Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2015, Az. 27 W (pat) 548/14

27. Senat | REWIS RS 2015, 17311

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „Kloster Wettenhausen“ – Unterscheidungskraft – keine geografische Angabe – betrieblicher Herkunftshinweis


Leitsatz

Kloster Wettenhausen

Klöster sind für unternehmerische Tätigkeiten bekannt. Die grundsätzlich schutzfähigen Namen eines Klosters, das keine mit Schloss Neuschwanstein vergleichbare touristische Attraktion ist, weist daher im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen auf ein bestimmtes Unternehmen hin. Dies gilt auch für Dienstleistungen, die in der Klosteranlage veranstaltet werden, wenn das Areal dafür nicht allgemein zugänglich ist.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 046 014.9

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 13. Januar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. [X.], des [X.] [X.] und der Richterin Werner

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 10. September 2014 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Markenstelle der Anmeldung der Wortmarke

2

[X.] – Raum für Menschlichkeit

3

für folgende Waren und Dienstleistungen

4

[X.]; Flyer; Fotografien; grafische Reproduktionen; Karten; Briefpapier; Postkarten; Prospekte; Konfitüren; Brot; Brot, ungesäuert; Brötchen; Gebäck; Honig; Mühlenprodukte; Semmeln; Tee; Beeren [Früchte]; Gemüse [frisch]; Kränze aus natürlichen Blumen; Kräuter; Küchenkräuter [frisch]; Malz für Brauereien und Brennereien; Obst [frisch]; Pflanzen [Setzlinge]; Alkoholfreie Getränke; alkoholfreie Honiggetränke; Apfelsaft; Bier; Fruchtsäfte; Alkoholische Fruchtgetränke; Apfelwein; Honigwein; [X.], -schnaps; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Bücher: Betrieb eines Internats; Betrieb von Museen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltung von [X.] Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Organisation und Veranstaltung von Symposien; religiöse Erziehung; Theateraufführungen; Erziehung [Unterricht]; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops; Altenheime; Cafes; [X.]; Heime; Hotels; Kinderkrippe; Restaurants; Vermietung von Gästezimmern; Vermietung von Versammlungsräumen; Organisation von religiösen Veranstaltungen

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die Eintragung als Marke versagt.

6

Das hat die Markenstelle damit begründet, der angemeldeten Bezeichnung fehle dafür jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Das [X.] sei bis 1802 eine Reichsabtei der [X.] gewesen; heute gehöre es dem [X.]. Es liege in [X.] in der mittelschwäbischen Gemeinde [X.] in [X.].
Mit diesem Bedeutungsgehalt würden die angesprochenen Verbraucher den Markenbestandteil „[X.]" lediglich als beschreibenden Sachhinweis auf die Klosteranlage als Herkunfts- bzw. Erbringungsort der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrnehmen. So sei es naheliegend, dass die beanspruchten Dienstleistungen, wie Konzerte, Theateraufführungen, religiösen Veranstaltungen und Erziehung- bzw. [X.] in der Klosteranlage angeboten und erbracht würden.
Die [X.] und kulturellen Aktivitäten könnten sich inhaltlich und thematisch mit der Geschichte des Klosters auseinandersetzen bzw. diese beinhalten. „[X.]" könnten das [X.] thematisieren.
Hinsichtlich der Waren der [X.] werde das Publikum den Namen [X.] nicht als Produktkennzeichen auffassen, da es sich hierbei typischerweise um Reiseandenken bzw. Souvenirs handle, die im Umfeld einer Touristenattraktion vertrieben würden, oder um Waren, die das [X.] als Motiv aufweisen könnten.

7

 „Raum für Menschlichkeit" sei ein Werbespruch, der nur als solcher wirke.

8

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.

9

Sie beantragt,

den Beschluss der Markenstelle  aufzuheben.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Dafür ausschlaggebend sind die Wörter „[X.]“.

Das Anmeldezeichen enthält insoweit keine bloße Ortsangabe. Damit fehlt ihm nicht jede Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], und es ist, was die Markenstelle offen gelassen hat, nicht beschreibend i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. [X.] aus § 8 Abs. 2 [X.] stehen einer Eintragung nicht entgegen, was auch die Markenstelle nicht angenommen hat.

Die Zulässigkeit einzelner Formulierungen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wird die Markenstelle vor der gebotenen Eintragung zu prüfen haben.

Bei der Angabe „[X.]“ handelt es sich nicht um eine rein geographische Angabe über den Ort der Herstellung und/oder des Vertriebs der Ware, sondern um einen Hinweis auf die Herkunft von Waren aus einem bestimmten klösterlichen Betrieb bzw. auf Angebote an Dienstleistungen in einem solchen.

Klöster sind für eine unternehmerische Tätigkeit, insbesondere für die Zubereitung von Getränken und Lebensmitteln, für den Vertrieb von Kunstwerken, Schriften sowie für Bildungsangebote und das Betreiben von Altenheimen, Gaststätten, Kindergärten und Schulen bekannt. Sie vermieten [X.] und Tagungsräume.

Wer den gemäß § 3 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 12 BGB grundsätzlich schutzfähigen Namen eines Klosters (vgl. [X.] [X.] 2007, 560 - [X.]; [X.] WRP 1998, 76 - Klosterbrauerei) zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen verwendet, weist daher ohne diesbezügliche konkrete Umstände bzw. Anhaltspunkte nicht lediglich auf die räumliche Nähe irgendeines Klostergebäudes zu seinem Herstellungsbetrieb oder zu seiner Angebotsstätte oder darauf hin, dass er sich zur Herstellung seiner Produkte eines ursprünglich von Mönchen oder Nonnen gerade dieses Klosters entwickelten Rezeptes bedient. Vielmehr stellt er einen konkreten Bezug seiner Angebote zu einem bestimmten Unternehmen her ([X.], 628 Rn. 102 – Klosterbrauerei; [X.] WRP 1998, 76 – Klosterbrauerei; [X.] ZLR 2000, 764 –[X.]; [X.] 2000, 774 – [X.]; [X.] 2011, 553 – [X.] Naturkraft).

Die Namen von Bauwerken ([X.], 1175, 1177 f. – [X.]; BeckRS 2010, 19755 – leuchtenburg; BeckRS 2012, 6390 – KOUTOUBIA) oder Gebäudekomplexen ([X.], 838 – [X.] U; BeckRS 2012, 12472 – [X.]) sind nur dann als (mittelbare) geographische Angaben beschreibend; wenn das Publikum sie als geografische Angaben auffasst, etwa weil es sich um ein („offizielles“) Wahrzeichen einer Stadt handelt oder das Gebäude für die Leistungserbringung wesentlich ist und das Publikum deshalb eine geographische Angabe erwartet ([X.], 17, 19 – [X.], unter ausdrücklicher Einschränkung von [X.] BeckRS 2007, 7537 – Silhouette des Kölner Doms).

All diese Voraussetzungen erfüllt [X.] nicht. Schon sein Name ist relativ unbekannt; sein Aussehen aber noch weniger.

Selbst die Namen von bekannteren Sehenswürdigkeiten und Kulturgütern kommen grundsätzlich als eintragungsfähige Zeichen in Betracht, und sogar bedeutende Kulturgüter, die zum nationalen oder gar zum Weltkulturerbe zählen, sind nicht allein deshalb einer markenrechtlichen Monopolisierung und Kommerzialisierung entzogen ([X.], 1044 Rn. 29 – [X.]; [X.] GRUR-RR 2013, 460, 461 f. – [X.] zu Hülshoff Stiftung).

Ob die [X.] die ursprünglich ihnen obliegende Verantwortung für ihre Angebote an Dritte delegiert haben, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung, denn entscheidend ist, dass das Anmeldezeichen entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsansicht auf ein bestimmtes verantwortliches Unternehmen, nämlich das [X.] hinweist ([X.] 2011, 553 – [X.] Naturkraft).

Ein zweites Kloster dieses Namens existiert in [X.] nicht. Ein Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit des Namens des Klosters zur Kennzeichnung der beanspruchten Waren ist daher weder aktuell gegeben, noch liegen tatsächliche Anhaltspunkte für ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis vor (vgl. [X.] BeckRS 2009, 00958 – Burg Eltz).

Dass Dienstleistungen, wie Konzerte, Theateraufführungen, religiöse Veranstaltungen, Erziehung, Ausbildung, Betreuung etc. in der Klosteranlage angeboten und erbracht werden können, verhindert Markenschutz nicht. Eine Bezeichnung wie „[X.]“ ist die Bezeichnung von Gebäuden bzw. Anlagen, die für die Inanspruchnahme solcher Dienstleistungen nicht zwingend allgemein zugänglich sein müssen. Das Publikum wird deshalb auch insoweit in der Bezeichnung einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen ([X.] BeckRS 2014, 08383 – [X.]; BeckRS 2008, 17248 - Gut Darß). Ein unterscheidungskräftiger Gebäudename ist auch für Dienstleistungen, insbesondere Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber stattfinden können, unterscheidungskräftig ([X.] BeckRS 2010, 19797 - [X.]). Allein der „Hausherr“ hat  zu entscheiden, ob er Veranstaltern neben den Räumlichkeiten auch seine Marke überlassen will ([X.] GRUR-RR 2013, 20 f. – telespargel event; BeckRS 2011, 03279 – Ruhrstadion; BeckRS 2011, 7033 – Stadion An der Alten Försterei).

Das gilt ebenso für den möglichen Ort von [X.] und kulturellen Aktivitäten.

Diese können sich zwar inhaltlich und thematisch mit der Geschichte des Klosters auseinandersetzen bzw. diese ebenso beinhalten, wie „[X.]". Namen und nahezu jedes beliebige Hauptwort kann aber den Inhalt von Vorträgen, Druckwerken, [X.] etc. nicht ohne Kontext in einer den Markenschutz verhindernden Weise beschreiben, da es ohne diesen an einer eindeutigen Inhaltsangabe, ja sogar der Art (Krimi, Sachbuch etc.) und des Themas (Kunst, Religion, Politik etc.), fehlt ([X.], FS 50 Jahre [X.], 2011, S. 707 ff.).

Soweit nach der Entscheidung des [X.] zu „[X.]“ ([X.], 380) für Waren, die typischerweise als Reiseandenken und zur Deckung des Bedarfs der Touristen vertrieben werden, die Unterscheidungskraft fehlt, gilt dies nur für das Umfeld touristischer Attraktionen. Es sind keine Anhaltspunkte gegeben, das [X.] so einzustufen. Deshalb darf hier noch weniger als bei Bildzeichen ([X.] 2010, 174 – In [X.]; [X.], 1044 Rn. 20 – [X.]; [X.], 825 Rn. 21 – [X.]; [X.], 1093, Rn. 22 – [X.]; [X.], 240 (242) – [X.]) unterstellt werden, das Wort werde bloß dekorativ oder als Souvenirbezeichnung o.ä. verwendet, solange die Möglichkeit einer Verwendung besteht, bei der das Publikum in dem Zeichen einen Herkunftshinweis sieht. Die angemeldete Wortfolge hat allenfalls für den einen Bekenntniswert, der in dem Kloster eine Ausbildung genossen hat. Sonst besteht kaum Interesse, eine Verbundenheit mit dem Kloster zu zeigen oder an dessen Flair teilzuhaben, oder auch nur zu zeigen, dort gewesen zu sein.

Meta

27 W (pat) 548/14

13.01.2015

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.01.2015, Az. 27 W (pat) 548/14 (REWIS RS 2015, 17311)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17311

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