Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2015, Az. IV ZR 469/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14991

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 469/14

Verkündet am:

25. Februar 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 28.
Januar 2015 einge-reicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 1.
Dezem-ber 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit der [X.] nicht auf den gemäß §
5a [X.] erklärten [X.] gestützt ist.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 1.406,66

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) [X.]
-
3
-

zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Ren-tenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
Januar 2004 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.]) abgeschlossen. Im Februar 2008 kündigte [X.] den Vertrag; der [X.] zahlte im April 2008 den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 26.
August 2008 erklärte [X.] schließlich den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.]

Mit der Klage verlangt
[X.] Rückzahlung aller auf den
Vertrag
ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 1.406,66

, hilfsweise Auskunft über die [X.].

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, soweit der Anspruch nicht auf den gemäß §
5a [X.] erklärten Widerspruch gestützt ist. 2
3
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6
-
4
-

Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Widerspruch sei ohne Wirkung, da [X.] bereits vorher die Kündigung erklärt und der Versicherer den Rückkaufswert erstattet gehabt habe. Jedenfalls sei der Vertrag gemäß §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden. D. [X.] stehe auch unter dem Gesichtspunkt der vereinbarten unterjährigen Zahlungsweise kein Wider-rufsrecht nach den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes zu. Auch ein Anspruch auf Auskunft über die Abschlusskosten stehe [X.] nicht zu.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung bezüglich eines Rückge-währanspruchs
nach §
346 Abs.
1 BGB i.V.m. §
6 Abs.
1 Satz
1
PAngVO, §§
355 Abs.
3
Satz
3, 495 Abs.
1, 499 Abs.
1, 502 Abs.
1 Nr.
4 [X.] und hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Auskunfts-anspruchs unzulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach §
5a [X.] für unwirksam erachtet hat. Es hat die Revision [X.], da die Rechtssache im Hinblick auf bereits anhängige Revisi-onsverfahren zur Frage der Europarechtswidrigkeit von §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] grundsätzliche Bedeutung aufweise. Diese in den Ent-scheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirksam. 7
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9
-
5
-

Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für einen [X.] wegen unterjähriger Zahlungsweise und den Auskunftsanspruch [X.] beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 -
IV ZR 76/11, [X.], 101 Rn.
11).

I[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB kann [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a) Nach dem
für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachver-halt ist davon auszugehen, dass der von [X.] erklärte Widerspruch

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den [X.] geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekom-men ist.

aa) Das Berufungsgericht hat ebenso wie das Amtsgericht nicht festgestellt, ob [X.] mit dem Versicherungsschein die Versicherungs-bedingungen, eine Verbraucherinformation und eine den Anforderungen des §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] genügende Widerspruchsbelehrung er-hielt. Wenn dies -
was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist -
nicht der Fall war, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jah-resfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 (VersR 10
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14
-
6
-

2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 (aaO
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtli-nienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im An-wendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Ren-tenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn [X.]

wie hier
für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die [X.] oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; 15
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17
-
7
-

bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.]

[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.11.2010 -
14 C 2708/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 01.12.2011 -
3 [X.]/10 -

18

Meta

IV ZR 469/14

25.02.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2015, Az. IV ZR 469/14 (REWIS RS 2015, 14991)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14991

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IV ZR 76/11

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