Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2023, Az. VIa ZR 507/21

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 5685

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Tenor

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 € nicht.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die [X.] wegen der behaupteten Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Klägerin kaufte im Mai 2015 von einem Händler einen von der [X.] hergestellten [X.] als Neuwagen zum Preis von 22.640,96 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der [X.] hergestellten Dieselmotor der Baureihe [X.] ([X.]) ausgestattet. Es ist nicht von einem Rückruf des [X.] betroffen. Die Klägerin behauptet, der Motor des Fahrzeugs sei aufgrund des Einbaus von unzulässigen Abschalteinrichtungen manipuliert, um auf dem Prüfstand günstige Emissionswerte zu erreichen.

3

Mit ihrer im August 2020 erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt mit dem Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass die [X.] verpflichtet sei, ihr Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation ihres Fahrzeugs durch die [X.] resultierten. Hilfsweise hat die Klägerin ihren Feststellungsantrag näher spezifiziert. "[X.]" hat sie beantragt, die [X.] zur Zahlung von 22.650 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie abzüglich einer von der [X.] darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu verurteilen und festzustellen, dass die [X.] verpflichtet sei, ihr Schadensersatz zu zahlen für weitere Schäden, die daraus resultierten, dass die [X.] in dem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut und ein nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes On-Board-Diagnosesystem eingesetzt habe. Zudem hat sie die Feststellung des Annahmeverzugs der [X.] begehrt. In der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 13. Oktober 2020 hat die Klägerin den Kilometerstand des Fahrzeugs mit 70.564 km angegeben. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung, mit der die Klägerin ihre Klageanträge in der zuletzt gestellten Form weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie ankündigt, nach Zulassung der Revision ihre Berufungsanträge weiterverfolgen zu wollen. Die [X.] hat im [X.] die [X.] der Klägerin auf der Grundlage einer Fahrleistung von 70.564 km und einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 400.000 km auf mindestens 3.995,69 € beziffert.

II.

4

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) übersteigt 20.000 € nicht.

5

1. Ausgangspunkt für die Bemessung der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer ist die formelle Beschwer der Klägerin durch den Zurückweisungsbeschluss, die sich danach bestimmt, in welchem Umfang die angefochtene Entscheidung von ihren Anträgen abweicht (vgl. [X.], Urteil vom 2. Februar 1999 - [X.], [X.]Z 140, 335, 338 ff.; Urteil vom 19. Oktober 2021 - VI ZR 1173/20, [X.], 394 Rn. 10; Beschluss vom 13. März 2023 - [X.], juris Rn. 4). Maßgeblich für die formelle Beschwer der Klägerin ist in erster Linie der [X.], weil er mit dem [X.] wirtschaftlich identisch ist, aber keinem für die Feststellungsklage üblichen Abschlag von 20% unterliegt. Der Wert des [X.]s ist in jedem Fall geringer als der des [X.]s (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Mai 2022 - [X.], juris Rn. 7). Mit dem [X.] hat die Klägerin sich die Entscheidung offengehalten, ob sie endgültig - wie mit dem [X.] - die Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Fahrzeug verlangen oder kleinen Schadensersatz geltend machen werde. Soweit die Klägerin großen Schadensersatz geltend machen will, geht ihr wirtschaftliches Interesse nicht über ihr mit dem [X.] verfolgtes Begehren hinaus. Das Interesse an der Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes ist jedenfalls nicht höher zu bewerten (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Mai 2022, aaO, mwN).

6

2. Für das Erreichen der Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die sich aus dem Zurückweisungsbeschluss ergebende formelle Beschwer indessen nicht abschließend maßgeblich. Es kommt vielmehr auf den Wert des [X.] für das beabsichtigte Revisionsverfahren an, der sich nach dem Interesse der Klägerin an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts bemisst (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juni 2002 - [X.], NJW 2002, 2720; Beschluss vom 16. März 2022 - [X.], juris Rn. 3 und 7; Beschluss vom 13. März 2023 - [X.], juris Rn. 9). Er beläuft sich betreffend den [X.] auf lediglich 18.654,31 €.

7

Denn die Klägerin hat ihr Zahlungsbegehren in Höhe von 22.650 € ausdrücklich dahin eingeschränkt, sie wünsche eine Verurteilung "abzüglich einer von der [X.] darzulegenden Nutzungsentschädigung" für die Nutzung des von der Klägerin erworbenen Fahrzeugs. Sie hat damit zum Ausdruck gebracht, dass sie einen entsprechenden Abzug anerkenne und der [X.] die Bestimmung der Höhe dieses Abzugs überlasse (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Mai 2022 - [X.], juris Rn. 9). Die [X.] hat einen Nutzungsvorteil in Höhe von mindestens 3.995,69 € behauptet, mit dem der von der Klägerin genannte Zahlungsbetrag von 22.650 € zu verrechnen ist ([X.], Beschluss vom 12. Oktober 2021 - [X.], NJW 2022, 194 Rn. 22). Dass die [X.] von der ihr von der Klägerin eingeräumten Möglichkeit, die [X.] zu beziffern, erst im [X.] Gebrauch gemacht hat, ändert an der Maßgeblichkeit des von der [X.] mitgeteilten und durchaus zugunsten der Klägerin im Rahmen üblicher Berechnungsmethoden (hier der linearen Berechnungsmethode bei einer geschätzten Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 400.000 km) bleibenden Werts nichts. Die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel erreicht sein (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2023 - [X.], juris Rn. 6 mwN), kann damit aber in Fällen wie dem vorliegenden durch im [X.] eingetretene Umstände noch beeinflusst werden.

8

3. Der weiter "hilfshilfsweise" gestellte Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden ist mangels konkreten anderweitigen Vortrags unter Berücksichtigung eines 20%igen Abzugs mit allenfalls 1.000 € zu berücksichtigen (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Mai 2022 - [X.], juris Rn. 13 mwN). In der Addition liegt die Beschwer somit bei höchstens 19.654,31 €.

9

4. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung des Annahmeverzugs der [X.] erhöht den Wert nicht. Denn der Feststellung des Annahmeverzugs im Falle einer Verurteilung Zug um Zug kommt ein eigener wirtschaftlicher Wert nicht zu. Die Frage des Annahmeverzugs ist nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2020 - [X.], NJW-RR 2020, 1517 Rn. 7 mwN).

[X.]     

  

Krüger     

  

Götz

  

Rensen     

  

Wille     

  

Meta

VIa ZR 507/21

08.08.2023

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 13. Oktober 2021, Az: 8 U 273/20

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2023, Az. VIa ZR 507/21 (REWIS RS 2023, 5685)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5685

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

VIII ZR 290/19

VIII ZR 255/20

IV ZR 20/21

I ZB 24/17

III ZB 61/19

VI ZR 1173/20

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