52719/08 vor dem [X.] gewesen. Damit sei dieser Gegenstand am 3.12.2011 weder vor dem [X.] anhängig gewesen, noch habe er es zu diesem Zeitpunkt zulässigerweise werden können. Denn dem Erheben einer erneuten Individualbeschwerde im Hinblick auf die Verfahrensdauer [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 stehe Art 35 Abs 2 [X.]uchst b [X.] entgegen, wonach wiederholte [X.]eschwerden unzulässig seien, wenn sie denselben [X.]eschwerdegegenstand wie eine schon einmal eingereichte [X.]eschwerde an den Gerichtshof beträfen. Dies gelte unabhängig von dem Umstand, ob sich die frühere Individualbeschwerde gegen die [X.] gerichtet habe, während die jetzige Klage gegen das Land [X.] erhoben worden sei.

6

Zu keinem anderen Ergebnis führe das Argument des [X.], dass das Verfahren [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 aufgrund der Erhebung der Nichtigkeitsklage ([X.] KA 55/10 WA) erst im Dezember 2011 ([X.]eschluss des L[X.] vom 16.12.2011) beendet worden sei. Diese Sichtweise verkenne, dass die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 mangels Vorliegens der Voraussetzungen gerade abgelehnt und die insoweit erhobene Nichtigkeitsklage des [X.] abgewiesen worden sei. Damit aber stehe der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 spätestens seit dem [X.] fest.

7

Eine Entschädigung des [X.] komme mangels Verzögerungsrüge auch nicht im Hinblick auf das Verfahren [X.] KA 55/10 WA in [X.]etracht (vgl § 198 Abs 5 S 1 [X.]). Zwar sei in [X.]ezug auf dieses Verfahren das [X.] anzuwenden, weil insoweit der zeitliche Geltungsbereich des Gesetzes zu bejahen sei; denn dieses Gesetz gelte auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3.12.2011 bereits anhängig gewesen seien, was auf das am [X.] begonnene und am 16.12.2011 abgeschlossene Verfahren [X.] KA 55/10 WA zutreffe. § 198 Abs 3 S 1 [X.] normiere aber als zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Entschädigung, dass der [X.]etroffene in dem Verfahren, für dessen Dauer er entschädigt werden wolle, eine Verzögerungsrüge erhoben habe, was gemäß Art 23 S 2 und 3 [X.] auch für anhängige Verfahren gelte, die bei seinem Inkrafttreten schon verzögert seien. Der letzte Schriftsatz des [X.] in dem Verfahren [X.] KA 55/10 WA datiere ausweislich der Akten vom [X.], ohne dass eine Verzögerungsrüge erhoben worden sei. Das Argument des [X.], von dem Erheben einer Verzögerungsrüge deshalb abgesehen zu haben, weil der 3. [X.] im August 2011 angekündigt habe, alsbald zu entscheiden, sei in diesem Zusammenhang unerheblich, denn der Gesetzgeber habe zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung und auch zur Missbrauchsabwehr als zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Entschädigung das Erheben einer Verzögerungsrüge normiert. Das gänzliche Fehlen einer Verzögerungsrüge sei von Amts wegen zu berücksichtigen und schließe Entschädigungsansprüche für den Verfahrensbeteiligten aus, der die [X.]obliegenheit verletzt habe.

8

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim [X.][X.] [X.]eschwerde erhoben und unter anderem geltend gemacht, der Streitgegenstand stimme nicht mit dem des durch das Urteil des [X.] vom 16.12.2010 abgeschlossenen [X.]eschwerdeverfahrens überein, sondern betreffe weitere vom [X.] noch nicht erfasste [X.] in Folge der Dauer des Verfahrens [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04. Entgegen der Ansicht des L[X.] sei das [X.] vorliegend anwendbar, weil die Dauer dieses Verfahrens Gegenstand einer am 3.12.2011 am [X.] anhängigen Individualbeschwerde gewesen sei. Soweit das L[X.] hinsichtlich des [X.] durch den [X.]eschluss vom 16.12.2011 eine Verzögerungsrüge für erforderlich gehalten habe, sei zu berücksichtigen, das ihm, dem Kläger, der 3. [X.] des L[X.] mit Schreiben vom 1.8.2011 mitgeteilt habe, über die anhängige Nichtigkeitsfeststellungsklage werde demnächst entschieden. Unter diesen Umständen sei eine Verzögerungsrüge nach Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 unsinnig gewesen. Darüber hinaus habe das L[X.] insoweit den [X.]egriff der Unverzüglichkeit willkürlich angewendet.

9

Mit [X.]eschluss vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) hat das [X.][X.] das Urteil des L[X.] aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, weil ein Verfahrensmangel gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G vorliege. Das L[X.] habe sowohl betreffend das Verfahren [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 als auch das Verfahren der Nichtigkeitsklage [X.] KA 55/10 WA zu Unrecht ein Prozessurteil anstelle eines [X.] gefällt. Soweit sich die Klage auf das Verfahren [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 beziehe, sei das L[X.] zu Unrecht gemäß Art 23 [X.] von einer Unzulässigkeit der Klage ausgegangen. Das [X.] enthalte sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Vorschriften. Erstere beträfen insbesondere den Entschädigungsanspruch bei überlanger Verfahrensdauer selbst (vgl §§ 198 - 200 [X.]), während sich letztere unter anderem auf die zuständigen Gerichte, das geltende Verfahrensrecht und die Klagefrist bezögen (vgl § 198 Abs 5, § 201 [X.]). Wollte man Art 23 S 1 [X.] wortlautgetreu anwenden, fehlte es an Regelungen dazu, welches Gericht nach welchem Verfahren darüber zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen. Soweit Art 23 [X.] den zeitlichen Geltungsbereich der materiell-rechtlichen Vorschriften des [X.] regele, betreffe er die Frage, ob ein Kläger seinen Entschädigungsanspruch auf die einschlägigen Vorschriften insbesondere § 198 [X.] stützen könne. Dieser Punkt gehöre zur [X.]egründetheit der Klage. Im Rahmen der Zulässigkeit sei bei einer allgemeinen Leistungsklage entsprechend § 54 Abs 1 S 2 [X.]G insoweit nur die Klagebefugnis zu prüfen. Diese fehle erst dann, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem Gesichtspunkt zustehen könne. Es reiche vielmehr aus, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Kläger dadurch in eigenen Rechten verletzt sei, dass der [X.]eklagte die begehrte Zahlung unterlassen habe (vgl [X.]sbeschluss vom [X.] - [X.] ÜG 9/13 [X.] - Rd[X.] 19 ff mwN).

Vorliegend sei eine Klagebefugnis nicht zu verneinen, da der Kläger eine Entschädigung nach §§ 198 ff [X.] begehre und unwidersprochen behauptet habe, dass bei Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 eine Individualbeschwerde betreffend der Dauer jenes Verfahrens beim [X.] "anhängig" gewesen sei. Ob das tatsächlich zutreffe und wie Art 23 S 1 [X.] insofern auszulegen und anzuwenden sei, sei nicht im Rahmen der Zulässigkeit der Klage zu prüfen. Das L[X.] selbst habe nicht zu prüfen, ob eine beim [X.] anhängige Individualbeschwerde im Einzelnen unzulässig sei oder nicht. Schon der Wortlaut des Art 23 S 1 [X.] lege eine solche genaue Zulässigkeitsprüfung nicht nahe, weil er nur von "anhängigen [X.]eschwerden" spreche.

In [X.]ezug auf das Verfahren der Nichtigkeitsklage [X.] KA 55/10 WA habe das L[X.] zu Unrecht eine Unzulässigkeit der [X.] wegen Fehlens einer Verzögerungsrüge angenommen, weil diese als materielle Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs konzipiert sei und nicht als Zulässigkeitskriterium für dessen prozessuale Geltendmachung angesehen werden könne. Das Fehlen einer Verzögerungsrüge könne sich nur dann auf die Zulässigkeit der Klage auswirken, wenn im Hinblick darauf die Klagebefugnis zu verneinen sei. Davon sei hier nicht auszugehen.

Nach Zurückverweisung der Sache hat das L[X.] im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft des [X.] vom [X.] eingeholt mit dem Ergebnis, dass der Kläger dort im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 am 20.2.2011 eine weitere Individualbeschwerde ([X.] 27862/11) anhängig gemacht hat. Hierüber hat der [X.] am 20.9.2012 entschieden und die weitere [X.]eschwerde für unzulässig erklärt, weil die in Art 34 und 35 [X.] niedergelegten Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien. Sodann hat das L[X.] mit Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.2013 ([X.] KA ZVW) die Klage als unbegründet abgewiesen, weil im Hinblick auf den Streitgegenstand [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 Art 23 [X.] den Geltungsbereich des Gesetzes für den vorliegenden Fall ausschließe. Es könne dahinstehen, ob nur vor dem [X.] zulässig anhängig gemachte [X.]eschwerden den Voraussetzungen dieser Regelung genügten. Denn wie das [X.][X.] in seiner Entscheidung vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) ausdrücklich entschieden habe, könnten zumindest missbräuchlich erhobene bzw offensichtlich unzulässige Individualbeschwerden zum [X.] sicher nicht die Anwendung des [X.] für Altfälle eröffnen, da sonst die Übergangsvorschrift leerlaufen würde. [X.]ei der vom Kläger am 20.2.2011 erhobenen weiteren Individualbeschwerde ([X.] 27862/11) handele es sich um eine missbräuchlich erhobene bzw offensichtlich unzulässige Individualbeschwerde. Denn die Dauer des Verfahrens [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 sei bereits Gegenstand der mit Urteil vom 16.12.2010 abgeschlossenen Individualbeschwerde [X.] 52719/08 vor dem [X.] gewesen, sodass dem Erheben einer erneuten Individualbeschwerde im Hinblick auf die Verfahrensdauer [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 Art 35 Abs 2 [X.]uchst b [X.] entgegengestanden habe, wonach wiederholte [X.]eschwerden unzulässig seien, wenn sie denselben [X.]eschwerdegegenstand wie eine schon einmal eingereichte [X.]eschwerde an den Gerichtshof beträfen. Art 23 [X.] schließe den Geltungsbereich des Gesetzes für den vorliegenden Fall damit aus. Der [X.] habe keine [X.]edenken, Art 35 Abs 2 [X.] (selbst) anzuwenden. Denn zum einen habe er die von dem [X.] Gesetzgeber in Art 23 [X.] geregelten Tatbestandsmerkmale zu prüfen und müsse sich damit zu der Rechtsfrage der hier benannten "Anhängigkeit" verhalten. Im Übrigen habe der [X.] unter dem [X.] mitgeteilt, dass die im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 eingebrachte weitere [X.]eschwerde ([X.] 27862/11) am 20.9.2012 für unzulässig erklärt worden sei, weil die in Art 34 und 35 [X.] niedergelegten Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen seien.

Auch in [X.]ezug auf den Streitgegenstand [X.] KA 55/10 WA sei die zulässige [X.] unbegründet, weil eine Entschädigung des [X.] mangels Vorliegens einer Verzögerungsrüge nicht in [X.]etracht komme. Von dem Erfordernis einer Verzögerungsrüge habe der Gesetzgeber nur unter den hier nicht gegebenen Voraussetzungen des Art 23 S 4 - 6 [X.] abgesehen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem, ihm am 4.1.2014 zugestellten Urteil, hat der Kläger mit Schriftsatz vom [X.] am 31.1.2014 beim [X.][X.] [X.]eschwerde erhoben mit der erneuten [X.] einer falschen Anwendung des Art 23 [X.] und des § 198 [X.]. Der Kläger macht ua eine bestehende Divergenz des Urteils des L[X.] vom 17.12.2013 zum [X.]eschluss des [X.][X.] vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) geltend und beruft sich auf verschiedene Verfahrensfehler. So habe es das L[X.] rechtswidrig unterlassen, in der mündlichen Verhandlung den Sachverhalt darzustellen; das Sitzungsprotokoll sei insoweit unrichtig. Der Vorsitzende und die [X.]erichterstatterin hätten in der mündlichen Verhandlung gegen den Willen des [X.] darauf gedrängt, den Sachverhalt nicht vorzutragen und hätten diesen in der Folge auch tatsächlich nicht vorgetragen. Um den Kläger von der [X.] des nichtvorgetragenen Sachverhalts abzuschneiden, habe das Entschädigungsgericht offenbar das Sitzungsprotokoll in der vorliegenden Sache verändert und unrichtig beurkundet. Hiergegen habe der Kläger unmittelbar nach Zustellung der Abschrift Einwendungen erhoben, die vom Entschädigungsgericht ignoriert und nicht bearbeitet worden seien. Ferner habe das L[X.] aufgrund unterlassener Sachverhaltsermittlung zu Unrecht unterstellt, dass in dem Verfahren [X.] KA 55/10 WA eine Verzögerungsrüge nicht erhoben worden sei. Da dieses eine Verlängerung der Sache [X.] KA 156/04 darstelle, sei von einer tatsächlich erhobenen "Verfahrensdauerrüge" auszugehen. Das Fehlen einer Verzögerungsrüge mache die Klage keinesfalls unbegründet, sondern führe gemäß § 198 Abs 3 [X.] lediglich zum Versagen einer Entschädigung, nicht aber zum Versagen einer Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs 4 [X.]. Auch habe das L[X.] in seinem Urteil in mehrfacher Hinsicht nicht die rechtliche [X.]eurteilung des [X.][X.] aus dessen [X.]eschluss vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) zugrunde gelegt unter Verstoß gegen § 170 Abs 5 [X.]G. Ferner habe das L[X.] den Kernvortrag des [X.] weder gewürdigt noch geprüft und genüge damit weder den konventionsrechtlichen Anforderungen der Art 6, 13, 17 und 46 [X.] noch den [X.]egründungspflichten hinsichtlich seines Urteils. Art 35 [X.] werde vom L[X.] falsch zitiert und angewendet und das L[X.] wende den [X.]egriff der "Anhängigkeit" verfahrensfehlerhaft an. Ferner rügt der Kläger allgemein einen Verstoß des L[X.] gegen den Vorrang des Gesetzes, eine unzulässige Prüfung des Verfahrensrechts des [X.] und eine falsche Kostenentscheidung. Insgesamt ist der Kläger auch der Auffassung, dass die Entscheidung des L[X.] auf diesen Verfahrensfehlern beruhe.

II. [X.] des [X.] ist unzulässig. Ihre [X.]egründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G). Keiner der in § 160 Abs 2 [X.]G abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden.

Zur formgerechten [X.] eines Zulassungsgrundes der Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G, auf den sich der Kläger hier unter anderem beruft, ist in der [X.]eschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des L[X.] abweichen sollte, zumindest so zu bezeichnen, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin eine Abweichung zu sehen sein soll. Der [X.]eschwerdeführer muss also darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die [X.]erufungsentscheidung tragende Abweichung in deren rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss einen abstrakten Rechtssatz des vorinstanzlichen Urteils und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht dagegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Rechtsprechung mit der [X.]ehauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruhe (vgl [X.][X.] SozR 1500 § 160a [X.] 14, 21, 29).

Der Kläger trägt insoweit im Wesentlichen vor, es liege eine Abweichung des L[X.] von dem vorangehenden zurückverweisenden [X.]eschluss des [X.][X.] vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) vor und arbeitet verschiedene vermeintliche Rechtssätze des [X.][X.] und des L[X.] aus diesen Entscheidungen heraus. Ungeachtet des Umstandes, dass ein solches Vorbringen ganz überwiegend ausschließlich als [X.] eines [X.] nach § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G wegen Verstoßes gegen § 170 Abs 5 [X.]G gesehen wird (vgl [X.][X.] SozR 3-3900 § 15 [X.] 4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 160 Rd[X.] 11b; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 408 und 539 mwN; wohl aA [X.], [X.] zum [X.][X.] , in [X.]b 2007, 261, 268), berücksichtigt der Kläger aber auch die oben genannten [X.]egründungserfordernisse nicht ausreichend.

Die bloße [X.]ehauptung, das L[X.] weiche von der Entscheidung des [X.][X.] entgegen deren [X.]indungswirkung nach § 170 Abs 5 [X.]G ab, reicht insoweit nicht aus. Im Grunde behauptet der Kläger nur, das L[X.] habe die Rechtsprechung des [X.][X.] nicht genügend berücksichtigt oder im Einzelfall falsch angewandt. Ein solcher Mangel stellt jedoch, auch wenn er vorläge, keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 [X.] 2 [X.]G dar (vgl [X.][X.] SozR 1500 § 160a [X.] 67; [X.][X.] SozR 1500 § 160a [X.] 14, 21, 29; [X.][X.] SozR 3-1500 § 160 [X.] 26). Es ist nicht zulässiger Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde, ob das L[X.] richtig entschieden hat (vgl [X.][X.] SozR 1500 § 160a [X.] 7 S 10).

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G), so müssen zur [X.]ezeichnung des [X.] die diesen (vermeintlich) zu begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des L[X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer [X.]eeinflussung des Urteils besteht (vgl [X.][X.] SozR 1500 § 160a [X.] 14, 24, 34, 36). Gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbs 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen [X.]eweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende [X.]egründung nicht gefolgt ist. Diesen Kriterien hat der Kläger nicht hinreichend Rechnung getragen.

Soweit der Kläger als wesentlichen Verfahrensfehler wegen des Verstoßes gegen § 112 Abs 1 S 2 [X.]G rügt, dass es das L[X.] unterlassen habe, in der mündlichen Verhandlung den Sachverhalt darzustellen, obwohl dies im Protokoll vom 17.12.2013 so niedergelegt ist, fehlt es an einer näheren Auseinandersetzung damit, dass er den von ihm angesprochenen Mangel nicht durch eine [X.]erichtigung der Sitzungsniederschrift (vgl § 122 [X.]G iVm § 164 ZPO) hätte beheben lassen können. Zwar behauptet der Kläger, das L[X.] habe seinen Antrag, die unrichtige [X.]eurkundung zu berichtigen, ignoriert und nicht bearbeitet. Es hätte aber der weiteren Darlegung bedurft, ob der behauptete Verfahrensfehler auch vor dem Hintergrund des [X.]eschlusses des L[X.] vom 31.1.2014 noch besteht, mit dem dieses den Antrag des [X.] auf [X.]erichtigung der Niederschrift über die öffentliche Sitzung in der Streitsache vom 17.12.2013 abgelehnt hat, weil die Sitzungsniederschrift keine Unrichtigkeiten enthalte.

Sofern der Kläger unter [X.]ezugnahme auf die zurückverweisende Entscheidung des [X.][X.] vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) im Rahmen der [X.] geltend macht, das L[X.] weiche von der Entscheidung des [X.][X.] entgegen deren [X.]indungswirkung nach § 170 Abs 5 [X.]G ab, hat er auch insoweit einen Verfahrensmangel nicht hinreichend dargelegt. Zwar stellt die Nichtbeachtung der [X.]indung des L[X.] an die [X.]eurteilung des [X.][X.] nach § 170 Abs 5 [X.]G einen Verfahrensfehler dar und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 170 Rd[X.] 10 mwN und § 160 Rd[X.] 11b ff mwN). Allerdings hat es der Kläger im hier zugrunde liegenden Fall bereits versäumt darzulegen, warum die Entscheidung des L[X.] - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf diesem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer [X.]eeinflussung des Urteils besteht (siehe oben). Denn die [X.]ehauptung, die Entscheidung des L[X.] setze sich nicht mit der Entscheidung des [X.][X.] auseinander, verhält sich nicht dazu, dass sich die Ausführungen des L[X.] sowohl hinsichtlich des Streitgegenstandes [X.] KA 322/01 = [X.] KA 156/04 als auch hinsichtlich des Streitgegenstandes [X.] KA 55/10 WA lediglich mit der [X.]egründetheit der Klage befassen, zu der das [X.][X.] in seinem [X.]eschluss vom [X.] ([X.] ÜG 9/13 [X.]) keinerlei rechtliche [X.]eurteilungen abgegeben hat. Dessen Zurückverweisung basiert ausschließlich auf dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers iS von § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G wegen des Vorliegens eines Prozess- anstatt eines [X.], weil das L[X.] hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage Art 23 S 1 [X.] unrichtig angewandt und zu Unrecht eine Verzögerungsrüge gefordert habe. Damit fehlen Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit.

Soweit der Kläger das Fehlen von Entscheidungsgründen rügt und damit sinngemäß einen Verstoß gegen § 547 [X.] 6 ZPO geltend macht, genügen seine Ausführungen gleichfalls nicht den Darlegungserfordernissen. Dieses Vorbringen lässt jede Auseinandersetzung mit § 547 [X.] 6 ZPO und der dazu ergangenen Rechtsprechung vermissen. Sie wird ohne rechtliche [X.]egründung in den Raum gestellt, obwohl die Voraussetzungen des § 547 [X.] 6 ZPO nicht schon dann vorliegen, wenn Urteilsgründe unrichtig, unzureichend oder unvollständig sind ([X.] in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, § 547 Rd[X.] 7 mwN). Gleiches gilt auch, sofern der Kläger als Verfahrensfehler eine fehlende [X.]egründung der tragenden Elemente des Urteils des L[X.] behauptet und darin einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens iS von Art 6 [X.] sieht. Rechtsgrundlage für das Recht auf ein faires Verfahren ist neben Art 6 Abs 1 S 1 [X.] Art 19 Abs 4 GG, wonach Streitigkeiten von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist zu verhandeln sind. Der Kläger legt jedoch nicht dar, auf welchen Rechtsauffassungen, Tatsachen oder [X.]eweisergebnissen die Entscheidung des L[X.] beruht, die in den Entscheidungsgründen hätten genannt werden müssen, zu denen er sich nicht habe äußern können. Auch wird nicht deutlich, aufgrund welcher Umstände das L[X.] nicht unabhängig und unparteiisch, auf Gesetz beruhend innerhalb angemessener Frist verhandelt haben soll.

Vor diesem Hintergrund ist auch eine eventuelle [X.] der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.]G; Art 103 Abs 1 GG) nicht ausreichend dargelegt. Die Nichtberücksichtigung von Vorbringen wird zwar behauptet, aber nicht anhand der Entscheidungsgründe des L[X.] im Einzelnen dargetan. Im Übrigen kann ein [X.]eteiligter mit einer Gehörsrüge nur dann durchdringen, wenn er vor dem L[X.] alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich Gehör zu verschaffen (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 62 Rd[X.] 11d mwN). Weshalb der Kläger hieran gehindert gewesen sein sollte, legt er nicht dar. Die Stellung weiterer [X.]eweisanträge oder deren Übergehung durch das L[X.] wird nicht behauptet. Die bloße Kritik an der vom L[X.] vorgenommenen Auslegung des prozessualen Geschehens und der gesetzlichen Merkmale betrifft lediglich die Rechtsanwendung durch das L[X.]. Mit der [X.], das L[X.] habe unrichtig entschieden, kann der Kläger - wie bereits oben dargestellt - keine Revisionszulassung erreichen.

Soweit der Kläger eine Verletzung von § 94 [X.]G hinsichtlich der [X.]ewertung des Merkmals der Rechtshängigkeit sieht, fehlt es zudem bereits an der Darlegung, inwiefern die Entscheidung des L[X.] vom 17.12.2013 darauf beruhen kann. Dies gilt auch hinsichtlich der weiteren [X.], insbesondere der vermeintlichen unzulässigen Prüfung des Verfahrensrechts des [X.] durch das L[X.] sowie dessen fehlerhafter Kostenentscheidung, mit denen er lediglich die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung des L[X.] kritisiert (vgl [X.][X.] SozR 1500 § 160a [X.] 7 S 10).

Von einer weiteren [X.]egründung sieht der [X.] ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

Die Verwerfung der [X.]eschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung [X.] (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]G).

Die [X.] folgt aus § 197a Abs 1 S 1 [X.]G iVm § 52 Abs 1 bis 3 GKG. Die Streitwertreduzierung folgt aus der Absenkung des geforderten immateriellen Schadensersatzes durch den Kläger vor dem L[X.] auf 5000 Euro.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 [X.]G iVm § 154 Abs 1 VwGO.

Meta

B 10 ÜG 1/14 B

18.06.2014

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend SG Hannover, 30. Juni 2004, Az: S 35 KA 322/01, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 170 Abs 5 SGG, § 112 Abs 1 S 2 SGG, § 62 SGG, § 547 Nr 6 ZPO, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 18.06.2014, Az. B 10 ÜG 1/14 B (REWIS RS 2014, 4805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4805

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