Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.01.2022, Az. B 4 AS 176/21 B

4. Senat | REWIS RS 2022, 1797

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Gegenstand

Revisionszulassung - Verfahrensfehler - Mitwirkung eines wegen Befangenheit abgelehnten Richters - Heilung durch Zustellung eines Beschlusses über die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 7. April 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Der am Montag, dem 10.5.2021, beim [X.] eingegangene Antrag des [X.], ihm zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der vorgenannten Entscheidung, die ihm am [X.] zugestellt wurde, [X.] unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, ist abzulehnen.

2

Nach § 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem [X.] nur dann [X.] bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 [X.]) in der Lage wäre, die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] erfolgreich zu begründen.

3

Nach § 160 Abs 2 [X.] ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), das Urteil des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichts- und Verwaltungsakten nicht erkennbar.

4

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der vorliegende Rechtsstreit wirft keine solche abstrakten Rechtsfragen auf. Der Kläger begehrt mit seiner vom [X.] als unzulässig verworfenen Restitutionsklage die Wiederaufnahme eines rechtskräftig (Senatsbeschluss vom 14.5.2020 - B 4 [X.]/20 B) abgeschlossenen Berufungsverfahrens (Az: L 3 AS 3321/19) wegen einer später aufgefundenen Urkunde und des Verdachts strafbarer Handlungen der Vertreter des Beklagten. Klärungsbedürftige Rechtsfragen zu den einschlägigen [X.] des § 580 [X.] 5 und 7 lit b ZPO stellen sich in diesem Zusammenhang nicht. Der Kläger bemängelt vielmehr die Subsumtion des [X.] in seinem Einzelfall.

5

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht, weshalb eine [X.] keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]). Insbesondere ist nicht erkennbar, inwieweit die Ausführungen des [X.] zum Vorliegen von [X.] Aussagen des [X.] in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen im [X.] (Urteil vom 5.11.2019 - 1 BvL 7/16 - [X.]E 152, 68) widersprechen sollen.

6

Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Rechtsanwalt mit Erfolg einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.]).

7

Das gilt zunächst für den absoluten Revisionsgrund, dass das [X.] bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 202 Satz 1 [X.] iVm § 547 [X.] ZPO). Zwar hat es über die Restitutionsklage nicht in der vollen Senatsbesetzung des § 33 Abs 1 Satz 1 [X.] verhandelt und entschieden; bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen [X.] indes generell nicht mit (§ 33 Abs 1 Satz 2 [X.]). Von dieser in § 158 Satz 2 [X.] für die Verwerfung einer Berufung als unzulässig eröffneten Entscheidungsform hat das [X.] im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Die entsprechende Anwendbarkeit der Regelung auf eine [X.] gegen eine Berufungsentscheidung, die gemäß § 179 [X.] iVm §§ 579, 580 ZPO unzulässig ist, entspricht ständiger Rechtsprechung ([X.] vom 10.7.2012 - B 13 R 53/12 B - [X.] 4-1500 § 158 [X.] 6; [X.] vom 23.4.2014 - [X.] AS 368/13 B - [X.] 4-1500 § 179 [X.] Rd[X.]5-16). Der Kläger ist vor der Entscheidung des [X.] auch ordnungsgemäß angehört worden (vgl hierzu etwa [X.] vom 24.4.2008 - B 9 SB 78/07 B - [X.] 4-1500 § 158 [X.] 3; [X.] vom 26.11.2020 - [X.] [X.]/19 R - juris Rd[X.]0).

8

Der Kläger ist seinem gesetzlichen [X.] auch nicht dadurch entzogen worden, dass der [X.]-Senat in seiner planmäßigen Besetzung unter Einschluss der vom Kläger mit Schriftsatz vom 12.3.2021 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten [X.] entschieden hat. Zwar erlaubt es § 60 Abs 1 [X.] iVm § 47 Abs 1 ZPO einem abgelehnten [X.] vor Erledigung des [X.] nur, solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten. Die dafür erforderliche Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ergeht gemäß § 60 Abs 1 [X.] iVm § 46 Abs 1 ZPO durch Beschluss. Die diesbezügliche Entscheidung des [X.] in dem Verfahren L 3 SF 1056/21 AB datiert zwar vom [X.], ist dem Kläger aber erst am [X.] zugestellt worden (dem Beklagten gar erst am 13.4.2021). [X.] man die Wirksamkeit des Beschlusses nach § 133 Satz 2 [X.] an dessen Zustellung (so etwa [X.] vom 14.2.2018 - [X.] [X.]/16 B - juris Rd[X.] 5; aA [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 142 Rd[X.] 3c unter Hinweis auf [X.] vom 12.7.2012 - [X.] 270/11), ist der verfahrensbeendende Beschluss des [X.] vom [X.] vor Beendigung des vorläufigen Tätigkeitsverbots ergangen. Ein solcher Verstoß gegen die Wartepflicht wird jedoch durch die Zustellung eines Beschlusses über die Verwerfung bzw Zurückweisung des [X.] geheilt ([X.] vom [X.] - B 9 SB 24/00 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]9 - NZS 2001, 221 f). Von vornherein schon keinen Verfahrensmangel stellt die Mitwirkung der abgelehnten [X.] T und B an der Entscheidung in dem Verfahren L 3 SF 1056/21 AB dar, weil der Kläger im Hinblick auf diese entgegen § 60 Abs 1 [X.] iVm § 44 Abs 2 Satz 1 ZPO keinen Ablehnungsgrund glaubhaft gemacht hat. In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass der abgelehnte [X.] selbst über ein rechtsmissbräuchliches oder sonst offensichtlich unzulässiges Ablehnungsgesuch mitentscheiden darf, soweit das Ablehnungsgesuch völlig ungeeignet ist und es sich daher um eine bloße Formalentscheidung handelt ([X.] vom 20.7.2007 - 1 BvR 2228/06, NJW 2007, 3771, 3772; [X.] vom 15.6.2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rd[X.]5 ff; [X.] vom [X.] - B 1 KR 51/09 B - [X.] 4-1500 § 60 [X.] 6 Rd[X.]0; [X.] vom [X.] U 19/19 B - juris Rd[X.] 7). Das ist hier der Fall, weil der Kläger pauschal und ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, alle Mitglieder des [X.] abgelehnt hat (vgl dazu [X.] vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11 - juris Rd[X.]8; [X.] vom [X.] AL 13/09 C - [X.] 4-1500 § 60 [X.] 7). Der von ihm als Befangenheitsgrund angeführte richterliche Hinweis vom [X.] ist ausschließlich von der Berichterstatterin verantwortet worden. Dass der [X.]-Senat das gegen diese gerichtete Ablehnungsgesuch (ohne ihre Mitwirkung) zurückgewiesen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

9

Soweit der Kläger der Ansicht ist, das [X.] sei gehalten gewesen, das Wiederaufnahmeverfahren nach § 114 Abs 3 [X.] auszusetzen, rügt er dessen Beweiswürdigung bezüglich des Vorliegens eines hinreichenden Anfangsverdachts einer Straftat. Eine solche (vermeintliche) Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] stellt indes gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.] keinen [X.] dar.

Ein vor dem [X.] zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 [X.]) könnte schließlich auch nicht mit Erfolg den Erlass eines Prozess- anstelle eines [X.] (siehe hierzu nur [X.] vom [X.] - [X.]E 34, 236, 237) als Verfahrensmangel geltend machen. Die Ansicht des [X.], die Zulässigkeit einer [X.] setze die schlüssige Behauptung eines Anfechtungsgrunds voraus, entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung (statt aller [X.] vom 23.4.2014 - [X.] AS 368/13 B - [X.] 4-1500 §179 [X.]). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die vom Kläger vorgelegte Urkunde lässt nicht erkennen, gegen welchen Bescheid Widerspruch erhoben worden ist, und hätte daher keine ihm günstigere Entscheidung des [X.] herbeigeführt (vgl § 179 [X.] iVm § 580 [X.] 7 lit b ZPO). Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass wegen der von ihm angenommenen Straftaten eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann (vgl § 179 [X.] iVm §§ 580 [X.] 5, 581 Abs 1 ZPO).

Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 5.10.2021 erhobene Einrede der Verjährung vermag seiner [X.] nicht zum Erfolg zu verhelfen. Sie wird von dem Beklagten im weiteren Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen sein.

Die Bewilligung von [X.] muss daher abgelehnt werden. Damit scheidet die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] aus (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

Die vom Kläger persönlich beim [X.] erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des [X.] ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 [X.] als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften des § 73 Abs 4 [X.] über den Vertretungszwang beim [X.] entspricht. Auf diese [X.] hat das [X.] den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung seiner Entscheidung ausdrücklich hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 [X.].

            Meßling                 Söhngen                 B. [X.]

Meta

B 4 AS 176/21 B

25.01.2022

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Stuttgart, 11. September 2019, Az: S 17 AS 6167/17, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 46 Abs 1 ZPO, § 47 Abs 1 ZPO, § 133 S 2 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.01.2022, Az. B 4 AS 176/21 B (REWIS RS 2022, 1797)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1797

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

1 BvL 7/16

IX ZB 270/11

1 BvR 1288/14

1 BvR 2853/11

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