Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2020, Az. XII ZB 290/20

12. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 913

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Gegenstand

Familiensache: Rechtsmittelbeschwer bei vollständiger Abweisung eines Stufenantrags; Bestehenbleiben des Stufenverhältnisses in der Beschwerdeinstanz


Leitsatz

Zur Frage der Rechtsmittelbeschwer bei vollständiger Abweisung eines Stufenantrags.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des [X.] vom 8. Juni 2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 37.854 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehegatten. Sie streiten im Rahmen eines [X.] über die Rückzahlung von Trennungsunterhalt, den der Antragsteller unter anderem aufgrund eines Prozessvergleichs an die Antragsgegnerin gezahlt hat.

2

Die Antragsgegnerin erwirkte eine einstweilige Anordnung (Anerkenntnisbeschluss) vom 21. Oktober 2015 über Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 1.500 €. Im Hauptsacheverfahren schlossen die Beteiligten vor dem [X.] am 6. November 2019 einen Vergleich, nach dem der Antragsteller über den titulierten Elementarunterhalt hinaus ab Januar 2016 monatlich weitere 1.000 € Elementarunterhalt sowie 654,50 € Altersvorsorgeunterhalt schuldet.

3

Der Antragsteller verfolgt mit dem von ihm erhobenen Stufenantrag die - zunächst noch unbezifferte - Rückzahlung des gezahlten [X.]. Er hat vor dem Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Auskünfte über ihre Einkünfte zu geben und darüber Belege vorzulegen.

4

Das Amtsgericht hat „die Anträge“ durch „[X.]“ abgewiesen. Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde, mit welcher er die von ihm erhobenen Anträge auch auf eine Abänderung der Unterhaltstitel gerichtet hat, hat das [X.] verworfen, weil es an der erforderlichen Beschwer fehle und die im Beschwerdeverfahren nach Korrektur des ursprünglich angekündigten Antrags allein noch beantragte Abänderung des Prozessvergleichs nur in einem neuen Verfahren geltend gemacht werden könne. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des [X.]. Denn der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsteller in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf der Zugang zu einer in der Verfahrensordnung vorgesehenen Instanz nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Januar 2017 - [X.] 567/15 - FamRZ 2017, 731 Rn. 4 mwN).

6

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Die vom [X.] angeführte Begründung trägt die Verwerfung der Beschwerde nicht.

7

a) Entgegen der Ansicht des [X.]s fehlt es vorliegend nicht an der erforderlichen Beschwer nach § 59 Abs. 1 FamFG.

8

[X.] ergibt sich daraus, dass das Amtsgericht seine gesamten rechtshängig gemachten Anträge abgewiesen hat. Dazu gehören nicht nur die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge auf Auskunft und [X.], sondern jedenfalls auch der im Wege des [X.] rechtshängig gewordene unbezifferte Antrag auf Rückzahlung von Trennungsunterhalt. Dass das Amtsgericht über die in der mündlichen Verhandlung vom Antragsteller gestellten Anträge hinaus die gesamten rechtshängigen Anträge abgewiesen hat, legt ferner die Bezeichnung des Beschlusses als „[X.]“ nahe und ergibt sich auch aus der im Beschluss enthaltenen Kostenentscheidung.

9

b) Zwar geht das [X.] im Ausgangspunkt noch zutreffend davon aus, dass der Rechtsmittelführer die Beseitigung seiner Beschwer verfolgen muss und sich nicht darauf beschränken darf, einen neuen, bislang nicht rechtshängigen Antrag zu erheben (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Mai 2011 - [X.] 671/10 - FamRZ 2011, 1143 Rn. 12 mwN).

Dem werden die vom Antragsteller in der Beschwerdeinstanz gestellten Anträge aber gerecht. Die Rechtsbeschwerde weist zutreffend darauf hin, dass die vom Amtsgericht abgewiesenen Anträge auf Auskunft und [X.] vom Antragsteller in der Beschwerdeinstanz unverändert weiterverfolgt worden sind. Das gilt auch für den Schriftsatz des Antragstellers vom 16. April 2020, auf den das [X.] hier maßgeblich abgestellt hat. Denn dieser führt die Anträge auf Auskunft und [X.] unverändert auf. Dass der Antragsteller mit dem Rechtsmittel wenigstens insoweit die Beseitigung der für ihn mit dem angefochtenen Beschluss verbundenen Beschwer erstrebt, liegt somit auf der Hand.

Die Anträge sind ausdrücklich im Stufenverhältnis erhoben, das im Fall der Abweisung der gesamten Anträge auch in der Beschwerdeinstanz bestehen bleibt (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1987 - [X.] - FamRZ 1988, 156, 158; [X.] Urteil vom 3. Mai 2006 - [X.] - NJW 2006, 2626 Rn. 14 f.). Das [X.] hätte daher zunächst nur über die unverändert weiterverfolgten Anträge auf Auskunft und [X.] entscheiden müssen. Eine Abweisung dieser Anträge mit der Begründung, ein Rückzahlungsanspruch sei von vornherein und unabhängig vom Ergebnis der Auskunft und [X.] nicht gegeben (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - [X.] - FamRZ 1990, 863, 864), betrifft nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels, sondern dessen Begründetheit.

Auch im Übrigen vermag die Begründung des [X.]s nicht zu überzeugen. Dass der Antragsteller, wie das [X.] meint, in der Beschwerdeinstanz in dritter Stufe allein einen Abänderungsantrag angekündigt habe, während die erstinstanzliche Entscheidung lediglich den auf Rückzahlung von geleistetem Trennungsunterhalt gerichteten Stufenantrag für unzulässig erklärt habe, erscheint bereits fraglich. Denn der Antragsteller hat auch insoweit bereits in erster Instanz klargestellt, dass der Stufenantrag der Rückzahlung zuviel gezahlten [X.] und zugleich der Abänderung der Unterhaltsverpflichtung aus dem Vergleich und dem Anerkenntnisbeschluss diene, was mit dem Protokoll der Sitzung vom 31. Oktober 2019 übereinstimmt. Selbst wenn aber der Abänderungsantrag damit - neben dem unverändert weiterverfolgten [X.] - noch nicht rechtshängig geworden sein sollte, wäre auch im Beschwerdeverfahren eine spätere entsprechende Klarstellung nach Erledigung der ersten beiden Stufen jedenfalls zulässig gewesen (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - [X.] - FamRZ 1990, 863, 864), so dass mit dieser Begründung eine Abweisung des (gesamten) [X.] nicht in Betracht kam. Auf den Umstand, dass das Amtsgericht noch in der mündlichen Verhandlung rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass eine Verbindung von Auskunfts- und Abänderungsantrag nicht zulässig sei, kommt es demnach nicht mehr an.

Dose     

      

[X.]     

      

Günter

      

Botur     

      

Krüger     

      

Meta

XII ZB 290/20

16.12.2020

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Koblenz, 8. Juni 2020, Az: 11 UF 697/19

§ 59 Abs 1 FamFG, § 61 FamFG, § 254 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.12.2020, Az. XII ZB 290/20 (REWIS RS 2020, 913)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 508 REWIS RS 2020, 913

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