Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. IV ZR 347/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 222

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 347/14

Verkündet am:

17. Dezember 2014

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 26.
November 2014

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 16. [X.] 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit der [X.] nicht auf den gemäß § 5a [X.] erklärten [X.] gestützt ist.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3.000

festgesetzt.

Von Rechts wegen

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Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitalrentenversi-cherung.

Diese wurde -
unter Wahl einer monatlichen Prämienzahlung -
auf-grund eines Antrags d. [X.] mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 2004 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei [X.] gültigen
Fassung (im Folgenden §
5a [X.]) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde d. [X.] nicht in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht nach § 5a [X.] belehrt. Im Mai 2008 kündigte d. [X.] den Vertrag und der [X.] zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 31. Juli 2008 erklärte d. [X.] schließlich den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.]
und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der Beiträge nebst Zinsen auf.

Diese sind Gegenstand des Rechtsstreits, wobei die Klage als Stu-fenklage erhoben worden ist.

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] habe der [X.] noch erklärt werden können; außerdem stehe ihm ein Wider-rufsrecht nach § 355 BGB zu.

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Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist bezüglich eines [X.]s
nach § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1 [X.], § 355 Abs. 3, §§
499, 502 Abs. 1 Nr. 4 BGB a.F. als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar unstrei-tig nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Der [X.] sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden. Auch ein Widerrufsrecht nach § 6 [X.], §§ 355, 499 Abs. 1, § 495 Abs. 1 BGB a.F. bestehe nicht.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Widerrufsrechts aus § 6 [X.], § 355 Abs. 3 Satz 3, §
495 Abs. 1, §
499 Abs. 1 BGB a.F. nicht zulässig.
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Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 [X.] für unwirksam erachtet und einen daraus ab-geleiteten Bereicherungsanspruch verneint hat.

Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage zugelassen, ob die Vorschriften des § 5a [X.] den Regelungen der [X.] entsprechen. Diese Beschränkung ist den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils zu entnehmen, das die Revision erkennbar nur für die Frage zulassen wollte, die unmittelbar zuvor in den Entscheidungsgründen behandelt worden
war. Diese Be-schränkung der Revisionszulassung ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014

[X.], [X.], 101
Rn.
11). Der dem Bereiche-rungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für das [X.] maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Im Übrigen hätte die Revision insoweit auch in der Sache keinen Erfolg. Durch Senatsurteil vom 6. Februar 2013 ([X.], [X.], 150) ist mittlerweile ge-klärt, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltli-chen Zahlungsaufschubs ist.

C. Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet.

Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung
kann d.
[X.] mit der vom [X.] gegebenen Begründung nicht versagt werden.
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I. Nach den bisher vom Berufungsgericht getroffenen

von der Re-visionserwiderung angegriffenen

Feststellungen (dazu unten II.) belehr-te der Versicherer d.
[X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz
1 [X.] über das Widerspruchsrecht. Für einen solchen Fall [X.] § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

1. Das Widerspruchsrecht bestand bei nicht ordnungsgemäßer Be-lehrung d.
[X.] aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

a) Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung
des Ge-richtshofs der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil
vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich
ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.] nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch be-lehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die [X.] nicht erhalten hat (im Einzelnen dazu Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 22-34).

b) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen und auch ein Erlöschen des Widerspruchs-13
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rechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
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f.)

c) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

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II. Nach Aufhebung und Zurückverweisung wird das Berufungsge-richt allerdings zunächst noch weitere Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob d. [X.] ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und hierbei die Ausführungen der Revisionserwide-rung zu berücksichtigen haben.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.08.2010 -
91 C 7199/09 (15) -

LG [X.], Entscheidung vom 16.06.2011 -
2 S 73/10 -

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Meta

IV ZR 347/14

17.12.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2014, Az. IV ZR 347/14 (REWIS RS 2014, 222)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 222

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IV ZR 76/11

IV ZR 230/12

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