Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2011, Az. I ZR 31/10

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10206

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Gegenstand

Wettbewerbsrecht: Anwendbarkeit der Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten [X.] nicht durchgreifen und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] auch im Übrigen nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Beschwerde macht ohne Erfolg geltend, der Rechtsstreit werfe die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, ob Abnehmerabmahnungen, bei denen in Kenntnis der Ungeklärtheit der Rechtslage diese dennoch pauschal als zweifelsfrei dargestellt werde, entsprechend den Grundsätzen, die zur Beurteilung von [X.] an Abnehmer gelten, als unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 10 UWG oder Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB anzusehen seien.

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage ist - nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde - in der Entscheidung des Senats "Kinderhochstühle im [X.]" (Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08) beantwortet worden. Damit ist eine mögliche Grundsatzbedeutung entfallen. Da das Berufungsurteil zudem im Ergebnis richtig ist, besteht insoweit kein Grund für eine Zulassung der Revision (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Mai 2004 - I ZR 197/03, [X.], 712 - PEE-WEE).

In der Entscheidung "Kinderhochstühle im [X.]" hat der Senat ausgesprochen ([X.], Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, [X.], 152 = [X.], 223 Rn. 63 mwN), dass die Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB ([X.], Beschluss vom 15.Juli 2005 - [X.], [X.]Z 164, 1 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung) auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht übertragbar sind. Der Gegner einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung könne diese ohne größere Risiken unbeachtet lassen, weil mit der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung die mit der Schutzrechtsverwarnung typischerweise verbundenen weitreichenden Beeinträchtigungen regelmäßig nicht einhergehen.

Eine entsprechende Anwendung der Grundsätze über die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung auf die unberechtigte wettbewerbsrechtliche Abmahnung kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil keine vergleichbare Interessenlage besteht.

Dass der Schutzrechtsinhaber im Falle einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf Unterlassung und - bei Verschulden - auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, ist das notwendige Korrelat dazu, dass er Inhaber eines Ausschließlichkeitsrechts ist, mit dem er jeden Wettbewerber von der Benutzung des [X.] ausschließen kann. Dies erfordert einen Ausgleich zwischen dem Schutz der geistigen Leistung und dem Interesse des Schutzrechtsinhabers, sein Recht geltend machen zu können, einerseits und dem Schutz des freien [X.] und dem Interesse der Wettbewerber, sich außerhalb des Schutzbereichs bestehender Rechte unter Beachtung der Gesetze frei entfalten zu können, andererseits. Dieser notwendige Ausgleich wäre nicht gewährleistet, wenn es dem Schutzrechtsinhaber gestattet wäre, aus einem Schutzrecht Schutz in einem Umfang zu beanspruchen, der ihm nicht zusteht, und wenn er den wirtschaftlichen Nutzen aus einer schuldhaften Verkennung des Umfangs des ihm zustehenden Schutzes ziehen dürfte, ohne für einen hierdurch verursachten Schaden seiner Mitbewerber einstehen zu müssen (vgl. [X.]Z 164, 1 Rn. 14 f. - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).

Bei einer unberechtigten wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nimmt der Abmahnende kein Ausschließlichkeitsrecht für sich in Anspruch. Es bedarf daher auch keiner Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz, um sicherzustellen, dass der Abmahnende nicht die Grenzen des Schutzbereichs seines Ausschließlichkeitsrechts überschreitet.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 180.000 €.

Bornkamm     

Ri[X.] Pokrant ist
in Urlaub und kann
daher nicht unterschreiben.

Büscher

Bornkamm

Schaffert     

     Koch     

Meta

I ZR 31/10

20.01.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 21. Januar 2010, Az: 2 U 8/09, Urteil

§ 4 Nr 10 UWG, § 823 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2011, Az. I ZR 31/10 (REWIS RS 2011, 10206)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10206

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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