Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2023, Az. VIII ZR 22/23

8. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 9544

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Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Teilurteil der 13. Zivilkammer des [X.] vom 23. November 2022 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 12.840,84 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beklagte war gemeinsam mit seiner Ehefrau, der am [X.] nicht beteiligten vormaligen Erstbeklagten, Mieter einer Fünfzimmerwohnung der Klägerin in [X.]     . Nach dem Auszug der Mieter forderte die Klägerin sie zur Beseitigung von Schäden in der Wohnung und dem zugehörigen Garten auf.

2

Nachdem der Beklagte und seine Ehefrau darauf nicht reagierten, leitete die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Schäden und zur Ermittlung der Instandsetzungskosten ein.

3

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Beklagten und dessen Ehefrau auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 12.840,84 € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen sowie darüber hinaus beantragt, den Beklagten die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.

4

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat, nachdem ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ehefrau des Beklagten eröffnet worden war und es daraufhin das Verfahren gegen sie ausgesetzt hatte, die Berufung der Klägerin mit dem angegriffenen Teilurteil zurückgewiesen, soweit die Klage gegen den Beklagten abgewiesen worden ist.

5

Das Berufungsgericht hat angenommen, der von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Verschlechterung der Mietsache sei gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB verjährt.

6

Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung sie mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, möchte die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgen. Sie meint, der Wert der Beschwer betrage 22.734,84 €, da der Ausgang des Beschwerdeverfahrens präjudiziell sei für zwei weitere Klageverfahren, die sie gegen den Beklagten führe und in denen es um einen Mietausfall für die Monate Juli bis Dezember 2017 in Höhe von insgesamt 9.930 € aus demselben Mietverhältnis gehe. Diese Ansprüche seien von dem vorliegenden Verfahren insoweit abhängig, als auch dort Voraussetzung sei, dass sich die Wohnung bei Rückgabe in einem nicht vertragsgemäßen Zustand befunden habe. Darüber werde im vorliegenden Rechtsstreit mit Rechtskraftwirkung entschieden.

7

Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass der Beklagte mittlerweile verstorben sei und alle in Betracht kommenden Erben das Erbe ausgeschlagen hätten. Eine Aussetzung des Verfahrens haben weder die Prozessbevollmächtigten des Beklagten noch die Klägerin beantragt.

II.

8

1. Gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO ist das Beschwerdeverfahren mit Wirkung für den Rechtsnachfolger des Beklagten fortzusetzen, weil der Beklagte schon vor seinem Tod anwaltlich vertreten war und die [X.] gemäß § 86 ZPO fortwirkt (vgl. [X.], Urteile vom 8. Februar 1993 - [X.], [X.]Z 121, 263, 265; vom 24. November 2008 - [X.], [X.]Z 179, 13, Rn. 9). Wird - wie hier - ein Aussetzungsantrag nach § 246 Abs. 1 Halbs. 2, § 555 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gestellt, so setzt sich der Prozess trotz der eingetretenen Veränderung fort. Wer Rechtsnachfolger geworden ist, bedarf keiner Entscheidung, weil der Rechtsstreit gemäß § 246 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO unter der bisherigen Parteibezeichnung - mit oder ohne Hinweis auf die Rechtsnachfolge - fortgesetzt und entschieden werden kann (vgl. [X.], Urteile vom 24. November 2008 - [X.], aaO; vom 19. Februar 2002 - [X.], NJW 2002, 1430 unter 3 b; [X.], ZPO, 23. Aufl., § 246 Rn. 9; Musielak/[X.]/[X.], ZPO, 20. Aufl., § 246 Rn. 5; jeweils mwN).

9

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer lediglich 12.840,84 € beträgt und damit die gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht.

a) Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - [X.], [X.], 2262 Rn. 15; vom 8. Februar 2022 - [X.], NJW-RR 2022, 1023 Rn. 9; vom 18. April 2023 - [X.], juris Rn. 9). Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln (vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. Januar 2021 - [X.], juris Rn. 8; vom 23. Februar 2021 - [X.], [X.], 668 Rn. 5; vom 12. Oktober 2021 - [X.], aaO; vom 18. April 2023 - [X.], aaO). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2020 - [X.], NJW-RR 2020, 1517 Rn. 14; vom 26. Januar 2021 - [X.], aaO; vom 12. Oktober 2021 - [X.], aaO; vom 18. April 2023 - [X.], aaO). Um dem Revisionsgericht diese Prüfung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Februar 2021 - [X.]/20, [X.], 333 Rn. 4; vom 24. August 2021 - [X.] 1265/20, [X.], 822 Rn. 5; vom 8. Februar 2022 - [X.], aaO; vom 30. März 2023 - [X.], NJW-RR 2023, 1056 Rn. 3).

b) Diesen Anforderungen wird die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerecht. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) entspricht vorliegend dem Gegenstandswert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde.

aa) Die Klägerin ist durch die Klageabweisung in Höhe von 12.840,84 € beschwert. Die auf Zinszahlung aus der Hauptforderung sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Anträge bleiben als Nebenforderungen bei der Wertermittlung außer Betracht (§ 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO). Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stellen grundsätzlich gerichtliche Kosten der Hauptsache dar und sind daher im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 104 ff. ZPO geltend zu machen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 10. Oktober 2017 - [X.] 520/16, NJW 2018, 402 Rn. 13; Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - [X.], juris Rn. 8; vom 9. Februar 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 810 Rn. 14; vom 26. Oktober 2017 - [X.]/16, NJW 2018, 625 Rn. 13; vom 8. Oktober 2013 - [X.]/12, Rn. 19; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 485 Rn. 32 mwN). Bei dem Antrag, dem Beklagten auch diese Kosten aufzuerlegen, handelt es sich daher nicht um einen streitwerterhöhenden Sachantrag.

bb) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des [X.] vorliegend nicht wegen einer vermeintlichen Bedeutung des Rechtsstreits für zwei andere - nach dem Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde - gegen den Beklagten in Bezug auf dasselbe Mietverhältnis geführte Klageverfahren erhöht.

Aus dem von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Beschluss des [X.] vom 21. Juli 2009 ([X.], juris Rn. 2) lässt sich nichts Anderes herleiten. Soweit in der Rechtsprechung des [X.] unter bestimmten Voraussetzungen auch die Auswirkungen der zu treffenden Entscheidung auf andere Verfahren zur Bemessung des Streitwerts herangezogen worden sind (vgl. zur einseitigen Erledigungserklärung [X.], Beschlüsse vom 10. Oktober 1958 - [X.], NJW 1958, 2016; vom 13. Juli 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 1728 unter II; vom 21. Juli 2009 - [X.], juris Rn. 2; vom 29. Juni 2017 - [X.], [X.] 2018, 1270 Rn. 8; vom 10. April 2018 - [X.], juris Rn. 4; vom 8. Februar 2022 - [X.], NJW-RR 2022, 1023 Rn. 14; zum Teilanerkenntnis [X.], Beschluss vom 17. Mai 1990 - [X.], juris Rn. 8), liegt eine solche Fallgestaltung hier nicht vor. Überdies ist eine Rechtskrafterstreckung auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Parallelverfahren nicht im Ansatz dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, da die von ihr geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 544 Abs. 6 Satz 2 ZPO ab.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Bünger     

      

Dr. Schmidt     

      

Dr. Reichelt

      

Messing     

      

Dr. Böhm     

      

Meta

VIII ZR 22/23

12.12.2023

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Köln, 23. November 2022, Az: 13 S 124/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2023, Az. VIII ZR 22/23 (REWIS RS 2023, 9544)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9544

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