Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. VIII ZR 131/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5277

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 131/12

Verkündet am:

5. Juni 2013

Ermel

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 307 A, [X.]; [X.] § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1
Die von einem Energieversorger in [X.] mit [X.]:

Lastschriftverfahrens oder von [X.] mittels Überweisung zu

ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie dem wesentli-chen Grundgedanken des § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 [X.] wider-spricht.

[X.], Urteil vom 5. Juni 2013 -
VIII ZR 131/12 -
OLG Hamm

[X.]

-
2
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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2013 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.]
Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] werden das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 30. März 2012
auch im Kos-tenpunkt
aufgehoben und das Urteil der 25. Zivilkammer des [X.] vom 5. August 2011 teilweise abgeändert. Die [X.] wird weiter verurteilt, es bei Vermeidung eines für je-den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes a-ten, diese zu vollstrecken an dem Vorstand, zu unterlassen, bei [X.] mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung
(Sonderkunden) die nachfolgende Bestimmung oder eine inhaltsgleiche Bestimmung als Allgemeine Geschäfts-bedingung zu verwenden, sofern nicht die Verträge mit einer Per-son abgeschlossen werden, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
"Lastschriftverfahrens oder von [X.] mittels Überweisung zu zahlen."
Die [X.] hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

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-
Tatbestand:
Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragener Verbraucherschutzverein. Die [X.] versorgt [X.] mit Gas. Beim Abschluss von [X.] mit Normsonder-kunden verwendete sie im Rahmen
ihrer "Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Lieferung von [X.]"
unter Ziffer 4 Abs. 1 folgende Formular-klausel, die im Revisionsverfahren allein noch von Interesse ist:
"t-schriftverfahrens oder von [X.] mittels Überweisung zu zah-len."
Der Kläger hat die [X.] darauf in Anspruch genommen, es zu unter-lassen, die vorstehend bezeichnete [X.] oder dieser inhaltsgleiche Bestim-mungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen in mit Haushaltskunden außer-halb der Grundversorgung (Sonderkunden) abgeschlossenen Gaslieferungsver-trägen zu verwenden, sofern nicht die Verträge mit einer Person abgeschlossen werden, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tä-tigkeit handelt (Unternehmer). Er hält die [X.] wegen Abweichung von § 41 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF/§ 41 Abs. 2 [X.] zum einen nach § 307 Abs. 2 Nr.
1 BGB und zum anderen nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für unangemessen. Die Klage ist insoweit in den Vorinstanzen
ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Unterlas-sungsbegehren weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung eine neuere Version der
beanstandeten [X.] zugrunde gelegt, die [X.] ebenfalls die Mög-lichkeit einer Überweisung eröffnet, hierfür zusätzlich aber einen [X.] von 3 % gewährt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es

soweit für das Revisi-onsverfahren von Interesse

im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 2 [X.], §
307 Abs. 2 Nr. 1, § 307 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB zu. Die beanstandete [X.] weiche nicht zum Nachteil der Verbraucher von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. § 41 Abs. 2 [X.] bestimme, dass dem Kunden vor Vertragsschluss zwingend verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten seien; nach der bis 3. August 2011 geltenden Gesetzesfassung seien ebenfalls verschiedene Zahlungsweisen anzubieten gewesen (§ 41 Abs. 1 Satz 2 [X.] aF). Diesen gesetzlichen Vorgaben sei mit der verwendeten [X.], durch die dem Kunden mit dem Lastschriftverfahren und der Überweisung zwei verschie-dene Wege zur Begleichung der Schuld angeboten worden seien, Genüge ge-tan.
Zwar sei bei der Ermittlung des [X.] des § 41 [X.], mit dem namentlich Art. 3 Abs. 5 der [X.]/[X.] nebst deren Anlage A
lit. d) umgesetzt worden sei, zu berücksichtigen, dass der Kun-de, um einen hohen Verbraucherschutz im Hinblick auf die Transparenz der Vertragsbedingungen zu erreichen, über ein breites Spektrum an Zahlungsmo-dalitäten verfügen müsse. Außerdem müssten die Unterschiede in den Ver-3
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tragsbedingungen die Kosten widerspiegeln, die dem Lieferanten durch die un-terschiedlichen Zahlungssysteme entstünden. Demzufolge müsse sich aus dem Angebot des Lieferanten ergeben, dass sich das Produkt im Hinblick auf die unterschiedlich hohen Kosten der Zahlungswege unterscheide.
Dies sei jedoch bei der vom Kläger beanstandeten [X.] der Fall. Bei der Abwicklung per Einzugsermächtigung sei monatlich zu zahlen, während bei der Zahlung per Überweisung eine Vorauszahlung für das Jahr, gegen Einräu-mung eines [X.] von 3 %, verlangt werde. Der durchschnittliche Kunde könne aus diesen Zahlungsbedingungen ersehen, dass die [X.] einen höheren Bearbeitungsaufwand bei der Überweisungsabwicklung dadurch auffange, dass sie eine einmalige Überweisung vorgebe, für ihre durch diese Zahlungsart ent-stehenden Vorteile (Einsparung von Aufwand, Verfügbarkeit der Zahlung im Voraus, kein Ausfallrisko) einen [X.] gewähre und es im Übrigen bei gleichen Preisen für beide Zahlungswege belasse.
Entgegen den Vorstellungen des [X.] sei es nicht erforderlich, dass die [X.] in ihrem Angebot die zugrundeliegende Kalkulation bezüglich der Kosten der Zahlungswege offenlege und gegebenenfalls deren Richtigkeit [X.]. Derartiges lasse sich den genannten Bestimmungen, namentlich dem in der Richtlinie verwendeten Begriff des "[X.]"
nicht entnehmen; zu-dem würde dies die von den Versorgungsunternehmen zu unterbreitenden [X.] in einer völlig unpraktikablen und nicht im Sinne des Verbrauchers lie-genden Weise überfrachten.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das [X.] hat die beanstandete [X.] rechtsfehlerhaft als wirksam beurteilt 7
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und einen Anspruch des [X.] auf Unterlassung der Verwendung dieser [X.] gemäß § 1 [X.] verneint.
Die von der [X.]n verwendete [X.] benachteiligt die Kunden der [X.]n unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, §
41 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht zu vereinbaren ist, soweit sie die Zahlung per Überweisung nur als Jahreszahlung ermöglicht. Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] müssen Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung Bestimmungen über die Zahlungsweise enthal-ten. Ergänzend gibt § 41 Abs. 2 Satz 1 [X.] den
Versorgungsunternehmen vor, Haushaltskunden vor Vertragsschluss verschiedene Zahlungsmöglichkei-ten anzubieten.
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die [X.] nicht schon deswegen den Bestimmungen des § 41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 [X.] und den hierdurch umgesetzten Vorgaben der Richtlinie 2009/73/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/[X.] (im Folgenden: [X.]) widerspricht, weil sie dem Kunden nur die Möglichkeit einräumt, entweder per Lastschriftverfahren oder per Überweisung zu zahlen. Denn mit dieser Wahlmöglichkeit stellt die [X.]

was das Berufungsgericht nicht weiter problematisiert hat

ihren Kunden ein "breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten"
im Sinne von [X.]. d der [X.] zur Verfügung. Sie bietet ihnen damit nicht nur zwei, sondern drei verschiedene Wege zur Begleichung der Zahlungsschuld an. [X.] den Begriff der Überweisung fällt nämlich nicht nur die Überweisung des geschuldeten Betrages von einem Zahlungskonto des Kunden, sondern auch 10
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die sogenannte Barüberweisung, die auf einer Bareinzahlung des Kunden bei einer Bank beruht.
a) Das [X.] definiert nicht, was unter "verschiede-nen Zahlungsmöglichkeiten"
zu verstehen ist. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aber, dass § 41 [X.] der Umsetzung der [X.] dient ([X.]. 343/11, [X.], 214 f.; BT-Drucks. 15/3917, S.
67 [zu § 41 [X.] in der bis zum 3. August 2011 geltenden Fassung]). Das nationale Recht ist damit

wovon auch die Revision und die Revisionserwiderung ausgehen

im Lichte des Wortlauts und der Ziele des Unionsrechts richtlinienkonform auszulegen und anzuwenden (vgl. [X.], Urteile vom 21. Dezember 2011

[X.]/10, NJW 2012, 2276 Rn.
21
und VIII ZR 70/08, [X.]Z 192, 148 Rn. 24 f.; jeweils mwN).
Hierbei kommt Art. 3 Abs. 3 der [X.] und den in deren Anhang I aufgeführten "Maßnahmen zum Schutz des Kunden"
maßgebliche Bedeutung zu. Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der [X.] ergreifen die Mitgliedst[X.]ten ge-eignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden. Zumindest im [X.] schließt dies die im Anhang der Richtlinie genannten Maßnahmen ein (Art.
3 Abs. 3 Satz 8 der [X.]). Nach [X.]. [X.] soll mit den in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie genannten Maßnahmen si-chergestellt werden, dass die Kunden über ein "breites Spektrum an [X.]"
verfügen können, durch die sie nicht unangemessen benachteiligt werden.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist der Begriff "[X.]"
nicht so umfassend zu verstehen, dass er jedwede Zahlungs-regelung

also auch Bestimmungen über die Stückelung von
etwaigen Voraus-zahlungen

mit einschließt, so dass auch diese bei der Beurteilung der Frage 12
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zu berücksichtigen wären, ob dem Kunden ein "breites Spektrum an [X.]"
geboten wird. Vielmehr ergibt sich aus den [X.] und der Entstehungsgeschichte der Richtlinie, dass mit "Zahlungsmodalitäten"
grundsätzlich nur die Zahlungsmittel beziehungsweise die Zahlungswege gemeint sind (vgl. [X.] in [X.] Kommentar zum [X.], 2. Aufl., § 41 [X.] Rn. 44; [X.],
IR 2005, 218; de Wyl/Essig in [X.]/[X.], Recht der Energiewirtschaft, 2008, § 11 Rn. 250).
[X.]) Bei der Auslegung des Begriffs "Zahlungsmodalitäten"
sind

worauf bereits das Landgericht hingewiesen hat

auch die anderen Sprachfassungen der Richtlinie zu berücksichtigen. Die in einer der Sprachfassungen einer Vor-schrift des Unionsrechts verwendete Formulierung kann nach ständiger Recht-sprechung des Gerichtshofs der [X.] nicht als alleinige [X.] für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen. Eine solche Vorge-hensweise wäre mit dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des [X.] unvereinbar. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen vonei-nander ab, muss die fragliche Vorschrift daher nach der allgemeinen Systema-tik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört ([X.], Urteil vom 25. März 2010

Rs. [X.]/08, juris Rn. 38 mwN -
Helmut Müller).
[X.]) Der danach gebotene Blick in
andere Sprachfassungen der [X.] zeigt, dass in mehreren anderen Fassungen Ausdrücke verwendet werden, die in der [X.] inhaltlich eher den Begriffen "Zahlungsmethoden"
oder "Zahlungsarten"
entsprechen. So ist in der [X.], [X.] und [X.] Fassung von "payment methods", von "metodi di pagamento"
bezie-hungsweise von "betalingsmetoder"
die Rede. In der [X.] und der [X.] Fassung finden sich die Begriffe "modes de paiement"
und "modo de pago". Diese Begriffe bezeichnen in erster Linie die Wege, auf welchen eine 15
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Zahlung zu erfolgen hat, also etwa ob die Forderung in bar, per Überweisung oder mit Kreditkarte beglichen werden kann. Dass dies das vorherrschende eu-ropäische Begriffsverständnis ist, ergibt sich auch
aus dem Grünbuch der [X.] "Ein integrierter [X.] Markt für Karten-, Internet-
und mobi-le Zahlungen"
(KOM 2011/941 endg.), in dem an mehreren Stellen mit der Be-zeichnung "Zahlungsmethoden"
verschiedene Arten der Bezahlung umschrie-ben werden (vgl. Ziffer 2.3, 2.4, 4.2 des [X.]).
[X.]) Auch das in der [X.] Version gebrauchte Wort "Zahlungsmoda-litäten"
ist in diesem engeren Sinne zu verstehen. Dies ergibt sich aus der Ent-stehungsgeschichte von Art. 3 Abs. 3 der [X.] (nebst Anhang I).
Diese Bestimmung geht auf einen Vorschlag der [X.] zurück, der auch in der [X.] Fassung vorsah, dass Kunden "kostenlos über das ge-samte Spektrum der Zahlungsmethoden verfügen können"
(KOM 2002/304 endg., [X.]. [X.] Nr. C 227 E, [X.]). Im Gemeinsamen Standpunkt ([X.]) Nr.
5/2003 des Rates wurde diese Formulierung jedoch in der [X.] [X.] durch den Passus "über ein breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten verfügen können"
ersetzt, der später auch Eingang in die [X.] Fassung der [X.] aF (Richtlinie 2003/55/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den [X.] und zur Aufhebung der [X.]/[X.]) auch der aktuell maßgeb-lichen [X.] gefunden hat. Dafür dass der Gemeinsame Standpunkt ([X.]) Nr. 5/2003 und die nachfolgenden [X.]n den von der [X.] eingeführten Begriff "Zahlungsmethoden"
hätten erweitern wollen, bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte. Denn in zahlreichen anderen Sprachfassun-gen (so zum Beispiel in der [X.], [X.], [X.], spani-schen und [X.] Sprachfassung) wird der im Vorschlag der [X.] verwendete Begriff unverändert fortgeführt.
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b) Der Energieversorger hat daher nach der vor dem Hintergrund der [X.] auszulegenden Vorschrift des § 41 Abs. 2 [X.] dem Kunden ein "breites Spektrum"
an "Zahlungsmethoden"
anzubieten. Im Streitfall kann offen bleiben, ob es hierfür genügen würde, dem Haushaltskunden nur zwei mögliche Zahlungsarten zu offerieren (vgl. [X.], ET 2006, [X.], [X.], 65; [X.]/
[X.]/[X.], Energierecht, Stand 2012, § 41 [X.] Rn. 8; de Wyl/Essig, [X.]O; vgl. auch § 16 Abs. 2 [X.] [für die Grundversorgung] und dazu [X.]. 306/06, S. 36 f.), oder ob das Angebot des Energieversorgers im [X.] darauf, dass die [X.] ein "breites Spektrum"
verlangt, mindestens drei verschiedene Zahlungsmöglichkeiten vorsehen muss. Denn die [X.] bietet bei genauer Betrachtung drei Zahlungsweisen an.
[X.]) Der Kunde kann neben der Lastschrift (konkret: dem Einzugsermäch-tigungsverfahren) auch die Überweisung wählen, welche wiederum zwei ver-schiedene Zahlungsarten umfasst. Zum einen kann eine Überweisung dadurch erfolgen, dass der geschuldete Geldbetrag von einem Konto des Kunden bei einem Kreditinstitut abgebucht und dem Konto des Geschäftspartners [X.] wird (vgl. [X.]/[X.], 6. Aufl., §
675f Rn. 63; [X.], [X.], 3. Aufl., Nr. 1.1 Rn. 26). Zum anderen ist eine Überweisung aber auch als sogenannte Barüberweisung ("hal[X.]are"
Überweisung) möglich; [X.] zahlt der Kunde bei einer Bank den geschuldeten Betrag in bar ein, ohne dass er ein Konto bei dieser Bank unterhalten muss. Die Überweisung wird in diesem Fall zulasten eines Kontos pro diverse und nicht zulasten eines Zah-lungskontos des Zahlers ausgeführt ([X.]/[X.], [X.]O Rn. 16; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
49 Rn.
204 und 207). Diese beiden Formen der Überweisung sind als zwei ver-schiedene Zahlungsmöglichkeiten im Sinne des § 41 Abs. 2 Satz 1 [X.] an-zusehen. Denn sie unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt: Die unbare Überweisung steht nur Kunden mit einer Bankverbindung offen, während die 19
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Barüberweisung auch von Kunden genutzt werden kann, die
nicht über ein Bankkonto verfügen.
[X.]) Dafür dass in der von der [X.]n verwendeten [X.] der Begriff der Überweisung in einem einschränkenden Sinne gebraucht würde und etwa nur die Überweisung von einem Zahlungskonto des Kunden umfassen sollte, ist nichts ersichtlich. Denn auch bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung scheiden solche Auslegungsmöglichkeiten aus, die von den an solchen Ge-schäften typischerweise Beteiligten nicht in Betracht gezogen werden (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteile vom 12. Dezember 2012

[X.], NJW 2013, 926 Rn. 27 mwN; vom 5. April 1984 -
III ZR 2/83, [X.]Z 91, 55, 61). Vorliegend soll die Überweisung den Gegensatz zur Lastschrift darstellen und einen Zahlungs-vorgang kennzeichnen, bei dem keine Einzugsermächtigung für die [X.] besteht, sondern der Kunde selbst aktiv werden und der Bank einen [X.] erteilen muss. Für die [X.] macht es jedoch keinen [X.], ob die Zahlung per Überweisung über ein Zahlungskonto des Kunden erfolgt oder auf einer Bareinzahlung des Kunden beruht.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den Umstand für unbeachtlich gehalten, dass eine Zahlung per Überweisung nur denjenigen Kunden eröffnet ist, die sich für eine "Jahreszahlung"
entschieden haben. Diese Einschränkung benachteiligt die Kunden der [X.]n unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Zwar darf nach der Rechtsprechung des [X.] bei der Ge-staltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere bei Zahlungs-klauseln, ein Interesse des Verwenders an der Rationalisierung und der [X.] der Vertragsabwicklung berücksichtigt werden. Der Verwender darf jedoch sein [X.] nicht einseitig und ohne Rücksicht auf 21
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die Belange seines Vertragspartners durchsetzen. Bringt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Rationalisierungsregelung für den Vertrags-partner Nachteile mit sich, so ist im Rahmen der Inhaltskontrolle abzuwägen, ob dem Vertragspartner angesichts der [X.] diese Nachteile zugemutet werden können ([X.], Urteile vom 20. Mai 2010

[X.], [X.]Z 185, 359 Rn. 32; vom 10. Januar 1996

[X.], NJW 1996, 988 unter 4; jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall.
Die [X.] schränkt die
Auswahl der Kunden zwischen den verschie-denen Zahlungsmöglichkeiten dadurch ein, dass sie die Zahlung mittels [X.] nicht für den "Regelfall"
der monatlich oder quartalsweise zu leisten-den Abschlagszahlungen eröffnet, sondern nur bei einer jährlichen Vorauszah-lung vorsieht. Die Zahlung per Überweisung wird damit für einen bestimmten Kundenkreis häufig ausgeschlossen sein. Denn für einkommensschwache Kunden wird es oft nicht möglich sein, den jährlichen Zahlungsbetrag

wie dies von der [X.]n für den Fall einer Überweisung gefordert wird

auf einmal aufzubringen. Solchen Kunden steht somit kein "breites Spektrum an [X.]", sondern

falls sie ein Bankkonto unterhalten

nur eine ein-zige Zahlungsweise (Lastschrift) oder

falls sie kein Konto besitzen sollten und daher auch ein Lastschriftverfahren ausgeschlossen wäre

gar keine [X.] zur Verfügung. Der mit der verwendeten [X.] für die genannten Kunden verbundene Nachteil führt hier dazu, dass die

im Lichte der [X.] zu betrachtenden

gesetzlichen Vorgaben des §
41 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht mehr erfüllt sind.
a) Bei der im Rahmen der Auslegung der genannten Vorschriften zu be-urteilenden Frage, ob dem Kunden ein "breites Spektrum an Zahlungsmodalitä-ten"
zur Verfügung steht, kommt es nicht allein darauf an, wie viele Zahlungs-methoden den Haushaltskunden überhaupt eröffnet sind, sondern auch auf de-24
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ren inhaltliche Ausgestaltung. Denn [X.]. d der [X.] [X.] sich nicht mit der Forderung nach einem "breiten Spektrum", sondern verlangt weiter, dass die Kunden durch die vorgesehenen Zahlungsmodalitäten nicht unangemessen benachteiligt werden. Eine solche unangemessene Be-nachteiligung ist aber nach Sinn und Zweck der [X.] auch dann anzu-nehmen, wenn bestimmte

an sich vorgesehene

Zahlungsweisen einzelnen Kundengruppen verschlossen sind. In Erwägungsgrund 47 Satz 1 der [X.] wird eine weitere Stärkung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und der sich daraus ergebenden gemeinsamen Mindeststandards gefordert, damit sichergestellt werden könne, dass die Vorteile des [X.] und gerechter Preise "allen Verbrauchern, und insbesondere schutzbedürftigen Verbrau-chern", zugute kämen. Satz 7 verlangt
ergänzend, dass die unterschiedlichen Zahlungssysteme "nichtdiskriminierend"
ausgestaltet werden.
b) Eine unzulässige Benachteiligung in diesem Sinne kann auch darin liegen, dass denjenigen Kunden, die nicht über ein Bankkonto verfügen, nur Zahlungsweisen angeboten werden, die die Inhaberschaft eines Bankkontos voraussetzen (vgl. Arbeitspapier der Europäischen [X.] vom 22. Januar 2010 [Interpretative note on Directive 2009/72/EC concerning common rules for the internal market on electricity and Directive 2009/73/EC concerning common rules for the internal market in natural gas], S. 6; [X.], [X.]O).
So verhält es sich hier. Die von der [X.]n verwendete [X.] räumt den Kunden zwar die Möglichkeit einer Überweisung ein, die auch eine

ohne
Inanspruchnahme eines Bankkontos mögliche

Barüberweisung umfasst. Da diese Art der Zahlung aber nicht für den "Regelfall"
monatlich oder [X.] zu leistender Abschlagszahlungen vorgesehen, sondern an die Bedingung geknüpft ist, dass der gesamte Jahresbetrag auf einmal im Voraus gezahlt wird, wird diese Zahlungsweise für Kunden ohne Bankkonto jedoch häufig praktisch 26
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undurchführbar sein. Denn hierbei wird es sich vorwiegend um Kunden ohne regelmäßiges oder mit nur geringem Einkommen handeln. Solche Kunden wer-den nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten in der Lage sein, den ge-samten Jahresbetrag für den Energieverbrauch in bar aufzubringen. Dies hat zur Folge, dass ihnen sämtliche in der [X.] vorgesehenen Zahlungswege verschlossen sind, weil sie

mangels Liquidität

nicht die Voraussetzungen für eine Überweisung erfüllen und

mangels Bankkonto

kein Lastschriftverfahren durchführen können.
c) Aber auch einkommensschwache Kunden mit Bankkonto werden durch die von der [X.]n vorgegebenen Zahlungsweisen erheblich in ihrer Dispositionsfreiheit eingeschränkt. Denn wenn sie von der Möglichkeit der Überweisung Gebrauch machen wollen, müssen sie sicherstellen, dass ihr Bankkonto zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt eine ausreichend hohe Deckung für den jährlichen Zahlungsbetrag aufweist. Hierbei handelt es sich

worauf die Revision zu Recht hinweist

in aller Regel um größere Beträge. Die Höhe der geschuldeten Geldbeträge unterliegt zudem

je nach dem Verbrauch der Kun-den

gewissen Schwankungen, so dass diese nicht mit einem jährlich in etwa gleichbleibenden Betrag kalkulieren können.
d) Dass die dargestellten Nachteile womöglich nur bei einem kleinen Teil der Kunden

vor allem bei Kunden ohne Bankkonto

auftreten, lässt eine un-angemessene Benachteiligung der Gaskunden nicht entfallen (vgl. [X.], Urteil vom 23. Januar 2003

[X.], NJW 2003, 1237 unter II 3 d [X.]). Denn der [X.]n stehen Mittel und Wege zur Verfügung, eine solche Benachteiligung ohne unzumutbaren Aufwand zu vermeiden. So könnte sie insbesondere ihre Bedingungen dahin abändern, dass sie ihren Kunden auch für kürzere Ver-brauchszeiträume (Abschlagszahlungen) die Möglichkeit einer Zahlung per Überweisung einräumt. Nennenswerte Nachteile für die [X.] sind hierbei 28
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nicht zu erkennen, denn es bleibt ihr unbenommen, etwa entstehende zusätzli-che Verwaltungskosten bei der Kalkulation des Gaspreises zu berücksichtigen. Die [X.] fordert nicht, dass die den Kunden angebotenen verschiede-nen Zahlungsmethoden für diese kostenneutral sind. Der anderslautende Vor-schlag der [X.] hat in die [X.] keinen Eingang gefunden. Dort ist vielmehr in Einklang mit dem Gemeinsamen Standpunkt ([X.]) Nr.
5/2003 des Rates vorgesehen, dass Unterschiede in den Vertragsbedingungen die Kosten widerspiegeln, die dem Lieferanten durch die unterschiedlichen Zahlungssys-teme entstehen ([X.]. d Satz 3 der [X.]; Anhang A Buchst. d Satz 2 der [X.] aF). Es ist daher im Schrifttum allgemein anerkannt, dass für unterschiedliche Zahlungsweisen verschiedene [X.] zu-lässig sind ([X.], [X.]O; [X.], [X.]O; [X.], [X.]O Rn.
46; [X.]/[X.]/
[X.], [X.]O Rn. 8; [X.] in [X.]/[X.]/Hermes, [X.], 2008, §
41
Rn. 16).
e) Dass die [X.] in einer neueren Fassung der beanstandeten [X.] einen
vom Berufungsgericht für ausschlaggebend erachteten

[X.] von 3 % für die Jahreszahlung per Überweisung einräumt, vermag an der [X.] der beanstandeten [X.] nichts zu ändern. Zum einen ist ein solcher [X.]

wie die Revision mit Recht rügt

in der von der Klägerin beanstandeten Fassung der [X.] nicht vorgesehen. Zum andern stellte ein derarti-ger [X.] ohnehin keinen Ausgleich dafür dar, dass finanziell schwachen Kun-den praktisch keine Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten verbleibt.

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III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache nach den ge-troffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung des [X.] ist das Urteil des [X.] teilweise abzuändern und der Klage auch hinsichtlich der
Untersagung der Verwendung der bean-standeten [X.] stattzugeben.

[X.] Frellesen [X.]

[X.] Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.08.2011 -
25 O 366/11 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 30.03.2012 -
I-19 [X.] -

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Meta

VIII ZR 131/12

05.06.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. VIII ZR 131/12 (REWIS RS 2013, 5277)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5277

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VIII ZR 131/12

I ZR 190/10

VIII ZR 70/08

VIII ZR 14/12

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