Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.06.2010, Az. 27 W (pat) 514/10

27. Senat | REWIS RS 2010, 5738

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Ulmer Münster" - Angabe des Namens eines sakralen Gebäudes - zur Angabe der geographischen Herkunft einer beanspruchten Ware und Dienstleistung


Leitsatz

Ulmer Münster II

Für die Ware Bier und die Dienstleistung Verpflegung/Beherbergung ist es nicht üblich, die geographische Herkunft statt durch Angabe eines Ortsnamens durch den Namen eines sakralen Gebäudes anzugeben.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 016 350.2

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] sowie der Richter [X.] und [X.] am 17. Juni 2010

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 des [X.] vom 27. Oktober 2009 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmeldung der Wortmarke

2

[X.] Münster

3

die nach Einschränkung im Beschwerdeverfahren noch für die Waren und Dienstleistungen

4

„Biere, Biermischgetränke, alkoholfreies Bier;

5

Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“

6

beansprucht wird, hat die Markenstelle mit Beschluss vom 27. Oktober 2009 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, das [X.] [X.] sei nicht nur Wahrzeichen der [X.], sondern habe auch als eines der größten [X.] Gebäude in [X.] eine herausragende architektonische und kunsthistorische Bedeutung. Um den [X.] hätten sich zahlreiche Gewerbetreibende angesiedelt, darunter auch mehrere Gastronomie- und Hotelbetriebe. Darüber hinaus werde der Platz regelmäßig für die Veranstaltung von Märkten und kulturellen Events genutzt. Im [X.] [X.]haus am [X.] sei eine Dauerausstellung zur Geschichte des [X.] zu sehen. Es sei naheliegend, in diesen Fällen mit dem Hinweis auf das [X.] [X.] den Veranstaltungsort bzw. den Erbringungsort der Dienstleistungen zu benennen. Zudem komme das [X.] [X.] schon wegen seiner kunsthistorischen Bedeutung auch als thematischer Hinweis in Betracht und auch im Hinblick auf die beanspruchten Getränke wäre es nicht ungewöhnlich, wenn ein ortsansässiger Gastwirt eine Sonderedition oder ein selbstgebrautes Hausbier mit dem Namen des berühmten Bauwerkes bewerben würde. Vor diesem Hintergrund könne ein Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit nicht bestritten werden. Insbesondere die potentiellen Mitbewerber dürften nicht durch ungerechtfertigte [X.] daran gehindert werden, die Merkmale ihrer eigenen Produkte in gleicher oder ähnlicher Weise zu beschreiben. Darüber hinaus fehle dem angemeldeten Zeichen auch jede Unterscheidungskraft.

7

Der Beschluss wurde der Anmelderin am 10. November 2009 zugestellt.

8

Mit ihrer Beschwerde vom 18. November 2009 begehrt sie die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.

9

Sie ist der Ansicht, „[X.] [X.]“ sei keine geographische Angabe. Im [X.] [X.] werde kein Bier gebraut; sein Name habe keinerlei Bezug zu Bier.

II.

Die zulässige Beschwerde hat nach Einschränkung im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis Erfolg. Der angemeldeten Bezeichnung stehen für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Eintragungshindernisse im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegen.

Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich nicht um eine freihaltungsbedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung Zeichen ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen dienen können. Dabei sind nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Es ist vielmehr auch zu erörtern, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist.

Namen eines dort gelegenen Bauwerks zu bezeichnen. Etwas anderes mag für die bildliche Wiedergabe eines bekannten „Wahrzeichens“ gelten. Hierzu gehört das Anmeldezeichen aber nicht, zumal die Art der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Bedürfnis an der Verwendung der vorliegenden Angabe reduziert. Zwar befindet sich das [X.] Münster in der [X.] und prägt das [X.]bild sowie das der Region und wird deshalb als Wahrzeichen [X.]s gesehen. Trotzdem bleibt der Hinweis auf ein Münster erhalten. Dieser Kirchenbau befindet sich zwar in der [X.] und stellt ein kulturelles Symbol dar. Mit der [X.] als Wirtschaftsgefüge und Wirtschaftsraum ist er jedoch nicht gleichzusetzen.

Damit dürfte die Bezeichnung „[X.] [X.]“ weder in der Gegenwart noch in der Zukunft als Angabe für die hier einschlägigen Waren oder Dienstleistungen benötigt werden. Ist aber die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine ernstzunehmende geographische Bezeichnung, dann besteht daran auch kein Freihaltungsbedürfnis. Mitbewerbern ist es unbenommen, auf die Lage ihrer Hotels, Wirtshäuser etc. mit „am [X.] [X.]“ o. ä. neben einem Namen hinzuweisen, wenn dies nicht durch die Gestaltung markenmäßig geschieht.

Der angemeldeten Bezeichnung fehlt ohne beschreibende Aussage auch nicht das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache, das – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt ([X.] - [X.]). Soweit die angemeldete Bezeichnung nicht dienstleistungsbeschreibend ist, besteht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

Dass der Name „[X.] [X.]“ außerhalb eines (vorliegend aber aufgrund der vorstehenden Ausführungen zu verneinenden) möglichen waren- und dienstleistungsbeschreibenden Sinngehaltes grundsätzlich unterscheidungskräftig ist, bedarf keinen Ausführungen; es gibt keine weiteren Orte, die [X.] heißen und ein [X.] aufweisen.

Meta

27 W (pat) 514/10

17.06.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.06.2010, Az. 27 W (pat) 514/10 (REWIS RS 2010, 5738)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5738

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Wird zitiert von

25 W (pat) 535/11

33 W (pat) 47/09

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