Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2014, Az. 4 StR 430/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 5336

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 [X.]
vom
22. Mai
2014

Nachschlagewerk:
ja
[X.]St:
nein
Veröffentlichung:
ja
_______________________________

StGB § 263 Abs. 1; [X.] § 267 Abs. 1, § 261

Zu den Anforderungen an die Feststellung und
Darlegung des Irrtums beim Be-trug im Zusammenhang mit routinemäßigen Massengeschäften (hier: Miss-brauch des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens).

[X.], Urteil vom 22. Mai 2014 -
4 [X.] -
LG Bielefeld

in der Strafsache
gegen
1.

2.

3.

wegen
Betrugs

-
2
-

Der 4. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 24. April 2014 in der Sitzung vom 22. Mai
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in am [X.]
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
[X.]in am [X.]
Roggenbuck,
[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.],
Dr. Quentin
als beisitzende [X.],
Bundesanwalt
beim [X.]
in der Verhandlung am 24. April 2014,
bei der Verkündung am 22. Mai 2014
als Vertreter des [X.],
Rechtsanwalt

in der Verhandlung
als Verteidiger des Angekla[X.]en M.

W.

,
Rechtsanwalt

in der Verhandlung
als Verteidiger
des Angekla[X.]en
T

S.

,
Rechtsanwältin

in der Verhandlung
als Verteidigerin der Angekla[X.]en D.

S.

,
Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-

1. Auf die Revisionen der Angekla[X.]en gegen das Urteil des [X.] vom 12. September 2012 wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 [X.] mit Zu-stimmung des [X.] jeweils auf den Vor-wurf
des versuchten gewerbsmäßigen [X.] in 198.070 tateinheitlich [X.] Fällen be-schränkt,
b) das Urteil in den [X.] mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache
zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmit-tel, an eine andere [X.] des [X.].

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat die Angekla[X.]en jeweils des
gewerbsmäßigen [X.] schuldig gesprochen. Den Angekla[X.]en M.

W.

hat es zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angekla[X.]en T.

S.

zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und die Angekla[X.]e D.

S.

zu einer solchen von vier Jahren verurteilt. 1
-
4
-

Ferner hat es eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 [X.] i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffen, die sich gegen die

AG
richtet.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angekla[X.]en jeweils mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revisionen haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.
Die von allen Angekla[X.]en erhobene Rüge der Verletzung von § 275 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 338 Nr. 7 [X.], mit der sie beanstanden, der [X.] der erkennenden [X.], Vorsitzender [X.] am [X.] H.

, habe sich wegen seiner während des Laufs der
Urteilsabsetzungsfrist in einem Parallelverfahren erfol[X.]en Zeugenvernehmung zu Unrecht gehindert gesehen,
das Urteil zu unterschreiben, weshalb es innerhalb dieser
Frist nur unvollständig zu den Akten gelan[X.] sei,
ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]); ob sie in der Sache Erfolg haben könnte, bedarf daher keiner Ent-scheidung.
1. Zur Begründung einer Verfahrensrüge sind die den Mangel begrün-denden Tatsachen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] so vollständig und genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorlie[X.], wenn die bezeichneten Tatsa-chen erwiesen werden ([X.]/[X.], § 344 Rn. 36; [X.]/[X.], 26. Aufl. § 344 Rn. 78, jeweils m.N. zur [X.] Rspr.).
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3
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-
5
-

2. Gemessen daran vermag der [X.] hier nicht zu prüfen, ob der [X.] wegen seiner Vernehmung als Zeuge §
22 Nr. 5 [X.] von der Ausübung des [X.]amtes ausgeschlossen war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]
bedeutet
Gleichheit der Sache gemäß
§ 22 Nr. 5 [X.] nicht notwendig Verfahrensidenti-tät; [X.] kann auch bei Vernehmung des [X.]s als Zeuge zu [X.] Tatgeschehen in einem anderen Verfahren in Betracht kommen
([X.], Beschluss vom 22. Mai 2007

5 [X.], [X.]R [X.] § 338 Nr. 2 Aus-schluss 4, [X.]. 6 mwN; vgl. auch [X.]/[X.], 26. Aufl., § 22 Rn. 25; [X.]/[X.]/[X.], § 22 Rn. 19).
Insoweit fehlt es im [X.] der Angekla[X.]en T.

und D.

S.

schon an der Mitteilung des [X.], zu dem der [X.]vorsitzende in dem Verfahren gegen A.
u.a. geladen und vernommen wurde. Aber auch dem
Vortrag des Angekla[X.]en W.

kann das betreffende Beweisthema allenfalls
mittelbar entnommen werden, da er das Schreiben des Präsidenten des [X.] vom 31. Oktober 2012 über die Erteilung einer Aussagegenehmigung für den [X.] vorgele[X.] hat. Danach hatte der Angekla[X.]e A.
in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung beantra[X.], den Vorsitzenden [X.] am Landge-richt H.

dazu zu vernehmen, dass sich seine (des A.) in einer polizeili-chen Vernehmung getäti[X.]e Aussage in dem Verfahren gegen die [X.] als wahr herausgestellt habe. Aber auch dieses
Rügevorbringen ge-nü[X.] den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]
nicht.
Um dem [X.] die Überprüfung der [X.] im Sinne von § 22 Nr. 5 [X.] zu ermögli-chen,
hätte zumindest
noch vorgetragen werden müssen, welchen Inhalt diese
polizeiliche Aussage hatte, inwiefern sie im vorliegenden Verfahren Gegenstand der Hauptverhandlung war, was der als Zeuge benannte Vorsitzende [X.] am [X.] H.

im dortigen Verfahren dazu bekundet hat und ferner, welchen Zusammenhang und welche
Bedeutung dies für die gegen die Ange-5
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-
6
-

kla[X.]en des vorliegenden Verfahrens erhobenen Tatvorwürfe hatte
(vgl. Se-natsbeschluss vom 22. Januar 2008

4 [X.], [X.], 283, [X.]. 5 f.
m. [X.]. Leu StV 2009, 507
zu den Voraussetzungen des
§ 22 Nr. 5 [X.] in der-artigen Fällen).
Das ist hier jedoch nicht geschehen; auch aus den auf die Sachrüge heranzuziehenden Urteilsgründen ergeben sich dafür keine Anhalts-punkte.
II.
Der [X.] beschränkt die Strafverfolgung mit Zustimmung des [X.] gemäß § 154a Abs. 2 [X.] jeweils auf den Vorwurf des ver-suchten gewerbsmäßigen [X.]. Dies führt
zur Aufhebung des [X.] Urteils in den [X.].
Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrügen keinen die Angekla[X.]en [X.] Rechtsfehler ergeben.
1. Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getrof-fen:
a) Die Angekla[X.]en schlossen sich Anfang 2008 aufgrund einer zumin-dest stillschweigend getroffenen Vereinbarung zusammen, um spätestens ab Juli 2008 von einer Vielzahl von
Personen unter Vorspiegelung eines tatsäch-lich nicht bestehenden Vertragsverhältnisses im Wege des [X.] Geldbeträge einzuziehen. Das von den Angekla[X.]en im arbeitsteiligen Zu-sammenwirken im Folgenden in die
Tat umgesetzte
Geschäftsmodell bestand in einer Variante darin, eine möglichst große Zahl von Personen durch entspre-chend angeleitete [X.] anzurufen und bei diesen den Eindruck eines

tatsächlich nicht bestehenden

Vertragsverhältnisses über die Teil-nahme an Gewinnspielen hervorzurufen.
Auf diese Weise wollten die Angeklag-7
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-

ten an die Kontodaten der Angerufenen gelangen und von diesen Konten [X.] vornehmen, wobei sie davon ausgingen, dass die Angerufenen infolge der Annahme, es bestehe tatsächlich ein
Vertragsverhältnis und die Lastschrift sei daher rechtmäßig erfol[X.], den [X.]n nicht widersprechen wür-den. Bei einer weiteren Tatvariante, bei der die Kontodaten bereits bekannt und Telefonanrufe daher entbehrlich waren, sollte den Betroffenen allein durch die durchgeführte Lastschrift ein bestehendes Vertragsverhältnis vorgespiegelt
werden, um diese von einem Widerspruch abzuhalten.
Dabei nahmen die [X.] einerseits billigend in Kauf, dass die Kontoinhaber von den
Last-schrifta[X.]uchungen durch Lektüre ihrer Kontoauszüge Kenntnis erhalten, sich den Zugriff auf ihr Konto aber nicht anders erklären würden, als dass der [X.] A[X.]uchung ein wirksamer Vertrag zu Grunde lag, sei es auch nur in der Form, dass sie sich insoweit unsicher waren und/oder
die Sache wegen des relativ geringen Betrages auf sich beruhen ließen. Andererseits handelten die Angekla[X.]en
auch
in der Erwartung, die Betroffenen
würden
in zahlreichen Fäl-len mangels ausreichend sorgfältiger Kontrolle ihrer Kontoauszüge die A[X.]u-chungen nicht bemerken oder einfach übersehen.
Zur Verwirklichung des [X.]s bedienten sich die Angekla[X.]en insbe-sondere der in der S.

ansässigen

AG, die vom Angekla[X.]en W.

vertreten wurde. Dieser
schloss für die

AG zahlreiche Verträge unter anderem
mit Callcentern, Zahlungsdienstleistern sowie mit Banken
ab, über die die
Lastschrifteneinzüge
erfolgen sollten und später auch tatsächlich erfol[X.]en. Auch mit dem
von der
Angekla[X.]e D.

S.

betriebenen
Callcenter

GmbH & Co KG,
bei dem der Angekla[X.]e T.

S.

angestellt war, schloss der Angekla[X.]e W.

sog. [X.] ab. Insgesamt waren für die Angekla[X.]en
im Tatzeitraum [X.] Callcenter
mit etwa 400 bis 600 Mitarbeitern in der sog. [X.]
-
8
-

spielvermittlung tätig.
Die Callcenter erhielten für jeden Fall, in dem sie die [X.] erlan[X.]en, einen Betrag in Höhe von 45 bis 60 Euro.
Die zur
Erschwerung von Nachforschungen meist unter falschen Namen handelnden Mitarbeiter der Callcenter gaben bei ihren Anrufen (1. Tatvariante) entsprechend
den Vorgaben
eines ihnen auf Veranlassung der Angekla[X.]en ausgehändi[X.]en sog. Negativleitfadens
für die Gesprächsführung vor,
sie hätten die Möglichkeit, einen vermeintlich bestehenden Gewinnspielvertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu [X.], wobei für die letzten drei Monate, sollten Gewinne ausbleiben, eine Geld-zurück-Garantie

bestehe. Tatsächlich war die Übernahme einer solchen Garantie zu keinem Zeitpunkt beabsichti[X.]; in keinem Fall wurden zuvor [X.] Geldbeträge zurückerstattet.
Der
durch den Leitfaden im Einzelnen [X.] diente dazu, die Angerufenen jeweils
zur Kündigung eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Vertrages und

abwicklungshalber

zur [X.] ihrer Kontodaten zu veranlassen.
Widersprachen
die
angerufenen
Personen

wie in der weit überwiegenden Zahl der Fälle

der Behauptung an einem derartigen Gewinnspiel teilgenommen zu haben, bemühten sich
die
von den Angekla[X.]en angewiesenen
[X.] dies

wahrheitswidrig

zu widerlegen und behaupteten
beispielsweise, auf die Kontodaten
aus Daten-schutzgründen keinen Zugriff zu haben, sie aber nun
zu benötigen, etwa um

Im [X.] an
den
Erstanruf erfol[X.]e sodann ein Zweitanruf (sog. Qua-lity Call), der zum Teil elektronisch aufgezeichnet wurde und dazu diente, mit-tels geschickter Gesprächsführung von den Betroffenen eine telefonisch erteilte Einzugsermächtigung zu erhalten, um die Betroffenen selbst, aber auch die be-teili[X.]en Banken oder im Fall von Nachforschungen die [X.] über den auf diesem Weg
dokumentierten angeblichen Vertragsschluss zu 11
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-

täuschen.
Im [X.] daran erhielten die Angerufenen

auch diejenigen, die den vermeintlichen Vertrag gekündi[X.] hatten

von der

GmbH, die von der

[X.] worden war, sog. Be-grüßungsschreibenChance, bei 200 Internet-Gewinnspielen modbesprochen jeden Monat im vo

Tatsächlich war ab dem [X.] -
wie die Angekla[X.]en wussten

eine Ein-tragung in 200 Gewinnspiele monatlich je Kunde nicht mehr möglich, sondern
.
Der Einzug der vermeintlichen
Forderungsbeträge
in Höhe von jeweils zwischen 55 und 79,80 Euro
erfol[X.]e
im Tatzeitraum vom 9. März 2009 bis zum 22. Januar 2010 mittels
Einzugsermächtigungslastschriftverfahren.
Die auf dem jeweiligen Kontoauszug der Betroffenen wiedergegebene Belastungsbuchung den abgebuchten Betrag sowie eine zwölfstellige ID-Nummer. Es
wurden bei insgesamt 136.890 Betroffenen (teilweise mehrfach) Beträge im Lastschriftver-fahren eingezogen, die im angefochtenen Urteil auf 4.885 Seiten im Einzelnen in Tabellenform aufgeführt sind. In 198.070 Fällen wurde die Lastschrift nicht zurückgegeben, so dass das Geld bei den Angekla[X.]en verblieb. Dagegen er-fol[X.]e in 129.708 Fällen eine Rückgabe der Lastschriften. Die Angekla[X.]en er-zielten durch ihr Vorgehen

b)
Zur Beweiswürdigung hat das [X.] lediglich mitgeteilt, dass die
Angekla[X.]en
im Rahmen einer nach §
257c [X.] durchgeführten Verständi-gung den [X.] gestanden und weitere Fragen der Kammer glaub-haft, ausführlich und nachvollziehbar beantwortet
hätten.
Von der Richtigkeit der geständigen Einlassungen

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-

Ermittlungsergebnis sowie auch mit dem übrigen Ergebnis der nach Maßgabe des [X.] durchgeführten umfassenden Beweisauf-

Weitere Ausführungen hierzu enthält das Urteil nicht.
2. Die Verurteilung der Angekla[X.]en wegen vollendeten gewerbsmäßigen [X.] begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil offen bleibt, auf welche Weise sich die [X.] auch unter Berücksichtigung der umfassenden Geständnisse der Angekla[X.]en die Überzeugung verschafft hat, die Betroffenen hätten die Lastschriften in den 198.070 festgestellten Fällen hingenommen, weil sie sich über das Bestehen einer Zahlungspflicht im Irrtum befanden.
a) In welchem Umfang der Tatrichter seine Überzeugungsbildung in den Urteilsgründen mitzuteilen hat, hän[X.] von den Gegebenheiten des jeweiligen Falles ab. Zwar sind, wenn sich die Angekla[X.]en

wie hier

auf der Grundlage einer Absprache geständig einlassen,
an die Überprüfung dieser Einlassungen und deren Darlegung
im Urteil regelmäßig keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei einem
in herkömmlicher Verfahrensweise abgegebenen
Ge-ständnis
([X.], Urteil vom 19. März 2013

2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1063, [X.]. 71; [X.], Beschluss vom 25. Juni 2013

1 [X.]); es gibt auch
keine forensische Erfahrung dahin, dass bei einem Geständnis im Rah-men einer Verständigung regelmäßig mit einer wahrheitswidrigen Selbstbelas-tung zu rechnen ist ([X.], Beschluss vom 23. Mai 2012

1 [X.], [X.], 584). Aber auch in einem solchen Fall müssen die Urteilsgründe erken-nen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen, verstan-desmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht ([X.] Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 24. November 1992

5 StR 456/92, [X.]R 15
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11
-

[X.] § 261 Vermutung 11; Beschluss vom 15. September 1999

2 [X.], [X.]R [X.] § 261 Überzeugungsbildung 34; Beschluss vom
31. Janu-ar 2012

3 [X.], [X.], 653, [X.]. 4, Beschluss vom
25. September 2012

5 [X.], [X.], 361; vgl. [X.], [X.], 56. Aufl. §
261 Rn. 2a).
Da der [X.] voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des [X.] veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum be-gründen kann,
muss der Tatrichter
insbesondere
mitteilen, wie er sich die Über-zeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist ([X.], Urteile vom 5. Dezember 2002

3 [X.], NJW 2003, 1198, 1199 f; vom 22. November 2013

3 [X.], [X.], 215, [X.]. 8; zu den Darle-

vgl. [X.], Beschluss vom 31. Januar 2012 aaO, [X.]. 6; Beschluss vom 29. Juli 2009

2 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Be-schluss vom 2. November 2007

2 StR 384/07, [X.], 89, [X.]. 5).
In [X.] gelagerten Fällen mag
sich dies von selbst verstehen.
Im Bereich [X.], massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von [X.] geprä[X.] sind,
kann der Tatrichter befu[X.] sein, auf die täu-schungsbedin[X.]e Fehlvorstellung auf der Grundlage

, wobei er dies im Urteil darzulegen hat. Ist das Vorstellungsbild des [X.] normativ geprä[X.], kann bei einem Tatvorwurf, dem zahlreiche Einzelfälle zu Grunde liegen, die Vernehmung [X.] Zeugen ausreichen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen [X.] geschlossen werden ([X.], Urteil vom 22. November 2013

3
[X.]; Beschluss vom 6. Februar 2013

1
[X.], NJW 2013, 1545, 1546; Beschluss vom 17. Juli 2009

5 [X.], [X.]. 15, [X.]
-
12
-

weit in [X.]St 54, 44 nicht abgedruckt). In
komplexeren
Fällen wird es regel-mäßig erforderlich sein, die
betreffenden
Personen
über ihr tatrelevantes Vor-stellungsbild
als Zeugen zu vernehmen sowie deren Bekundungen im
Urteil mitzuteilen und zu würdigen
([X.], Beschluss vom 6. Februar 2013

1 [X.], NJW 2013, 1545, [X.]. 15, Urteil vom 22. November 2013

3 [X.], [X.], 215, [X.]. 8 f.).
b) Gemessen daran vermögen

jedenfalls im vorliegenden Fall

weder
der g-sende geständeine Irrtumserregung bei den von den [X.]n betroffenen
Bankkunden zu belegen.
aa)
Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass
die [X.] Geschädi[X.]e als Zeugen vernommen hat
oder dass
deren Angaben auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.
[X.])
Die
Annahme eines
täuschungsbedin[X.]en Irrtums und einer
dadurch kausal hervorgerufenen
Vermögensverfügung versteht sich hier auch nicht von selb[X.] Denn nach den Feststellungen der [X.] wurde bei den [X.] im Rahmen der Telefonanrufe durch die [X.] der Eindruck erweckt, sie hätten die Möglichkeit, einen bestehenden Vertrag entweder unbe-fristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu been-hatten die Betroffenen [X.] der Behauptung
widersprochen, sie hätten einen derartigen Vertrag abge-schlossen.
Danach
lie[X.] es

auch soweit dem Bestehen eines [X.] nicht ausdrücklich widersprochen wurde

nicht auf der Hand, dass die Betroffenen die Rückforderung der abgebuchten Beträge gerade aufgrund der irrtümlichen Annahme unterließen, sie seien aufgrund eines bestehenden Ver-18
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-
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-

tragsverhältnisses verpflichtet, die A[X.]uchung dieser Beträge (dauerhaft) als rechtmäßig zu dulden.

Was die Fälle betrifft, in denen die Täter bereits über die Bankdaten ver-fü[X.]en und Anrufe bei den jeweiligen Kontoinhabern daher entbehrlich waren, vermögen die Urteilsgründe ebenfalls nicht hinreichend zu vermitteln, auf wel-cher Grundlage sich das [X.] die Überzeugung gebildet hat, die Bank-kunden hätten sich gegen die Lastschriften nicht zur Wehr gesetzt, weil ihnen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses oder die Erteilung einer Einzugser-mächtigung vorgespiegelt wurde. Diese Annahme ist schon mit der von der [X.] festgestellten, ausweislich der Urteilsgründe aber nicht näher überprüften Erwartung der Angekla[X.]en unvereinbar, die Kontoinhaber würden
die Lastschriften gar nicht bemerken, möglicherweise also noch nicht einmal einer täuschungsbedin[X.]en Fehlvorstellung im Sinne eines sog. sachgedankli-chen Mitbewusstseins unterliegen.
3.
Der [X.] nimmt
deshalb gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 [X.] mit Zustimmung des [X.] die aus der Urteilsformel er-sichtliche Beschränkung vor.
a) Die Feststellungen und die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung be-legen
für beide Tatvarianten insbesondere, dass die Angekla[X.]en
nach ihrer Vorstellung
als Mittäter im Wege eines uneigentlichen Organisationsdelikts Be-trugshandlungen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB in 198.070 tateinheitlich zu-sammentreffenden Fällen zum Nachteil der Kontoinhaber begehen wollten und hierzu auch unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB).
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14
-

aa) In den sog. [X.] ging es den Angekla[X.]en darum, bei den Te-lefonanrufen und durch die Übersendung der Begrüßungsschreiben
den Emp-fängern
das Bestehen eines Vertragsverhältnisses vorzuspiegeln, um sie auf diese Weise zu veranlassen, auf einen Widerspruch gegen die spätere A[X.]u-chung zu verzichten. Hierin lie[X.] ein versuchter Betrug
(vgl. [X.], Urteil vom 22.
Januar 2014

5 StR 468/12, [X.]. 17).
[X.]) Aber auch in den Fällen, in denen die [X.] ohne vorhe-rige telefonische Kontaktaufnahme erfol[X.]en und die Übersendung von
Begrü-ßungsschreiben unterblieb, ein direkter Kundenkontakt also nicht stattfand, war der [X.] der Angekla[X.]en auf die Begehung eines Betruges gerichtet.
(1) Den Angekla[X.]en war bewusst, dass die betroffenen Kunden von ih-rer jeweiligen Bank einen Kontoauszug erhalten würden, in dem die von ihnen veranlasste A[X.]uchung ausgewiesen war. Nach den Feststellungen des Land-gerichts enthielt die jeweilige Kontoinformation auf dem Auszug nicht nur den Namen des Zahlungsdienstleisters, den abgebuchten Betrag und eine sog. ID-Nummer, sondern auch einen Produktnamen. Dabei entsprach es
der Vorstel-lung der Angekla[X.]en, dass den betroffenen Bankkunden
unter Berücksichti-gung des insoweit maßgeblichen Empfängerhorizonts im Hinblick auf die Mittei-lung einer derartigen Produktbezeichnung
ein wirksames Kausalgeschäft vor-gespiegelt werden sollte.
(2) Der Ablauf des im Wesentlichen durch Allgemeine Geschäftsbedin-gungen geregelten
Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens
(vgl. Nr. 9 AGB-Banken i.d. bis zum 30. Oktober 2009 gültigen Fassung sowie die Sonderbe-dingungen für den Lastschriftverkehr im Einzugsermächtigungsverfahren i.d.F. v. Oktober 2009 und die Bedingungen für den Lastschrifteinzug vom November 2009), dessen sich die Angekla[X.]en hier zur Tatausführung bedienten, bestäti[X.] 24
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-
15
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diese rechtliche Beurteilung.
Dieses Verfahren wird durch die Übermittlung ei-nes
vom Zahlungsempfänger

hier also von den Angekla[X.]en

mit den erfor-derlichen Informationen versehenen Lastschriftdatensatzes

regelmäßig in elektronischer Form

über dessen Bank
an das Geldinstitut des Schuldners ohne dessen Einschaltung in Gang gesetzt. Dessen Institut belastet seinerseits ohne eigene Sachprüfung das Konto des Kunden mit dem genannten Betrag (vgl. Nr. 2.1.2 sowie 2.3.1 der Sonderbedingungen; vgl. dazu [X.], Urteil vom 24. Juni 1985

[X.], [X.]Z 95, 103, 106). Der zahlungspflichtige Bankkunde erhält sodann von seiner Zahlstelle entsprechend dem vom [X.] an dessen Bank übermittelten Lastschriftdatensatz eine Mittei-lung über die erfol[X.]e Belastung auf seinem Kontoauszug (Lastschriftabkom-men Abschnitt
1 Nr.
7 Abs.
1). Da dieses Verfahren den Zahlungsempfänger in die Lage versetzt, von sich aus ohne Mitwirkung des Zahlungspflichtigen den Zeitpunkt des [X.] zu bestimmen ([X.], Urteil vom 29. Mai 2008

[X.], [X.], 1241, [X.]. 15), und der Schuldner auf die (nachträgliche) Verweigerung der Genehmigung verwiesen wird (Nr. 2.4 der Sonderbedingun-gen), muss der Zahlungsempfänger, um Forderungen einzuziehen, gegenüber seiner Bank versichern, dass ihm eine schriftliche Ermächtigung des Zahlungs-pflichtigen vorlie[X.] (vgl. dazu Lastschriftabkommen Abschnitt [X.]; Einzelhei-ten bei [X.] in Schimansky/Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., § 58 Rn. 11). Auch diese Erklärung über das Vorliegen einer Einzugs-ermächtigung gibt die [X.] über die Schuldnerbank als Boten an den vermeintlichen Schuldner weiter.
(3) Danach war der [X.] der
Angekla[X.]en darauf gerichtet, die be-troffenen Bankkunden
sowohl über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses als auch
über die Berechtigung zur Vornahme des [X.] zu täu-schen. Dies geschah mit dem Ziel, die Bankkunden bis zum endgültigen Eintritt der Genehmigungswirkung von der Geltendmachung von Einwendungen ge-28
-
16
-

genüber der kontoführenden Bank und damit von der Möglichkeit der [X.] abzuhalten.
(4) Die Angekla[X.]en haben auch unmittelbar im Sinne des § 22 StGB zur Begehung dieser Tat
angesetzt. Indem sie den Lastschrifteinzug bei ihrer Bank einreichten
und damit das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren in Gang setzten, gaben sie
das Geschehen aus der Hand (vgl. [X.]surteil vom [X.]

4 StR 631/81, [X.]St 30, 363, 365; vgl. auch [X.]/
[X.]/Schuhr, 2. Aufl., § 22 Rn. 40).
b) Auch die
Voraussetzungen für eine
Beschränkung der Strafverfolgung
gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 [X.]
liegen vor (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2013

1 [X.], [X.]St 58, 119, [X.]. 13, 51, m. abl. [X.]. [X.] 2013, 423; i.E. ebenso schon [X.], Beschluss vom 12. Sep-tember 1990

3 [X.], [X.] 1991, 496). Schon im Hinblick auf die [X.] und die Komplexität des Tatgeschehens würde die weitere Auf-klärung mit dem Ziel der Feststellung eines vollendeten Delikts einen unverhält-nismäßigen Aufwand bedeuten.
III.
Die Beschränkung der Strafverfolgung führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs
für alle drei Angekla[X.]en. § 265 [X.] steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich die [X.] geständigen Angekla[X.]en anders als geschehen verteidi[X.] hätten.
Die Strafaussprüche
können jedoch nicht bestehen bleiben, da die Mög-lichkeit besteht, dass die Strafen auf der Grundlage des geänderten Schuld-spruchs dem gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen worden wären. Über diese Frage wird der zu neuer Verhandlung 29
30
31
32
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17
-

und Entscheidung berufene Tatrichter nunmehr
auf der Grundlage einer Ge-samtwürdigung der [X.] und der Tatumstände unter besonde-rer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte, insbesondere der Vollendungsnähe, zu entscheiden haben
(vgl. [X.], Beschluss vom 6. [X.] 2013

1 [X.], NJW 2013, 1545, [X.]. 21).
IV.
Ob die vom [X.] gemäß § 111i Abs. 2 [X.] i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffene Entscheidung in der Sache durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, hat
der [X.] nicht zu entscheiden.
Die Angekla[X.]en sind von dieser Entscheidung weder betroffen noch durch sie
beschwert.
[X.]Roggenbuck

[X.]

Mutzbauer Quentin
33

Meta

4 StR 430/13

22.05.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2014, Az. 4 StR 430/13 (REWIS RS 2014, 5336)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5336

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