Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.11.2010, Az. 4 AZR 118/09

4. Senat | REWIS RS 2010, 1309

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Gegenstand

Auslegung von TV WeFö Nr 3 - Umschulung eines Mitarbeiters auf ein Wechselmuster zur Erreichung der Qualifikation für eine Managementposition - Senioritätsprinzip


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 12. November 2008 - 4 [X.]/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Auslegung einer tarifvertraglichen Regelung und in diesem Zusammenhang über die Einwirkungspflicht des [X.]eklagten auf sein Mitgliedsunternehmen [X.] (nachfolgend: [X.]).

2

Der [X.]eklagte schloss am 27. Juni 1998 mit der [X.] einen Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 2 ([X.]). Dessen Geltungsbereich bezieht sich auf die Cockpitmitarbeiter der [X.] und zum Konzern gehörende Unternehmen. Regelungsgegenstand sind die [X.]edingungen eines Wechsels zwischen Flugmustern und der Förderung zum Flugkapitän. Am 23. [X.]eptember 1999 schlossen die Parteien des Rechtsstreits einen Tarifvertrag, wonach alle Tarifverträge für den Geltungsbereich [X.] der [X.], [X.], [X.] und [X.] „vollinhaltlich als Tarifverträge der Tarifpartner [X.] einerseits und [X.] andererseits übernommen“ werden. Am 22. Jan[X.]r 2002 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zum [X.], wonach dessen § 7 Abs. 7 [X.]atz 1 abgeändert wird.

3

Der [X.] lautet seither [X.].:

        

„§ 1 [X.]eniorität

        

(1) Unter [X.]eniorität ist eine besondere Art des Dienstalters zu verstehen, das nach Maßgabe der nachstehenden [X.]estimmungen festzustellen und zu berücksichtigen ist. ...

        

§ 7 Förderung und Wechsel

        

(1) Förderung im [X.]inne dieses [X.] ist die Umschulung zum Kapitän.

        

(2) Wechsel im [X.]inne dieses [X.] sind Personalveränderungen, die im Zuge der Umschulung von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster in derselben Funktion (Kapitän, Copilot, Flugingenieur) entstehen. Je einmal während der Copiloten- und Kapitänszeit soll ein Wechsel zwischen den Flugzeugmustern möglich sein, wenn [X.]edarf besteht und der [X.]ewerber die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt.

        

(3) Jede freie [X.]telle, die im Wege der Förderung oder im Wege des Wechsels von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster besetzt werden soll, wird unter [X.]ekanntgabe der vom [X.]ewerber zu erfüllenden [X.]edingungen durch Aushang in geeigneter Weise bekannt gemacht. ...

        

(7) Erfüllen für eine Umschulung auf ein Wechselmuster mehrere geeignete [X.]ewerber die festgesetzten [X.]edingungen, werden die ausgeschriebenen [X.]tellen aus den [X.]ewerbern auf einem Ausbildungsmuster nach der [X.]eniorität besetzt, es sei denn, der [X.]ewerber hat eine vorgeschriebene Verweildauer noch nicht erfüllt.

        

…       

        

§ 10 [X.]ewerbung eines Mitarbeiters

        

(1) An der Auswahl für eine Förderung oder einen Musterwechsel nehmen die Mitarbeiter teil, die sich für die betreffende Förderung bzw. den Wechsel auf das Flugzeugmuster beworben haben, auf dem die [X.]telle besetzt werden soll.

        

...“   

4

Die [X.] hatte einen im Febr[X.]r 2006 beginnenden Grundkurs Umschulungen auf das Flugzeugmuster [X.] ([X.] 747-400) ausgeschrieben. Für [X.] waren nach dem [X.] vom 17. November 2005 vier [X.] vorgesehen. [X.]esetzt wurde [X.] von der [X.] mit vier [X.]n, deren [X.]eniorität nach den vorstehenden Tarifregelungen zwischen den Parteien außer [X.]treit steht. Weiterer Teilnehmer war der Flugkapitän [X.], der über die Musterberechtigung für das Flugzeugmuster [X.] 737 verfügte und sich für die Umschulung nicht beworben hatte. Von [X.]eiten der [X.] war er für die Managementposition eines Abteilungsleiters „Operations [X.] 747-400 [X.]“ zum 1. Mai 2006 vorgesehen. Nach dem Anforderungsprofil der [X.] ist für diese Position eine Musterberechtigung für das Flugzeugmuster [X.] 747-400 erforderlich. Ein [X.]ewerber, der sich für diese Umschulung beworben hatte und über eine deutlich höhere [X.]eniorität als der Arbeitnehmer [X.] verfügt, blieb unberücksichtigt. Zum 1. Mai 2006 nahm der Arbeitnehmer [X.] die Tätigkeit als Abteilungsleiter auf.

5

Am 18. Dezember 2006 schlossen die Parteien den zum 1. Dezember 2006 in [X.] getretenen [X.] 3, der den [X.] ablöste und mit diesem in den wiedergegebenen Passagen identisch ist.

6

Der Kläger, der das Vorgehen der [X.] im Falle des Arbeitnehmers [X.] für tarifwidrig hält, forderte mit [X.]chreiben vom 10. April 2007 den [X.]eklagten erfolglos auf, sein Mitgliedsunternehmen [X.] anzuhalten, einen fortdauernden Verstoß gegen § 7 Abs. 6 [X.] einzustellen oder rückgängig zu machen.

7

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein [X.]egehren weiter und verlangte zunächst hilfsweise die Feststellung, dass § 7 Abs. 7 [X.]atz 1 [X.] und Nr. 3 die vorliegende Fallgestaltung erfassten. Mit der [X.]chulung des Arbeitnehmers [X.] habe die [X.] gegen § 7 Abs. 7 [X.] verstoßen, weil dieser sich weder für die [X.]chulung beworben habe noch das [X.]enioritätsprinzip eingehalten worden sei. Der [X.] enthalte keine ausdrückliche Regelung zur Umschulung eines Arbeitnehmers auf ein anderes Flugzeugmuster zur Erreichung der Q[X.]lifikation für eine Managementposition, weshalb auch hier die [X.]enioritätsregelungen beachtet werden müssten. Für § 7 Abs. 2 [X.] sei allein maßgeblich, welche Funktion der Flugzeugführer vor und nach der Umschulung im Cockpit wahrnehme. Diese sei vorliegend nach wie vor gleich, da der Arbeitnehmer auch weiterhin mit [X.] fliegerische Tätigkeit ausübe und an Linienflügen teilnehme. Anderenfalls würde der Zweck des [X.] umgangen.

8

Der Kläger hat vor dem [X.] beantragt,

        

den [X.]eklagten zu verurteilen, auf sein Mitgliedsunternehmen, die [X.], Köln, dergestalt einzuwirken, dass diese bei der Umschulung auf ein Wechselmuster i[X.]d. § 7 Abs. 7 [X.]atz 1 Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3 vom Dezember 2006 die [X.] auch dann gemäß der [X.]eniorität i[X.]d. §§ 1 bis 3 des [X.] besetzt, wenn die Umschulung eines Mitarbeiters der Q[X.]lifikation für die Ausübung einer Managementposition eines Abteilungsleiters dient,

        

hilfsweise:

        

festzustellen, dass bei der Umschulung auf ein Wechselmuster i[X.]d. § 7 Abs. 7 [X.]atz 1 Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3 vom Dezember 2006 die [X.]esetzung der [X.] auch dann nach der [X.]eniorität i[X.]d. §§ 1 bis 3 des [X.] zu erfolgen hat, wenn die Umschulung eines Mitarbeiters der Q[X.]lifikation für die Ausübung einer Managementposition dient.

9

Der [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Hauptantrag sei unzulässig, weil es sich um einen Einzelfall gehandelt habe. Es liege auch kein eindeutig tarifwidriges Verhalten der [X.] vor, sodass kein [X.] gegenüber dem [X.]eklagten bestehe. In der Folge fehle für den Hilfsantrag das erforderliche Feststellungsinteresse. Jedenfalls seien die Anträge unbegründet, weil der [X.] für [X.]chulungen im Rahmen der beabsichtigten Übertragung einer Managementposition nicht einschlägig sei. [X.]enioritätsälteren Arbeitnehmern sei durch die [X.]chulung des Arbeitnehmers kein Nachteil entstanden, weil dieser einen zusätzlichen [X.]chulungsplatz eingenommen habe.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein [X.]egehren weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]enat hat er seinen bisherigen Hilfsantrag zum Hauptantrag erhoben und den bisherigen Hauptantrag hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem (jetzigen) Hauptantrag gestellt. Der [X.]eklagte hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I. Die Umstellung von Haupt- und Hilfsantrag war auch in der Revisionsinstanz noch möglich. Zwar ist eine Antragsänderung in der Revisions- und [X.] grundsätzlich ausgeschlossen. [X.] können aber jedenfalls aus prozessökonomischen Gründen zugelassen werden, wenn es sich dabei um Fälle des § 264 Nr. 2 ZPO handelt und der neue Sachantrag sich auf den in der Berufungsinstanz festgestellten Sachverhalt und auf den unstreitigen Parteivortrag stützt ([X.] 27. Januar 2004 - 1 [X.] - zu III der Gründe mwN, [X.] ArbGG 1979 § 64 Nr. 35). Dies trifft auf einen Wechsel von Haupt- und Hilfsantrag regelmäßig zu ([X.] 19. September 2006 - 1 [X.] - Rn. 11, [X.] BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 29 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 16; 11. Februar 1992 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 69, 302). Mit ihm ist jedenfalls dann keine Erweiterung des bisherigen Prüfprogramms verbunden, wenn über den bisherigen Hilfsantrag in der Vorinstanz bereits entschieden worden ist. Wird dabei, wie hier, ein Hauptantrag zu einem uneigentlichen Hilfsantrag, führt dies sogar zu einer Einschränkung des bis dahin zur Entscheidung gestellten Begehrens ([X.] 19. September 2006 - 1 [X.] - aaO).

II. Die Klage ist jedoch insgesamt unbegründet. Der zulässige Antrag auf Feststellung des Inhalts der tarifvertraglichen Regelung ist unbegründet. In der Folge ist der unechte Hilfsantrag nicht zur Entscheidung angefallen.

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zulässig. § 9 [X.] erweitert das Anwendungsgebiet von § 256 Abs. 1 ZPO auf die Klärung eines abstrakten Rechtsverhältnisses über das Bestehen oder Nichtbestehen oder über die Auslegung eines Tarifvertrages ( [X.] 10. Juni 2009 - 4 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.] 2010, 73 ). Zu den mit einer solchen sogenannten Verbandsklage zu klärenden Auslegungsfragen gehört auch die allgemeine Auslegung einer Regelung eines zwischen den Parteien vereinbarten Tarifvertrages, hier dem § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.].

b) Entgegen der Auffassung des [X.]n besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse des [X.], das Rechtsverhältnis alsbald durch richterliche Entscheidung feststellen zu lassen. Für das Feststellungsinteresse müssen Anhaltspunkte vorliegen, die die Klärung der Rechtsfrage zum gegenwärtigen [X.]punkt erforderlich machen ([X.] 6. Juni 2007 - 4 [X.] - Rn. 67 mwN, [X.]E 123, 46).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Auch bei künftigen Umschulungen zum Zwecke der Qualifizierung für eine Managementposition kann die zwischen den Parteien umstrittene Auslegungsfrage über die Beachtung des Senioritätsprinzips entsprechend den §§ 1 bis 3 [X.] von Bedeutung sein, was der Kläger zutreffend geltend macht. Dem Feststellungsinteresse steht auch nicht entgegen, dass sich das von dem Kläger angeführte Verhalten der [X.] zur [X.] der Geltung des [X.] ereignete, der vor Klageerhebung im Dezember 2006 durch den [X.] abgelöst wurde. Die maßgebenden Regelungen beider Tarifverträge sind identisch, sodass der Streit der Parteien über die zutreffende Tarifvertragsauslegung auch zukünftig nicht ausgeschlossen ist.

2. Die Klage ist unbegründet.

§ 7 Abs. 7 [X.] regelt nicht die Umschulung eines Mitarbeiters auf ein Wechselmuster zur Erreichung der Qualifikation für eine Managementposition, die er nachfolgend auch ausführt und damit in einer anderen Funktion als den in § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] genannten tätig wird. Auf das in den §§ 1 bis 3 [X.] niedergelegte Senioritätsprinzip kommt es für solche Arbeitnehmer nicht an. Das gilt jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Verfahren die Berücksichtigung des weiteren Mitarbeiters für die Umschulung auf ein Wechselmuster nicht zu einer Verkürzung der ausgeschriebenen [X.] für andere Bewerber iSd. § 7 Abs. 7 [X.] führt. Das ergibt die Auslegung des [X.] (zu den Maßstäben etwa [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 40, [X.]E 124, 240).

a) Der Wortlaut des § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.] erfasst nicht die Umschulung eines Kapitäns auf ein Wechselmuster, wenn sie der Qualifizierung für eine Managementposition und einer dahingehenden Personalveränderung dient, weil eine andere Funktion als die in § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehene ausgeübt wird.

Nach § 7 Abs. 1 des [X.] ist „Förderung“ nach dem Tarifvertrag die Umschulung zum Kapitän. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 sind „Wechsel“ Personalveränderungen, die im Zuge der Umschulung von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster „in derselben Funktion (Kapitän, Copilot, Flugingenieur)“ entstehen, wobei solche „Wechsel“ nach § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] je einmal während der Copiloten- und Kapitänszeit möglich sein sollen. § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmt dabei abschließend „dieselbe Funktion“. Bei dem Klammerzusatz „Kapitän, Copilot, Flugingenieur“ handelt es sich um eine erschöpfende Aufzählung. Die Tarifvertragsparteien haben sie keiner Ergänzung - etwa durch den Zusatz „zB“ - zugänglich gemacht.

Entgegen der Auffassung des [X.] enthalten weder Wortlaut noch Systematik des [X.] Anhaltspunkte dafür, dass ausschließlich die mit der Umschulung erworbene Musterberechtigung unabhängig von der danach konkret ausgeübten Position im Unternehmen der [X.] maßgebend sein soll. § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] stellt ausdrücklich auf die Beibehaltung derselben Funktion im Cockpit ab.

Dies ist aber hinsichtlich der Tätigkeit des [X.] nicht der Fall, selbst wenn man davon ausgeht, dass er noch mit einem Anteil von [X.] „fliegerisch“ tätig ist. Der Flugkapitän übt nach den für den [X.] bindenden und durch den Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 1 ZPO) die Funktion eines Abteilungsleiters aus und ist nicht mehr in der alleinigen Funktion als Kapitän im regulären Passagier- und Frachtverkehr tätig. Soweit fliegerische Tätigkeiten auszuüben sind, erfolgen diese stets in Wahrnehmung der Aufgaben eines Abteilungsleiters, etwa zum Zwecke der Inspektion oder zur Überprüfung der dem Abteilungsleiter unterstellten Piloten, nicht in der alleinigen Funktion als Kapitän im regulären Passagier- oder Frachtverkehr. Soweit die Revision anführt, die Tätigkeit als Abteilungsleiter habe mit der „im Cockpit nichts zu tun“ und er sei an Bord „nicht etwa ein Kapitän mit Sonderstellung“ oder „Vorgesetzter“, handelt es sich um einen in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 2 ZPO unzulässigen neuen Tatsachenvortrag, dem der [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auch entgegengetreten ist.

b) Gegen die Annahme einer umfassenden Regelung aller Umschulungen durch § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.] spricht auch, dass sich der Wortlaut dieser Vorschrift lediglich auf „Bewerber“ für eine Umschulung auf ein Wechselmuster bezieht. § 10 Abs. 1 [X.] bestimmt ua., dass an der Auswahl für einen Musterwechsel die Arbeitnehmer teilnehmen, die sich für den betreffenden Wechsel auf das Flugzeugmuster beworben haben, auf dem die Stelle besetzt werden soll. § 7 Abs. 7 [X.] ist somit nach seinem Wortlaut nicht für Arbeitnehmer einschlägig, die sich nicht iSv. § 10 Abs. 1 [X.] - Bewerbung für den Wechsel auf das Flugzeugmuster - beworben haben. Damit korrespondiert § 7 Abs. 9 [X.]. In dieser tarifvertraglichen Bestimmung wird abschließend geregelt, wie die Besetzung freier Stellen auf einem Wechselmuster zu erfolgen hat, wenn für die zu besetzende Stelle nicht genügend freiwillige geeignete Bewerber zur Verfügung stehen ([X.] 23. Februar 2010 - 1 [X.] - Rn. 26, [X.] BetrVG 1972 § 77 Nr. 100). In diesem Fall bestimmt sich die Besetzung nach dem Senioritätsprinzip, sofern eine Einigung der Betriebsparteien über andere Auswahlkriterien unterblieben ist. Die Regelungen in § 7 [X.] verdeutlichen damit insgesamt, dass die Seniorität ein Ordnungsprinzip für die Vorbereitung eines Wechsels iSd. § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] und für einen solchen Wechsel selbst ist, nicht für Umschulungen aus anderen Gründen.

c) Weiterhin spricht auch die tarifliche Systematik für ein Verständnis, dass § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.] nicht sämtliche [X.] regeln soll. Nach § 12 Abs. 4 [X.] „kann das gemeinsame paritätische Gremium, soweit erforderlich, zu in diesem Tarifvertrag nicht geregelten Fällen auch außerhalb der Einspruchsfrist Vorschläge zur Rechtsgestaltung machen“. Die Tarifvertragsparteien sind danach selbst davon ausgegangen, dass es Fallgestaltungen geben kann, für die der [X.] keine Anwendung findet und für die gleichwohl eine Regelungsmöglichkeit durch die Tarifvertragsparteien bestehen soll.

d) Die vorstehende Auslegung führt auch zu vernünftigen, sachgerechten und praktisch brauchbaren Ergebnissen. Anderenfalls wäre, soweit nach dem Anforderungsprofil bei Beförderungen auf Managementpositionen eine vorherige Umschulung erforderlich ist, der Arbeitgeber auch insoweit an die Einhaltung des Senioritätsprinzips nach den §§ 1 bis 3 [X.] gebunden. Darüber hinaus käme ein Kapitän, der bereits auf ein Wechselmuster umgeschult wurde, für eine weitere Umschulung zum Zwecke der Qualifizierung für eine Managementposition als Abteilungsleiter nach § 7 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht in Betracht. Die Auswahl für Abteilungsleiter in [X.] würde von der Seniorität und auch davon abhängen, ob der Kapitän bereits einmal - mit oder ohne Bewerbung - auf ein Wechselmuster umgeschult wurde. Voraussetzungen wie besondere fachliche und persönliche Qualifikationen und Fähigkeiten zur Personalführung, die für diese Positionen von anderer Bedeutung sind als bei einem Wechsel iSd. § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.], könnten nicht in jedem Fall berücksichtigt werden, was nicht sachgerecht wäre.

e) Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich nicht durch das Verhalten der [X.] im Juli 2005 und im Juni 2008, als sie beim Kläger die vorherige Zustimmung zur außerplanmäßigen Umschulung zweier Flugkapitäne eingeholt hat. Das Verhalten eines tarifgebundenen Mitglieds ist für die Auslegung eines Verbandstarifvertrages grundsätzlich unerheblich. Aus dessen - zudem vor der Umschulung des Arbeitnehmers S lediglich einmaligen - Handlungsweise können keine Rückschlüsse auf den Willen der Tarifvertragsparteien gezogen werden.

f) Ob bei der Besetzung der Umschulungskurse die Seniorität iSd. §§ 1 bis 3 [X.] zu beachten ist, wenn die Umschulung eines Mitarbeiters zur Ausübung einer Managementposition unter Verringerung der nach dem [X.] vorgesehenen [X.] führt, muss der [X.] nicht entscheiden.

Ebenso ist nicht darüber zu befinden, ob das Senioritätsprinzip dann zu beachten ist, wenn die Besetzung einer Abteilungsleiterposition nur „vorgeschoben“ ist und der umgeschulte Arbeitnehmer sogleich oder nach kurzer [X.] „in derselben Funktion“ auf dem Wechselmuster eingesetzt wird. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten der [X.] sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

III. Nachdem der Hauptantrag ohne Erfolg geblieben ist, ist der nunmehr als unechter Hilfsantrag gestellte ehemalige Hauptantrag nicht zur Entscheidung angefallen. Im Übrigen hätte der [X.] nicht entgegengestanden, dass ein etwaiges tarifwidriges Verhalten nicht eindeutig gewesen wäre. Einer vorherigen rechtskräftigen Entscheidung über den Inhalt der tariflichen Verpflichtung, um deren Einhaltung es geht, bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn wie hier in dem Rechtsstreit auch über die ausdrücklich zum Streitgegenstand erhobene umstrittene Auslegungsfrage entschieden wird (so bereits [X.] 10. Juni 2009 - 4 [X.] - Rn. 43, [X.] 2010, 73; klarstellend zu 29. April 1992 - 4 [X.] 432/91 - [X.]E 70, 165).

IV. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Kralle-Engeln    

        

    Weßelkock    

                 

Meta

4 AZR 118/09

17.11.2010

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 14. April 2008, Az: 8 Ca 396/07, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.11.2010, Az. 4 AZR 118/09 (REWIS RS 2010, 1309)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1309

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