Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.06.2011, Az. XII ZB 363/10

12. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6096

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Gegenstand

Rechtsanwaltskosten: Gebührennachfestsetzung trotz rechtskräftiger Kostenfestsetzung; Anrechnung der Geschäftsgebühr nach neuem Recht in Altfällen


Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 4. Zivilsenats des [X.] vom 29. Juni 2010 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Rechtspflegers der 16. Zivilkammer des [X.] vom 20. April 2010 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 16. Zivilkammer des [X.] vom 25. Februar 2010 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die auf Grund des Beschlusses des [X.] - 316 [X.]/09 - vom 18. November 2009 von den Klägern an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden festgesetzt auf 347,22 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 23. Dezember 2009.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

3. Beschwerdewert: 408 €.

Gründe

I.

1

Die Kläger begehren im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die Beklagte im Wege der Nachfestsetzung den Ansatz der ungeminderten Verfahrensgebühr.

2

Das Klagverfahren wurde im Juli 2009 eingeleitet und durch Vergleich beendet. Mit Beschluss vom 18. November 2009 hat das [X.] den Klägern 2/3 und der Beklagten 1/3 der Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 150.000 € festgesetzt.

3

Nachdem im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Februar 2010 entsprechend dem Antrag der Kläger lediglich eine 0,65-Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht wurde, haben sie die Nachfestsetzung auf eine 1,3-Verfahrensgebühr beantragt. Diesen Antrag hat der Rechtspfleger des [X.]s zurückgewiesen. Das [X.] hat den Beschluss mit der Begründung bestätigt, der Rechtspfleger habe die zusätzlich geltend gemachte  0,65-Verfahrensgebühr zu Recht nicht berücksichtigt, weil die Geschäftsgebühr teilweise anzurechnen und § 15 a RVG auf den vorliegenden Fall, einen sogenannten Altfall, nicht anzuwenden sei.

4

Hiergegen wenden sich die Kläger mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. An die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Hanseatische [X.] Hamburg ist der [X.] gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

6

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

7

a) Zutreffend ist das [X.] allerdings davon ausgegangen, dass auch bei einem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss eine Nachfestsetzung möglich ist, wenn ein bisher nicht begehrter Posten - wie hier die 0,65-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG - erstmals geltend gemacht wird. Die Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses bezieht sich nur auf die im Antrag geforderten und im Beschluss beschiedenen Beträge und steht daher einer Nachfestsetzung nicht entgegen ([X.] Beschluss vom 28. Oktober 2010 - [X.]/10 - [X.] 2010, 580, 581 f. [X.]).

8

b) Die Rechtsbeschwerde führt aber zur Abänderung der Entscheidung des [X.]s und Nachfestsetzung. Die 0,65-Verfahrensgebühr wurde zu Unrecht nicht berücksichtigt.

9

Der [X.] hat in Übereinstimmung mit dem II. Zivilsenat ([X.] Beschluss vom 2. September 2009 - [X.]/07 - [X.], 1927, 1928) wiederholt entschieden, dass die Vorschrift des § 15 a RVG eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage darstellt, so dass die Vorschrift auch in sogenannten [X.], also Verfahren, in denen die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor Inkrafttreten der Vorschrift am 5. August 2009 erfolgt war, Anwendung findet ([X.]sbeschlüsse vom 7.  Juli 2010 - [X.]/10 - [X.] 2010, 460, 461; vom 23. Juni 2010 - [X.]/10 - FamRZ 2010, 1431 Rn. 6; vom 31. März 2010 - [X.] 230/09 - [X.] 2010, 256, 257 und [X.] 20/10 - juris Rn. 6; vom 24. März 2010 - [X.] 227/09 - FamRZ 2010, 1068 Rn. 6; vom 3. Februar 2010 - [X.] 177/09 - FamRZ 2010, 806 Rn. 10 und vom 9. Dezember 2009 - [X.] 175/07 - FamRZ 2010, 456 Rn. 15 ff. [X.]). Dieser Auffassung hat sich inzwischen die überwiegende Zahl der Zivilsenate des [X.] angeschlossen (vgl. [X.] Beschlüsse vom 7. Februar 2011 - [X.]/09 - Magazindienst 2011, 313 Rn. 10; vom 15. September 2010 - [X.] - [X.] 2010, 474, 475; [X.] 41/09 - [X.] 2010, 475, 476 und [X.] 3/08 - juris Rn. 9; vom 17.  Juni 2010 - [X.]/09 - [X.] 2010, 459, 460; vom 29. April 2010 - [X.]/10 - [X.] 2010, 263 f.; vom 7. Dezember 2010 - [X.]/10 - [X.] 2011, 6, 7; vom 19. Oktober 2010 - [X.] - juris Rn. 8; vom 28. Oktober 2010 - [X.]/10 - [X.] 2010, 580, 581; [X.]/09 - [X.] 2011, 78 und [X.]/09 - juris Rn. 5; vom 14. September 2010 - [X.] - [X.] 2010, 473, 474; vom 10. August 2010 - [X.]/10 - [X.]. 2010, 878 Rn. 10; vom 11. März 2010 - [X.]/08 - [X.] 2010, 159 und vom 28. September 2010 - [X.] - juris Rn. 8; offen gelassen: [X.] Beschlüsse vom 9. September 2009 - [X.]/09 - FamRZ 2009, 2082 Rn. 7 und vom 29. September 2009 - [X.] - NJW 2010, 76 Rn. 25).

Der vorliegende Sachverhalt gibt keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Mit den vom [X.] für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Argumenten hat sich der [X.] bereits in seinen vorstehend genannten Beschlüssen befasst.

c) Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der [X.] gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache abschließend zu entscheiden. Nachdem auch keiner der Ausnahmefälle des § 15 a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, ist die 1,3-Verfahrensgebühr in voller Höhe zu berücksichtigen.

Die von den Klägern der Beklagten zu erstattenden Kosten sind somit auf insgesamt 347,22 € nebst Zinsen festzusetzen.

[X.]                                                 Weber-Monecke                                            Dose

                         [X.]                                                       [X.]

Meta

XII ZB 363/10

01.06.2011

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 29. Juni 2010, Az: 4 W 105/10, Beschluss

§ 15a RVG, Nr 3100 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.06.2011, Az. XII ZB 363/10 (REWIS RS 2011, 6096)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6096

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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