Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.12.2012, Az. IV ZR 110/10

4. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 740

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Gegenstand

Kirchliche Zusatzversorgungskasse: Höhe des Sanierungsgeldes als Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien; Zahlungsverpflichtung von Beteiligten in einer Durchführungsvorschrift zu einer Satzungsbestimmung (hier: sog. "Beitragszuschuss Ost") als überraschende Klausel


Leitsatz

1. Die Höhe des Sanierungsgeldes einer Kirchlichen Zusatzversorgungskasse beruht schon deshalb nicht auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien, weil es hierzu an einer tarifvertraglichen Regelung fehlt. Die Bestimmung der Höhe des Sanierungsgeldes durch die Zusatzversorgungskasse hat gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen.

2. Die Regelung einer Zahlungsverpflichtung von Beteiligten in einer Durchführungsvorschrift zu einer Satzungsbestimmung (hier: sog. "Beitragszuschuss Ost") ist nach § 305c Abs. 1 BGB eine überraschende Klausel.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 17. März 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, hat die Aufgabe, Beschäftigten des kirchlichen und kirchlich-caritativen Dienstes in den Diözesen in der [X.] eine zusätzliche Alters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung nach den für Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren. Gemäß § 11 Abs. 2 ihrer Satzung ([X.]) ist Voraussetzung für den Erwerb einer Beteiligung, dass der Arbeitgeber das für die Mitglieder der in der [X.] zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände geltende Versorgungstarifrecht oder in Bezug auf die Leistungen ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts tarifvertraglich oder allgemein einzelvertraglich anwendet. Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin. Die Beklagte hat in ihrer Beteiligungsvereinbarung das jeweils geltende Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt und ausdrücklich erklärt, ein Versorgungsrecht entsprechend der Kassensatzung anzuwenden.

2

Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 (veröffentlicht im Amtsblatt des [X.]    2002, [X.] ff.) stellte die Klägerin ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 ([X.]) um. Zuvor hatten die [X.] sowie die [X.] im Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - [X.] - ([X.]) vom 1. März 2002 einen entsprechenden Systemwechsel vereinbart. Dabei regelt § 17 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass die [X.] zur Deckung des infolge der Schließung des [X.] und des Wechsels zum [X.] zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1. November 2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, vom Arbeitgeber [X.] erheben. Die Höhe des [X.] ist für die Klägerin tarifvertraglich nicht festgelegt. Anlage 5 des [X.] enthält den Tarifvertrag [X.] 2001 ([X.] 2001). Nach dessen Ziff. 2.2. Abs. 3 Satz 2 werden von den Überschüssen der Kasse nach Abzug der Verwaltungskosten vorrangig die [X.] Komponenten und die Bonuspunkte finanziert.

3

Ziff. 4.1 [X.] 2001 bestimmt:

"Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst.

Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v.H. - wird durch steuerfreie, pauschale [X.] gedeckt.

…"

4

In der [X.] finden sich unter anderem folgende Finanzierungsregelungen:

§ 53 Kassenvermögen

(1) …

a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen ([X.] P),

b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31. Dezember 2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen ([X.] F) und

c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche ([X.] S).

...

(3)

§ 54 Deckungsrückstellung

§ 55 Deckung von Fehlbeträgen und Überschussverwendung

(3)

§ 63 [X.]

(1) Der Beteiligte ist Schuldner eines pauschalen [X.].

(2) Das insgesamt von allen Beteiligten zu entrichtende [X.] beläuft sich je Kalenderjahr auf den vom Verwaltungsrat auf Vorschlag des [X.] festgesetzten Vomhundertsatz der Summe der zusatzversorgungspflichtigen Entgelte der jeweiligen Pflichtversicherten des [X.]es S, …

(5)

5

Der Verwaltungsrat der Klägerin setzte durch Beschluss vom 16. April 2002 die Höhe des zu erhebenden [X.] ab dem 1. Januar 2002 auf 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts fest.

6

Im Leistungsrecht regelt § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 [X.] soziale Komponenten. Dazu gehören unter anderem [X.] bei Erwerbsminderungsrenten, Kindererziehungszeiten und eine Übergangsregelung für die Versicherten mit einer [X.] von 20 Jahren.

7

Die Klägerin erhebt zudem einen so genannten Beitragszuschuss Ost. Dabei stützt sie sich auf § 64 [X.], wonach sie "nach Maßgabe gesonderter Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen" kann. Der Beitragszuschuss Ost dient der Finanzierung der weiteren [X.] Komponente gemäß § 35 Abs. 5 [X.], demzufolge in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet unabhängig vom tatsächlichen Beitrag [X.] auf Basis des [X.] hinzugerechnet werden, der auch im übrigen [X.] erhoben wird. Zu § 64 [X.] wurde eine gesonderte Durchführungsvorschrift erlassen (veröffentlicht im Amtsblatt des [X.]   2002, [X.]). Auszugsweise heißt es dort:

"1. Die nach § 35 Abs. 5 hinzugerechneten [X.] werden zu einem Drittel aus den Überschüssen des [X.]es P und zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet West und schließlich zu einem weiteren Drittel durch einen Zuschuss des [X.]

3. Basis für die Belastung des jeweiligen Dienstgebers ist sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001.

..."

8

Bei der Beklagten sind Arbeitnehmer des kirchlich-caritativen Dienstes beschäftigt. Sie ist Beteiligte der Klägerin. In ihrer Beteiligungsvereinbarung hat sie das jeweils gültige Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt. Von der Klägerin geforderte Zahlungen für das [X.] und den Beitragszuschuss Ost hat sie nicht geleistet; diese summieren sich für die Jahre 2002 bis 2005 auf rund 935.000 €.

9

Die Klägerin hält § 63 [X.] für wirksam. Sie habe das [X.] zu Recht erhoben. Anlässlich der Systemumstellung habe sich eine Deckungslücke von 446.840.912,26 € ergeben, die aus den in das neue Betriebsrentensystem zu überführenden Besitzständen resultiere. Diese Deckungslücke sei gemäß dem Vorschlag des [X.] durch Erhebung eines [X.] in Höhe von 0,75% des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts zu schließen. Der Beitragszuschuss Ost sei auf Grundlage des § 64 [X.] rechtmäßig erhoben worden. Unter Zuwendungen seien im Sinne von § 4c Abs. 1 EStG Zuwendungen zur Abdeckung von Fehlbeträgen der Kasse zu verstehen. Der Beitragszuschuss Ost schließe einen Finanzierungsbedarf der Klägerin.

Nach Ansicht der Beklagten ist § 63 [X.] unwirksam. Die Klägerin könne sich bei der Einführung des [X.] nicht auf den [X.] stützen, da ihre Beteiligten nicht diesen Tarifvertrag, sondern die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des [X.]           ([X.]) anwendeten. Für den Beitragszuschuss Ost fehle es an einer Rechtsgrundlage; unter einer Zuwendung i.S. des § 64 [X.] sei nur eine freiwillige Leistung zu verstehen.

Das [X.] hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob bei der Klägerin ein durch die Systemumstellung bedingter Finanzierungsbedarf bestanden habe, abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderungen weiter.

Der Verwaltungsrat der Klägerin hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Vomhundertsatz für die Erhebung des [X.] rückwirkend für den [X.]raum ab 1. Januar 2002 erneut auf 0,75 und für die [X.] ab dem 1. Januar 2010 auf 1,35 festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf [X.] verneint. Die Satzungsregelung des § 63 [X.] sei zwar wirksam. Allerdings sei der [X.] vom 16. April 2002 über die Festlegung der Höhe des [X.]es unwirksam. Die auf billiges Ermessen hin zu überprüfende Entscheidung des Verwaltungsrats beruhe auf einem Ermessensfehler, weil der Verwaltungsrat von einer unzutreffenden Höhe der umstellungsbedingten Deckungslücke ausgegangen sei. Zum einen widerspreche die von der Klägerin vorgenommene Berücksichtigung von Versicherten ohne erfüllte Wartezeit der abschließenden Regelung in § 54 Satz 1 [X.], wonach bei der Deckungsrückstellung nur beitragsfrei Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen seien. Zum anderen seien in die Deckungslücke die [X.] Komponenten nach § 35 Abs. 1 bis Abs. 4 [X.] pauschal hineingerechnet worden, obwohl diese aus Überschüssen zu finanzieren seien, die hinreichende Möglichkeit einer konkreten Berechnung bestehe und die [X.] Komponenten überwiegend zum [X.] gehörten und deshalb nicht im [X.] zu berücksichtigen seien. Die Deckungslücke für 2002 liege daher um rund 286 Mio. € niedriger als die vom Verwaltungsrat angenommene Summe von rund 447 Mio. €. Diese Diskrepanz schließe eine sachgerechte und ermessensfehlerfreie Ermessensausübung des Verwaltungsrats aus.

Einen Anspruch auf den Beitragszuschuss Ost gebe es ebenso wenig. § 64 [X.] könne nicht im Sinne einer Zahlungsverpflichtungen auslösenden Anordnungsermächtigung verstanden werden. Überdies könnten die [X.] nicht im Wege einer bloßen Durchführungsvorschrift zu einer Sonderfinanzierung herangezogen werden.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf [X.] verneint.

a) Allerdings enthält die Satzung der Klägerin - anders als das Berufungsgericht meint - in § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 [X.] nur einen einzigen, einheitlichen [X.]tatbestand. Der Beteiligte hat als durchschnittlicher Versicherungsnehmer keinen Anlass, von unterschiedlichen [X.]ern in § 63 [X.] einerseits und § 55 Abs. 3 [X.] andererseits auszugehen. Insbesondere kann er § 63 [X.] kein gesondertes, von einem konkreten Finanzierungsbedarf abgekoppeltes [X.] entnehmen.

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Einführung eines [X.]es durch § 63 i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 3 [X.] und dessen Erhebung allein von den Arbeitgebern nicht als unangemessene Benachteiligung der [X.] [X.] des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB betrachtet. Die Satzungsbestimmungen der Klägerin übernehmen insoweit tarifrechtliche Grundentscheidungen der Tarifvertragsparteien (§ 17 [X.] und Ziff. 4.1 [X.] 2001). Soweit hiernach § 55 und § 63 [X.] nur einer Überprüfung an Hand des [X.] Verfassungsrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts unterliegt, verstößt er hiergegen nicht; ebenso sind die Grenzen der Satzungsänderungsbefugnis nicht überschritten (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - [X.], [X.], 314 Rn. 63 ff.). Dabei muss sich die Beklagte über ihre Beteiligungsvereinbarung im Rahmen der [X.] den [X.] und den [X.] 2001 entgegenhalten lassen (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 aaO Rn. 59 ff.). Keine Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien besteht indessen zur konkreten Höhe des [X.]es, weil der [X.] und der [X.] 2001 insoweit keine Regelung für die Klägerin treffen.

c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Festlegung der Höhe des [X.]es durch den [X.] vom 16. April 2002 auf die Einhaltung billigen Ermessens hin überprüft und diesen für unwirksam erachtet.

aa) § 315 Abs. 1 BGB setzt eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, wonach eine [X.] durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann ([X.], Urteil vom 28. April 2009 - [X.], [X.], 1180 Rn. 33 m.w.N.). Ein faktisches Bestimmungsrecht reicht nicht aus ([X.] aaO). Eine vertragliche Bestimmung der Leistung geht vor und schließt die Anwendung des § 315 BGB aus, etwa wenn die Vertragspartner objektive Maßstäbe vereinbaren, die es ermöglichen, die vertraglichen Leistungspflichten zu bestimmen (Erman/[X.], [X.]. § 315 Rn. 1, 4). So liegt bei einer Preisanpassungsklausel nur dann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vor, wenn dem Leistungserbringer bei der Preisgestaltung ein Ermessensspielraum zusteht; dies ist nicht der Fall, wenn vertraglich die Berechnungsfaktoren im Einzelnen bestimmt sind ([X.], Urteil vom 11. Oktober 2006 - [X.], [X.], 210 Rn. 19).

Nach diesen Grundsätzen ist von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB auszugehen. § 63 Abs. 2 [X.] überlässt die Festlegung der Höhe des [X.]es allein der Klägerin. Die Satzung selbst gibt zwar den Rahmen vor, indem § 55 Abs. 3 Satz 3 [X.] als Voraussetzung für die Erhebung einen Fehlbetrag im [X.] festlegt, § 63 Abs. 2 [X.] Verfahrensregelungen trifft und § 63 Abs. 3 [X.] Einzelheiten zur Berechnung enthält. Die Kernentscheidung der Bestimmung der [X.]höhe bleibt indes ausdrücklich kraft satzungsmäßiger Zuweisung dem Verwaltungsrat der Klägerin vorbehalten, womit allein ihm die Leistungsbestimmung obliegt. Diese hat er gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen.

bb) Gegenstand des Verfahrens ist allein der Beschluss des Verwaltungsrats vom 16. April 2002. Der nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangene neue Beschluss des Verwaltungsrats vom 20. Mai 2010 ist entgegen der Ansicht der Klägerin im Revisionsverfahren nicht zu beachten.

Das Revisionsgericht hat das zur [X.] seiner Entscheidung geltende Recht anzuwenden ([X.], Urteil vom 26. Februar 1953 - [X.], [X.]Z 9, 101; [X.]/[X.], 3. Aufl. § 545 Rn. 9). Hierzu gehören Vorschriften, die Normen objektiven Rechts enthalten. Dem [X.] fehlt es an der erforderlichen Normqualität. Er ist lediglich Tatbestandsvoraussetzung des als Allgemeine Versicherungsbedingung anzusehenden § 63 Abs. 2 [X.], enthält jedoch kein revisibles objektives Recht.

cc) Das Berufungsgericht hat mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung eine Überschreitung des billigen Ermessens angenommen.

(1) Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 BGB können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat und ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat ([X.], Urteil vom 13. Juni 2007 - [X.], [X.]Z 172, 315 Rn. 20 m.w.N.).

(2) Das Berufungsgericht hat den Begriff des billigen Ermessens nicht verkannt. Die Billigkeit [X.] des § 315 BGB bezeichnet die Grenzen des Ermessens, die eingehalten werden müssen, damit die getroffene Entscheidung für den Empfänger der Bestimmungserklärung verbindlich ist. Es sind die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abzuwägen. Die Ausübung des billigen Ermessens ist gerichtlich dahingehend nachprüfbar, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten sind und ob nicht sachfremde oder willkürliche Motive für die Bestimmung maßgebend gewesen sind ([X.] NJW 1962, 268, 270). Mithin ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Entscheidungskontrolle nicht auf eine Ergebniskontrolle verengt werden darf, sondern auch der subjektive Ermessensfehlgebrauch in Anlehnung an die verwaltungsrechtliche Ermessensfehlerlehre von Bedeutung ist ([X.]/[X.], [X.]. 2009 § 315 Rn. 327 f.). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht geprüft, ob der Verwaltungsrat deshalb nicht ermessensfehlerfrei entscheiden konnte, weil er von einem unzutreffenden Sachverhalt in Form eines weit überhöhten umstellungsbedingten [X.] ausgegangen war. Entgegen der Ansicht der Revision ist es unerheblich, dass der Verwaltungsrat nach dem Vorbringen der Klägerin den gleichen Vomhundertsatz mit einer anderen Begründung hätte festsetzen können.

(3) [X.] nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Beschluss des Verwaltungsrats der Klägerin vom 16. April 2002 als ermessensfehlerhaft betrachtet hat, weil diesem die Annahme einer weit übersetzten Deckungslücke zu Grunde lag.

(aa) Das Berufungsgericht hat zu Recht aus § 54 Satz 1 [X.] abgeleitet, dass bei der Bestimmung der Deckungsrückstellung allein Versicherte mit erfüllter Wartezeit zu berücksichtigen sind und im Umkehrschluss Versicherte ohne erfüllte Wartezeit bei der Berechnung keine Berücksichtigung finden können. Der Auslegung der Revision, wonach der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne, dass diese Bestimmungen zur Bilanzierung nicht vollständig seien und deshalb anderweitige Bilanzierungsregeln Vorrang hätten, kann nicht gefolgt werden. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer orientiert sich bei seinem Verständnis am Satzungswortlaut. Gibt ihm dieser wie hier keinen entsprechenden Hinweis, besteht für ihn kein Anlass, nicht benannten [X.] den Vorrang vor ausdrücklich genannten [X.] zu geben. Gleiches gilt für den Einwand der Revision, die Anknüpfung des [X.]es in § 55 Abs. 3 Satz 3 [X.] beziehe sich auf den Fehlbetrag in der gesonderten Bilanz und nicht auf die Deckungsrückstellung. Dass das Berufungsgericht dem Vortrag der Klägerin nicht gefolgt ist, für die Versicherten ohne Wartezeit bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit des Erreichens der Wartezeit über eine anderweitige Beschäftigung, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Aus § 54 Satz 1 [X.] ist zu entnehmen, dass dieser Umstand erst Berücksichtigung finden soll, wenn die Wartezeit erfüllt und mithin die von der Revision aufgezeigte Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.

(bb) [X.] ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der [X.] habe nicht über die Berücksichtigung [X.] Komponenten bei der Deckungsrückstellung belastet werden dürfen.

Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] Komponenten aus den Überschüssen zu finanzieren sind. Ziff. 2.2 Abs. 3 Satz 2 [X.] 2001 bestimmt dies für die dort näher genannten [X.] Komponenten der Zurechnungszeiten bei [X.] und Hinterbliebenenrenten, Kindererziehungszeiten und der Übergangsregelung für langjährig Versicherte ausdrücklich durch Tarifvertrag. Hiervon ist die Klägerin nicht abgewichen. Zu Recht hat das Berufungsgericht insoweit den Technischen Geschäftsplan der Klägerin als widersprüchlich angesehen, weil er einerseits anordnet, dass die Finanzierung der [X.] Komponenten aus dem Überschuss erfolgt, und andererseits die Deckungsrückstellung mit [X.] Komponenten belastet. Daher gibt es keine Grundlage dafür, Aufwendungen für [X.] Komponenten bei der Ermittlung der systembedingten Deckungslücke anzusetzen. Überzeugend hat das Berufungsgericht den Einwand der Klägerin verworfen, die vorherige Einstellung in die Deckungsrücklage sei nichts anderes als eine Überschussverteilung, weil auf diese Weise später kein oder ein geringerer Überschuss verbleibe. Überschussverteilung bedeutet, dass ein Überschuss ermittelt und dessen positiver Saldo verteilt wird. Mithin besagt die Überschussfinanzierung der [X.] Komponenten, dass der Verantwortliche Aktuar die [X.] Komponenten aus den erwirtschafteten Erträgen der Kasse abdecken muss (Langenbrinck/Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 3. Aufl. Rn. 55).

Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Annahme des Berufungsgerichts, dass es auf Grundlage des technischen Geschäftsplans der Klägerin gegen versicherungsmathematische Grundsätze verstößt, die Deckungsrückstellung - wie von der Klägerin praktiziert - durch den Ansatz einer Pauschale für die [X.] Komponenten zu belasten. Diese auf ein gerichtliches Sachverständigengutachten gestützte tatrichterliche Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen, zumal der Technische Geschäftsplan der Klägerin selbst davon spricht, dass die [X.] Komponenten bei der Ermittlung der Deckungsrückstellung grundsätzlich erst berücksichtigt werden, wenn sie endgültig feststehen.

Da bereits aus diesen Gründen die Einbeziehung der [X.] Komponenten in die Berechnung der umstellungsbedingten Deckungslücke fehlerhaft ist, kann dahinstehen, ob sich - wie das Berufungsgericht meint - zusätzlich noch aus § 53 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a [X.] eine Zuordnung der [X.] Komponenten zum [X.] ergibt.

d) Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf verzichtet, eine eigene Bestimmung der Leistung durch Urteil vorzunehmen.

Nach der Rechtsprechung des [X.] zur Betriebsrente ist § 315 Abs. 3 BGB einschränkend dahingehend auszulegen, dass bei komplexen Versorgungssystemen mit kollektiver Wirkung zwar die Anpassungsentscheidung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, das Gericht jedoch nicht seine Entscheidung an die Stelle einer unwirksamen Anpassungsentscheidung setzen kann ([X.] NZA-RR 2008, 520). Dies gilt auch hier. Die Zusatzversorgung der Klägerin stellt ein komplexes Versicherungssystem dar, das bezüglich seiner Finanzierung über die Belange der [X.] hinausgeht und die Beteiligten in ihrer Gesamtheit betrifft.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf den von ihr erhobenen Beitragszuschuss Ost mangels entsprechender Anspruchsgrundlage verneint.

a) Dabei hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Bestimmung des § 64 [X.] "Die Kasse kann nach Maßgabe besonderer Durchführungsvorschriften von Dritten und Beteiligten Zuschüsse entgegennehmen." keine Regelung entnehmen kann, die ihm eine Zahlungspflicht auferlegt. Es kann dahinstehen, ob der hier maßgebliche Kreis der kirchlichen Arbeitgeber unter einem Zuschuss gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch eine freiwillige Leistung oder gemäß dem steuerrechtlichen Begriff der Zuwendung [X.] des § 4c EStG einen Zuschuss an eine Pensionskasse zur Sicherstellung ihrer Leistungen (Heger in [X.], EStG, 115. Aufl. § 4c EStG Rn. 38) versteht. Der Begriff des "Entgegennehmens" beschreibt einen rein passiven Akt auf Seiten der Klägerin. Eine Zahlungsverpflichtung auf Seiten des Beteiligten wird damit nicht statuiert, zumal der Begriff "kann" den unverbindlichen Charakter nochmals unterstreicht. Die Satzung spricht nicht davon, dass Zuschüsse von der Kasse verpflichtend erhoben werden können. Dass eine [X.] etwas entgegennimmt, besagt nicht zwangsläufig, dass die gebende [X.] eine Verpflichtung hierzu hat. Dies zeigt sich anschaulich daran, dass 1/3 der von der Klägerin entgegen genommenen Zuwendungen aus einem freiwilligen Zuschuss des [X.] stammt.

b) Ein anderes Verständnis folgt nicht aus der Durchführungsvorschrift zu § 64 [X.].

Trotz des Verweises in § 64 [X.] auf die einschlägige Durchführungsvorschrift braucht der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese nicht zu berücksichtigen, weil sie als überraschende Klausel gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

aa) Überraschend ist eine Klausel nur, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des typischerweise damit konfrontierten Versicherungsnehmers in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (Senatsurteile vom 21. Juli 2011 - [X.], [X.], 1257 Rn. 16; vom 30. September 2009 - [X.], [X.], 1622 Rn. 13 m.w.N.). Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen ([X.], Urteile vom 26. Juli 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1261 Rn. 10; vom 21. Juli 2010 - [X.], [X.], 3152 Rn. 27; vom 17. Mai 1982 - [X.], [X.]Z 84, 109 unter 2 a). Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, an welcher Stelle des Klauselwerks die entsprechende Klausel steht, weil alle Bestimmungen grundsätzlich gleich bedeutsam sind und nicht durch die Platzierung einer Vorschrift im Klauselwerk auf deren Bedeutung geschlossen werden kann. Aus der Stellung der Klausel kann sich ein Überraschungseffekt vielmehr dann ergeben, wenn diese in einem systematischen Zusammenhang steht, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht ([X.], Urteile vom 21. Juli 2010 aaO; vom 9. Dezember 2009 - [X.], [X.]Z 183, 299 Rn. 16 f.).

bb) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Die Durchführungsvorschrift beschreibt unter Ziff. 1 die Finanzierung der [X.] Komponente des § 35 Abs. 5 [X.]. Dabei spricht Ziff. 1 davon, dass ein Drittel der Kosten "durch einen Zuschuss der zum 31. Dezember 2001 vorhandenen Beteiligten aus dem Tarifgebiet [X.]" finanziert wird. Ziff. 3 bestimmt, dass Basis für die "Belastung des jeweiligen Dienstgebers" sein gesamtes zusatzversorgungspflichtiges Entgelt des Jahres 2001 ist. Dies besagt, dass die Kasse eine zwangsweise Belastung der Beteiligten [X.] vornimmt.

Ein kirchlicher Arbeitgeber braucht nicht damit zu rechnen, dass in einer so gefassten Durchführungsvorschrift zu einer Satzungsbestimmung erstmals eine zwangsweise Zahlungsverpflichtung begründet wird. Der Beteiligte muss sich als durchschnittlicher Versicherungsnehmer darauf verlassen können, dass in der Satzung der Klägerin alle wesentlichen Regelungen getroffen sind. Nach allgemeinem Verständnis haben Durchführungsvorschriften nur subsidiären Charakter; sie dienen dazu, die in der Satzung getroffenen Regelungen mit Detailbestimmungen auszugestalten. Keinesfalls sind sie dazu bestimmt, Kernverpflichtungen des Beteiligten aus seinem Beteiligungsverhältnis wie dessen laufende Zahlungen an die Klägerin erstmals festzulegen. Die von der Klägerin gewählte Form der Erhebung des [X.] Ost ist für den Beteiligten daher ungewöhnlich und erfolgt in einer Art und Weise, mit der dieser nicht zu rechnen braucht.

[X.]                                       [X.]                                  Felsch

               Harsdorf-Gebhardt                       Dr. [X.]

Meta

IV ZR 110/10

05.12.2012

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 17. März 2010, Az: 20 U 45/09

§ 55 Abs 3 S 3 KiZusVKSa, § 63 KiZusVKSa, § 64 KiZusVKSa, § 305c Abs 1 BGB, § 315 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.12.2012, Az. IV ZR 110/10 (REWIS RS 2012, 740)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 740

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