Bundessozialgericht, Urteil vom 06.09.2018, Az. B 2 U 13/17 R

2. Senat | REWIS RS 2018, 4069

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Gesetzliche Unfallversicherung - Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108 - bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule - haftungsbegründende Kausalität - Auslegung der Konsensempfehlungen - Konstellation B2 1. Zusatzkriterium - mehrere Bandscheiben - bisegmentaler Bandscheibenschaden - Anwendung eines medizinischen Erfahrungssatzes - Grundlage: sachverständigen Stellungnahme und Anhörung eines Sachverständigen - aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisstand - Bindungswirkung - kein offensichtlich falscher wissenschaftlicher Erfahrungssatz - Rechtsunsicherheit - Feststellung unterschiedlicher Erfahrungssätze durch die Tatsachengerichte - Reformbedürftigkeit des Normtatbestands der BK 2108


Leitsatz

Die Feststellung eines in den sog Konsensempfehlungen enthaltenen medizinischen Erfahrungssatzes durch das Berufungsgericht bindet das Revisionsgericht, wenn die naturwissenschaftliche Grundlage hierfür aus sachverständige Stellungnahmen und durch Anhörung eines Sachverständigen gewonnen wurde und nicht feststellbar ist, dass er offensichtlich falsch ist oder offenkundig nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Berufskrankheit ([X.]) nach [X.] 2108 der [X.] zur [X.] ([X.]V vom 31.10.1997, [X.] 2623; in Zukunft [X.] 2108) streitig. Die [X.] 2108 lautet: "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".

2

Der im Jahre 1964 geborene Kläger war nach seiner Lehre ab 1987 als Schlosser im Fahrzeugbau tätig. Danach arbeitete er als Fuhrparkmitarbeiter bei einem Fuhr- bzw Taxiunternehmen und ab 1993 als Angestellter in der Verwaltung eines Groß- und Einzelhandelsunternehmens. Im Januar 2011 zeigte die behandelnde Ärztin den Verdacht des Vorliegens einer [X.] an, weil bei dem Kläger seit Jahren Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) bestünden. Im Verwaltungsverfahren wie auch später im Gerichtsverfahren wurden mehrere Gutachten und wissenschaftliche Stellungnahmen, auch von Mitgliedern der Arbeitsgruppe, die an den sog Konsensempfehlungen (U. Bolm-Audorff et al, Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, Trauma und Berufskrankheit 2005/3, [X.], 216 ff, 222 ff, im Folgenden Konsensempfehlungen) beteiligt waren, eingeholt. Die Beklagte lehnte die Feststellung einer [X.] 2108 und die Gewährung von Leistungen mit Bescheid vom [X.] ab, weil kein belastungskonformes Schadensbild vorliege. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 5.12.2012 zurück.

3

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 14.4.2014), das L[X.] die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 21.12.2016). Zur Begründung hat das L[X.] ua ausgeführt, der Kläger leide zwar an einer bandscheibenbedingten Erkrankung. Diese Erkrankung des [X.] könne aber nicht mit Wahrscheinlichkeit auf seine beruflichen Belastungen zurückgeführt werden. Die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen und das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung allein könnten die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines wesentlichen Kausalzusammenhangs der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS mit beruflichen Einwirkungen nicht begründen. Wegen der Schwierigkeiten bei der Beurteilung des [X.] im Rahmen der [X.] 2108 habe die Wissenschaft die sog Konsensempfehlungen erarbeitet, die nach wie vor den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Verursachung von Erkrankungen der LWS durch körperliche berufliche Belastungen wiedergäben. Bei dem Kläger habe ein bisegmentaler Schaden an der unteren LWS ([X.]/[X.] und [X.]/[X.]) mit einer Chondrose Grad II bzw einem Bandscheibenvorfall ohne Begleitspondylose, ohne "black disc" im Magnetresonanztomogramm ([X.]) in mindestens zwei angrenzenden Segmenten, sowie ein schwächer ausgeprägter [X.] an der Halswirbelsäule (HWS) vorgelegen. Hierbei handele es sich nicht um eine typische Fallkonstellation, bei der die Konsensarbeitsgruppe einen Zusammenhang zwischen beruflichen Belastungen und einer bandscheibenbedingten Erkrankung als wahrscheinlich angenommen habe. Die Grundvoraussetzungen der [X.] seien zwar erfüllt. Die [X.] scheitere allerdings daran, dass keine Begleitspondylosen vorlägen. Auch die [X.] liege nicht vor, weil deren Zusatzkriterien nicht erfüllt seien. Das 1. Zusatzkriterium der [X.] liege nicht vor. Die 2. Alternative dieses ersten Zusatzkriteriums scheide hier mangels "black disc"-Veränderungen aus. Auch die 1. Alternative des [X.] liege nicht vor, weil nur ein bisegmentaler und kein mehrsegmentaler [X.] bei dem Kläger bestehe. Bei der 1. Alternative des [X.] der [X.] "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" müssten mindestens drei Bandscheiben betroffen sein. Bereits nach den Grundvoraussetzungen aller [X.] werde eine bandscheibenbedingte Erkrankung an einer oder zwei Bandscheiben vorausgesetzt, sodass das Zusatzkriterium "mehrere" Bandscheiben nur bedeuten könne, dass mindestens drei Segmente betroffen sein müssen. Die Konstellation, in der lediglich ein mono- oder bisegmentaler Schaden an den beiden unteren [X.] vorliege und weder eine Begleitspondylose noch ein Zusatzkriterium festzustellen sei, entspreche der [X.], bei der es keinen Konsens unter den Teilnehmern der Arbeitsgruppe gegeben habe. Der Senat am L[X.] habe sich durch die Stellungnahmen mehrerer Sachverständiger davon überzeugt, dass sich bis heute jedenfalls keine hiervon abweichende herrschende Auffassung in der medizinischen Wissenschaft gebildet habe. Vielmehr entspreche diese Interpretation einem allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erfahrungssatz, wie insbesondere das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. V. bestätigen würden. Somit komme vorliegend nur die [X.] in Betracht, deren Voraussetzungen nicht vorlägen.

4

Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 9 [X.]B VII iVm [X.] 2108. Das L[X.] habe mit seiner Auslegung und Interpretation der Konsensempfehlungen die Kategorien juristischen und naturwissenschaftlich-medizinischen Denkens verwechselt und die Konsensempfehlungen zu Unrecht nach Wortlaut und Systematik und danach mit juristischen Methoden ausgelegt. In den Konsensempfehlungen finde sich nirgends ein Hinweis, dass drei Bandscheiben betroffen sein müssten. Vielmehr handele es sich lediglich um eine rein juristische Deutung des L[X.].

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 21. Dezember 2016 und des [X.] vom 14. April 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2012 zu verurteilen, seine Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen und ab Januar 2011 Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von [X.] zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer [X.] 2108 sowie Zahlung einer Verletztenrente.

8

1. Im Revisionsverfahren war über die gemäß § 54 Abs 1 S 1 Var 1 und 3 sowie Abs 4 [X.]G, § 56 [X.]G statthafte kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zu entscheiden, mit der sich der Kläger gegen die Ablehnungsentscheidung in dem Bescheid vom [X.] und dem Wi[X.]pruchsbescheid vom 5.12.2012 (§ 95 [X.]G) wendet und die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung der [X.] 2108 sowie die Zahlung einer Verletztenrente ab dem 1.1.2011 begehrt (vgl zur statthaften Klageart zB B[X.] vom 26.4.2016 - [X.] U 14/14 R - [X.] 4-2700 § 90 [X.] Rd[X.]5 und vom 19.12.2013 - [X.] U 17/12 R - [X.] 4-2700 § 73 [X.] Rd[X.]2).

9

2. Die Anerkennung der erstmals im Jahre 2011 geltend gemachten [X.] richtet sich nach den Vorschriften des [X.]B VII. Rechtsgrundlage für die Anerkennung der hier streitigen [X.] ist § 9 Abs 1 [X.]B VII iVm [X.] 2108 der [X.] zur [X.]V vom 31.10.1997 ([X.]). Nach § 9 Abs 1 S 1 [X.]B VII sind [X.]en nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des [X.] als solche bezeichnet sind (sog Listen-[X.]) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 [X.]B VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Feststellung einer Listen-[X.] erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) sowie, dass eine Krankheit vorliegt. Des Weiteren muss die Krankheit durch die Einwirkungen verursacht worden sein (haftungsbegründende Kausalität). Schließlich ist Anerkennungsvoraussetzung, dass der Versicherte deshalb seine Tätigkeit aufgeben musste sowie alle gefährdenden Tätigkeiten unterlässt. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist die [X.] nicht anzuerkennen (B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.]1; B[X.] vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - B[X.]E 99, 162 Rd[X.]7). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-[X.]. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des [X.] - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden [X.] genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße [X.]öglichkeit (B[X.] vom [X.] - [X.] U 11/12 R - B[X.]E 114, 90; B[X.] vom [X.] - [X.] U 30/07 R - B[X.]E 103, 45 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 3101 [X.], Rd[X.]6 mwN; B[X.] vom [X.] - [X.] U 9/08 R - B[X.]E 103, 59 = [X.] 4-2700 § 9 [X.]4, Rd[X.] 9 mwN; zuletzt B[X.] vom 29.11.2011 - [X.] U 26/10 R - [X.] Aktuell 2012, 412; B[X.] vom 15.9.2011 - [X.] U 22/10 R - NZS 2012, 151; B[X.] vom 15.9.2011 - [X.] U 25/10 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.]111 [X.] 3).

a. Der Kläger gehörte zum versicherten Personenkreis. Er war nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) nach dem Ende seiner Lehre seit 1984 bis April 2011 in verschiedenen Tätigkeiten als Beschäftigter "Versicherter" iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.]B VII.

Nach den weiteren bindenden Feststellungen des [X.] leidet der Kläger jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Aufgabe seiner belastenden Tätigkeit im Januar 2011 an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der [X.]S. Es liegt ein [X.]er Schaden an den [X.] [X.]/[X.] und [X.]/[X.] mit einer Chondrose Grad II bzw einem Bandscheibenvorfall ohne Begleitspondylose und ohne "black disc" sowie ein schwächer ausgeprägter Bandscheibenschaden an der HWS vor.

Der Kläger unterlag nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) während seiner versicherten Tätigkeiten im Zeitraum vom [X.]ärz 1993 bis April 2011 einer kumulativen Einwirkungsbelastung in Form von Hebe- und [X.] von 19,6 x 10(zur Bestimmung des Ausmaßes der beruflichen Einwirkungen bei der [X.] 2108 vgl auch B[X.] vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - B[X.]E 99, 162 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 5, Rd[X.]7 f sowie zur Feststellung der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkung in Form von Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung B[X.] vom 23.4.2015 - B 2 U 20/14 R - B[X.]E 118, 267 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 8).

Diese Belastungen erfolgten - wie der Tatbestand der [X.] 2108 voraussetzt - auch langjährig, nämlich von [X.]ärz 1993 bis jedenfalls April 2011 und damit mehr als 18 Jahre. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern sind (so wörtlich das aktuelle [X.]erkblatt 2108, [X.] 2006, [X.], [X.], [X.]; B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.]4; vgl zum [X.]erkmal "langjährig" bei der [X.] 2109 B[X.] vom [X.] - [X.] U 11/12 R - B[X.]E 114, 90 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2109 [X.], Rd[X.]5; s zur [X.] 2108 B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.]4 sowie bereits B[X.] vom 18.3.2003 - [X.] U 13/02 R - B[X.]E 91, 23 = [X.] 4-2700 § 9 [X.], Rd[X.]0; B[X.] vom 22.6.2004 - [X.] U 22/03 R - USK 2004-101; vgl auch [X.] in [X.]/[X.], [X.]B VII, Stand 7/2017, [X.] § 9 Anl zu [X.]V [X.] [X.] 2108-2110 Rd[X.] 7 mwN; "mindestens 10 Jahre" fordern Ricke in [X.] Kommentar, Stand 5/2014, § 9 [X.]B VII Rd[X.]2a; [X.]/[X.], [X.]V, Stand 12/2013, [X.] 2108 [X.] 2.2.2).

Es kann dahinstehen, ob das Erfordernis der Regelmäßigkeit erfüllt ist, weil das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen der arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für die Bejahung des [X.]s zwischen den gefährdenden Einwirkungen iS der [X.] 2108 und der bindend festgestellten [X.]en Bandscheibenerkrankung verneint hat.

b. Für die Anerkennung einer [X.] ist neben der Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (Einwirkungskausalität) ein [X.] zwischen Einwirkungen und der Erkrankung erforderlich. Für die [X.] 2108 bedeutet dies, dass die [X.]S-Erkrankung des [X.] durch langjähriges schweres Heben und Tragen bzw Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit verursacht worden sein muss. Für den [X.] zwischen Einwirkung und Erkrankung gilt im Berufskrankheitenrecht - wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung - die Theorie der wesentlichen Bedingung (s zum Arbeitsunfall die Entscheidungen des erkennenden Senats vom 24.7.2012 - [X.] U 9/11 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]4 Rd[X.] 34 ff sowie B[X.] vom 13.11.2012 - [X.] U 19/11 R - B[X.]E 112, 177 = [X.] 4-2700 § 8 [X.]6, Rd[X.] 37; zu [X.]en s B[X.] vom 30.3.2017 - [X.] U 6/15 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgemerkt; B[X.] vom 29.11.2011 - [X.] U 26/10 R - [X.] Aktuell 2012, 412; B[X.] vom 9.5.2006 - [X.] U 1/05 R - B[X.]E 96, 196 = [X.] 4-2700 § 8 [X.]7, Rd[X.]3 sowie - [X.] U 26/04 R - [X.] Aktuell 2006, 497), die zunächst auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht, nach der jedes Ereignis (jede Bedingung) Ursache eines Erfolgs ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ([X.]). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Ursachen fest, muss auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten [X.] fallenden Gefahr sein. Die Wesentlichkeit der Ursache ist zusätzlich und eigenständig nach [X.]aßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung zu beurteilen (zur Theorie der wesentlichen Bedingung: zuletzt eingehend B[X.] vom 13.11.2012 - [X.] U 19/11 R - B[X.]E 112, 177 = [X.] 4-2700 § 8 [X.]6, Rd[X.] 37 f sowie B[X.] vom 5.7.2011 - [X.] U 17/10 R - B[X.]E 108, 274 = [X.] 4-2700 § 11 [X.], Rd[X.] 28 ff; Spellbrink, [X.]b 2017, 1 ff; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Der [X.] im Sozialrecht, 2. Aufl 2017, § 4 Rd[X.]5 ff).

Vorliegend hat das [X.] unter Zugrundelegung des bindend festgestellten [X.] iHv 19,6 [X.]Nh - ausgehend von dem sog [X.]DD - zutreffend angenommen, dass die versicherten Einwirkungen durch schweres Heben und Tragen der Höhe nach ausreichten, um einen Bandscheibenschaden zu verursachen. Der erkennende Senat geht seit 2003 davon aus (B[X.] vom 18.3.2003 - [X.] U 13/02 R - B[X.]E 91, 23 = [X.] 4-2700 § 9 [X.] Rd[X.]1 ff; B[X.] vom 19.8.2003 - [X.] U 1/02 R - USK 2003-219; B[X.] vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - B[X.]E 99, 162 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 5, Rd[X.]8; B[X.] vom 18.11.2008 - [X.] U 14/07 R - [X.] Aktuell 2009, 295 und zuletzt Senatsurteile vom 23.4.2015 - [X.] U 6/13 R, B 2 U 20/14 R, [X.] U 10/14 R), dass dieses [X.]odell eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der [X.] 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen ist.

Der Senat hat 2007 seine Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des [X.]DD auf der Grundlage der Erkenntnisse der "[X.]" (www.dguv.de/ifa/fachinfos/ergonomie/deutsche-wirbelsaeulenstudien/index.jsp ) weiterentwickelt und in mehreren Punkten modifiziert. Dabei hat er als unteren Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der [X.]S ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, die Hälfte des im [X.]DD vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis bei [X.]ännern von 25 [X.]Nh, also 12,5 [X.]Nh, zugrunde gelegt (grundlegend B[X.] vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - B[X.]E 99, 162 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 5, Rd[X.] 25; s zuletzt Senatsurteile vom 23.4.2015 - [X.] U 6/13 R, B 2 U 20/14 R, [X.] U 10/14 R; s zur Handhabung der hälftigen Orientierungswerte als [X.]indestbelastungswerte B[X.] vom 18.11.2008 - [X.] U 14/07 R - [X.] Aktuell 2009, 295; B[X.] vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - B[X.]E 99, 162 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 5, Rd[X.] 25; sowie B[X.] vom 23.4.2015 - [X.] U 6/13 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 7 und - B 2 U 20/14 R - B[X.]E 118, 267, Rd[X.] 26).

Das [X.] hat insoweit zur Berechnung der erforderlichen [X.]indestbelastungsdosis das [X.]DD zutreffend unter Berücksichtigung der [X.]odifikationen durch das B[X.] angewandt. [X.]it einer festgestellten Gesamtbelastungsdosis iHv 19,6 [X.]Nh wurde die Hälfte des Orientierungswertes für [X.]änner von 25 [X.]Nh und damit der untere Grenzwert von 12,5 [X.]Nh erheblich überschritten. Es kommt daher auch in diesem Fall nicht darauf an, ob eine weitere Absenkung im Lichte der Ergebnisse der [X.] ([X.]) (korrekte Bezeichnung des Forschungsvorhabens: "Erweiterte Auswertung der [X.] mit dem Ziel der Ableitung geeigneter Richtwerte", Kurztitel: "DWS-Richtwerteableitung", veröffentlicht unter http://www.dguv.de/ifa/Forschung/Projektverzeichnis/FF-FB_0155A.jspangezeigt ist oder mit den Voraussetzungen des § 9 Abs 1 [X.]B VII unvereinbar wäre (B[X.] vom 23.4.2015 - B 2 U 20/14 R - B[X.]E 118, 267 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 8, Rd[X.] 27; vgl zur [X.]indestbelastungsdosis bei Frauen B[X.] vom 23.4.2015 - [X.] U 6/13 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 7).

In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das [X.] aber die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen einer [X.] 2108 verneint. Während die sog arbeitstechnischen Voraussetzungen einer [X.] zum einen das Vorhandensein der tatbestandlich vorausgesetzten Einwirkungen und zum anderen die Kausalität zwischen diesen Einwirkungen und einer Erkrankung beinhalten, betreffen die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen ebenfalls zwei Aspekte der Anerkennungsvoraussetzungen, nämlich zum einen das Vorliegen der tatbestandlich vorausgesetzten Krankheit und zum anderen das Vorliegen eines Schadensbildes, welches mit der rechtlich-wesentlichen Verursachung dieser Krankheit durch die beruflichen Einwirkungen zumindest im Einklang steht ([X.], [X.]b 2016, 379). Aus dem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen kann angesichts der multifaktoriellen Entstehung der bandscheibenbedingten Erkrankungen der [X.]S (B[X.] vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R - B[X.]E 99, 162 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 5, Rd[X.] 26) nicht automatisch auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der [X.] 2108 geschlossen werden; vielmehr müssen medizinische Kriterien hinzukommen (B[X.] vom 27.6.2006 - [X.] U 20/04 R - B[X.]E 96, 291 = [X.] 4-2700 § 9 [X.] 7, Rd[X.]9; B[X.] vom [X.] - [X.] U 15/05 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.]104 [X.] 2, Rd[X.] 23; vgl B[X.] vom 27.6.2006 - [X.] U 7/05 R - [X.] Aktuell 2006, 510 zur [X.] 4302; B[X.] vom 7.9.2004 - [X.] U 34/03 R - USK 2004-107).

Zutreffend hat das Berufungsgericht bei der Bestimmung des maßgeblichen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands die [X.] aus dem Jahre 2005 unter Berufung auf das eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. V. zugrunde gelegt. Der Senat geht nach wie vor davon aus, dass die Heranziehung der [X.] als Orientierungshilfe bei der Beurteilung, ob ein Bandscheibenschaden nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand durch die festgestellten beruflichen Einwirkungen verursacht wurde, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist. Denn die [X.] aus dem Jahre 2005 stellen weiterhin eine hinreichende Grundlage für die Bestimmung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands dar, wie der Senat zuletzt 2015 klargestellt hat (B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.] 22; B[X.] vom 23.4.2015 - [X.] U 6/13 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 7; B[X.] vom 23.4.2015 - B 2 U 20/14 R - B[X.]E 118, 267 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 8).

Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Schluss des [X.], dass beim Kläger keine Konstellation besteht, bei der die [X.] eine Anerkennungsempfehlung aussprechen. Das B[X.] ist im Recht der [X.]en nicht gehindert, die einzelnen Tatbestandsmerkmale der jeweiligen [X.] unterfütternden allgemeinen (generellen) Tatsachen, die für alle einschlägigen [X.]-Fälle gleichermaßen von Bedeutung sind, anhand des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zu Verursachungszusammenhängen festzustellen (grundlegend: B[X.] vom 27.6.2006 - [X.] U 5/05 R - B[X.]E 96, 297 = [X.] 4-5671 § 6 [X.] 2, Rd[X.]9 sowie B[X.] vom 27.6.2006 - [X.] U 20/04 R - B[X.]E 96, 291 = [X.] 4-2700 § 9 [X.] 7, Rd[X.] 23; B[X.] vom 15.9.2011 - [X.] U 25/10 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.]111 [X.] 3 Rd[X.] 23). Ebenso wenig ist der erkennende Senat gehindert, die korrekte Zuordnung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht unter diesen einschlägigen Erkenntnisstand zu überprüfen. Dies gilt umso mehr, wenn dieser in [X.] verdichtet ist (B[X.] vom 23.4.2015 - [X.] U 6/13 R - [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 7).

So wie es dem [X.] aber bei fehlender Sachkunde verwehrt ist, medizinische Beurteilungen selbst vorzunehmen, sondern es sich regelmäßig sachverständiger Hilfe bedienen muss, um den medizinischen Sachverhalt zu ermitteln (B[X.] vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - B[X.]E 113, 205 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 20, Rd[X.]5; [X.] in [X.]/[X.], [X.]G, 2014, § 103 Rd[X.] 24; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 2 Rd[X.]1), muss es auch bei der Bestimmung und Auslegung der Quellen des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands weiteren sachkundigen Rat bei einem (medizinischen) Sachverständigen einholen. Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete [X.] genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens zu erfolgen haben (B[X.] vom 24.7.2012 - [X.] U 9/11 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.]4, Rd[X.] 69). Diese Grundsätze gelten ebenso für die Interpretation der hier maßgeblichen [X.].

Insoweit hat das [X.] in nicht zu beanstandender Weise sowohl die [X.] als auch die Voraussetzungen der Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 1. Alt "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" sowie bei nur monosegmentaler/[X.]/Vorfall in [X.]/[X.] oder [X.]/[X.] im [X.]RT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten "black discs" (Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 2. Alt) verneint.

Nicht zu beanstanden ist zunächst der Schluss des Berufungsgerichts, dass die durch den Sachverständigen festgestellte fehlende Begleitspondylose die [X.] ausschließt. In diesem Fall wird der Zusammenhang nach den [X.] ua dann als wahrscheinlich betrachtet, wenn eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben besteht (Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 1. Alt). Alternativ müssen bei nur monosegmentaler/[X.]/Vorfall in [X.]/[X.] oder [X.]/[X.] im [X.]RT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten "black discs" vorliegen (Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 2. Alt). Als weitere Alternativen genügt für die [X.]-Konstellation entweder das Bestehen einer beson[X.] intensiven Belastung, wobei hierfür als "[X.]altspunkt" das Erreichen des "Richtwertes für die Lebensdosis" in weniger als zehn Jahren (Befundkonstellation "[X.]", 2. Spiegelstrich - 2. Zusatzkriterium) gilt, oder eines besonderen Gefährdungspotenzials durch hohe Belastungsspitzen, wofür als "[X.]altspunkt" das Erreichen der Hälfte des "[X.]DD-Tagesdosis-Richtwertes" durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4 ½ kN, [X.]änner ab 6 kN ) verlangt wird (B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.] 24).

Das [X.] hat die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung nicht überschritten, als es die Voraussetzungen der Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 1. Alt "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" - gestützt auf die im gerichtlichen Verfahren eingeholten Stellungnahmen und das gerichtliche Sachverständigengutachten des Dr. V. mit der Begründung verneint hat, dass dieses Zusatzkriterium die Schädigung von mindestens drei Bandscheiben voraussetze (dies noch offengelassen in B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.] 30). Es ist davon ausgegangen, dass der beim Kläger bestehende [X.]e Bandscheibenschaden für diese Alternative nicht genüge. Das [X.] hat diese Erkenntnis zwar auch durch eine eigene Interpretation der [X.] gewonnen. Es hat sich aber auch die naturwissenschaftliche Grundlage für diese Interpretation durch einen sachkundigen Sachverständigen bestätigen lassen. So hat es gerade den allgemeinen medizinischen Erfahrungssatz, dass Schäden an mindestens drei Bandscheiben vorliegen müssen, durch [X.]örung des Sachverständigen gewonnen. Das [X.] hat den Sachverständigen dabei ausdrücklich dazu befragt, welche Interpretation des Kriteriums an "mehreren" Bandscheiben dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspreche. Insofern verfängt die Argumentation der Revision, das [X.] habe die [X.] fehlerhaft nach juristischer [X.]ethodik wie einen reinen Rechtstext ausgelegt, nicht.

Bei den [X.] handelt es sich, worauf die Revision zutreffend verweist, nicht um einen verbindlichen normativen Text, weil diese ihre Geltung nicht auf den demokratisch legitimierten Gesetzgeber zurückführen können. Die [X.] sind für Verwaltung, Gerichte oder Gutachter folglich nicht unmittelbar verbindlich (vgl [X.], [X.] 2011, 45, 48), sodass sich deren Auslegung unter strikter Anwendung der Regeln der juristischen [X.]ethodenlehre verbietet (vgl [X.] in [X.]/[X.]Thomann, Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule" <[X.] 2108>, 2014, 199; [X.], [X.]b 2016, 379, 382). Sie dienen lediglich zur Erleichterung der Beurteilung im Einzelfall, um typische Befundkonstellationen im Hinblick auf die Kausalbeziehungen unter Zugrundelegung des aktuell wissenschaftlichen Erkenntnisstands einordnen zu können (Duell/[X.]/[X.], [X.]-Begutachtungsempfehlungen - Wissen von Experten für Experten, DGUV Forum [X.] 2012, [X.], 16). Ihre Interpretation als im wesentlichen medizinisch-naturwissenschaftlicher Text ist daher zuvor[X.]t sachkundigen [X.]edizinern vorbehalten. Eine rein am Wortlaut und den klassischen juristischen Auslegungsmethoden orientierte Interpretation eines solchen primär naturwissenschaftlichen Textes ist nicht ausreichend. So ließe sich nach dem allgemeinem Sprachverständnis der Wortlaut "mehrere Bandscheiben" auch dahin auslegen, dass es genüge, wenn der Betroffene mehr als einen Bandscheibenvorfall aufweist. Sofern das [X.] aus dem Kontext und insbesondere der Formulierung der Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 2. Alt "bei nur monosegmentaler/[X.]/Vorfall in [X.]/[X.] oder [X.]/[X.] im [X.]RT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten 'black discs'" ableitet, dass auch bei einem [X.]en Befall zumindest ein weiteres Segment zumindest eine black disc aufweisen müsse, handelt es sich ebenfalls um eine "schlüssige" Argumentation. Diese allein das Ergebnis nicht tragende, der juristischen [X.]ethodik folgende Auslegung hat sich das [X.] naturwissenschaftlich-medizinisch durch gerichtliche Sachverständige bestätigen lassen. Damit hat das [X.] durch eine Beweiserhebung abgesichert, dass die von ihm bevorzugte Lesart der [X.] auch dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht bzw diesem zumindest nicht offensichtlich wi[X.]pricht (an[X.] in dem der Parallelentscheidung vom heutigen Tag - [X.] U 10/17 R - zugrunde liegenden Urteil des dortigen [X.], das sich insofern nur auf eine eigene schlüssige Interpretation der [X.] gestützt hat, ohne die wissenschaftliche Basis für diese Interpretation zu erfragen). Das [X.] ist damit unter Einholung der ärztlichen Expertise, ua auch einer Stellungnahme eines an der Erstellung der [X.] beteiligten Arztes, zu dem nicht zu beanstandenden Schluss gekommen, dass nach der den [X.] zugrunde liegenden naturwissenschaftlichen Erkenntnis zur Verwirklichung dieser Alternative mindestens drei Segmente betroffen sein müssen.

Der Senat konnte im Rahmen seiner hierzu durchgeführten Überprüfung nicht zu der Erkenntnis gelangen, dass dieser vom [X.] durch [X.] gewonnene, zugrunde gelegte Erfahrungssatz hinsichtlich der Schädigung mehrerer Segmente für das [X.] der Konstellation [X.] in der Wissenschaft allgemein angegriffen wird und deshalb offenkundig nicht dem aktuellen Erkenntnisstand entspricht (vgl B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.] 27). Allein, dass auch eine andere Auffassung vertreten wird ([X.] und [X.] in [X.] ua, [X.] 2108, 2014, [X.], 138) und die [X.]e hier jeweils zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangen ([X.] genügend: Sächsisches [X.] vom [X.]/08 [X.] - und [X.] Sachsen-[X.]alt vom [X.]; ablehnend Bayerisches [X.] vom [X.]), reicht nicht aus, die Feststellungen des [X.] zum aktuellen medizinischen Erkenntnisstand als offensichtlich fehlerhaft in Frage zu stellen. Insofern besteht zwar aufgrund des durchaus kontroversen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse im konkreten Anwendungsfall der [X.] 2108 die auch von der Beklagten beschriebene Gefahr, dass [X.]e zur Feststellung unterschiedlicher Erfahrungssätze gelangen können, die dann jeweils revisionsrechtlich - in den aufgezeigten Grenzen - akzeptiert werden müssten. Dieses Ergebnis ist jedoch zum einen die Folge der den Gerichten nur eingeschränkt eröffneten [X.]öglichkeiten, sich den tatsächlichen aktuellen medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu verschaffen. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit ist aber zum anderen zumindest partiell auch Folge des Normtatbestands der [X.] 2108, dessen Reform der Senat bereits mehrfach angemahnt hat (vgl zuletzt B[X.] vom [X.] - B[X.]E 118, 255 = [X.] 4-5671 [X.] [X.] 2108 [X.] 6, Rd[X.] 29).

Auch die Ablehnung des Vorliegens der Befundkonstellation "[X.]", 1. Spiegelstrich - [X.] - 2. Alt - bei nur monosegmentaler/[X.]/Vorfall in [X.]/[X.] oder [X.]/[X.] im [X.]RT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten "black discs" - ist ausgehend von den Feststellungen des [X.] revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Damit hat das [X.] auch zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Verletztenrente gemäß § 56 Abs 1 S 1 [X.]B VII hat, weil der allein hier in Betracht kommende Versicherungsfall einer [X.] 2108 nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 2 U 13/17 R

06.09.2018

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Münster, 14. April 2014, Az: S 10 U 428/12, Urteil

§ 9 SGB 7, Anl 1 Nr 2108 BKV, § 163 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 06.09.2018, Az. B 2 U 13/17 R (REWIS RS 2018, 4069)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4069

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