Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.08.2022, Az. B 2 U 3/22 BH

2. Senat | REWIS RS 2022, 10145

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - PKH-Bewilligung - Verfahren der Urteilsergänzung gem § 140 SGG vor dem SG oder LSG)


Tenor

Die Anträge des [X.], ihm Prozesskostenhilfe für ein Vorabentscheidungsersuchen beim [X.] sowie für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 31. März 2022 - auch "zur Zurückverweisung, Nachholung der mündlichen Verhandlung" und "zur Urteilsergänzung" - zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.

Die Anträge des [X.] auf Vorlage beim [X.] "zur weiteren Prüfung und Entscheidung", "auf Sicherstellung von Teilhabe und körperlicher Unversehrtheit auch unter Beachtung der gerichtlichen Verfahrensdauer aller Zusammenhänge seit 2005" und "auf Fristverlängerung zur Begründung und Einreichung der Beschwerde bis zum rechtskräftigen PKH Beschluss und Beiordnung eines Fachanwalts", werden abgelehnt.

Gründe

1

I. Mit vorbezeichnetem Beschluss (L 2 U 192/21) hat es das [X.] abgelehnt, das Urteil des [X.] ([X.] [X.]) aufzuheben, dem Kläger Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufung ([X.] [X.]) gegen den Gerichtsbescheid des [X.] ([X.] U 375/12) zu gewähren und ebendieses Untätigkeitsklageverfahren wiederaufzunehmen.

2

Der angefochtenen Entscheidung liegt folgender Verfahrensgang zugrunde: Nachdem das [X.] die Untätigkeitsklage des [X.] abgewiesen hatte (Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 - [X.] U 375/12), verwarf das [X.] die Berufung, weil die Berufungsfrist versäumt und Wiedereinsetzung nicht zu gewähren sei (Urteil vom 16.8.2019 - [X.] [X.]). Der Senat lehnte es ab, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] Prozesskostenhilfe ([X.]) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen (Beschlüsse vom 2.3.2020 - B 2 U 10/19 BH und vom 8.10.2021 - B 2 U 6/21 BH).

3

Noch während des anhängigen Berufungsverfahrens ([X.] [X.]) hatte der Kläger am [X.] beim [X.] beantragt, ihm für die bereits durch Gerichtsbescheid abgewiesene Untätigkeitsklage ([X.] U 375/12) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diesen Antrag führte das [X.] unter dem Aktenzeichen [X.] [X.] als gesondertes (Klage-)Verfahren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der anwesende Kläger keinen Sachantrag gestellt, sondern nur beantragt, "das vorliegende Verfahren auszusetzen, bis das B[X.] über den noch anhängigen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe [in dem Verfahren B 2 U 6/21 BH] entschieden hat". Das [X.] hat das Begehren des [X.] als Wiederaufnahmeklage gedeutet und sie - aufgrund fehlender Wiederaufnahmegründe - als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 7.10.2021 - [X.] [X.]). Zugleich hat es die Anträge auf Aussetzung des Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 - [X.] U 375/12 - in den Entscheidungsgründen abgelehnt. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] zurückgewiesen, den Antrag auf Bewilligung von [X.] für die Berufungsinstanz abgelehnt und die Revision nicht zugelassen (Beschluss vom 31.3.2022).

4

Nach Zustellung am 5.4.2022 hat der Kläger am [X.] privatschriftlich beantragt, ihm [X.] "zur Führung einer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision", "zur Zurückverweisung, Nachholung der mündlichen Verhandlung" und "zur Urteilsergänzung" nebst "Beiordnung eines Fachanwalt auf der Grundlage von [X.]" zu gewähren, die Sache dem "[X.] zur weiteren Prüfung und Entscheidung" vorzulegen, "auch dies mit Antrag auf Beiordnung eines Fachanwalt auf Grundlage von [X.]", seine "Teilhabe und körperliche Unversehrtheit auch unter Beachtung der gerichtlichen Verfahrensdauer aller Zusammenhänge seit 2005" sicherzustellen sowie die Frist zur "Begründung und Einreichung der Beschwerde bis zum rechtskräftigen [X.] Beschluss und Beiordnung eines Fachanwalt" zu verlängern.

5

II. Die Anträge sind abzulehnen.

6

1. Die Anträge auf Gewährung von [X.] und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des [X.] vom 31.3.2022 - L 2 U 192/21 - haben keinen Erfolg.

7

Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag [X.], wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 114 ZPO). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg. Deshalb lässt der Senat offen, ob die Rechtsverfolgung des [X.] mutwillig ist.

8

Nach § 160 Abs 2 [X.]G ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des B[X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] ([X.]) abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder aufgezeigt worden noch aufgrund der im [X.] gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs zu erblicken. Es ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter des [X.] in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

9

Es ist - auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des [X.] in seinem Schriftsatz vom [X.] - nicht ersichtlich, dass die Rechtssache klärungsbedürftige und in einem Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung aufwerfen und deshalb grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G haben könnte. Der Umgang mit Wiedereinsetzungsanträgen (§ 67 [X.]G; vgl dazu nur die Nachweise bei [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, [X.], Stand 1.8.2022, § 67 Rd[X.] ff; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 67 Rd[X.] ff sowie [X.], [X.] in den vorigen Stand, 2003) und die Voraussetzungen der Wiederaufnahmeklage (§ 179 Abs 1 [X.]G iVm §§ 578 ff ZPO) sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (vgl zB B[X.] Beschlüsse vom 5.6.2014 - B 5 R 11/14 BH - BeckRS 2014, 70564 Rd[X.] 9, vom 23.4.2014 - [X.] AS 368/13 B - [X.] 4-1500 § 179 [X.] Rd[X.] 8 ff und vom 10.7.2012 - B 13 R 53/12 B - [X.] 4-1500 § 158 [X.] 6 Rd[X.]0 sowie grundlegend Urteil vom [X.] - 9 RV 2/96 - B[X.]E 81, 46 = [X.] 3-1500 § 179 [X.] S 2 ff).

Dass das [X.] in Abweichung von den bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtssätzen des B[X.], des [X.] oder des [X.] seiner Entscheidung einen divergierenden abstrakten Rechtssatz tragend zugrunde gelegt haben könnte, ist nicht ersichtlich, so dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden könnte.

Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel erkennen, der gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G zur Zulassung der Revision führen könnte. Ein Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.]G und § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es ist nicht ersichtlich, dass nach Beiordnung eines Rechtsanwaltes dieser das Vorliegen eines zur Zulassung der Revision führenden [X.] iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]G mit Erfolg aufzeigen und ein solcher zur Zulassung der Revision führender Mangel vorliegen könnte. Aus der Gerichtsakte geht hervor, dass das [X.] den Kläger unter dem [X.] zum beabsichtigten Vorgehen im vereinfachten Beschlussverfahren gemäß § 153 Abs 4 Satz 2 [X.]G angehört hat. Mit Blick auf die Stellungnahme des [X.] vom [X.] war keine erneute Anhörung erforderlich, weil sich dadurch die [X.] nicht entscheidungserheblich geändert hatte. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung im [X.] ermessensfehlerhaft gewesen sein könnte. Deshalb besteht auch keine Aussicht auf Erfolg, dass der Senat den angefochtenen Beschluss des [X.] im Beschwerdeverfahren gemäß § 160a Abs 5 [X.]G aufheben und die Sache "zur Nachholung der mündlichen Verhandlung" an das [X.] oder [X.] zurückverweisen könnte. Es ist auch nicht anzunehmen, dass das [X.] den Streitgegenstand verkannt und § 123 [X.]G verletzt haben könnte, als es den Wiedereinsetzungsantrag "sinngemäß" als Wiederaufnahmeklage auffasste. Mit der Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von [X.] entfällt auch die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 121 ZPO).

2. Der Senat ist von vornherein nicht befugt, dem Kläger für das Verfahren der Urteilsergänzung (§ 140 [X.]G) vor dem [X.] oder [X.] [X.] zu gewähren und einen Rechtsanwalt beizuordnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 119 Abs 1 Satz 1 ZPO erfolgt die [X.]-Bewilligung durch das in der Hauptsache angerufene Gericht (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 127 Abs 1 Satz 2 ZPO) für jeden Rechtszug besonders. Daraus folgt, dass es eine Entscheidung über die Bewilligung von [X.] nur für den zu ihm selbst eröffneten Rechtszug treffen kann, nicht aber für den vorinstanzlichen Rechtszug (BVerwG Beschlüsse vom 27.7.2012 - 2 AV 5/12 - juris Rd[X.] 8 und vom 1.7.1991 - 5 B 26/91 - [X.] 310 § 166 VwGO [X.]3). Das [X.] nach § 140 [X.]G ist indes noch Teil des Berufungsverfahrens, das dem [X.] vorgelagert ist. Zudem scheidet eine Bewilligung von [X.] nur für das [X.] aus (BVerwG Beschluss vom 27.7.2012 - 2 AV 5/12 - juris Rd[X.] 8; [X.] in Gosch, [X.]/FGO, 169. Lfg, § 109 FGO Rd[X.] 8; Harks in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, [X.], § 140 Rd[X.]1; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 140 Rd[X.] 3a; [X.] in [X.], ZPO, 34. Aufl 2022, § 119 Rd[X.] 3.26).

3. Soweit der Kläger eine "Vorlage beim [X.] zur weiteren Prüfung und Entscheidung" begehrt, verkennt er, dass ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen allenfalls nach zulässiger Einlegung der zugelassenen Revision durch das B[X.] als Revisionsgericht in Betracht kommen könnte, sofern die Voraussetzungen des Art 267 AEUV erfüllt wären. Eine gesonderte [X.]-Erklärung und Anwaltsbeiordnung für das Vorlageverfahren schiede in diesem Fall aus.

4. Die Anträge auf "Sicherstellung von Teilhabe und körperliche Unversehrtheit auch unter Beachtung der gerichtlichen Verfahrensdauer aller Zusammenhänge seit 2005" sowie auf "Fristverlängerung zur Begründung und Einreichung der Beschwerde" sind schon deshalb abzulehnen, weil sie nicht durch einen beim B[X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigen (§ 73 Abs 4 Satz 1 [X.]G) gestellt worden sind.

Auf die vom Kläger gestellten Fragen ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht weiter einzugehen.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.

[X.]

Meta

B 2 U 3/22 BH

09.08.2022

Bundessozialgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: U

vorgehend SG Dresden, 7. Oktober 2021, Az: S 39 U 101/17, Urteil

§ 160a SGG, § 140 SGG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 119 Abs 1 S 1 ZPO, § 127 Abs 1 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.08.2022, Az. B 2 U 3/22 BH (REWIS RS 2022, 10145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 10145

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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