Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2014, Az. VII ZB 39/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7892

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDES[X.]ERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
VII ZB 39/13
vom

13. Februar 2014

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
ZPO § 829 Abs. 4 Satz 2; [X.] §§ 2, 3; [X.][X.] Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
a)
Die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbe-schlusses regelnden Rechtsnormen können verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der [X.]läubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular un-vollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist.
b)
In diesen, seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Bereichen ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist.
c)
Ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses ist nicht formun-wirksam, wenn sich der Antragsteller eines Antragsformulars bedient, das im Layout [X.], für die zügige Bearbeitung des Antrags nicht ins [X.]ewicht fallende Änderungen ent-hält.
d)
Ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses ist auch nicht deshalb formunwirksam, weil das Antragsformular nicht die in dem Formular gemäß [X.] 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] enthaltenen grünfarbigen Elemente aufweist.
[X.], Beschluss vom 13. Februar 2014 -
VII ZB 39/13 -
Landgericht [X.]

Amtsgericht [X.]

-
2
-
Der
VII. Zivilsenat des [X.] hat am
13. Februar
2014
durch [X.],
die Richterin [X.], die Rich-ter
Dr. [X.] und Prof. Dr. Jurgeleit
und die Richterin [X.]raßnack
beschlossen:

Auf die Rechtsmittel der [X.]läubigerin werden der Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 25.
Juli
2013 sowie der Beschluss des Amtsgerichts
-
Vollstreckungsgericht
-
[X.] vom 19.
Juni
2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht
-
Vollstreckungsgericht
-
zurückverwiesen.
Das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht
-
darf den Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses nicht aus den [X.]ründen der aufgehobenen Beschlüsse ablehnen.

[X.]ründe:
I.
Die [X.]läubigerin begehrt den Erlass eines Pfändungs-
und Überwei-sungsbeschlusses.
1
-
3
-
Sie ist Inhaberin von zwei gegen den Schuldner durch [X.] titulierten Hauptforderungen
nebst Zinsen und Kosten in Höhe von 282,77

.
Wegen dieser
Ansprüche
hat die [X.]läubigerin bei dem Amtsgericht die Pfändung
und Überweisung der Forderungen des
Schuldners
gegen die [X.] aus [X.] beantragt. Hierzu hat die [X.]läubigerin ein Antragsformular genutzt, welches nicht vollständig mit dem nach Anlage 2 zu § 2 der [X.] über Formulare für die Zwangsvollstreckung ([X.] -
[X.]) vorgegebenen Formular übereinstimmt.
Die Darstellung der einzelnen Rahmen, die Zeilen-
und Seitenrandab-stände sowie die
Länge der Textlinien weichen
teilweise vom Originalformular
ab.
Zudem hat die [X.]läubigerin auf Seite 3 des Formulars keine Eintragung zur [X.] vorgenommen, sondern
ausschließlich auf eine als Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen.
Das Amtsgericht hat nach vorherigem Hinweis den Antrag auf Erlass ei-nes Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Be-schwerdegericht
zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die [X.]läubigerin die Aufhebung der zurückweisenden Beschlüsse und den Erlass des beantragten Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung.
2
3
4
5
6
-
4
-
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
1.
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Antrag der [X.]läubigerin auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses sei nicht [X.] eingereicht worden, da es sich nicht um das
verbindliche Formular
nach Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.]
handele. Die Anerkennungsfähigkeit von Formular-
imitaten, gleich welcher Qualität, sei weder den Bestimmungen der
Zwangsvoll-streckungsformular-Verordnung
noch deren Umsetzung durch das Bundesmi-nisterium der Justiz
zu entnehmen. Nur ganz geringfügige, lediglich durch un-terschiedliche Drucksoft-
und -hardware bedingte Abweichungen des [X.] individuell gefertigter Formularausdrucke vom Erscheinungsbild des amtlichen Formulars
(wie einseitiger Druck statt Duplexdruck, [X.] statt Farbdruck, programm-
und/oder gerätespezifische [X.]) hielten sich noch im Rahmen der obligatorischen Nutzung des [X.]. Die Authentizität des Formulars werde durch solche, rein druck-technisch begründete Unterschiede nicht berührt. Die Nutzung einer Formular-nachahmung komme
hingegen nicht in Betracht.
2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Antrag auf Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses kann nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung, er sei nicht formgerecht eingereicht worden, als unzulässig zurückgewiesen werden.

a) [X.]emäß § 829 Abs. 4 Satz 1 ZPO wird das [X.] ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbe-7
8
9
10
11
-
5
-
schlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt
sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen, § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Am [X.] 2012 ist die [X.] in [X.] getreten ([X.] I 2012, 1822). Nach deren § 2 Nr. 2, § 3 ist für Anträge auf Erlass eines Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses seit dem 1. März 2013 verbindlich das in Anlage 2 zur [X.] vorgegebene Antragsformular zu nutzen.
Für den bis zum 1. März 2013
keinem Formzwang unterliegenden
Pfändungsantrag gelten
seitdem strenge Formanforderungen. Das verbindlich zu nutzende Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] ent-hält insbesondere in Bezug auf die Eintragung des
zu vollstreckenden An-spruchs
sowie auf die
zu [X.] Forderungen unveränderbare Vorgaben, aufgrund derer das Ausfüllen des Antragsformulars dem Antragsteller Schwie-rigkeiten bereiten kann. Hierdurch kann
das Begehren des [X.], im Rahmen der Forderungspfändung zügig ein Pfändungspfandrecht zu erwerben, beeinträchtigt werden.
Er unterliegt insbesondere der [X.]efahr, dass seinem Antrag wegen der Beanstandungen des Vollstreckungsgerichts nicht sofort, sondern erst nach Änderungen stattgegeben wird und dadurch möglich-erweise das Pfandrecht wegen des vorigen Zugriffs anderer [X.]läubiger entwer-tet wird.
Die sich hieraus
ergebende
Einschränkung des
[X.]rundrechts
aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 [X.][X.] auf [X.]ewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gibt
dem Senat zunächst
Anlass,
die Verfassungsgemäßheit der den [X.] regelnden Normen
zu prüfen.
(1) Die [X.]arantie effektiven Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestand-teil des Rechtsstaats. Der allgemeine Justizgewährungsanspruch umfasst
das Recht auf Zugang zu den [X.]erichten, die Prüfung des [X.] in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung 12
13
-
6
-
([X.]
107, 395, 401).
Er
bedarf allerdings der gesetzlichen Ausgestaltung. Dabei kann der [X.]esetzgeber auch Regelungen treffen, die für ein Rechts-schutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen
und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Solche
Einschrän-kungen müssen aber mit den Belangen einer rechtsstaatlichen [X.] vereinbar sein
und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unver-hältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des [X.] zugleich ihre [X.]renze. Der Rechtsweg darf nicht in unzumutbarer, durch [X.] der genannten Art nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden ([X.] 88, 118, 123, 124; NJW 1982, 2425, 2426; [X.], Beschluss vom 14.
Oktober 2010 -
V [X.], NVwZ-RR 2011,
87
Rn. 11). Um einer Überlastung der Rechtspflege vorzubeugen, die insgesamt den effektiven Rechtsschutz beeinträchtigen würde, und zur Wahrung der Rechtssicherheit können Formerfordernisse dienen, sofern sie geeignet sind, die prozessuale Lage für alle Beteiligten rasch und zweifelsfrei zu klären. Wie der Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung einerseits und dem subjektiven Interesse des Rechtsuchenden an einem möglichst uneinge-schränkten Rechtsschutz andererseits zu lösen ist, ist Sache des [X.]. Dieser muss die betroffenen Belange angemessen gewichten und in [X.] auf den einzelnen Rechtsuchenden den [X.]rundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist und es darf von dem Rechtsuchenden nichts Unzumutbares verlangt werden ([X.] 88, 118, 126, 127).
(2) [X.]emessen hieran würde
der allgemeine Justizgewährungsanspruch in verfassungswidriger Weise eingeschränkt, wenn der gesetzlich geregelte Formularzwang so zu verstehen wäre, dass die Formulare ohne Einschränkung zu verwenden wären.

14
-
7
-
Mit dem Formularzwang wird insbesondere eine Entlastung der [X.] bezweckt. Durch die Vereinheitlichung der Antragsformulare soll die Effizienz bei der Bearbeitung der Anträge bei [X.]ericht gesteigert werden (vgl. BT-Drucks. 13/341, S. 11; [X.]. 326/12,
S. 1).
Die Umsetzung dieses in Anbetracht der Vielschichtigkeit der Forde-rungspfändung anspruchsvollen
gesetzgeberischen Anliegens durch die ver-bindliche Vorgabe des Formulars
gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] schränkt
den
Anspruch
des Rechtsuchenden
auf effektiven Rechtsschutz
unverhältnis-mäßig ein.
Das vorgegebene, verbindlich
zu nutzende Formular ist an mehreren Stellen unvollständig und zum Teil widersprüchlich sowie
missverständlich. [X.] weist es in Teilbereichen rechtliche Unzulänglichkeiten
auf. Die
Erläute-rungen
zum Ausfüllen des Formulars in dem Internetauftritt des [X.]
"Fragen und Antworten: [X.] für die Zwangsvollstreckung"
(abrufbar unter [X.]) sind diesbezüglich unzureichend, wobei dahinstehen kann, ob derartige Erläuterungen Zweifel an der [X.] ausräumen könnten.
Beispielhaft
sei ausgeführt:
aa) Forderungsaufstellung (Seite 3):
Die Forderungsaufstellung auf Seite 3 zeigt sich für
eine Vielzahl der praktischen Fälle
als
ungeeignet. Sie ist darüber hinaus in
sich
missverständ-lich.
So ist aufgrund des Aufbaus des
Formulars, das
in der ersten und vor-letzten Zeile die Möglichkeit vorsieht, auf eine anliegende Forderungsaufstel-lung zu verweisen, unklar, ob zwingend in der ersten Spalte ein Betrag einzu-15
16
17
18
19
20
-
8
-
tragen ist oder ob alternativ dazu
auf eine beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen werden kann.
[X.] sind zudem die Zeilen 3 und
4 betreffend die Zinsan-sprüche. So kann das Formular dahingehend verstanden werden, dass in der ersten Spalte die ausgerechneten Zinsen einzutragen sind, die sodann in der zweiten Spalte erläutert werden, wofür der [X.]esamtaufbau der [X.] spricht. Bei einem solchen Verständnis des Formulars findet der [X.] jedoch keine Eintragungsmöglichkeit für die weiteren, ab [X.] laufenden Zinsen. Die Zeilen 3 und 4 können jedoch auch dahingehend aufgefasst werden, dass in die linke Spalte die ausgerechneten aufgelaufenen Zinsen und in die zweiten Spalte die weiteren Zinsen ab Antragstellung aufzu-nehmen sind.
Das Formular ist darüber hinaus in den Fällen, in denen
wegen mehrerer Hauptforderungen die Vollstreckung betrieben wird, ungeeignet, da lediglich eine
Hauptforderung in die Forderungsaufstellung eingetragen werden
kann (vgl. auch [X.], FoVo
2013,
81, 82 f.; [X.], [X.] 2010, 121, 123; [X.], [X.] 2010, 128, 131). Ob der [X.]läubiger die Forderungsaufstellung dennoch ([X.]) nutzen muss und eventuell die Summe der Forderungen in die [X.] eintragen muss oder insgesamt
auf eine Anlage verweisen kann, erschließt sich nicht.
Das
Formular
erlaubt zudem weder die Eintragung von Teilzahlungen des Schuldners noch von
gestaffelten Zinsen. Für
den Antragsteller ist
in diesen Fällen nicht erkennbar, ob -
und wenn ja welche -
Beträge in die Forderungs-aufstellung aufzunehmen sind und inwieweit auf eine Anlage verwiesen werden darf.
Darüber hinaus ist die
Eintragung einer
Vorsteuerabzugsberechtigung, was hinsichtlich der Vollstreckungskosten erforderlich sein kann, nicht vorgese-21
22
23
24
-
9
-
hen.
Auch insoweit bleibt unklar, an welcher Stelle eine entsprechende Eintra-gung vorzunehmen ist.
bb) Zu pfändende Forderungen (Seiten 4 ff.)
Das
Formular eröffnet dem Antragsteller hinsichtlich der zu [X.] Ansprüche keine genügende Auswahlmöglichkeit. Hat der
[X.]läubiger auf Seite 4 in dem ersten Kasten "Forderung aus Anspruch"
einen oder mehrere Bereiche ausgewählt, so ist der Antrag unumgänglich auf Pfändung sämtlicher in dem Formular dem ausgewählten Drittschuldner zugeordneter
Ansprüche gerichtet. Zudem besteht, wenn auf Seite 3 unten mehrere Drittschuldner eingetragen werden, keine Möglichkeit, die zu [X.] Forderungen auf den Seiten 4 bis 6 sowie die Anordnungen auf den Seiten 7 und 8 den einzelnen Drittschuldnern zuzuordnen. Stets wird dadurch bei allen Drittschuldnern
die Pfändung der glei-chen Ansprüche und der Erlass der gleichen Anordnungen beantragt. Die [X.] wird durch diese verbindlichen
Vorgaben
des Formulars in rechtswidriger Weise eingeschränkt.
Unter "Anspruch F (an Bausparkassen)"
sind ausschließlich Ansprüche aus Bausparverträgen mit festvereinbarten Bausparsummen, nicht hingegen flexible Bausparverträge erfasst. An dieser Stelle sieht das Formular keine zu-sätzlichen Eintragungsmöglichkeiten vor. Ob weitere Ansprüche gegen [X.] im Feld "Anspruch [X.] (an Sonstige)"
eingetragen werden können oder in eine Anlage aufzunehmen sind, ist für den Rechtsuchenden nicht er-kennbar.
Hinsichtlich der Forderungen gegen Bausparkassen "Anspruch F (an Bausparkassen)"
könnte
zudem die unveränderbare Formulierung in Nr. 1 zu einem rechtswidrigen Antrag führen, soweit dort der Anspruch auf Auszahlung der Bausparsumme gepfändet werden soll. Die Bausparsumme besteht aus Bausparguthaben und Bauspardarlehen. Der Darlehensanteil ist jedoch
zweck-25
26
27
28
-
10
-
gebunden und daher nach verbreiteter Auffassung nach § 851 Abs. 2 ZPO, §
399 B[X.]B allenfalls für [X.] bzw. [X.]rundstücksverkäufer pfändbar
(Stöber, Forderungspfändung, 16. Auflage Rn. 90, 82 m.w.N.).
Die Einreichung eines solchen
Antrags und damit das Risiko einer teilweisen Antragszurückwei-sung ist
dem [X.]läubiger nicht zumutbar.

Darüber hinaus besteht auch keine Möglichkeit, die Felder "Anspruch [X.]
(an Finanzamt)"
bis "Anspruch [X.]
(an Sonstige)"
auf den Seiten 4 bis 6 sowie die Anordnungen auf den Seiten 7 und 8 auszublenden, soweit sie für den [X.] Antrag nicht von Relevanz sind. Der Antragsteller ist gehalten, stets das gesamte
neunseitige Antragsformular bei
dem Vollstreckungsgericht einzu-reichen, obschon mehrere Seiten für seinen konkreten Antrag ohne Bedeutung sein können.
cc) Seiten 1, 2 und 9:
Die Beantragung des Erlasses lediglich eines Pfändungs-
und nicht auch eines Überweisungsbeschlusses sieht das Formular auf den Seiten 1 und 2
nicht
vor.
Zwar besteht die Möglichkeit,
auf Seite 8 eine Überweisung nicht zu beantragen, jedoch ist der Eingangstext des Antrags auf Seite 1 und die [X.] auf Seite 2 unveränderbar, so dass das Formular insoweit zumindest widersprüchlich ist.
Das Formular
sieht zwar auf Seite 1 einen zusätzlichen Antrag auf Bewil-ligung von Prozesskostenhilfe vor, die Beiordnung eines Rechtsanwalts kann jedoch nicht beantragt werden.
Auf Seite 9 schließlich sind die Kosten für den Antrag auf Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses einzutragen. Hinsichtlich der [X.] ist hier "Anwaltskosten gemäß RV[X.]"
vorgegeben. Kos-ten eines Inkassobüros lassen sich hier nicht eintragen.
29
30
31
32
33
-
11
-
dd) Bezüglich der vorgenannten
Punkte bleibt der Antragsteller im [X.], wie er die entsprechenden Eintragungen vorzunehmen hat und dem Risiko einer (teilweisen) [X.] entgegenwirken kann. Nicht zuletzt im Hinblick auf die im Bereich der Forderungspfändung häufig beste-hende Eilbedürftigkeit ist die uneingeschränkte verbindliche Nutzung des For-mulars für den einzelnen Rechtsuchenden daher unzumutbar.
(2) Die den Formularzwang regelnden Normen
können
jedoch trotz er-heblicher Bedenken noch verfassungskonform ausgelegt werden. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der [X.]esamtzusammenhang der einschlä-gigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von de-nen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, ist diese geboten (BVerf[X.], NJW 2001, 2160; [X.], Beschluss vom 15.
Januar 2004

IX
ZB
96/03, [X.]Z 157, 282, 299). Dabei ist von der Absicht des [X.] auszugehen, das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was nach der [X.] aufrechterhalten werden kann ([X.] 9, 194, 200).
Nach diesen [X.]rundsätzen sind die
den Formularzwang regelnden Nor-men verfassungsgemäß dahingehend auszulegen, dass der [X.]läubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular
unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In diesen, seinen Fall nicht zutreffend er-fassenden Bereichen ist
es nicht zu beanstanden, wenn
er in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt
oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist.
Diese Auslegung entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben und fördert -
soweit möglich -
den mit dem Erlass der [X.] verfolgten Zweck. Die Verbindlichkeit des Formulars wird hierbei eingeschränkt, dessen Nutzung jedoch nicht gänzlich aufgehoben. Auch die 34
35
36
37
-
12
-
teilweise Nutzung des Formulars ist noch geeignet, den
Zweck der Verordnung zu
fördern.
b) Bei dieser verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung der Zwangs-vollstreckungsformular-Verordnung
ist es hier
nicht zu beanstanden, dass die [X.]läubigerin die Forderungsaufstellung auf Seite 3 des Formulars nicht ausge-füllt, sondern ausschließlich auf eine Anlage verwiesen hat
(a.A.:
L[X.] Hannover, Beschluss vom 26. Juni 2013 -
55 [X.], juris Rn. 3, 4; L[X.] Leipzig, Beschluss vom 21.
Mai 2013 -
8 [X.], juris Rn. 11; L[X.] Bielefeld, Beschluss vom
15.
Mai 2013 -
23 [X.], juris Rn. 2; L[X.] Trier, Beschluss vom 15. Mai 2013

5 T 26/13, juris Rn. 7; L[X.] Essen, BeckRS 2013, 19326; A[X.] Hannover, [X.] vom 10. Mai 2013 -
711 [X.], juris Rn. 5; [X.], [X.] 2013, 151, 152). Die auf Seite 3 vorgegebene Forderungsaufstellung erfasst die vor-liegende Fallkonstellation nicht. Die [X.]läubigerin
betreibt die Vollstreckung we-gen zweier
Forderungen (Rechnung vom 14. September 2012 sowie Rechnung vom 17.
Dezember 2012), was sich
in der
Forderungsaufstellung -
wie ausge-führt -
nicht darstellen lässt. Die Forderungsaufstellung auf Seite 3 musste [X.] nicht ausgefüllt werden.
Erforderlich war
es auch nicht, zumindest die [X.]e-samtsumme in das Formular einzutragen
(so L[X.] Mainz, [X.], 111, 112). Denn die Summenbildung ist nach dem Formular erkennbar für den Fall vorge-sehen, dass die Spalten zuvor vollständig ausgefüllt sind. Ist das nicht möglich, entfällt das Erfordernis, die Summe anzugeben. Auch das auf der Internetseite zur Verfügung gestellte PDF-Formular
lässt die isolierte Eintragung einer [X.]e-samtsumme in das betreffende Feld nicht zu.
Ist
mithin eine Eingabe der [X.]e-samtsumme in dem
auf der Internetseite des [X.] und für Verbraucherschutz zur Verfügung gestellten PDF-Formular
nicht möglich, so ist eine solche bei selbst erstellten
Formularen
ebenfalls nicht vorzunehmen.

38
-
13
-
c) Der Antrag ist auch nicht deshalb formunwirksam, weil sich die [X.]läu-bigerin eines Antragsformulars bedient hat, das bezüglich des Layouts von dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] abweicht.
Die den Formularzwang regelnden Normen
schließen die Nutzung eines Formulars, das im Layout gegenüber dem Formular gemäß Anlage 2 zu §
2 Nr.
2 [X.] modifiziert ist, nicht generell aus. Zwar ist die Antragstellung mittels des Formulars gemäß
Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] vorgeschrieben. Die [X.] enthält auch -
anders als andere Vordrucke betreffende Bestimmungen, z.B. §
3 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren
bei [X.]erichten, die das Verfahren ma-schinell bearbeiten (MaschMahnVordV), § 3 der Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess-
und Verfahrenskostenhilfe ([X.]), §
2 der [X.] zur Einführung von Vordrucken für das Verbraucherinsolvenzverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren
(VbrInsVV), § 3 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt minderjähriger Kinder
(KindUFV), § 1 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung zur Einfüh-rung von Vordrucken im Bereich der Beratungshilfe
([X.]) und § 2 der [X.] zur Einführung von Vordrucken für die Zustellung im gerichtlichen Ver-fahren ([X.]) -
keine Regelungen über zulässige Layoutabweichungen von dem Formular.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ausschließlich Formulare verwendet werden dürfen, die bezüglich des Layouts dem Formular gemäß Anlage 2 zu §
2 Nr. 2 [X.] vollständig entsprechen, wie dies bei dem vom Bundesministe-rium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Internetseite bereitgestell-ten PDF-Formular der Fall ist. Eine solche Verpflichtung ist den den [X.] regelnden Normen
nicht zu entnehmen. Für eine derartig enge Ausle-39
40
41
-
14
-
gung der Regelung, die den Rechtsverkehr erheblich behindern kann, besteht kein Bedürfnis. Die Formulierung des [X.]esetzes ist über die vorgenannte ver-fassungskonforme Auslegung hinaus nach Sinn und Zweck vielmehr dahin aus-zulegen, dass auch die Nutzung solcher Formulare möglich ist, die
im Layout geringe, für die zügige Bearbeitung des Antrags nicht ins [X.]ewicht fallende [X.] enthalten.
Der Verwirklichung des mit der Zwangsvollstreckungsfor-mular-Verordnung verfolgten Entlastungsziels
steht es nicht entgegen, wenn solche
Abweichungen
zugelassen werden
(vgl. L[X.] Mönchengladbach, [X.] vom 13.
August 2013 -
5 [X.], juris Rn. 5, unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung in dem Beschluss vom 17. Mai 2013 -
5 [X.], juris Rn. 4; L[X.] Bremen, BeckRS 2013, 15422). Solche Abwei-chungen im Layout können insbesondere dadurch hervorgerufen werden, dass eine Anbindung der Formulare an Fachsoftware des [X.]läubigers erfolgt. Von der grundsätzlichen Möglichkeit einer derartigen Anbindung -
vorbehaltlich etwaiger lizenzrechtlicher Zustimmungserfordernisse -
geht das [X.] und für Verbraucherschutz aus (vgl. Internetauftritt des Bundesministeri-ums der Justiz und für Verbraucherschutz, aaO, Antworten auf Fragen 22, 24). Es besteht unter den genannten Voraussetzungen
kein [X.]rund, diese Anbin-dung zu erschweren, zumal damit ein erheblicher Aufwand des [X.]läubigers [X.] sein kann.

Weicht -
wie hier -
ein Antragsformular von dem Formular gemäß [X.]
2 zu § 2 Nr. 2 [X.] lediglich in den Maßen der Rahmen, in der [X.] und -länge, in den Zeilen-
und Seitenabständen
oder in sonstigen Layout-elementen ab, die den Aufbau des Formulars nicht verändern, so wird die [X.] durch das Vollstreckungsgericht hierdurch nicht beeinträchtigt. Der Rechtspfleger findet bei der Bearbeitung des Formulars die erforderlichen Angaben in der üblichen Reihenfolge vor.
Im [X.]egenteil würde die verbindlich vorgegebene Nutzung des Formulars gemäß
Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] in 42
-
15
-
einer Vielzahl von Fällen zu einem Mehraufwand auf Seiten des [X.] führen. Dieses wäre gehalten, stets anhand jeder [X.] zu prüfen, ob das von dem
[X.]läubiger verwendete
Formular im Layout mit dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] identisch ist.
[X.] hätte es einen aufklärenden Hinweis zu erteilen und gegebenenfalls
den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, soweit dem Hinweis nicht Rechnung getragen wird. Diese würde in der Vielzahl der Fälle, in denen keine oder nur schwer erkenn-bare Abweichungen von dem Formular gemäß
Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] vor-liegen, zu einem unverhältnismäßigen
Arbeitsaufwand führen.
Letztlich beeinträchtigt es die Arbeit des [X.] auch nicht, wenn das Antragsformular nicht die in dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 [X.] enthaltenen grünfarbigen Elemente aufweist. Die farbige [X.]estaltung der Formulare dient nicht in erster Linie dem Ziel, die Vollstreckungsgerichte zu ent-lasten, sondern hat den
Zweck, dem Antragsteller das Ausfüllen des Formulars zu erleichtern (vgl. L[X.] Dortmund, BeckRS 2013, 07669; L[X.] Kiel, Rpfleger 2013, 463; L[X.] München I, BeckRS 2013, 15427; [X.]/[X.], ZPO, Stand 1. Ja-nuar 2014, §
829 Rn. 18; [X.]oldschmitt, Anmerkung zu L[X.] Dortmund, Beschluss vom 24. April 2013 -
9 [X.], [X.] 18/2013; unklar: Bundesminis-terium der Justiz und für Verbraucherschutz, aaO, Antwort auf Frage 15).

III.
Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es ist weder fest-gestellt noch sonst ersichtlich, dass die weiteren Voraussetzungen für den Er-lass des beantragten
Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses vorliegen. Die
43
44
-
16
-
Sache war daher an das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
zurückzuverwei-sen, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO.

[X.]
[X.]
[X.]

Jurgeleit
[X.]raßnack
Vorinstanzen:
A[X.] [X.], Entscheidung vom 19.06.2013 -
1 M 2417/13 -

L[X.] [X.], Entscheidung vom 25.07.2013 -
7 [X.] -

Meta

VII ZB 39/13

13.02.2014

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2014, Az. VII ZB 39/13 (REWIS RS 2014, 7892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7892

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 39/13 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Voraussetzungen einer Befreiung vom Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses


VII ZB 31/13 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Voraussetzungen einer Befreiung vom Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses


VII ZB 42/13 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Voraussetzungen einer Befreiung vom Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses


VII ZB 46/13 (Bundesgerichtshof)

Zwangsvollstreckungsverfahren: Voraussetzungen einer Befreiung vom Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses


VII ZB 31/13 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZB 39/13

V ZB 214/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.