Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.11.2015, Az. 19 W (pat) 58/12

19. Senat | REWIS RS 2015, 2190

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahrenskostenhilfe" - eine Vielzahl von getätigten Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen - zur Frage der mutwilligen Antragstellung auf Verfahrenskostenhilfe


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung …

hier: Verfahrenskostenhilfe

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] am 18. November 2015 durch [X.], [X.]in [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.] und Dipl.-Ing. Matter

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der [X.] vom 16. Juli 2012 (Erstellungsdatum 2. Juli 2012) aufgehoben und dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren betreffend die Patentanmeldung …, einschließlich der gemäß § 17 [X.] in dem Erteilungsverfahren anfallenden Jahresgebühren, bewilligt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller hat am 9. April 2005 eine Erfindung mit der Bezeichnung „… “ zur Erteilung eines Patents beim [X.] (im Weiteren: [X.]) angemeldet. Die Anmeldung wird unter dem Aktenzeichen … geführt. Es wird die Priorität der [X.] Voranmeldung … vom 4. März 2005 beansprucht. Patentanspruch 1 lautet:

2

3

dadurch gekennzeichnet, dass sein Rotor und/oder Stator oder die Elektromagnete/Dauermagnete, die an Rotor oder Stator eingebaut sind, gesteuert radial beweglich sind, wobei der Luftspalt zwischen dem Rotor und Stator änderbar ist.

4

Als Erfinder ist der Antragsteller benannt. Mit am 20. April 2012 beim [X.] eingegangenem Schreiben vom selben Tag hat der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für die anfallenden Gebühren der Patentanmeldung beantragt und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie verschiedene Belege hierzu eingereicht.

5

Die [X.] hat mit Bescheid von 1. Februar 2010 gerügt, dass die Rechtsverfolgung im Hinblick auf die Vielzahl der von dem Antragsteller in den letzten Jahren auf verschiedenen Fachgebieten getätigten Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen mutwillig erscheine und deshalb voraussichtlich Verfahrenskostenhilfe nicht gewährt werden könne.

6

Nachdem sich der Antragsteller mit Schreiben vom 19. April 2010 auf den Bescheid geäußert und weitere Unterlagen zu seiner aktuellen finanziellen Situation eingereicht hat, hat die [X.] des [X.] mit im schriftlichen Verfahren am 2. Juli 2012 als elektronisches Dokument erstellten und am 16. Juli 2012 von den drei Mitgliedern der [X.] abschließend elektronisch signierten Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren und darin anfallende Jahresgebühren zurückgewiesen und Verfahrenskostenhilfe verweigert.

7

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass jedenfalls die Rechtsverfolgung mutwillig erscheine und daher Verfahrenskostenhilfe nicht gewährt werden könne (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 [X.]). Die große Anzahl von Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen mit Antrag auf Verfahrenskostenhilfe, die der Antragsteller seit 1998 ohne erkennbare Verwertungsabsicht vorgenommen habe, sei nach der Lebenserfahrung ein Indiz, dass auch mit der vorliegenden Anmeldung keine [X.] verbunden seien, zumal dem Antragsteller neben der Ausarbeitung der Anmeldungen und seiner beruflichen Tätigkeit die für eine Verwertung der Schutzrechte notwendige [X.] fehle (unter Verweis auf die Beschlüsse des B[X.] vom 21. September 2006, 20 W (pat) 23/06 und jeweils vom 24. Mai 2006, 5 W (pat) 6/05 und 5 W (pat) 7/05). Da dem Antragsteller zudem für ein mit der vorliegenden Patentanmeldung identisch [X.] Gebrauchsmuster Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei, würde eine vermögende Person vor dem Hintergrund der zu erwartenden fehlenden oder schlechten Verwertung von dieser [X.] absehen und für einen einheitlichen Gegenstand nur ein einziges Schutzrecht beantragen (unter Verweis auf den Beschluss des B[X.] vom 4. Mai 2000 – 13 W (pat) 17/00). Die Frage, ob die Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen schlüssig seien, hat die Abteilung dahinstehen lassen. Die Erfolgsaussichten einer Patenterteilung sind in dem Beschluss nicht angesprochen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 16. August 2012, mit der er sich gegen den [X.] wendet. Er habe seit 2006 kaum noch neue Patente angemeldet und sich lediglich um die Vermarktung bemüht. Früher habe er selber für seine Anmeldungen bezahlt. An dem Generator/ seien einige Hersteller interessiert, sie wollten aber Prüfberichte oder ein erteiltes Patent. Seine Erfindungen seien sinnvolle Lösungen und keine willkürlichen unwirtschaftlichen Ungetüme. Die vorliegende Erfindung mache ein Getriebe bei en/Generatoren überflüssig und erhöhe deutlich die Energieeffizienz bzw. Wirtschaftlichkeit von Elektroantrieben. Zum Beleg seiner Verwertungsbemühungen hat der Antragsteller Ausdrucke von sechs [X.] aus dem [X.] von verschiedenen Unternehmen oder Personen eingereicht, die alle einen  mit einstellbarem Drehmoment betreffen.

9

Auf einen Zwischenbescheid des [X.]s vom 14. Oktober 2015 hat der Antragsteller eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 23. Oktober 2015 mit zugehörigen Belegen eingereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen und verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft sowie auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.]). Eine Gebühr fällt für eine Beschwerde in [X.] nicht an (Gebührenverzeichnis zu § 2 Abs. 1 PatKostG Nr. 401 300 Satz 2). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die [X.] hat dem Antragsteller im Ergebnis zu Unrecht Verfahrenskostenhilfe in dem Erteilungsverfahren seiner Patentanmeldung … verweigert.

Gemäß §§ 129, 130 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 114 ZPO erhält der Anmelder eines Patents im Erteilungsverfahren vor dem Patentamt und für anfallende Jahresgebühren auf Antrag Verfahrenskostenhilfe, wenn er bedürftig ist, d. h. wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Verfahrenskosten nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Weiterhin muss hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents bestehen und die beabsichtigte Rechtsverfolgung darf nicht mutwillig erscheinen.

1. Die Frage der Bedürftigkeit des Antragstellers ist in dem angefochtenen Beschluss nur insoweit erörtert worden, als die [X.] ihre in dem Bescheid vom 1. Februar 2010 geäußerten Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit und Vollständigkeit der Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 [X.]), wonach im Hinblick auf die angegebenen hohen monatlichen Ausgaben der Unterhalt des Antragstellers und seiner Ehefrau nicht bestritten werden könne, durch die Eingabe des Antragstellers vom 19. April 2010 für nicht ausgeräumt erachtet hat. Letztlich hat es die Abteilung allerdings dahinstehen lassen, ob die Verfahrenskostenhilfe aus diesem Grund zu verweigern sei.

Zwar kann gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 [X.] Verfahrenskostenhilfe verweigert werden, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Patentamt gesetzten Frist bestimmte Fragen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder nicht genügend beantwortet. Aus Sicht des [X.]s bedarf es aber keines weiteren [X.] auf diesen Punkt, da mit der von dem Antragsteller mit Eingabe vom 23. Oktober 2015 eingereichten aktuellen Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom selben Tag und die zugehörigen Belege seine Bedürftigkeit hinreichend dargetan ist. An der Schlüssigkeit und Vollständigkeit der Erklärung hat der [X.] keine Zweifel. Danach belaufen sich die Einkünfte des Antragstellers für das [X.] auf bewilligtes Elterngeld in Höhe von monatlich [X.] für das am 4. Januar 2015 geborene zweite Kind … sowie Kindergeld für dieses und das am 4. Oktober 2013 geborene erste Kind … in Höhe von monatlich je [X.] Seine Ehefrau bezieht derzeit keine Einkünfte. Dem stehen monatliche Ausgaben für die Wohnungsmiete in Höhe von [X.] sowie ein negativer Kontostand in Höhe von ca. minus [X.] gegenüber. Unter Berücksichtigung der gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 [X.] vom Einkommen abzusetzenden (Frei-)Beträge verbleibt derzeit kein vom Antragsteller für die Kosten des Erteilungsverfahrens und die anfallenden Jahresgebühren einzusetzendes Einkommen. Der Antragsteller verfügt auch nicht über ein hierfür einzusetzendes Vermögen (§ 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 [X.]).

2. Die [X.] hat dem Antragsteller Verfahrenskosten wegen des Anscheins der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung verweigert (§ 114 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 [X.]). Dem vermag sich der [X.] nicht anzuschließen.

obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.“ Zwar hält es der [X.] nicht für ausgeschlossen, in Ausnahmefällen einer offensichtlich mutwilligen Rechtsverfolgung, etwa dem Vorschieben eines mittellosen Strohmanns, Verfahrenskostenhilfe wegen Anscheins der Mutwilligkeit zu verweigern, ohne vorher die Erfolgsaussichten der Patenterteilung geprüft bzw. eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung unterstellt zu haben. Ob es sich vorliegend um einen solchen Ausnahmefall handelt, braucht jedoch nicht weiter untersucht zu werden. Denn jedenfalls hält die Annahme der [X.], es bestehe der Anschein einer mutwilligen Rechtsverfolgung, einer Überprüfung nicht stand.

2.2 Nach der seit 1. Januar 2014 in § 114 Abs. 2 ZPO enthaltenen Legaldefinition ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Diese Definition entspricht der bisherigen Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur zum Begriff der Mutwilligkeit (vgl. [X.] in [X.], a. a. O, § 130 Rdn. 52; [X.] in Busse, a. a. O., § 130 Rdn. 35, jeweils m. w. N.). Auch insofern wurde bisher darauf abgestellt, ob eine vermögende, nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage ihr Recht im Verfahren in gleicher Weise wie der Antragsteller verfolgen würde.

Was die Frage der Mutwilligkeit bei [X.] anbelangt, die eine Vielzahl von Patent- und/oder Gebrauchsmusteranmeldungen betreiben, besteht in der Rechtsprechung des [X.] weitgehend Übereinstimmung dahin, dass die Anmeldung eines Schutzrechts nicht schon allein deswegen mutwillig erscheint, weil der Anmelder – auch unter Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe – zahlreiche andere Anmeldungen ohne wirtschaftlichen Erfolg getätigt hat (vgl. B[X.]E 40, 224; B[X.]E 41, 45; B[X.]E 42, 178, jeweils m. w. N.). Vielmehr ist immer auf den konkreten Einzelfall der jeweiligen Anmeldung abzustellen, wobei aber das bisherige Anmeldeverhalten des Antragstellers mit in die Gesamtbewertung einbezogen werden und diesem eine indizielle Bedeutung beigemessen werden kann (so grds. auch B[X.], Beschluss vom 21. September 2006 – 20 W (pat) 23/06). Hiervon ist vorliegend auch die [X.] ausgegangen.

Sie hat den Anschein der Mutwilligkeit letztlich daraus hergeleitet, dass bei der vorliegenden Patentanmeldung keine hinreichende Aussicht auf eine wirtschaftliche Verwertung bestehe, was aber vorrangiger Sinn einer Patentanmeldung sei.

Ein wesentliches Argument in dem Beschluss ist dabei, dass dem Antragsteller aufgrund der Vielzahl der getätigten Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen keine [X.] für die wirtschaftliche Verwertung der vorliegenden Patentanmeldung verbleibe. Dies vermag nicht zu überzeugen. Zweifelhaft erscheint schon die dazu aufgestellte Rechnung. Danach habe der Antragsteller seit 1998 mindestens 784 Anmeldungen getätigt, allein von 2001 bis 2006 mehr als 351 Patentanmeldungen und 351 Gebrauchsmusteranmeldungen, was 117 Anmeldungen pro Jahr entspreche. Einen [X.]aufwand von 3 Tagen pro Anmeldung zugrunde gelegt, benötige der Antragsteller allein für seine Anmeldetätigkeit mindestens 351 Tage im Jahr, so dass ihm neben seiner beruflichen Tätigkeit schlicht die [X.] fehle, sich um eine Verwertung zu kümmern. Da, wie die [X.] festgestellt hat, der Antragsteller systematisch [X.]en (von Patenten und Gebrauchsmustern) getätigt hat, kann jedoch nicht für jede Anmeldung ein [X.]aufwand von 3 Tagen gerechnet werden, vielmehr reduziert sich dieser um etwa die Hälfte, weil für eine mit der Patentanmeldung identische Gebrauchsmusteranmeldung kein nennenswerter zusätzlicher [X.]aufwand mehr nötig ist. Ausgehend von dann nur ca. 351 auszuarbeitenden Anmeldungen in 6 Jahren, ergeben sich ca. 58,5 Anmeldungen pro Jahr, und multipliziert mit 3 ein [X.]aufwand von 175 Tagen im Jahr. Allein aus der Zahl der in der Vergangenheit erfolgten Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen lässt sich somit nicht mit hinreichender Sicherheit herleiten, dass dem Antragsteller allein aus [X.]mangel eine wirtschaftliche Verwertung der vorliegenden Patentanmeldung nicht möglich sei. Abgesehen davon hat der Antragsteller im Anmeldejahr 2005 und den folgenden Jahren wesentlich weniger Anmeldungen getätigt, und zwar in 2005 33 [X.] und 30 Patentanmeldungen, in 2006 16 [X.] und 13 Patentanmeldungen, in 2007 bis 2009 überhaupt keine Anmeldung und erst in 2010 wieder 5 [X.] und 6 Patentannmeldungen. Für die Verwertung der vorliegenden, in 2005 erfolgten Patentanmeldung hatte bzw. hat er demnach genügend [X.].

Weiterhin hat der Antragsteller nunmehr mit den eingereichten [X.] von sechs verschiedenen Unternehmen hinreichend ernsthafte [X.] belegt. Diese beziehen sich alle auf einen „..“, mithin auf die vorliegende Erfindung, und nicht, wie in dem vom 20. [X.] entschiedenen Fall, auf eine andere, nicht verfahrensgegenständliche Erfindung (siehe B[X.], Beschluss vom 21. September 2006 – 20 W (pat) 23/06).

Es liegen auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte für den Anschein einer mutwilligen Anmeldung vor. In Anbetracht dessen, dass der Antragsteller [X.] für die in Rede stehende Anmeldung belegt und in der Vergangenheit zum Teil auch selbst die Gebühren seiner Anmeldungen bezahlt hat (s. hierzu die in diesem Verfahren eingereichten Belege), kann nicht davon ausgegangen werden, dass er von vornherein eine Verwertung seiner Schutzrechte nicht ernsthaft betrieben hat, wie dies etwa in einem vom 10. [X.] entschiedenen Fall angenommen worden ist (B[X.], Beschluss vom 28. Januar 2002 – 10 W (pat) 707/00, B[X.]E 45, 49 – Massenanmeldung), in dem ein Anmelder über Jahre eine Vielzahl von einander sehr ähnlichen Geschmacksmusteranmeldungen unter Beantragung von Verfahrenskostenhilfe nach eigenen Angaben „sorglos“ eingereicht und 70 % davon wieder zurückgenommen hat. Demgegenüber ist der Antragsteller hier auf verschiedenen Technikbereichen aktiv, so dass auch nicht die Konstellation vorliegt, in der eine Person jahrelang auf demselben Technikgebiet ohne eine erfolgreiche Verwertung Anmeldungen unter Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe getätigt hat (vgl. B[X.], Beschluss vom 12. August 1997 – 23 W (pat) 5/97, B[X.]E 38, 227; B[X.], Beschluss vom 4. Mai 2000 – 13 W (pat) 17/00).

Schließlich begründet auch der Umstand, dass der Antragsteller vorliegend ein identisches Gebrauchsmuster (…) angemeldet hat, für das ihm Verfahrenskostenhilfe gewährt worden ist, nicht den Anschein einer mutwilligen Patentanmeldung. Das Gebrauchsmuster ist mit [X.] Anmeldegebühr ein kostengünstiges und schnelles, allerdings (ohne Rechercheantrag) nur formal geprüftes Schutzrecht. Auch ein nicht bedürftiger Erfinder würde neben einer Patentanmeldung diesen kostengünstigen Schutz in Anspruch nehmen. Der Antragsteller hat hierzu zudem von der [X.] unwidersprochen vorgetragen, dass ihm diese Vorgehensweise sogar von der Beratungsstelle des [X.] empfohlen worden sei. Der Fall, dass ein einheitlicher Erfindungsgegenstand unnötig aufgespalten und mehrere, zusätzliche Kosten verursachende Teilanmeldungen beantragt wurden, und nicht nur eine einzige Patentanmeldung (B[X.], Beschluss vom 4. Mai 2000 – 13 W (pat) 17/00), liegt hier nicht vor.

3. Über die weitere Voraussetzung für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe, die hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents (§ 130 Abs. 1 [X.]), wurde in dem angefochtenen Beschluss – aus Sicht der [X.] folgerichtig – nicht entschieden. Insoweit hat der [X.] davon abgesehen, die Sache gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 1 [X.] unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Patentamt zurückzuverweisen, sondern hat – nicht zuletzt in Anbetracht der Verfahrensdauer – selbst entschieden. Die hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents ist nach Überzeugung des [X.]s zu bejahen.

3.1 Gegenstand der Anmeldung ist eine „… (vgl. den Titel der Anmeldung), dessen Drehmoment und Drehzahl durch interne geometrische Veränderungen an Rotor und/oder Stator einstellbar sein soll.

Im Gegensatz zum Stand der Technik sei zu dieser [X.] keine Änderung von Strom und Spannung nötig. Auch ein Getriebe (mit veränderbarem Übersetzungsverhältnis) sei nicht erforderlich (vgl. Beschreibung, Seite 1, Zeile 34 bis Seite 2, Zeile 21).

Um die gewünschte [X.] zu erreichen, wird eine Reihe von Möglichkeiten genannt, z. B.:

-  mit Stator, der aus zwei voneinander beabstandeten Scheiben aufgebaut ist; der Rotor befindet sich zwischen den beiden Scheiben und der Durchmesser des Rotors bzw. seiner Magneten kann verändert werden, z. B. motorisch, so dass auch im Betrieb des [X.] eine [X.] möglich ist (vgl. Figuren 1 bis 4, 8, 9),

-  mit Stator, der den Rotor umgibt; [X.] des Rotors führt zu veränderlichem Luftspalt (vgl. Beschreibung, Seite 10, Zeilen 19 – 24 und Figur 13),

- Generator mit Stator, der den Rotor umgibt; [X.] des [X.] führt zu veränderlichem Luftspalt (vgl. Beschreibung, Seite 10, Zeilen 26 – 33 und Figur 14),

- Generator mit Stator, der den Rotor umgibt; es werden sowohl der Stator als auch der Rotor in ihrem Durchmesser verändert, dabei wird der Luftspalt konstant gehalten (vgl. Beschreibung, Seite 11, Zeilen 1 – 10 und Figur 15).

In der Beschreibung und in den Ansprüchen wird eine Vielzahl von Ausgestaltungen genannt, z. B. bezüglich der konstruktiven Maßnahmen für die Einstellbarkeit des Rotors und/oder des [X.] und die (Fern-)Steuerung dieser Einstellbarkeit.

3.2 Nicht behebbare Formmängel stehen der Erteilung eines Patents nicht entgegen, insbesondere erfüllt die Anmeldung die [X.] des § 35 Abs. 2 i. V. m. § 34 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 [X.]. Auch offenbart die Anmeldung eine für den Fachmann nachvollziehbare technische Lehre im Sinn von § 1 [X.].

vorveröffentlichte Dokumente ermittelt, bei denen der Stator den Rotor konzentrisch umgibt und eine axiale Verstellbarkeit des Rotors in Bezug auf den Stator vorgesehen ist (vgl. insbesondere [X.] 2002/0093262 [X.]). Eine radiale Verstellbarkeit des Rotors bzw. der Rotorelemente, wie sie Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist (vgl. Patentanspruch 1), konnte nur in einer jüngeren Anmeldung, der [X.] 10 2012 201 347 [X.], ermittelt werden. Der [X.] erachtet es daher nicht für ausgeschlossen, dass eine genaue Prüfung im Erteilungsverfahren möglicherweise ergibt, dass bereits der Gegenstand des Anspruchs 1 als neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt (§§ 3 und 4 i. V. m. § 1 [X.]). Jedenfalls aber umfasst die Anmeldung eine Vielzahl von Ausgestaltungen, von denen zumindest einige als Grundlage für einen patentfähigen Gegenstand geeignet erscheinen.

Meta

19 W (pat) 58/12

18.11.2015

Bundespatentgericht 19. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 114 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.11.2015, Az. 19 W (pat) 58/12 (REWIS RS 2015, 2190)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2190

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

21 W (pat) 39/07 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren – zur Mutwilligkeit des Verfahrenskostenhilfeantrags – Fehlen ernsthafter Versuche, …


21 W (pat) 17/11 (Bundespatentgericht)


19 W (pat) 4/18 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – "Elektromaschine mit Wasser- und Luftkühlung" – Verletzung des rechtlichen Gehörs – geändertes Patentbegehren …


9 W (pat) 2/13 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – zur Zurückweisung einer Patentanmeldung vor der rechtkräftigen Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe


10 W (pat) 132/14 (Bundespatentgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

30 W (pat) 708/17

30 W (pat) 722/16

30 W (pat) 707/17

30 W (pat) 709/17

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.