Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.10.2014, Az. VIII R 21/12

8. Senat | REWIS RS 2014, 2054

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Gegenstand

Keine vGA durch Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung an Arbeitnehmer einer GmbH


Leitsatz

Die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH an dessen in der GmbH beschäftigte Ehefrau, für deren Altersversorgung die Arbeitgeberanteile irrtümlich gezahlt wurden, ist keine Zuwendung des Arbeitgebers, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen ist, wenn das Arbeitsverhältnis fremdüblich vereinbart und tatsächlich durchgeführt wurde.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung an Arbeitnehmer einer GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) ist.

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde im Streitjahr 2006 von seiner Ehefrau (Beigeladene) getrennt zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH mit den Geschäftsfeldern ... sowie ... Die GmbH entstand mit Vertrag vom 2. August 1989 im Wege der Sachgründung durch Einbringung des Geschäftsbetriebs der früher vom Kläger als Einzelunternehmen betriebenen Firma ...

3

Schon vor ihrer Gründung hatte die GmbH mit dem Kläger einen Geschäftsführervertrag unter Vereinbarung eines Monatsgehalts von 14.000 DM sowie der Erlaubnis zur Nutzung eines betrieblichen PKW für private Zwecke geschlossen.

4

Der Kläger und die Beigeladene verpachteten der [X.] und erzielten daraus Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von je 15.534 €. Darüber hinaus hatte die Beigeladene der GmbH bereits am 30. April 1989 ein Darlehen gewährt, das bis in das Streitjahr hinein bestehen blieb. Sie hatte außerdem eine Bürgschaftserklärung für Verbindlichkeiten der GmbH abgegeben.

5

Die Beigeladene war im [X.] an ihre seit 1982 ausgeübte Tätigkeit für das frühere Einzelunternehmen des [X.] seit dem Bestehen der GmbH für diese als Angestellte tätig. Nach ihrem Arbeitsvertrag mit der GmbH oblagen ihr "alle anfallenden kaufmännischen Arbeiten sowie die Kundenbetreuung der Firma in Absprache mit den Geschäftsführern" unter Vereinbarung einer Arbeitszeit von 40 Stunden je Woche ohne Bindung an bestimmte Arbeitszeiten gegen ein monatliches Grundgehalt von 4.000 DM.

6

Während ihrer Beschäftigung für das Einzelunternehmen des [X.] und danach für die GmbH erhielt sie die folgenden [X.], von denen der jeweilige Arbeitgeber die folgenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abführte:

7
                          

Jahr   

Bruttogehalt

Beitrag Rentenversicherung

davon AN

        

DM

DM

DM

1982   

28.550,00

5.139,00

2.569,50

1983   

23.696,00

4.304,78

2.152,39

1984   

23.796,00

4.402,26

2.201,13

1985   

23.796,00

4.430,03

2.215,02

1986   

23.796,00

4.568,83

2.284,42

1987   

23.796,00

4.449,85

2.224,93

1988   

23.796,00

4.449,85

2.224,93

1989   

25.850,00

4.833,95

2.416,98

1990   

71.641,00

13.396,87

6.698,44

1991   

36.000,00

6.462,00

3.231,00

1992   

81.601,00

14.443,38

7.221,69

1993   

47.481,00

8.309,18

4.154,59

1994   

91.200,00

17.510,40

8.755,20

1995   

99.198,00

18.450,83

9.225,42

1996   

77.780,00

14.933,76

7.466,88

1997   

49.392,00

10.026,58

5.013,29

1998   

50.464,00

10.244,19

5.122,10

1999   

56.550,00

11.140,35

5.570,18

2000   

65.183,00

12.580,32

6.290,16

2001   

69.273,00

13.231,14

6.615,57

Summe 

992.839,00

187.307,55

93.653,78

in €   

506.853,07

95.622,16

47.811,08

                                   
        

2002   

35.704,00

6.819,46

3.409,73

2003   

32.265,00

6.291,68

3.145,84

2004   

18.239,00

3.556,61

1.778,31

2005   

8.800,00

1.716,00

858,00

                                   

Gesamtsumme

601.861,07

114.005,91

57.002,95

8

Mit Einkommensteuerbescheid vom 17. Dezember 2007 veranlagte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) den Kläger erklärungsgemäß --unter Vorbehalt der Nachprüfung-- zur Einkommensteuer und berücksichtigte u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.727 €.

9

[X.] stellte das [X.] im Rahmen einer Außenprüfung für das Streitjahr sowohl bei der GmbH als auch bei dem Kläger fest, der Kläger habe im Streitjahr von der GmbH eine vGA durch Weiterleitung rückerstatteter Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung an die Beigeladene erhalten; diese vGA sei im Halbeinkünfteverfahren zu besteuern.

Nach Ansicht des Betriebsprüfers handelte es sich um eine freigiebige Zuwendung der GmbH an eine nahe Angehörige des Gesellschafters (des [X.]) in Höhe von 46.100,87 €, die dem Gesellschafter zuzurechnen sei. Denn der Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen habe keine Regelungen zur Zukunftssicherung, zu Pensionszusagen oder zur Zahlung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge vorgesehen. Dasselbe gelte auch für die Übernahme des gezahlten [X.], sowohl hinsichtlich der Beratung zum Arbeitnehmer- als auch zum Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung in Höhe von insgesamt brutto 8.690,74 €. Die Gesamthöhe der vGA betrage deshalb --unter Berücksichtigung weiterer unstrittiger [X.] 55.787,19 €.

Auf dieser Grundlage erhöhte das [X.] die festgesetzte Einkommensteuer mit Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung [X.]), indem es der Besteuerung um 27.545 € erhöhte Einkünfte aus Kapitalvermögen zugrunde legte. Zugleich erließ es gegenüber der Beigeladenen einen Einkommensteueränderungsbescheid unter Minderung der ihr zuzurechnenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 46.101 €.

Den Einspruch des [X.] gegen den ihn betreffenden Einkommensteueränderungsbescheid wies das [X.] als unbegründet zurück, nachdem es die Einkommensteuerfestsetzung während des [X.] mehrfach geändert hatte. Der dagegen erhobenen Klage gab das [X.] ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2012, 1142 veröffentlichten Urteil statt.

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetztes (EStG) und § 26 des [X.] ([X.] IV).

Die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung sei eine freigiebige Zuwendung des Arbeitgebers, die dem Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH als vGA zuzurechnen sei.

Das [X.] verkenne, dass durch die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung kein konkreter Anspruch für den einzelnen Arbeitnehmer entstehe, die gezahlten Arbeitgeberbeiträge im Gesellschaftsverhältnis begründet und allein dem Arbeitgeber zuzurechnen seien. Denn § 26 Abs. 3 [X.] IV regele, dass der Erstattungsanspruch für zu Unrecht geleistete Arbeitgeberbeiträge demjenigen zustehe, der sie --wie im Streitfall die [X.] geleistet habe. Deshalb sei die Rückabwicklung der Arbeitgeberbeitragszahlungen nicht auf das Vertragsverhältnis zum Arbeitnehmer, sondern auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Abführung der Beiträge zurückzuführen.

Die Weiterleitung dieser rückerstatteten Beiträge sei mangels klarer und im Vorhinein getroffener Vereinbarungen als vGA zu qualifizieren.

Entgegen der Ansicht des [X.] habe die GmbH mit der Zahlung der Beiträge sowie der späteren Weiterleitung der rückerstatteten Beiträge auch einen Vermögensnachteil erlitten, weil sie ohne die irrige Annahme einer Beitragspflicht die Zahlung sowie die anschließende Weiterleitung nicht vorgenommen hätte.

Das [X.] beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben keinen Antrag gestellt und zur Revision in der Sache keine Stellungnahme abgegeben.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Die Auffassung des [X.], die von der Gmb[X.] an die Beigeladene weitergeleitete Rückzahlung von [X.] zur Rentenversicherung sei keine vGA an den --mit der Beigeladenen verheirateten-- Kläger (Gesellschafter-Geschäftsführer der Gmb[X.]), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

1. Eine vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, [X.], 244, [X.], 830; vom 9. März 2010 VIII R 32/07, [X.], 129; vom 27. März 2012 VIII R 27/09, [X.], 1127). Dies gilt nicht nur dann, wenn der Vermögensvorteil dem Gesellschafter unmittelbar selbst zufließt, sondern auch dann, wenn eine dem Gesellschafter nahestehende Person den Vermögensvorteil erhält; hierbei ist auch unerheblich, ob der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat ([X.]-Urteil vom 30. November 2010 VIII R 19/07, [X.], 449).

a) Ist der begünstigte Gesellschafter --wie im [X.] ein beherrschender, so kann nach ständiger [X.]-Rechtsprechung eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. [X.]-Urteile vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, [X.], 224, [X.] 1998, 545; vom 27. März 2001 I R 27/99, [X.], 228, [X.] 2002, 111; vom 28. Januar 2004 I R 50/03, [X.], 192, [X.] 2005, 524). Dabei liegt die objektive Beweislast einer vGA beim Finanzamt ([X.]-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 43/94, [X.] 1995, 548).

b) Ob Leistungen einer Kapitalgesellschaft an Angehörige eines Gesellschafters im Rahmen eines zwischen Gesellschaft und Angehörigen bestehenden Arbeitsverhältnisses gewinnmindernd als Betriebsausgabe der Gesellschaft oder als vGA zugunsten dieses Gesellschafters zu erfassen sind, ist nach der Rechtsprechung zur Vermeidung steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere danach zu beurteilen, ob der jeweilige Vertrag mit den Angehörigen sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist ([X.] vom 11. Mai 2005 IV B 140/03, juris, unter Bezugnahme auf das [X.]-Urteil vom 21. Januar 1999 IV R 15/98, [X.] 1999, 919; [X.] vom 17. Mai 2001 IV B 71/00, [X.] 2001, 1390).

Vergütungen aus einem Arbeitsvertrag mit nahen Angehörigen sind danach betrieblich veranlasst, wenn das Gehalt angemessen ist und dem entspricht, was ein Fremder unter vergleichbaren Umständen als Gegenleistung erhalten würde. Da anders als im Wirtschaftsleben bei Angehörigen nicht unterstellt werden kann, dass Leistungen nicht ohne Gegenleistung erbracht werden, sind nach der Rechtsprechung Gehaltszahlungen aufgrund eines Arbeitsvertrags unter Angehörigen aber steuerrechtlich nur zu berücksichtigen, wenn das Gehalt der [X.]öhe nach zu Beginn des Arbeitsverhältnisses feststeht oder bei Änderungen während des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft vereinbart wird. Rückwirkende Gehaltsvereinbarungen oder Sonderzahlungen werden in der Regel nicht anerkannt ([X.]-Urteile vom 7. September 1972 IV R 197/68, [X.], 35, [X.] 1972, 944; vom 21. Juli 1976 I R 223/74, [X.], 453, [X.] 1976, 734; vom 10. März 1988 IV R 214/85, [X.], 520, [X.] 1988, 877; vom 29. November 1988 VIII R 83/82, [X.], 114, [X.] 1989, 281; vom 25. April 1989 VIII R 207/84, [X.] 1989, 495; vom 18. Dezember 2001 VIII R 69/98, [X.], 475, [X.] 2002, 353, und vom 1. April 2003 I R 78, 79/02, [X.] 2004, 86).

Lediglich für den Sonderfall einer zunächst schwebend unwirksam vereinbarten Entgeltvereinbarung hat der [X.] eine Rückwirkung nach späterem Wegfall der schwebenden Unwirksamkeit für steuerrechtlich unbedenklich gehalten ([X.]-Urteil vom 23. Oktober 1996 I R 71/95, [X.]E 181, 328, [X.] 1999, 35).

c) Diese Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen stellen allerdings keine besonderen --ungeschriebenen-- Merkmale des steuergesetzlichen Tatbestandes, sondern Beweiswürdigungsregeln dar.

Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85 und 88 AO sowie § 76 Abs. 1 [X.]O. Der Fremdvergleich ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines mit dem Tatbestand einer Einkunftsart zusammenhängenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt ([X.]-Urteil vom 15. Oktober 2002 IX R 46/01, [X.]E 200, 372, [X.] 2003, 243).

Diese vom [X.] aufgestellten Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Angehörigenverträgen verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht und sind vom [X.] ([X.]) im Beschluss vom 7. November 1995  2 BvR 802/90 ([X.] 1996, 34, m.w.N.) grundsätzlich mit der Maßgabe gebilligt worden, dass nicht bereits jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltselemente vom Üblichen für sich allein stets zur steuerrechtlichen Nichtanerkennung eines Vertragsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen führt (so auch die ständige [X.]-Rechtsprechung, u.a. [X.]-Urteile vom 7. September 1995 III R 24/91, [X.] 1996, 320; vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, [X.]E 180, 377, [X.] 1997, 196; vom 17. September 1997 IV R 54/96, [X.] 1998, 164, und vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, [X.]E 191, 250, [X.] 2000, 386, sowie vom 18. April 2000 VIII R 74/96, [X.] 2001, 152).

Die gebotene Gewichtung und Würdigung obliegt grundsätzlich dem [X.] als Tatsacheninstanz. Verstößt die Gesamtabwägung weder gegen Erfahrungssätze noch gegen die Denkgesetze, so ist der [X.] daran gebunden (§ 118 Abs. 2 [X.]O; [X.]-Urteile in [X.] 2001, 152; in [X.] 1996, 320; [X.] vom 25. Oktober 2004 III B 131/03, [X.] 2005, 339).

2. Nach diesen Grundsätzen ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das [X.] weder die Weiterleitung der rückerstatteten Arbeitgeberbeiträge durch die Gmb[X.] an die Beigeladene (nachfolgend a und b) noch den im Zusammenhang mit diesem Arbeitsverhältnis zur Klärung der Krankenversicherungspflicht entstandenen Beratungsaufwand als vGA an den Kläger als (Allein-)Gesellschafter-Geschäftsführer der Gmb[X.] (nachfolgend c) angesehen hat.

a) Allerdings macht das [X.] zu Recht geltend, dass der Beigeladenen mit dem weitergeleiteten Arbeitgeberbeitrag ein Vorteil zugewendet wurde, der korrespondierend einen Vermögensnachteil der Gmb[X.] zur Folge hatte.

Der rückerstattete Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung war nicht als Durchlaufposten für die Beigeladene als Arbeitnehmerin der Gmb[X.], sondern als Betriebseinnahme der Gmb[X.] zu erfassen. Denn nach § 26 Abs. 3 Satz 1 SGB IV steht der Erstattungsanspruch für zu Unrecht entrichtete Beiträge demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat. Dies war im Streitfall hinsichtlich der Arbeitgeberbeiträge die Gmb[X.], weil sie damit ihre eigene öffentlich-rechtliche Abgabepflicht, nicht aber eine solche ihrer Arbeitnehmerin erfüllte.

Dies folgt schon daraus, dass Zahlungen von [X.] zur gesetzlichen Sozialversicherung nach ständiger Rechtsprechung kein Arbeitslohn sind ([X.]-Urteile vom 27. März 1992 VI R 35/89, [X.]E 167, 414, [X.] 1992, 663; vom 6. Juni 2002 VI R 178/97, [X.]E 199, 524, [X.] 2003, 34; vom 24. September 2013 VI R 8/11, [X.]E 242, 509, [X.] 2014, 124 in Abgrenzung von Arbeitslohn bildenden Zuschüssen zur freiwilligen Rentenversicherung), obwohl sie im Anwendungsbereich des § 10 EStG als Beitrag zum Erwerb der [X.] bei der Berechnung des abziehbaren [X.]öchstbetrages in verfassungskonformer Weise einbezogen werden ([X.]-Urteil vom 18. November 2009 [X.], [X.] 2010, 421). Denn der sogenannte Arbeitgeberanteil, der eigentumsgrundrechtlich den Arbeitnehmern als Eigenleistung zuzurechnen ist, wird nach einfachem Gesetzesrecht nicht aus dem Vermögen des einzelnen Arbeitnehmers finanziert und vermehrt dieses auch nicht (Urteil des [X.] --BSG-- vom 29. Juni 2000 B 4 RA 57/98 R, [X.], 262).

Auf dieser Grundlage kann entgegen der Auffassung des [X.] --schon wegen der Ausgestaltung der Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung von [X.] zur Rentenversicherung nicht als privat-/arbeitsrechtliche, sondern als öffentlich-rechtliche [X.] nicht allein deshalb eine Rechtsgrundlage für die Weiterleitung rückerstatteter Beiträge im Arbeitsverhältnis gesehen werden, weil die (irrtümliche) Leistung durch das Anstellungsverhältnis veranlasst war.

b) Gleichwohl ergibt sich aus diesem berechtigten Einwand des [X.] kein Rechtsfehler bei der steuerrechtlichen Erfassung der weitergeleiteten Arbeitgeberbeiträge, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt.

Zu Recht hat das [X.] nämlich entschieden, dass nach den Umständen des [X.] die Weiterleitung der Arbeitgeberbeiträge an die Beigeladene nicht durch das Gesellschaftsverhältnis des [X.], sondern allein durch das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen zur Gmb[X.] veranlasst war, weil der Bruttolohn der Beigeladenen auch unter [X.]inzurechnung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge als angemessen im Verhältnis zu der von ihr erbrachten Arbeit zu würdigen ist.

aa) Im rechtlichen Ausgangspunkt sind [X.], [X.] und der Kläger übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Gmb[X.] und der Beigeladenen ungeachtet des zwischen ihr und dem Kläger bestehenden [X.] fremdüblich vereinbart und tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt wurde. Anhaltspunkte für eine fehlende Fremdüblichkeit der Vereinbarungen sind weder der Revisionsbegründung noch dem sonstigen Akteninhalt zu entnehmen, so dass sich insoweit auch nicht ansatzweise Zweifel ergeben können.

bb) Solche Zweifel können sich entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht im Umfang der an die Beigeladene weitergeleiteten (rückerstatteten) Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung ergeben.

aaa) Das [X.] Düsseldorf hat allerdings in einer solchen Weiterleitung rückerstatteter Arbeitgeberbeiträge an den Arbeitnehmer bei fehlender klarer und im Vorhinein getroffener Vereinbarung eine vGA gesehen, weil die Erstattung zu Unrecht entrichteter Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung selbst dann nur der Kapitalgesellschaft zusteht, wenn die Beitragsentrichtung wirtschaftlich zu Lasten des Gesellschafter-Geschäftsführers gegangen ist ([X.] Düsseldorf, Urteil vom 17. Dezember 1993  14 K 5416/91 [X.] (L), E[X.] 1994, 566, unter Bezugnahme auf [X.] vom 5. Mai 1988  12 [X.], Gmb[X.]-Rundschau 1988, 481 und Wochinger, Verdeckte Gewinnausschüttung und verdeckte Einlage, 2. Aufl., Rz 449).

bbb) Demgegenüber geht die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf Teile des Schrifttums davon aus, dass schon wegen der Veranlassung der Beitragszahlungen durch das Arbeitsverhältnis eine entsprechende Veranlassung auch für den (umgekehrten) Fall der Rückerstattung der Beiträge und deren Weiterleitung an den Arbeitnehmer gegeben ist, weil bei unterstellter Kenntnis der fehlenden Rentenversicherungspflicht regelmäßig ein höherer Bruttoarbeitslohn vereinbart worden wäre (so [X.]/[X.]/[X.]ang/[X.], Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rz 1054; [X.], Verdeckte Gewinnausschüttungen, 11. Aufl., Rz 29; [X.], [X.] 2000, 142, 144, unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.] Köln vom 21. November 1989  13 K 3489/87, E[X.] 1990, 383).

Darüber hinaus sieht die Vorinstanz die Voraussetzungen für die Annahme einer wirksamen [X.] im Streitfall selbst dann als gegeben an, wenn man dies mit Teilen der [X.]-Rechtsprechung (ungeachtet fehlender vorheriger Vereinbarungen) allein davon abhängig macht, ob unter Berücksichtigung der Grundsätze zum Fremdvergleich von Angehörigenverträgen der Bruttolohn unter Einbeziehung des [X.] zur Rentenversicherung im Vergleich zu der Arbeitsleistung angemessen ist (Beschlüsse des [X.] des Saarlands vom 13. September 1999  1 V 224/99, juris; des [X.] München vom 30. Juni 2008  6 V 3516/07, juris; Verfügung der [X.] [X.]annover vom 14. Februar 2007 S 2333-93-StO 211, juris).

ccc) Der Senat folgt der Vorinstanz, dass die streitige Weiterleitung des rückerstatteten [X.] schon deshalb nicht als vGA, sondern als gewinnmindernd bei den Betriebsausgaben der Gmb[X.] zu berücksichtigender weiterer Arbeitslohn der Beigeladenen anzusetzen ist, weil auch unter Einbeziehung dieser Zahlung von einer Angemessenheit ihrer Vergütung nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs ausgegangen werden kann und in Fällen der Rückerstattung von [X.] das Fehlen einer entsprechenden im Vorhinein getroffenen ([X.] nicht entgegensteht.

(1) Die Würdigung des [X.], dass der Bruttolohn der Beigeladenen auch unter [X.]inzurechnung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge im Verhältnis zu der von ihr erbrachten Arbeitsleistung angemessen ist, beruht auf der Feststellung, dass sie für die Gmb[X.] nicht eine "einfache" Angestelltentätigkeit, sondern eher eine geschäftsführerähnliche Tätigkeit bei der Kundenbetreuung, der [X.], dem Rechnungswesen, den Bankgeschäften, den [X.], sowie bei [X.] vom Kläger nicht abgedeckten kaufmännischen Leistungen ausgeübt hat.

Dies rechtfertigt nach Ansicht des [X.] die Würdigung, dass die für diese Tätigkeit gezahlte Vergütung von durchschnittlich 2.089,79 € ([X.] betrieblicher PKW) im Vergleich zu dem Bruttolohn des [X.] als Geschäftsführer der Gmb[X.] (monatlich 14.000 [X.] [X.] betrieblicher PKW) auch unter [X.]inzurechnung weiterer 9,47 % Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung mit einer monatlichen Auswirkung von durchschnittlich 197,92 € (Gesamtsumme durchschnittlich monatlich 2.287,71 €) nicht unangemessen ist.

Im Übrigen ist die Vorinstanz nach den [X.] vor dem [X.]intergrund der erbrachten Rentenversicherungsleistungen zugunsten der Beigeladenen davon ausgegangen, dass die Gmb[X.] und die Beigeladene bei Kenntnis fehlender Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen deren Bruttogehalt von Anfang an höher bemessen hätten, um ihr eine private Zukunftssicherung zu ermöglichen, und dass dies durch die streitige Weiterleitung der rückerstatteten Arbeitgeberbeiträge unmittelbar zum Ausdruck gebracht wurde.

Gegen die diesen Ausführungen zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen hat das [X.] mit der Revisionsbegründung keine Einwendungen erhoben, so dass die daran orientierte Würdigung des [X.] als mit den Denkgesetzen und allgemeinen [X.] vereinbar anzusehen und folglich für den Senat nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend ist.

(2) Gegen diese Würdigung kann des Weiteren entgegen der Auffassung des [X.] nicht unter [X.]inweis auf das Urteil des [X.] Düsseldorf in E[X.] 1994, 566 eingewandt werden, die Weiterleitung des rückerstatteten Betrages an die Beigeladene müsse schon wegen fehlender klarer und im Vorhinein getroffener Vereinbarung als vGA angesehen werden.

Das Gebot klarer und im Vorhinein zu treffender Vereinbarung soll lediglich missbräuchliche Gestaltungen vermeiden und schließt nur deshalb für den Regelfall die Anerkennung rückwirkender Gehaltsvereinbarungen oder Sonderzahlungen aus ([X.]-Urteile in [X.], 35, [X.] 1972, 944; in [X.], 453, [X.] 1976, 734; in [X.], 520, [X.] 1988, 877; in [X.], 114, [X.] 1989, 281; in [X.] 1989, 495; in [X.], 475, [X.] 2002, 353, und in [X.] 2004, 86).

Dieses Gebot steht aber, wie das [X.] Köln selbst in seinem vom [X.] in Bezug genommenem Urteil vom 21. November 1989  13 K 3489/87 (E[X.] 1990, 383) ausgeführt hat, dann nicht entgegen, wenn die aus den äußeren Umständen erkennbare (zumindest konkludente) Entscheidung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine Lohnzahlung aus arbeitsrechtlicher Sicht jedenfalls billigenswert ist und es bei dieser "mit anderen Fällen verdeckter Gewinnausschüttungen nicht vergleichbaren Sachlage einem bloßen Formalismus gleich (... kommt), die Entscheidung in ihrer steuerlichen Wirksamkeit von der Schriftform abhängig zu machen".

Dementsprechend hat die Vorinstanz zu Recht darauf hingewiesen, dass Mitarbeiter nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte Anspruch auf Auskehrung von irrtümlich gezahlten und erstatteten [X.] zur Sozialversicherung aufgrund einer durch den Irrtum bedingten Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs haben (so [X.], Urteil vom 11. Dezember 2003  8 U 61/03, Neue Juristische [X.] Zivilrecht 2004, 319; [X.], Urteil vom 15. Februar 2008 [X.] U 103/07, 17 U 103/07, Monatsschrift für Deutsches Recht 2008, 790).

Daraus ist zu Recht mit der Vorinstanz zu folgern, dass die zivilrechtliche Erfüllung eines solchen Anspruchs steuerrechtlich nicht unangemessen sein kann (vgl. auch [X.]-Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 85/01, [X.] 2003, 822, unter II.3. der Gründe, sowie zur gebilligten Rückwirkung einer zunächst schwebend unwirksam vereinbarten Entgeltvereinbarung [X.]-Urteil in [X.]E 181, 328, [X.] 1999, 35).

c) Schließlich hat das [X.] zu Recht das von der Gmb[X.] an einen Berater gezahlte [X.]onorar zur Klärung ihrer eigenen Pflicht zur Nachentrichtung von [X.] als betrieblich veranlasst angesehen, da der Arbeitgeberbeitrag nach ständiger Rechtsprechung eine Betriebsausgabe darstellt (vgl. [X.]-Beschluss vom 28. Dezember 1984  1 BvR 1472/84, 1473/84, [X.]öchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 337; [X.]-Urteil vom 16. Oktober 2002 XI R 41/99, [X.]E 200, 529, [X.] 2003, 179).

Meta

VIII R 21/12

21.10.2014

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 21. März 2012, Az: 7 K 4640/09 E, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG 2002, § 85 AO, § 88 AO, § 76 Abs 1 FGO, § 26 Abs 3 S 1 SGB 4, EStG VZ 2006, § 4 Abs 4 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.10.2014, Az. VIII R 21/12 (REWIS RS 2014, 2054)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2054

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