Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 26 W (pat) 508/19

26. Senat | REWIS RS 2019, 4051

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 107 424.3

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 29. August 2019 unter Mitwirkung [X.], [X.] und Schödel

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 30. Oktober 2018 aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist für die Dienstleistungen der

Klasse 41: Sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Unterhaltung.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.] [X.]

3

ist am 4. Juli 2018 angemeldet worden unter der Nummer 30 2018 107 424.3 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der

4

[X.]: Bier und Brauereiprodukte; nichtalkoholische Getränke; Präparate für die Zubereitung von Getränken;

5

[X.]: Sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Unterhaltung;

6

Klasse 43: Verpflegung von Gästen; vorübergehende Beherbergung von Gästen; Dienstleistungen von Bars und Restaurants.

7

Mit Beschluss vom 30. Oktober 2018 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen enthalte die unmittelbar beschreibende Angabe, dass es sich bei den beanspruchten Waren der [X.] um die spezielle Biersorte „Helles“, eine untergärige, hellgelbe, schwach gehopfte Brauart, handele, die aus der [X.] in [X.] stammten. Dabei stellten die angesprochenen Verkehrskreise keine analysierenden Überlegungen zu dem Unterschied zwischen der Biersorte „Helles“ und dem [X.] „Hell“ an. Die beanspruchten Dienstleistungen der [X.] könnten sich inhaltlich mit hellem Bier aus [X.] befassen; ebenso könnten die Dienstleistungen der Klasse 43 im Zusammenhang damit erbracht werden.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Ansicht, das Anmeldezeichen sei grammatikalisch unkorrekt und außergewöhnlich gebildet und erschöpfe sich nicht in der [X.] seiner Einzelbestandteile. Das Substantiv „Helles“ sei nicht mit dem Adjektiv „hell“ gleichzusetzen. Der Bestandteil „[X.]er“ stehe im Genitiv, auf den sprachlogisch ein Substantiv im Nominativ folgen müsste, aber kein ungebeugtes Adjektiv. Da das Zeichen schon für die Waren der [X.] nicht beschreibend sei, gelte dies erst recht für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 43.

9

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 30. Oktober 2018 aufzuheben.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Juli 2019 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] (Anlagen 1 bis 4, [X.]. 19 – 43 [X.]) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen überwiegend nicht für schutzfähig erachtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, hat aber nur teilweise Erfolg.

[X.] [X.]“ als Marke steht in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 32 und 43 das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher insoweit zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 und 5 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas?; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2016, 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas?; a. a. O. - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 - [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, [X.]. 86 - Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas?; [X.] 2012, 270 [X.]. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas?; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas?; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).

[X.] [X.]“ für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 32 und 43 nicht. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben es in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 32 und 43 schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 4. Juli 2018, ausschließlich als [X.] verstanden, so dass es sich insoweit nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen eignet.

aa) Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten sich an die allgemeinen, breiten Verkehrskreise der Verbraucher und an den Getränkefachhandel.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den Wörtern „[X.]“ und „[X.]“ zusammen.

aaa) Der Bestandteil „[X.]“ ist die sprachregelkonform gebildete adjektivische Form von „[X.]“ (vgl. „[X.]“, „[X.]“, „[X.]“). [X.] ist eine an der [X.] am südöstlichen Rand der [X.] an der Grenze zu [X.] gelegene Stadt in [X.] mit über 125.000 Einwohnern (www.wikipedia.de, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis).

bbb) Das Wort „hell“ bedeutet als Adjektiv „von Tages- oder künstlichem Licht erfüllt“, „klar, nicht trüb“ und bezüglich Farben „nicht sehr kräftig, von nicht sehr intensiver Färbung, mit [X.] untermischt“ (www.duden.de; s. Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis). Diese Bedeutung erkennen die angesprochenen Verkehrskreise trotz der regelwidrigen Großschreibung ohne weiteres.

Als Substantiv verwendet bezeichnet das Wort „Hell“ eine 1894 in [X.] erstmals gebraute schwach gehopfte, untergärige und gefilterte Biersorte. Diese wurde „Helles“ genannt, da sie deutlich heller als die damals üblichen dunklen Biere war, wobei heute in der einschlägigen Literatur die Begriffe „Hell“ bzw. „Helles“ synonym verwendet werden (s. [X.] 3 zum gerichtlichen Hinweis).

„Hell“ beschreibt somit eine Biersorte, ist aber auch eine übliche Farbbezeichnung für Bier ([X.] (pat) 145/96 – [X.]/Stauder).

cc) In seiner Gesamtheit kommt dem Anmeldezeichen die Bedeutung „Helles Bier aus [X.]“ bzw. „Bier von heller Farbe aus [X.]“ zu.

dd) Im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 32 und 43 entnehmen die angesprochenen Verkehrskreise dem Zeichen daher lediglich eine unmittelbar beschreibende Sachaussage bzw. einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt, oder es stellt einen engen beschreibenden Bezug zu diesen her.

aaa) In Bezug auf die beanspruchten Waren der [X.] werden die angesprochenen Verkehrskreise unter dem Anmeldezeichen keinen Herkunftshinweis aus einem bestimmten Unternehmen erkennen. [X.] liegt im Verbreitungsgebiet heller Biere, das vornehmlich in [X.] und [X.] zu finden ist. Dabei ist die Bezeichnung „Hell“ genauso gebräuchlich wie „Helles“ (s. [X.] 3 zum gerichtlichen Hinweis). Zudem existieren in [X.] mindestens zwei weitere Brauereien, die helles Bier brauen, das ebenfalls nicht als „Helles“, sondern „Hell“ bezeichnet wird (s. Anlage 4 zum gerichtlichen Hinweis). Das Anmeldezeichen wird daher nicht nur für die angemeldete Waren „

bbb) Einen engen beschreibenden Bezug stellt die angemeldete Wortverbindung „[X.] [X.]“ zu den in Klasse 43 zurückgewiesenen Dienstleistungen „

Dass das Anmeldezeichen die im Rahmen dieser Dienstleistungen angebotenen Getränke näher spezifiziert und nicht Art oder Wesen der Dienstleistungen selbst, steht der Annahme einer beschreibenden Angabe nicht entgegen. Denn eine solche liegt auch bei einer Bezeichnung vor, die sich auf Umstände bezieht, welche die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen selbst nicht unmittelbar betreffen, wenn durch die Bezeichnung ein enger beschreibender Bezug zu den Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst. Davon ist vorliegend auszugehen. Bei Dienstleistungen, die auf die Zubereitung und/oder die Bereitstellung von Speisen und Getränken ausgerichtet sind, stellt der Hinweis auf Art und Beschaffenheit der angebotenen Getränke, hier auf helles Bier, einen wichtigen sachlichen Aspekt dar, der in einem so engen beschreibenden Bezug zu den in Rede stehenden Gastronomie- und Beherbergungsdienstleistungen steht, dass die angesprochenen Kunden den der Wortkombination „[X.] [X.]“ innewohnenden beschreibenden Aussagegehalt sofort und zweifelsfrei verstehen. Sowohl in Hotels als auch in Bars und Restaurants werden Biere angeboten (BPatG 26 W (pat) 512/16 – juicefreh).

2. Da es dem angemeldeten Wortzeichen hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen der Klassen 32 und 43 an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob seiner Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

3. Kein Schutzhindernis vermag der Senat dagegen im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen der [X.] „

Meta

26 W (pat) 508/19

29.08.2019

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 26 W (pat) 508/19 (REWIS RS 2019, 4051)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4051

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